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Ueber Schilo.

Ein Beitrag zur Erklärung der Stelle Gen. 49, 10.

Von

Prof. Dr. Theol. Carl Fr. Keil.

Der Segen des Erzvaters Jakob Gen. 49, in welchem er seinen Söhnen verkünden will, was ihnen begegnen werde am Ende der Tage (V. 1), hat zu allen Zeiten die Schriftforscher sehr beschäftigt, und zahlreiche Untersuchungen über dieses Cap. hervorgerufen. In diesem Segen aber ist es besonders der Spruch des Patriarchen über Juda, in welchem die christliche Kirche in Uebereinstimmung mit der jüdischen Synagoge von Alters her eine messianische Weissagung erkannt hat. Diese Erkenntniss wurde zwar durch die rationalistische Schriftdeutung eine Zeitlang verdunkelt, wird aber in unsern Tagen wiederum fast allgemein anerkannt. Wie aber damit noch gar nicht das volle und richtige Verständniss dieser Weissagung erfasst ist, das zeigen zur Genüge die neuesten Verhandlungen über den Sinn des W. in unserer Stelle. Die ältere christliche Schriftauslegung war mit der altjüdischen Tradition darin einig, dass sie in den Worten einen persönlichen Heiland geweissagt fand, und konnte nur über die sprachliche Erklärung des W. zu keinem befriedigenden, allgemeiner Zustimmung sich erfreuenden Resultate gelangen. Gegenwärtig besteht auch jene Einigkeit nicht mehr. Während Hengstenberg in beiden Auflagen seiner Christologie des A. T. die altkirchliche Erklärung des bals Name oder Bezeichnung des Messias mit vielen Gründen als die allein zulässige vertheidigt, hat nach von Hofmanns und M. Baumgartens Vorgange1 J. H. Kurtz in der Erläuterung des Segens Jakobs im ersten Bande seiner Geschichte des alten Bundes (S. 321 ff. der 2. Aufl.), entschieden" bestritten, dass Jakob bei seinem Segenswunsche bereits an einen persönlichen Messias gedacht habe, weil ,,1) nach Sinn, Zusammenhang und Structur des Verses durchaus als Objekt gefasst werden müsse und 2) die Erwartung eines persönlichen Messias der patriarcha

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Vgl. Weissagung und Erfüllung im alten und im neuen Testamente. Ein theol. Versuch v. J. Chr. K. Hofmann. Erste Hälfte. S. 113 ff. u. Mich. Baumgarten theol. Commentar zum A. Test. 1, S. 371 ff.

lischen Zeit völlig fremd sei", und später in einem langen Nachtrage (Bd. 2, S. 558-575) die Hengstenbergische Ansicht mit heftiger Polemik bekämpft. In Folge dessen hat auch Delitzsch die früher1 nachdrücklich festgehaltene Fassung des W. als Name des Messias in seinem Commentar zur Genesis (II S. 141 ff.) aufgegeben und das streitige Wort als Name der im Stammgebiete Ephraim gelegenen Stadt Silo gefasst, während Hofmann, Baumgarten und Kurtz das Wort appellativisch in der Bedeutung: Ruhe oder Ruhestätte nehmen.

Bei diesem Stande der Frage, wo die Gegner der traditionellen Auslegung nur darüber einig sind, dass nicht den Messias bezeichnen könne, über die wahre und richtige Bedeutung des Wortes aber mit einander streiten, wird wohl Niemand die Untersuchung über Schilo für abgeschlossen, und eine Prüfung der Gründe, auf welche die verschiedenen Ansichten sich stützen, für überflüssig halten. Schon das Bedürfniss, sich für diese oder jene Ansicht zu entscheiden, nöthigt zu solcher Prüfung und hat auch die nachstehende Abhandlung hervorgerufen.

Wir ziehen zuerst die Auffassung in Betracht, für die zuletzt Delitzsch sich entschieden hat. Im Comment. zur Gen. (2 S. 145) übersetzt er die Worte Jakobs in V. 10: „nicht wird weichen das Scepter von Juda und der Herrscherstab vonzwischen seinen Füssen, bis er (Juda) nach Silo kommt und ihm (zufällt) der Gehorsam der Völker", und macht für diese Uebersetzung nicht nur 1 Sam. 4, 12, wo by heisst: „er kam nach Silo", sondern auch die Thatsache geltend, dass büberall wo es sonst im A. T. vorkomme, der Name einer fast in der Mitte des diesseitigen Landes gelegenen Stadt sei, die zum Stammgebiete Ephraims gehörte. Beide Momente gereichen dieser Auffassung unstreitig sehr zur Empfehlung, wenn ihr nur nicht andere viel gewichtigere Gründe entgegenständen. Der Umstand freilich, dass der Name dieser Stadt immer defective geschrieben wird und neben dieser Schreibung nur die Formen und zweimal (Richt. 21, 21. Jer. 7, 12) vorkommen, kann nichts beweisen, da auch in Gen. 49, 10 an 40 Codd. die Lesart by ohne Jod bieten und in den Handschriften überhaupt viele Schwankungen zwi

