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gemeinsten Empirismus noch befangen, unfähig, die Seelengröße des Gefühls zu begreifen, erschrickst Du vor dem religiösen Atheismus Deines Herzens und zerstörst in diesem Schrecken die Einheit Deines Gefühls mit sich selbst, indem Du Dir ein vom Gefühl unterschiednes, objectives Wesen vorspiegelst, und Dich so nothwendig wieder zurückwirfft in die alten Fragen und Zweifel: ob ein Gott ist oder nicht ist? Fragen und Zweifel, die doch da verschwunden, ja unmöglich sind, wo das Gefühl als das Wesen der Religion bestimmt wird. Das Gefühl ist Deine innigste und doch zugleich eine von Dir unterschiedene, unabhängige Macht, es ist in Dir über Dir: es ist selbst schon das Objective in Dir, Dein eigenstes Wesen, das Dich als und wie ein anderes Wesen ergreift, kurz Dein Gott wie willst Du also von diesem objectiven Wesen in Dir noch ein anderes objectives Wesen unterscheiden? wie über Dein Gefühl hinaus?

Das Gefühl wurde aber hier nur als Beispiel hervorgehoben. Dieselbe Bewandtniß hat es mit jeder andern Kraft, Fähigkeit, Potenz, Realität, Thätigkeit der Name ist gleichgültig welche man als das wesentliche Organ eines Gegenstandes bestimmt. Was subjectiv die Bedeutung des Wesens, das hat eben damit auch objectiv die Bedeutung des Wesens. Der Mensch kann nun einmal nicht über sein wahres Wesen hinaus. Wohl mag er sich vermittelst der Phantasie Individuen anderer, angeblich höherer Art vorstellen, aber von seiner Gattung, seinem Wesen kann er nimmermehr`abstrahiren; die Wesensbestimmungen, die positiven lezten Prädicate, die er diesen andern Individuen gibt, find immer aus seinem eignen Wesen geschöpfte Bestimmungen

Bestimmungen, in denen er in Wahrheit nur sich selbst abbildet und vergegenständlicht. Wohl mag es auch vielleicht noch außer dem Menschen denkende Wesen auf den übrigen Planeten unseres Sonnensystemes geben. Aber durch die Annahme solcher Wesen verändern wir nicht unsern Standpunkt, wir bereichern ihn nur quantitativ, nicht qualitativ. Denn so gut auf den übrigen Planeten dieselben Geseze der Bewegung, so gut gelten auch dort dieselben Geseße des Empfindens und Denkens, wie hier. Wir beleben auch in der That die übrigen Planeten keineswegs dazu, daß dort andere Wesen, als wir, sondern nur dazu, daß mehr solche oder ähnliche Wesen, wie wir, find. *).

II. Kapitel.

Das Wesen der Religion im Allgemeinen.

Was im Allgemeinen, selbst in Beziehung auf die sinnlichen Gegenstände, von dem Verhältniß des Subjects zum Object bisher behauptet wurde, das gilt insbesondere von dem Verhältniß des Subjects zum religiösen Gegenstande.

Im Verhältniß zu den finnlichen Gegenständen ist das Bewußtsein des Gegenstandes wohl unterscheidbar vom Selbstbewußtsein; aber bei dem religiösen Gegenstand fällt das Bewußtsein mit dem Selbstbewußtsein unmittelbar zusammen.

*) Verisimile est, non minus quam Geometriae, etiam Musicae oblectationem ad plures quam ad nos pertinere. Positis enim aliis terris atque animalibus ratione et auditu pollentibus, cur tantum his nostris contigisset ea voluptas, quae sola ex sono percipi potest? Christ. Hugenius. (Cosmotheor. 1. I.)

Feuerbach. 2. Aufl.

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Der finnliche Gegenstand ist außer dem Menschen da, der religiöse in ihm, ein selbst innerlicher,

darum ein Ges genstand, der ihn eben so wenig verläßt, als ihn sein Selbstbewußtsein, sein Gewissen verläßt, — ein intimer, ja der allerintimste, der allernächste Gegenstand. Gott, sagt z. B. Augustin, ist uns näher, verwandter und daher auch leichter erkennbar, als die finnlichen, körperlichen Dinge.”*) Der sinnliche Gegenstand ist an sich ein indifferenter, unabhängig von der Gesinnung, von der Urtheilskraft; der Gegenstand der Religion aber ist ein auserlesener Gegenstand: das vorzüglichste, das erste, das höchste Wesen; er seht wesentlich ein kritisches Urtheil voraus, den Unterschied zwischen dem Göttlichen und Nichtgöttlichen, dem Anbetungswürdigen und Nichtanbetungswürdigen **). Und hier gilt daher ohne alle Einschränkung der Saz: der Gegenstand des Subjects ist nichts andres als das gegenständliche Wesen des Subjects selbst. Wie der Mensch denkt, wie er gesinnt ist, so ist sein Gott: so viel Werth der Mensch hat, so viel Werth und nicht mehr hat sein Gott. Das Bewußtsein Gottes ist das Selbstbewußtsein des Menschen, die Erkenntniß Gottes die Selbsterkenntniß des Menschen. Aus seis nem Gotte erkennst Du den Menschen, und wiederum aus dem Menschen seinen Gott; beides ist identisch. Was dem Menschen Gott ist, das ist sein Geist, seine Seele, und was des Menschen Geist, seine Seele, fein Herz, das ist sein Gott: Gott ist das offenbare Innere, das ausgesprochne Selbst des Menschen; die Religion die feierliche

