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gesslich eingeprägt haben, dass sie dieselben, wenn sie ihren Schülern die Geschichte von Jairi Töchterlein erzählten, nicht unerwähnt lassen konnten, worauf sie natürlicherweise auch von den Letzteren in ihre Berichte mit aufgenommen wurden. Zu diesem Allen kommt endlich

14) noch die sehr charakteristische Differenz, dass Matthäus seine Erzählung mit den Worten schliesst: Und dres Gerücht erscholl in dasselbe ganze Land", Marcus und Lucas aber angeben, Jesus habe verboten, den Vorfall weiter zu erzählen.

Matthäus nämlich, der nicht selbst Zeuge der Wunderthat gewesen war, wurde bei seiner Wiederankunft nur noch ein Zeuge von der gewaltigen Aufregung, welche darüber im Volke entstanden war, und daher begnügte er sich mit dem angeführten Schlussworte. Marcus und Lucas aber, die dem Ereignisse schon viel ferner standen, berichten von jener Aufregung nichts, berichten aber desto genauer, was ihnen die Augenzeugen, Petrus und Jacobns oder Johannes erzählt hatten. Und dass, sowie warum Jesus wirklich das Verbot, die Geschichte auszubreiten, gegeben hatte, ist schon oben erörtert worden. Wir werden also schwerlich fehlgehen, wenn wir hieraus, wie aus allem Voranstehenden schliessen,

1. dass die Berichte der Synoptiker mit historischer Treue gegeben sind,

2. dass die Synoptiker Augenzeugen oder unmittel-
bare Schüler von Augenzeugen gewesen seyn
müssen,

3. dass das erste kanonische Evangelium wirklich den
Apostel Matthäus zum Verfasser hat, dass ferner
4. dasselbe früher geschrieben ist, als das des Marcus und
Lucas, und von diesen in einzelnen Punkten ergänzt
wird, sowie

5. dass das zweite Evangelium von einem Schüler des Apo-
stels Petrus geschrieben seyn muss, das dritte aber von
dem Schüler irgend eines andern Apostels.

Wenn man nun gegen diese Beweisführung einwenden wollte, es werde durch sie höchstens die Wahrscheinlichkeit gewonnen, dass die Verfasser unserer kanonischen Evangelien von der kirchlichen Tradition ganz richtig angegeben seyn könnten, so ist dieser Einwendung nach allem Bisherigen die Frage entgegenzustellen: Ist es denn wahrscheinlicher, dass apokryphische Schriftsteller so unzählig viele der feinsten Züge ersonnen haben sollten, aus denen auf die Autorschaft des Matthäus, Marcus und Lucas zu schliessen wäre, und dass sie sich bei dieser Absicht besonders darauf verlegt

hätten, scheinbar kleine und gleichgültige Differenzen so anzubringen, wie es eine vergleichende Kritik zur Herstellung eines Beweises für die Authentie nur irgend wünschen könnte? Denn die vorliegende Probe dürfte doch wenigstens dafür sprechen, dass es nur darauf ankommt, eine vergleichende Evangelienkritik ohne alles Vorurtheil zu üben, um auch aus den andern evangelischen Erzählungen ebensowohl, wie aus der von Jairi Töchterlein, eine Menge authentischer Züge heraus zu finden. Nun ist es zwar ganz richtig, dass nicht jeder einzelne von solchen authentischen Zügen für sich allein gerade so schwer wiegen wird, um die schwebende Frage mit Einem Male zur Entscheidung zu bringen. Aber je grösser die Menge derselben wird, desto mehr Gewicht werden sie doch mit einander zusammen haben müssen. Es wird freilich gegen diese Art der Beweisführung, z. B. von Scholten, mit einem gewissen Scheine der Berechtigung das Axiom geltend gemacht: „Viele schlechte Argumente zusammen geben nimmermehr Ein gutes." Allein es wird doch nicht übersehen werden dürfen, dass ein grosser Unterschied ist zwischen einem „für sich allein sehr leicht wiegenden" und zwischen einem schlechten" oder gar nichts wiegenden Argumente. Denn viele leichte zusammen werden am Ende doch ein ganz ansehnliches Gewicht in der Waagschale ausmachen können und so verhält sich's eben mit jenen authentischen Zügen, welche eine vergleichende Evangelienkritik überall wird nachweisen können.

Schlüsslich ist

III.

selbst aus dem Umstande, dass das vierte Evangelium die Geschichte von Jairi Töchterlein nirgends mit nur Einem Worte erwähnt, eine für die Authentiefrage sehr wichtige Folgerung zu ziehen.