In der Schrift: Die biblisch prophetische Theologie. Lpz. 1845 sagt er S. 195: „Wir sind dagegen fest überzeugt, dass jede appellative Fassung des verfehlt, dass die der Umdeutung des N. durch Ez. 21, 32 unterliegende Fassung desselben als Namen des Messias die allein richtige ist, und dass diese Weiss. ein integrirendes Glied in der Geschichtskette der Heilsverkündigung bildet."

schen voller und defectiver Schreibart vorkommen. Auch der Einwand, dass Jakob Silo nicht gemeint haben könne, weil der Ort erst zu Josua's Zeiten entstanden sei, hat keinen historischen Halt. Denn aus der Nichterwähnung Silo's im Zeitalter der Patriarchen folgt nicht mit Sicherheit, dass das Städtchen damals noch nicht existirt habe. Aber wie sollte doch der segnende Patriarch darauf gekommen seyn, das Kommen Juda's nach einem Orte als Ziel- oder Endpunkt seiner Herrschaft zu nennen, der für die Söhne Israels keine Bedeutung hatte, weil er in der Geschichte der Patriarchen gar nicht einmal genannt wird? Durch Erwähnung eines solchen Orts würde der Segen Jakobs zur Prädiction einer zufälligen Specialität herabsinken und den Charakter der wahren Weissagung verlieren. Die Erwähnung der allbekannten phönizischen Hauptstadt Sidon V. 13 als Grenze Sebulons ist ganz anderer Art, durch den ganzen Spruch über Sebulon motivirt und dadurch der Sphäre der Zufälligkeit enthoben, wogegen die Erwähnung Silo's durch nichts motivirt erscheint, als durch die appellative Bedeutung dieses Namens. Will man aber diese Bedeutung von Silo urgiren und etwa sagen: die in dem ausgesprochene Idee der Weissagung sei das Zur Ruhe kommen Juda's, die Gewinnung der Ruhestätte für Israel, und diese Idee habe durch wunderbare göttliche Fügung in dem Kommen Juda's nach Silo eine wörtliche Erfüllung gefunden: so müsste auch diese Congruenz der Idee der Weissagung mit der accidentellen Form ihrer Erfüllung durch die Geschichte bestätigt werden.1 Aber das ist

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1 Auch Kurtz I, S. 330. bemerkt richtig: Wir geben zu, dass die Niederlassung zu Silo ein Markstein in der Geschichte Israels ist, und dass sie als Solcher gar wohl Gegenstand der Weissagung seyn kann. Aber die Niederlassung, das Gewinnen eines Ruhepunktes, ist das Wesentliche; dass dies aber gerade zu Silo und nicht anderswo geschah, ist etwas Unwesentliches und Zufälliges, womit die Weissagung sich nicht befasst. Zwar dass die Form, in der die Idee der Weissagung ausgesprochen ist, gar oft in wunderbarer Weise mit der (accidentellen) Form, in der sich ihre Erfüllung darstellt, zusammentrifft, soll damit keineswegs geleugnet werden." Doch wenn er hierauf entgegnet,wir leugnen mit der entschiedensten Bestimmtheit, dass schon die Söhne Jakobs in jenem unbedeutenden Städtchen (wenn es überhaupt damals schon existirte) das Ziel der Weissagung ihres sterbenden Vaters erkannt hätten", können wir diese Entgegnung nicht für richtig halten. Denn wir dürfen den Sinn einer Weissagung nicht nach dem Maasse des Verständnisses, welches die Hörer oder Zeitgenossen haben, bemessen, sondern allein nach dem grammatisch historischen Sinn der Worte und nach ihrer Erfüllung. Hätte Jakob oder der ihn treibende Geist der Weissagung bei an das Städtchen Silo gedacht, so hätte auch Juda nicht blos nach Silo kommen, sondern dort auch die blei

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in unserem Falle nicht eingetroffen. Zwar wird Jos. 18, 1 erzählt, dass, nachdem durch Besiegung der Canaaniter im Süden und Norden Canaans das den Patriarchen zum Erbe verheissene Land erobert und seine Austheilung an die Stämme Israels begonnen und soweit vollzogen war, dass Juda und der Doppelstamm Joseph ihre Erbtheile durchs Loos empfangen hatten, die Gemeinde sich nach Silo versammelte und dort die Stiftshütte aufrichtete; und erst nachdem dies geschehen war, die Austheilung des Landes an die übrigen Stämme dort wieder aufgenommen und zu Ende geführt ward. Aber dieses sich Versammeln der ganzen Gemeinde zu Silo zu dem angegebenen Zwecke kann doch nicht als ein für Juda insonderheit bedeutsames Kommen nach Silo betrachtet werden. Denn wie bereits Kurtz (I, S. 326) richtig bemerkt hat ,wenn überhaupt Silo eine Bedeutung als Schluss oder Wendepunkt der Geschichte hat, so hat es dieselbe nicht für Juda insbesondere, sondern vielmehr für alle Stämme im Allgemeinen." Sollte Jakobs Weissagung auf dieses Ereigniss hinzielen, so müsste man ¬¬¬¬ übersetzen: „,bis man nach Silo kommt“, also den Singular 81 in unbestimmter Allgemeinheit fassen; man müsste sich zu einer jedenfalls nicht nahe liegenden, wenn auch nicht unmöglichen Auffassung dieser Worte verstehen.

