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unfassliche Grösse anerkannte, als eine geistige Potenz, die ausserhalb aller menschlichen Vorstellungen, über alle Begriffe steht. Zugleich erkannte aber die Kirche gegen Arius die Erkennbarkeit Gottes durch die Offenbarung an.

Gott hat sich aber dem Menschen auf zweifache Weise, in der Natur und in der Geschichte, offenbart. Die Offenbarung bildet das dem Menschen Zugekehrte, dem Menschen Zugängliche von der Wesenheit Gottes, ebenso wie die Erscheinung das Relative, den äusseren Sinnen des Menschen Zugekehrte und Zugängliche der Naturkräfte bildet. An und für sich, im absoluten Sinne, sind auch diese unergründlich und unerkennbar und nur insofern begreifbar und erkennbar, als sie sich dem Menschen kund thun.

Also Unerkennbarkeit des Wesens und Erkennbarkeit der Beziehungen, das hat die Theologie, als Wissenschaft, mit der Naturkunde gemein.

Man würde erwidern können, dass die Offenbarung fast ausschliesslich auf Symbolen beruht, die Erscheinungswelt dagegen eine stofflich-reale Grösse darstellt. Nun ist das aber nicht richtig. In gewissem Sinne ist auch die Erscheinungswelt nur ein Symbol, ein Gleichniss, wie auch der Dichter sagt:

Alles Vergängliche

Ist nur ein Gleichniss.

Auch wir haben bereits früher hervorgehoben, dass die einzelnen Erscheinungen der Natur, sowie das ganze Weltall, den subjectiven Eindrücken des Menschen gegenüber nur die Bedeutung eines Zeichens hat. *)

Andererseits bedient sich aber auch die Offenbarung stets realer Kräfte und Formen, um in die Erscheinung zu treten. Sie ist also mehr als Symbol, als Schein, sie ist reale Erscheinung. Eine andere Auffassung ist eine krankhafte, beruht auf einer Uebergeistigung in der Auffassung

*) Vergl. Bd. I, S. 331, 353 u. ff.

des Verhältnisses des Menschen zu Gott. Wenn der Mystiker Tauler eine unaussprechliche Demuth Gottes darin sieht, dass er sich fröhlich uns gegeben hat in einem demüthigen, groben Schein Weines und Brodes, so verfällt er in eine solche krankhafte Uebergeistigung. Ganz von demselben Standpunkte aus hat ja Berkeley auf philosophischem Gebiete die ganze objective Welt als blossen Schein aufgefasst. Wie bekannt folgen die extremen Idealisten in dieser Hinsicht nur den Fusstapfen der buddhistischen Philosophie, welche das Nirwana, das Nichts, als letztes Wort der menschlichen und göttlichen Weisheit aufstellt.

Das entgegengesetzte Extrem besteht darin, dass die Erscheinung, das Symbol für das Wesen selbst gehalten wird. Das ist der Standpunkt der Materialisten in der Naturkunde und der Verfechter des Buchstabens in der Theologie. Letztere sind religiöse Materialisten, SO wie diejenigen Mystiker, die in der ganzen Offenbarung nur Symbole ohne realen Untergrund sehen, extreme religiöse Spiritualisten sind.

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Die christliche Kirche stimmt darin mit der wahren Wissenschaft überein, dass sie die unzertrennbare Verknüpfung des Idealen mit dem Realen anerkennt. Der Schwerpunkt dieser Anschauung liegt in der Lehre von der Menschwerdung Gottes, der Fleischwerdung des Wortes. Das ist der feste Punkt auf welchem die ganze christliche Weltanschauung beruht und durch welchen die ganze alte Welt aus den Angeln gehoben worden ist.

Aus dem Gesagten folgt, dass die Existenz des Wesens der Offenbarung und der Erscheinungen, d. h. das Absolute, das Metaphysische weder in der Religion noch in der Natur vom Standpunkte der real-genetischen Anschauung und bei Anwendung der real-vergleichenden Methode negirt werden. soll. Nach dieser bildet in Uebereinstimmung mit der Offenbarung das Absolute in seiner höchsten Potenz den Urgrund, den Urquell alles Seins und Werdens. Aber gerade weil das

Absolute und Metaphysische ausserhalb jeglichen Verhältnisses steht, muss es auch ausserhalb jeglicher positiven Wissenschaft, die sich als solche nur mit Verhältnissen abgibt, gestellt werden. Die Wissenschaft setzt voraus, dass in jedem Verhältniss das Absolute, Metaphysische immanent ist; sie behandelt es als einen unendlichen Factor, durch welchen das Kleinste wie das Grösste multiplicirt werden muss, ohne dass dadurch die Formel des gesetzmässigen Kausalzusammenhanges der Erscheinungen an und für sich geändert werde. Wie die Naturkunde die Gesetzmässigkeit der Kraftausprägungen zu ergründen sucht ohne das Ewige, Unendliche und Höchste in Zeit, Raum und Potenz zu negiren, so ist es auch die Aufgabe der Theologie.