Es muss nämlich die in neuester Zeit von vielen Seiten für ganz unumstösslich ausgegebene Behauptung, dass das vierte Evangelium erst in der letzten Hälfte oder gegen das Ende des zweiten Jahrhunderts, also nur von einem Pseudojohannes, geschrieben seyn könne, alle Wahrscheinlichkeit verlieren, wenn man die übereinstimmende Angabe der zwei letzten Synoptiker in Erwägung zieht, dass der Apostel Johannes Einer von den drei Jüngern gewesen sei, welche der Erweckung des Mägdleins beiwohnen durften.

Denn angenommen, das vierte Evangelium sei wirklich von einem Fälscher geschrieben, und zwar erst zu einer Zeit, in welcher entweder alle drei synoptischen Evangelien oder

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doch das eine und andere von ihnen bereits in weiteren Kreisen bekannt seyn mussten: so würde dieser Fälscher sich doch gewiss durch jene Angabe der Synoptiker bewogen gefunden haben, die Geschichte von Jairi Töchterlein unter seine Berichte aufzunehmen. Er hätte sich ja, da er den Namen des Apostels Johannes für sein Machwerk zu usurpiren suchte, gar keine glaubwürdigere Bescheinigung wünschen können, als jene in den zwei älteren Evangelien stehende Nachricht von der Augenzeugenschaft des Johannes. Und wie viel hätte er aus jener Geschichte machen können! Wenn wir an die Menge wundervoll treffender und lieblicher Charaktergemälde denken, welche das vierte Evangelium enthält, und mit welchen es einen wesentlichen Vorzug vor den übrigen Evangelien voraus hat, so müssen wir dem Verfasser desselben, vorausgesetzt dass er ein apokrypher Schriftsteller wäre, doch unstreitig ein ganz ausserordentliches Talent für historische Detailmalerei zuerkennen; bei diesem Talente aber hätte er sicherlich die Geschichte von Jairi Töchterlein eben so hoch und vielleicht noch höher verwerthen können, als die von Lazarus in Bethanien, die unbestritten eines der werthvollsten und köstlichsten Stücke in der ganzen evangelischen Geschichte ausmacht. Wie dort Maria und Martha, so konnten hier der Vater und warum nicht auch die Mutter, die Freunde und Nachbaren des Hauses? als Staffage gebraucht werden, und es wären dabei eben so leicht, als bei der Schilderung von der Auferweckung des Lazarus, die tiefsinnigsten und ergreifendsten Aussprüche anzubringen gewesen. Warum aber hat das vierte Evangelium sich diese Gelegenheit entgehen lassen? Einfach deswegen, weil es eben nicht Fictionen und Mythen, sondern wahre, von dem Augenzeugen selbsterlebte Geschichte vortragen wollte. Johannes fand aber an dem Berichte der Synoptiker über die Geschichte von Jairi Töchterlein, den er als der zuletzt Schreibende kannte, nichts zu ergänzen und nichts zu berichtigen. Darum hielt er's für unnöthig, sie noch einmal zu erzählen, wie sich denn überhaupt und durchweg ganz genau nachweisen lässt, dass er die von den Synoptikern bereits erwähnten Thatsachen nur dann in seinem Evangelium berührt hat, wenn ihm dieselben nach seiner auf Augenzeugenschaft beruhenden Kenntniss nicht genau und vollständig genug erschienen. Er zog es daher vor, statt dieser Geschichte die andere von der Auferweckung des Lazarus zu schildern, weil die Synoptiker dieselbe übergangen hatten. Denn auch bei dieser letzteren muss der Verfasser des vierten Evangeliums selbst zugegen gewesen seyn; sie macht ja ihrer ganzen Eigenthümlichkeit nach durchaus den Eindruck voller geschichtlicher Wahrheit, wie schon

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Baumgarten - Crusius in seiner Theologischen Auslegung des Joh. - Evangeliums (Jena 1845) gesagt hat: Wie sie vor uns liegt, mit dieser Sicherheit in der Sache und mit solcher Wahrheit des Gefühls, wird sie unmöglich haben erdichtet werden können, wie hoch hinauf oder wie spät man auch die Abfassung dieses Evangeliums setzen möge." Und wenn der Apostel Johannes nach diesem Allen wirklich die Wahl hatte, welche der beiden, von ihm mit angesehenen Geschichten er zur Darstellung bringen sollte, so wird noch ein besonderer Umstand den Ausschlag für die Lazarusgeschichte gegeben haben, und zwar der, dass dieselbe von entscheidender Bedeutung für die letzten Schicksale des Herrn gewesen war. Die drei Synoptiker haben sie aus nahe liegenden Gründen nicht so vollständig zu würdigen vermocht, wie Johannes, und sie daher unerwähnt gelassen. Der Lieblingsjünger des Herrn aber, der mit tiefer blickendem Sinne den Zusammenhang der letzten Ereignisse im Leben Jesu erkannt hatte, wollte deswegen die synoptischen Berichte lieber durch Einfügung der La zarusgeschichte ergänzen, als dass er die Geschichte von Jairi Töchterlein wiederholt hätte. Wie in so vielen andern Fällen, so ist also auch hier nicht blos aus dem, was in den Evangelien geschrieben steht, sondern auch aus demjenigen, was der Eine und der Andere von den Evangelisten nicht hat, auf die historische Treue und Glaubwürdigkeit der evangelischen Berichte zu schliessen.

