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mag, um sich dieses Zwecks zu versichern. Reine, strenge Wahrheit wird meine Feder leiten; denn wenn diese Blåtter an die Welt treten, bin ich nicht mehr, und nie werde ich ihr Schicksal erfahren.

Es war auf meiner Zurückreise nach Kurland, im Jahre 17** um die Karnavalzeit, als ich den Prinzen von ** in Venedig besuchte. Wir hatten uns in **schen Kriegsdiensten kennen lernen, und erneuerten hier eine Bekanntschaft, die der Friede unterbrochen hatte. Weil ich ohnedieß wünschte, das Merkwürdige dieser Stadt zu sehen, und der Prinz nur noch Wechsel erwartete, um nach zurückzureisen, so beredete er mich leicht, ihm Gesellschaft zu leisten, und meine Abreise so lange zu verschieben. Wir kamen überein, uns nicht von einander zu trennen, so lange unser Aufenthalt in Venedig dauern würde, und der Prinz war so gefällig, mir seine eigne Wohnung im Mohren anzubieten.

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Er lebte hier unter dem strengsten Inkognito, weil er sich selbst leben wollte, und seine geringe Apanage ihm auch nicht verstattet hätte, die Hoheit sei nes Ranges zu behaupten. Swei Kavaliere, auf de ren Verschwiegenheit er sich vollkommen verlassen konnte, waren, nebst einigen treuen Bedienten, sein ganzes Gefolge. Den Aufwand vermied er mehr aus Temperament als aus Sparsamkeit. Er floh die Vergnügungen; bis zu seinem fünf und dreißigsten Jahre hatte er allen Reizungen dieser wollüstigen Stadt widerstanden. Das schöne Geschlecht war ihm

gleichgültig. Tiefer Ernst und eine schwärmerische Melancholie herrschte in seiner Gemüthsart. Seine Neigungen waren still, aber hartnäckig bis zum Ue= bermaß, seine Wahl langsam und schüchtern, seine Anhänglichkeit warm und ewig; mitten in einem geräuschvollen Gewühle von Menschen ging er einsam. In seine eigene Phantasienwelt verschlossen, war er sehr oft ein Fremdling in der wirklichen - und weil er wohl wußte, wie schlecht er beobachtete, so verbot er sich jedes Urtheil, und übertrieb die Gerechtigkeit gegen fremdes. Niemand war mehr dazu geboren, sich beherrschen zu lassen, ohne schwach zu seyn. Da bei war er unerschrocken und zuverlässig, sobald er einmal überzeugt war, und besaß gleich großen Muth, ein erkanntes Vorurtheil zu bekämpfen, und für ein anderes zu sterben.

Ms der dritte Prinz seines Hauses hatte er keine wahrscheinliche Aussicht zur Regierung. Sein Ehrgeiz war nie erwacht. Seine Leidenschaften hatten eine andere Nichtung genommen.

Zufrieden, von keinem fremden Willen abzuhängen, drang er den seinigen Niemand zum Gefeße auf; die geräuschlose Ruhe eines zwanglosen Privatlebens begrenzte alle seine Wünsche. Er las viel, doch ohne Wahl. Eine nachlässige Erziehung und frühe Kriegsdienste hatten seinen Geist nicht zur Reife kommen lassen. Alle Kenntnisse, die er nachher schöpfte, vermehrten nur das verworrene Chaos seiner Begriffe, weil sie auf keinen festen Grund-gebaut waren.

Er war Protestant, wie seine ganze Familie durch Geburt, nicht nach Untersuchung, die er nie angestellt hatte, ob er gleich in einer Epoche seines Lebens Schwärmer darin gewesen war. Maçon ist er, so viel ich weiß, nie geworden.