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Aber selbst mit diesem Zugeständnisse ist nicht viel gewonnen, da wir die beiden Fragen, von deren Bejahung Delitzsch selber die geographische Fassung des bedingt seyn lässt, nicht mit unserm werthen Freunde bejahen können, sondern entschieden verneinen müssen. Diese Fragen sind: ,,1) Hat Juda bis das Volk der zwölf Stämme und Juda mit ihm sich in Silo sammelte, die ausgesagte Hoheit unter den Stämmen behauptet; 2) ist Silo der Wendepunkt der Stammesherrschaft Juda's zur Völkerherrschaft geworden?“ Die erste dieser Fragen aber müssen wir, falls wir den vollen und eigentlichen Sinn der Worte des Patriarchen nicht über Gebühr abschwächen wollen, genauer so formuliren: hat Juda bis zur Versammlung der Stämme in Silo das Scepter geführt, den Herrscherstab gehabt?" Darauf antworten wir mit der Geschichte rund und entschieden: Nein. Denn das Scepter oder Regiment führte während des Zugs durch die Wüste der Levite Mose und bei der Eroberung und Austheilung des eroberten Landes der Ephraimite Josua. Das Prinzipat Juda's unter den Stämmen aber, welches Del. darin findet, dass Juda bei den beiden Volkszählungen in der bende Ruhe finden und dort die Unterwerfung der Völker unter Juda oder den Löwen aus Juda erfolgen müssen.

Zeitschr. f. luth. Theol. 1861. I.

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Wüste als der zahlreichste aller Stämme erscheint, und nicht nur im Lager die vorderste Stelle einnimmt (Num. 2, 3-9), sondern auch wenn die Stämme aufbrachen, voranzieht (Num. 10, 14), begründet keine Hegemonie, kein Regiment Juda's über die andern Stämme. Welcher Kriegsmann wird wohl die Avantgarde eines Heeres mit seinem Obercommando identificiren? Das Scepter, den Herrscherstab hatte Juda bis zu der Zeit, als die Stämme in Silo die Stiftshütte aufrichteten, nicht. Wie wenig die vordere Stellung Juda's in der Lager- und Marschordnung als eine Hegemonie angesehen wurde, das ergibt sich auch noch aus Richt. 1, 1 f., WO nach Josua's Tode die Söhne Israels Jehova fragen, wer von ihnen zuerst (bn) gegen die Canaaniter ziehen und streiten solle. Hätte Juda damals schon die Hegemonie über die Stämme besessen, so konnte es gar nicht mehr zweifelhaft und fraglich seyn, welcher Stamm den Kampf gegen die noch nicht ausgerotteten Canaaniter aufnehmen und zu Ende führen solle. Und auch nachdem Juda durch die göttliche Antwort dazu bestimmt worden, gewinnt es während der ganzen Dauer der Richterzeit keine Art von Hegemonie über die andern Stämme. Juda beginnt zwar den Krieg gegen die noch übrigen Canaaniter, aber nicht als dux belli an der Spitze der übrigen Stämme, sondern fordert nur Simeon zum Mitkämpfer auf und schlägt die Canaaniter in seinem Stammgebiete (Richt. 1, 3—20); während Ephraim und andere Stämme für sich den Krieg gegen die in ihren Stammgebieten noch nicht unterjochten Canaaniter führen (V. 22 ff.). Später wird zwar der erste Richter, Othniel aus dem Stamme Juda erweckt (Richt. 3, 9), aber nach seinem Tode folgen Richter aus andern Stämmen, ohne dass uns irgendwo eine Spur von Hegemonie des Stammes Juda über Israel entgegentritt bis zu Davids Erwählung zum Könige und der ihm zu Theil gewordenen Verheissung der ewigen Dauer seines Königthums (2 Sam. 7, 13 ff.).

Auch die zweite Frage: ob Silo den Wendepunkt von der

Dash. im Anfange und wird nur von der Zeit gebraucht, niemals im örtlichen Sinn an der Spitze als Anführer des Zugs, wofür Num. 10, 14 2 steht. Zwar bemerkt nach dem Vorgange der LXX u. A. Hävernick, Einleit. II, 1. S. 69: nbnna kann nur vom Oberbefehle des St. Juda verstanden werden", wie es auch Delitzsch, Genes. 2, S. 147 versteht, aber dagegen ist nicht nur der Zusammenhang, indem nach V. 3 ff. Juda nicht an der Spitze der Stämme als Anführer den Krieg unternimmt, sondern noch entscheidender die Stelle Richt. 10, 18, wo das on 7 ¬ug ausdrücklich vom w unterschieden ist. Darnach ist auch 20,18 žu erklären. Vgl. Bertheau zu Richt. 1, 1.

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