Das Gesetz bildet die Grundlage des realen und zugleich des idealen Kausalzusammenhanges der Erscheinungen, es begründet die nothwendige Gebundenheit der Entwickelung an bestimmte Normen, Bewegungen und Richtungen.

In der Religion und in jeder religiösen Anschauung giebt es, wie auch in der ganzen Erscheinungswelt, Nothwendiges und Zufälliges. Die Aufgabe der Wissenschaft besteht in der Trennung des ersteren vom letzteren. Nur auf diesem Wege werden die Gesetze der religiösen Entwickelung der Menschheit ergründet und klar gelegt werden können. Diese Gesetze müssen mit den Naturgesetzen schon deshalb übereinstimmen, weil es überhaupt nicht zwei verschiedene Nothwendigkeiten und zwei verschiedene Arten von Gesetzen geben kann und weil die Voraussetzung, Gott habe zwei oder mehrere Male sich an die Schöpfungsarbeit unter verschiedenen Verhältnissen und Anschauungen gemacht, er habe zwei oder drei Weltordnungen zu verschiedenen Zeiten und wenn auch gleichzeitig, aber aus verschiedenen Gründen und zu verschiedenen Zwecken in's

Leben gerufen, einen inneren Widerspruch enthält und mit der Allweisheit und Allmacht Gottes unvereinbar ist.

Daher ist auch das Christenthum die natürlichste und zugleich die höchst entwickelte aller Religionen. Sie ist die natürlichste, weil sie am meisten den Naturgesetzen entspricht, indem sie nicht nur Gott als höchst potenzirte Menschlichkeit auffasst, sondern auch umgekehrt Gott sich in der Menschlichkeit materialisiren, verkörpern, incarniren lässt, und zwar in der höchsten uns zugänglichen ethischen und geistigen Potenz. Die nothwendige Folge davon ist die geistige Wechselwirkung in ihrer höchsten Auffassung zwischen Gott und Menschheit durch den Vermittler, den Gottes Sohn.

Weil nun aber der Welterlöser den psychophysischen Centralherd des socialen Nervensystems der ganzen Menschheit bildet, so ist ausserdem das Christenthum eine vorherrschend sociale Religion, d. h. diejenige Religion, in welcher die gegenseitige Solidarität aller Menschen im psychophysischen Sinne, als Theile eines gemeinschaftlichen Ganzen, auf die höchste Stufe der Potenzirung und Wechselwirkung erhoben wird. Christliche Liebe, Brüderschaft aller Menschen, Kindschaftsverhältniss zu Einem Vater, Heilsgemeinschaft durch Einen Erlöser, Gemeinschaft der Heiligen, Kirchengemeinde, Abendmahl, der Begriff des Leibes Christi, dessen Glieder die Menschheit darstellt, das sind nur religiöse Ausdrücke für höher potenzirte reale Erscheinungen, welche durch die psychophysische Wechselwirkung der Nervenelemente im Schoosse des Menschheitsorganismus ausgeprägt werden.

Die anderen Religionen und Religionssysteme haben nur in sehr beschränkten Grenzen und in sehr viel niederer Potenzirung das geleistet und gelehrt, was das Christenthum auf socialem Gebiete theoretisch und praktisch gelehrt und erreicht hat.

Fasst man die Menschheit als realen Organismus auf, dann erst begreift man auch, dass das Christenthum die realste, die positivste aller Religionen ist, indem sie selbst die Menschheit als realen Leib, in dessen Centrum der Welterlöser steht, auffasst. Es ist keine andere realere und zugleich idealere Religion denkbar, man kann höchstens sich nur den Centralschwerpunkt des socialen Nervensystems auf ein anderes Centrum verlegt denken oder die Differenzirung der Theile sich anders vorstellen. Das Wesen der psychophysischen Wechelwirkung wird dadurch nicht gestört.

In dieser Hinsicht entspricht das Christenthum vollständig den neuesten Errungenschaften der biologischen Wissenschaften und den Lehren der Socialwissenschaft, wie wir sie auffassen, nämlich als die Erkenntniss der menschlichen Gesellschaft in der Bedeutung eines realen Organismus. Das was jetzt erst vom menschlichen Geiste wissenschaftlich erkannt wird, das hat bereits vor nahe zwei Jahrtausenden das Christenthum auf dem Wege der Inspiration und Intuition als unerschütterliche Wahrheit aufgestellt und gelehrt.

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