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unglückseligste Geheimniß ihres Busens: sie hatte den Entflohenen stärker geliebt.

Beide Brüder leben noch wirklich. Der ältere auf seinen Gütern in Deutschland, aufs Neue vermählt. Der jüngere blieb in Batavia, und gediehe zum glücklichen -glänzenden Mann. Er that ein Gelübde, niemals zu heirathen, und hat es gehalten.

Die Schaubühne

Die

als eine moralische Anstalt betrachtet.

(Vorgelesen bei einer öffentlichen Sißung der Churfürstlichen deutschen Gesellschaft zu Mannheim im Jahr 1784.)

Ein allgemeiner unwiderstehlicher Hang nach dem Neuen und Außerordentlichen, ein Verlangen, sich in einem leidenschaftlichen Zustande zu fühlen, hat, nach Sulzers Bemerkung, der Schaubühne die Entstehung gegeben. Erschöpft von den höhern Anstrengungen des Geistes, ermattet von den einförmigen, oft niederdrückenden Geschäften des Berufs, und von Sinnlichkeit gesättigt, mußte der Mensch eine Leerheit in seinem Wesen fühlen, die dem ewigen Trieb nach Thätigkeit zuwider war. Unfre Natur, gleich unfähig, långer im Zustande des Thiers fortzudauren, als die feinern Arbeiten des Verstandes fortzuseßen, verlangte einen mittleren Zustand, der beide widersprechende Enden vereinigte, die harte Spannung zu sanfter Harmonie herabstimmte, und den wechselsweisen Uebergang eines Zustandes in den andern erleichterte. Diesen Nußen leistet überhaupt nur der åsthe

tische Sinn, oder das Gefühl für das Schöne. Da aber eines weisen Gesetzgebers erstes Augenmerk seyn mus, unter zwo Wirkungen die höchste heraus zu lesen, so wird er sich nicht begnügen, die Neigungen seines Volkes nur entwaffnet zu haben; er wird sie auch, wenn es irgend nur möglich ist, als Werkzeuge höherer Plane gebrauchen, und in Quellen von Glückseligkeit zu verwandeln bemüht seyn, und darum wählte er vor allen andern die Bühne, die dem nach Thätigkeit dürstenden Geist einen unendlichen Kreis eröffnet, jeder Seelenkraft Nahrung gibt, ohne eine einzige zu überspannen, und die Bildung des Ver: standes und Herzens mit der edelsten Unterhaltung vereinigt.

Derjenige, welcher zuerst die Bemerkung machte, daß eines Staates festeste Säule Religion sey daß ohne sie die Geseke selbst ihre Kraft verlieren, hat vielleicht, ohne es zu wollen, oder zu wissen, die Schaubühne von ihrer edelsten Seite vertheidigt. Eben diese Unzulänglichkeit, diese schwankende Eigenschaft der politischen Geseße, welche dem Staat die Religion unentbehrlich macht, bestimmt auch den sittlichen Einfluß der Bühne. Geseke, wollte er sagen, drehen sich nur um verneinende Pflichten Religion dehnt ihre Forderungen auf wirkliches Handeln aus. Geseße hemmen nur Wirkungen, die den Zusammenhang der Gesellschaft auflösen - Religion befiehlt solche, die ihn inniger machen. Jene herrschen nur über die offenbaren Aeußerungen des Willens, nur

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Thaten sind ihnen unterthan diese seht ihre Gerichtsbarkeit bis in die verborgensten Winkel · des Herzens fort, und verfolgt den Gedanken bis an die innerste Quelle. Gefeße sind glatt und geschmeidig, wandelbar wie Laune und Leidenschaft Religion

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wenn

bindet streng und ewig. Wenn wir nun aber auch vorausseßen wollten, -was nimmermehr ist wir der Religion diese große Gewalt über jedes Men= schen Herz einräumen, wird sic, oder kann sie die ganze Bildung vollenden? Religion, (ich trenne hier ihre politische Seite von ihrer göttlichen) Religion : wirkt im Ganzen mehr auf den sinnlichen Theil des Volks sie wirkt vielleicht durch das Sinnliche allein so unfehlbar. Ihre Kraft ist dahin, wenn wir ihr dieses nehmen – und wodurch wirkt die Bühne? Religion ist dem größern Theile der Menschen nichts mehr, wenn wir ihre Bilder, ihre Probleme vertilgen, wenn wir ihre Gemählde von Himmel und Hölle zernichten und doch sind es nur Gemählde der Phantasie, Räthsel ohne Auflösung, Schreckblider und Lockungen aus der Ferne. Welche Verstärkung für Religion und Geseße, wenn sie mit der Schaubühne in Bund treten, wo Anschauung und lebendige Ge genwart ist, wo Laster und Tugend, Glückseligkeit und Elend, Thorheit und Weisheit in tausend Gemählden faßlich und wahr an dem Menschen vorüber: gehen, wo die Vorsehung ihre Räthsel auflöst, ihren Kasten vor seinen Augen entwickelt, wo das menschliche Herz auf den Foltern der Leidenschaft seine lei:

festen Regungen beichtet, alle Larven fallen, alle Schminke verfliegt, und die Wahrheit unbestechlich wie Khadamanthus Gericht hält.

Die Gerichtsbarkeit der Bühne fångt an, wo das Gebiet der weltlichen Geseze sich endigt. Wenn die Gerechtigkeit für Gold verblindet, und im Solde der Laster schwelgt, wenn die Frevel der Mächtigen ihrer Ohnmacht spotten, und Menschenfurcht den Arm der Obrigkeit bindet, übernimmt die Schaukühne Schwert und Wage, und reißt die Laster vor einen schrecklichen Richterstuhl. Das ganze Reich der Phantasie und Geschichte, Vergangenheit und Zukunft stehen ihrem Wink zu Gebot. Kühne Verbrecher, die längst schon im Staub vermodern, werden durch den allmächtigen Ruf der Dichtkunst jezt vorgeladen, und wiederholen zum schauervollen Unterricht der Nachwelt ein schändliches Leben. Ohnmächtig, gleich den Schatten in einem Hohlspiegel, wandeln die Schrecken ihres Jahrhunderts vor unsern Augen vorbei, und mit wollustigem Entseßen verfluchen wir ihr Gedächtniß. Wenn keine Moral mehr gelehrt wird, keine Religion mehr Glauben findet, wenn kein Geseh mehr vorhanden ist, wird uns Medea noch anschauern, wenn sie die Treppe des Palastes herunter wankt, und der Kindermord jeßt geschehen ist. Heiljame Schauer werden die Menschheit ergreifen, und in der Stille wird jeder fein gutes Gewissen preisen, wenn Lady Macbeth, eine schreckliche Nachtwandlerinn, ihre Hände wäscht, und alle Wohlgeriche

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