*) De Genesi ad litteram 1. V. c. 16.

**) Unusquisque vestrum non cogitat, prius se debere Deum nosse, quam colere. M. Minucii Felicis Octavianus c. 24.

Enthüllung der verborgnen Schäße des Menschen, das Eingeständniß seiner innersten Gedanken, das öffentliche Bekenntniß seiner Liebesgeheimnisse.

Wenn aber die Religion, das Bewußtsein Gottes, als das Selbstbewußtsein des Menschen bezeichnet wird, so ist dieß nicht so zu verstehen, als wäre der religiöse Mensch sich direct bewußt, daß sein Bewußtsein von Gott das Sebstbewußtsein seines Wesens ist, denn der Mangel dieses Bewußtseins begründet eben das eigenthümliche Wesen der Religion. Um diesen Mißverstand zu beseitigen, ist es besser zu sagen: die Religion ist die erste und zwar indirecte Selbsterkenntniß des Menschen. Die Religion geht daher überall der Phisosophie voran, wie in der Geschichte der Menschheit, so auch in der Geschichte der Einzelnen. Der Mensch verlegt sein Wesen zuerst außer sich, ehe er es in sich findet. Das eigne Wesen ist ihm zuerst als ein andres Wesen Gegenstand. Die Religion ist das kindliche Wesen der Menschheit; aber das Kind sieht sein Wesen, den Menschen außer sich, als Kind ist der Mensch sich als ein andrer Mensch Gegenstand. Der geschichtliche Fortgang in den Religionen besteht deßwegen darin, daß das, was der frühern Religion für etwas Objectives galt, jezt als etwas Subjectives, d. h. was als Gott angeschaut und angebetet wurde, jezt als etwas Menschliches erkannt wird. Die frühere Religion ist der spätern Gößendienst: der Mensch hat sein eignes Wesen angebetet. Der Mensch hat sich verobjectivirt, aber den Gegenstand nicht als sein Wesen erkannt; die spätere Religion thut diesen Schritt; jeder Fortschritt in der Religion ist daher eine tiefere Selbsterkenntniß. Aber jede bestimmte Religion, die ihre ältern Schwestern als Gößendienerinnen bezeichnet, nimmt sich selbst — und zwar nothwen

dig, sonst wäre sie nicht mehr Religion von dem Schicksal, dem allgemeinen Wesen der Religion aus; sie schiebt nur auf die andern Religionen, was doch ders Schuld

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wenn an

die Schuld der Religion überhaupt ist. Weil sie einen andern Gegenstand, einen andern Inhalt hat, weil fie über den Inhalt der frühern sich erhoben, wähnt sie sich erhaben über die nothwendigen und ewigen Geseße, die das Wesen der Religion constituiren, wähnt sie, daß ihr Gegenstand, ihr Inhalt ein übermenschlicher sei. Aber dafür durchschaut das ihr selbst verborgne Wesen der Religion der Denker, dem die Religion Gegenstand ist, was sich selbst die Religion nicht sein kann. Und unsre Aufgabe ist es eben, nachzuweisen, daß der Gegensaß des Göttlichen und Menschlichen ein durchaus illusorischer, daß er nichts andres ist als der Gegensatz zwischen dem menschlichen Wesen und dem menschlichen Individuum, daß folglich auch der Gegenstand und Inhalt der christlichen Religion ein durchaus menschlicher ist.

Die Religion, wenigstens die christliche, ist das Verhalten des Menschen zu sich selbst, oder richtiger: zu seinem (und zwar subjectiven *) Wesen, aber das Verhalten zu seinem Wesen als zu einem andern Wesen. Das göttliche Wesen ist nichts andres als das menschliche Wesen oder besser: das Wesen des Menschen, gereinigt, befreit von den Schranken des individuellen Menschen, verobjectivirt, d. h. angeschaut und verehrt als ein andres, von ihm unterschiednes, eignes Wesen alle Be

*) Die Bedeutung dieser parenthetischen Beschränkung wird im Verlaufe erhellen.

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