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Eines Abends, als wir nach Gewohnheit in tiefer Maske und abgesondert auf dem Plake St. Markus spazieren gingen es fing an, spåt zu werden, und das Gedränge hatte sich verloren bemerkte der Prinz, daß eine Maske uns überall folgte. Die Maske war ein Armenier und ging allein. Wir befchleunigten unsere Schritte und suchten sie durch df= tere Veränderung unsers Weges irre zu machen — umsonst, die Maske blieb immer dicht hinter uns, ,,Sie haben doch keine Intrigue hier gehabt? fagte endlich der Prinz zu mir. Die Chemänner in Ve= nedig sind gefährlich." Ich kenne keine einzige Dame, gab ich zur Antwort. „Lassen Sie uns hier niederfißen und Deutsch sprechen," fuhr er fort. „Ich bilde mir ein, man verkennt uns." Wir feßten uns auf eine steinerne Bank und erwarteten, daß die Maske vorübergehen sollte. Sie kam gerade auf uns zu, und nahm ihren Plaß dicht an der Seite des Prinzen. Er zog die Uhr heraus, und sagte mir laut auf fran= zösisch, indem er aufstund: „Neun Uhr vorbei. Kommen Sie. Wir vergessen, daß man uns im Louvre erwartet.” Dieß erdichtete er nur, um die Maske von

unferer Spur zu entfernen.

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Neun Uhr" wie: derholte sie in eben der Sprache nachdrücklich und langsam. Wünschen Sie sich Glück, Prinz (indem sie ihn bei seinem wahren Namen nannte). um neun Uhr ist er gestorben.“ Damit stand fie auf und ging. Wir fahen uns bestürzt an.

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Wer ist gestorben?" sagte endlich der Prinz nach einer langen Stille. Lassen Sie uns ihr nachgehen, fagte ich, und eine Erklärung fordern." Wir durchkrochen alle Winkel des Markus die Maske war nicht mehr zu finden. Unbefriedigt kehrten wir nach unserm Gasthofe zurück. Der Prinz sagte mir unterwegs nicht ein Wort, sondern ging seitwärts und allein, und schien einen gewaltsamen Kampf zu kämpfen, wie er mir auch nachher gestanden hat. Als wir zu Haufe waren, öffnete er zum ersten Male wieder den Mund.,,Es ist doch lächerlich, fagte er, daß ein Wahnsinniger die Ruhe eines Mannes mit zwei Borten so erschüttern soll." Wir wünschten uns eine gute Nacht, und sobald ich auf meinem Zimmer war, merkte ich mir in meiner Schreibtafel den Tag und die Stunde, wo es geschehen war. Es war ein Donnerstag.

Am folgenden Abend sagte mir der Prinz: „Wollen wir nicht einen Gang über den Markusplak machen, und unsern geheimnißvollen Armenier aufsuchen? Mich verlangt doch nach der Entwickelung dieser Komödie." Ich war's zufrieden. Wir blieben bis eilf Uhr auf dem Plake. Der Armenier war

nirgends zu sehen. Das Nämliche wiederholten wir die vier folgenden Abende, und jedesmal mit dem selben schlechten Erfolge.

Als wir am sechsten Abend unser Hotel verließen, hatte ich den Einfall ob unwillkürlich, oder aus Absicht, besinne ich mich nicht mehr — den Bedienten zu hinterlassen, wo wir zu finden seyn würden, wenn nach uns gefragt werden sollte. Der Prinz be merkte meine Vorsicht, und lobte_sie_mit einer låchelnden Miene. Es war ein großes Gedrånge auf dem Markusplake, als wir da ankamen. Wir hatten kaum dreißig Schritte gemacht, so bemerkte ich den Armenier wieder, der sich mit schnellen Schritten durch die Menge arbeitete, und mit den Augen Jemand zu suchen schien. Eben waren wir im Begriff, ihn zu erreichen, als der Baron v. F. aus der Suite des Prinzen athemlos auf uns zukam, und dem Prinzen einen Brief überbrachte. „Er ist schwarz gesiegelt, seßte er hinzu. Wir vermutheten, daß es Eile hätte." Das fiel auf mich wie ein Donnerschlag. Der Prinz war zu einem Flambeau getreten und fing an zu lesen. „Mein Cousin ist gestorben,“ rief er. Wann? stürzte ich ihm heftig ins Wort. Er fah noch einmal in den Brief. Vorigen Donnnerstag. Abends um neun Uhr.“

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Wir hatten nicht Zeit, von unserm Erstaunen zurückzukommen, so stand der Armenier unter uns. ,,Sie sind hier erkannt, gnådigster Herr,“ sagte er zu dem Prinzen. Eilen Sie nach dem Mohren.

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