Der Eid.

Eine exegetisch - ethische Studie

von

Dr. ph. Chr. Th. Ficker,

Pfarrer in Schönberg (Königr. Sachsen).

Unter die Gebiete, auf denen Kirche und Staat sich begegnen, gehört neben andern, wie Ehe, Todesstrafe, Sonntagsheiligung, auch der Eid. Erscheint eine Besprechung desselben bei der nicht mehr fernen Trennung der Kirche und des Staats an sich schon nicht unzeitgemäss, so wurde ein in dieser Zeitschrift enthaltener Aufsatz von Althaus: „Die Behandlung des Eides in der Predigt, der Kinderlehre und der privaten Seelsorge" 1868 S. 497 ff. mir noch besonders Anlass, die biblischen Grundlagen, auf denen die Lehre vom Eide als ein Stück christlicher Ethik beruht, von neuem zu prüfen.

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Bedeutsam ist es, dass die ersten Beispiele des Schwörens im Alten Testamente gerade da vorkommen, wo Vertreter der Gottesoffenbarung und des Heidenthums mit einander in Berührung treten. Als der König von Sodom die den verbündeten Feinden abgenommene Beute dem Abraham überlassen will, hebt dieser schwörend seine Hand empor zu Jehova dem Allerhabnen, dem Erschaffer Himmels und der Erde, dass er auch nicht das Allerunwertheste davon annehmen und sich auf diese Weise bereichern wolle (Gen. 14, 22). Derselbe Abraham schwört dem Philisterfürsten Abimelech auf dessen Aufforderung hin Vergeltung der erfahrnen Gutthaten zu und dieser hinwiederum gibt unter Entgegennahme eines Geschenkes von 7 Lämmern die eidliche Erklärung ab, dass der von seinen Knechten in Anspruch genommene Brunnen dem Abraham hinfort nicht weiter streitig gemacht werden solle (Gen. 21, 23 ff. bei welcher Gelegenheit die Grundbedeutung von Jaz), bei sieben geweihten Dingen betheuern, ersichtlich wird). Significant nenne ich die bezeichneten näheren Umstände, unter welchen die Eidesleistung beidemale stattfindet, sofern dadurch die anderweit constatirte Thatsache der allgemeinen Verbreitung des Schwures von neuem bestätigt wird. Ich erinnere nur an den Zevs öoxios der Griechen, den Deus Fidius der Römer. Als eine den Völkern des Alterthums gemeinsame Sitte ist das Schwören bei der Gottheit auf der einen Seite nicht minder, wie Gebet und Opfer, ein Beweis für die Unveräusserlichkeit des religiösen Bedürfnisses, auf der andern aber ein Kennzeichen der durch die Sünde eingetretenen Störung in dem Wechselverhältnisse ungetrübten unbedingten Vertrauens. Weil der Mensch die Bürgschaft der Wahrheit nicht mehr in sich selber trägt, darum sucht er solche in einem Höheren, wie der Hebräerbrief die Genesis und relative Berechtigung des Eides mit den bekannten Worten ausdrückt: Die Menschen schwören bei dem Grösseren, und ist ihnen der Eid alles Widersprechens „Ende zur Bekräftigung“. Die entscheidende. Bedeutung der angegebenen Gesichtspunkte wird weiterhin sich zeigen.

Wenden wir uns, ohne uns zunächst bei den vorkommenden faktischen Schwurfällen und Formeln aufzuhalten, zu den einschlagenden Bestimmungen des Mosaischen Gesetzes. Diese sind theils negativer, theils positiver Art. Zu den ersteren ge hört, abgesehen von dem Dekaloge, Lev. 19, 12: Du sollst nicht hei meinem Namen schwören, d. i. zum Betruge (vgl. Ps. 24, 4), und sollst nicht entheiligen den Namen deines Gottes; ferner Num. 30, 3: wenn einer ein Gelübde gelobt Jahve oder schwört, eine Abgelobung zu übernehmen über seine

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