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Wesen, für sich selbst die adäquate Darstellung oder Eristenz der Gattung ist *). Es fehlt hier gänzlich die objective Anschauung, das Bewußtsein, daß das Du zur Vollkommenheit des Ich gehört, daß die Menschen erst zusammen den Menschen ausmachen, die Menschen nur zusammen das sind und so find, was und wie der Mensch sein soll und sein kann. Alle Menschen sind Sünder.. Ich gebe es zu; aber sie sind nicht Sünder alle auf gleiche Weise; es findet vielmehr ein sehr großer, ja wesentlicher Unterschied statt. Der eine Mensch hat Neigung zur Lüge, der Andere aber nicht: er würde eher sein Leben lassen, als sein Wort brechen oder lügen; der Dritte hat Neigung zur Trinklust, der Vierte zur Geschlechtslust, der Fünfte aber hat alle diese Neigungen nicht - sei es nun durch die Gnade der Natur oder die Energie seines Charakters. Es compensiren sich also auch im Moralischen, wie im Physischen und Intellectuellen, gegenseitig die Menschen, so daß sie im Ganzen zusammengenommen so sind, wie sie sein sollen, den vollkommnen Menschen darstellen.

Darum bessert und hebt der Umgang; unwillkührlich, ohne Verstellung ist der Mensch ein anderer im Umgang, als allein für sich. Wunder wirkt namentlich die Liebe und zwar die Geschlechterliebe. Mann und Weib berichten und ergänzen sich gegenseitig, um so vereint erst die Gattung, den vollkomm

*) Allerdings ist das Individuum das Absolute, in Leibniz's Sprache der Spiegel des Universums, des Unendlichen. Aber inwiefern es viele Individuen gibt, so ist jedes nur ein einzelner und insofern endlicher Spicgel des Unendlichen. Allerdings ist auch im Gegensag zu dem Abstractum eines fündlosen Menschen jedes Individuum an sich selbst betrachtet vollkommen, nur in der Vergleichung unvollkommen, denn Jeder ist, was er sein kann.

nen Menschen darzustellen *). Ohne Gattung ist die Liebe undenkbar. Die Liebe ist nichts andres als das Selbstge= fühl der Gattung innerhalb der Geschlechtsdifferenz. In der Liebe ist die Realität der Gattung, die sonst nur eine Vernunftsache, ein Gegenstand des Denkens ist, eine Gefühlssache, eine Gefühlswahrheit, denn in der Liebe spricht der Mensch seine Ungenügsamkrit an seiner Individualität für sich aus, postulirt er das Dasein des Andern als ein Herzensbedürfniß, rechnet er den Andern zu seinem eignen Wesen, erklärt er nur sein durch die Liebe mit ihm verbundnes Leben für wahres menschliches, dem Begriffe des Menschen, d. i. der Gattung entsprechendes Leben. Mangelhaft, unvollkommen, schwach, bedürftig ist das Individuum; aber stark, vollkommen, befriedigt, bedürfnißlos, felbstgenugsam, unendlich die Liebe, weil in ihr das Selbstgefühl der Individualität das geheimnißvolle Selbstgefühl der Vollkommenheit der Gattung ist. Aber wie die Liebe, wirkt auch die Freundschaft, wo sie wenigstens intensiv, wo sie Religion **) ist, wie sie es bei den Alten war. Freunde compensiren sich; Freundschaft ist ein Tugendmittel und mehr: ste ist selbst Tu

*) Bei den Indern (Menu Ges.) ist erst derjenige,, ein vollständiger Mann, der aus drei vereinigten Personen, seinem Weibe, sich selbst und seinem Sohne besteht. Denn Mann und Weib und Vater und Sohn find Eins." Auch der alttestamentliche, irdische Adam ist unvollständig ohne das Weib, sehnt sich nach ihm. Aber der neutestamentliche, der christliche, der himmlische, der auf den Untergang dieser Welt berechnete Adam hat keine geschlechtlichen Triebe und Functionen mehr.

**) Hae sane vires amicitiae mortis contemptum ingenerare. potuerunt: quibus pene tantum venerationis, quantum Deorum immortalium ceremoniis debetur. Illis enim publica salus, his privata continetur. Valerius Max. (l. IV. c. 7.)

gend, aber eine gemeinschaftliche Tugend. Nur zwischen Tugendhaften kann Freundschaft stattfinden, wie die Alten sagten. Aber doch kann nicht vollkommne Gleichheit, es muß vielmehr Unterschied stattfinden, denn die Freundschaft beruht auf einem Ergänzungstriebe. Der Freund gibt sich durch den Andern, was er selbst nicht besigt. Die Freundschaft sühnt durch die Tugenden des Einen die Fehler des Andern. Der Freund rechtfertigt den Freund vor Gott. So fehlerhaft auch ein Mensch für sich selbst sein mag: er beweist doch darin schon einen guten Kern, daß er tüchtige Menschen zu Freunden hat. Wenn ich auch selbst nicht vollkommen sein kann, so liebe ich doch wenigstens an Andern die Tugend, die Vollkommenheit. Wenn daher einst der liebe Gott wegen meiner Sünden, Schwächen und Fehler mit mir rechten will, so schiebe ich als Fürsprecher, als Mittelspersonen die Tugenden meiner Freunde ein. Wie barbarisch, wie unvernünftig wäre der Gott, der mich verdammte wegen Sünden, welche ich wohl begangen, aber selbst in der Liebe zu meinen Freunden, die frei von diesen Sünden waren, verdammte!

Wenn mun aber schon die Freundschaft, die Liebe, welche selbst nur subjective Realisationen der Gattung sind, aus für sich unvollkommnen Wesen ein, wenigstens relativ, vollkommnes Ganzes machen, wie viel mehr verschwinden in der Gattung selbst, welche nur in der Gesammtheit der Menschheit ihr adäquates Dasein hat und eben darum nur ein Gegenstand der Vernunft ist, die Sünden und Fehler der einzelnen Menschen! Das Lamento über die Sünde kommt daher nur da an die Tagesordnung, wo das menschliche Individuum in seiner Individualität sich als ein für sich selbst vollkommnes, completes, des Andern nicht zur Realisirung der

Gattung, des vollkommenen Menschen, bedürftiges Wesen Gegenstand, wo an die Stelle des Bewußtseins der Gaftung das ausschließliche Selbstbewußtsein des Individuums getreten ist, wo das Individuum sich nicht als einen Theil der Menschheit weiß, sondern sich mit der Gattung identificirt, und deßwegen seine Sünden, seine Schranken, seine Schwächen zu allgemeinen Sünden, zu Sünden, Schranken und Schwächen der Menschheit selbst macht. Aber gleichwohl kann der Mensch das Bewußtsein der Gattung nicht verlieren, denn sein Selbstbewußtsein ist wesentlich an das Bewußtsein des Andern gebunden. Wo darum dem Menschen nicht die Gattung als Gattung Gegenstand ist, da wird ihm die Gattung als Gott Gegenstand. Den Mangel des Begriffs der Gattung ergänzt er durch den Begriff Gottes, als des Wesens, welches frei ist von den Schranken und Mängeln, die das Individuum, und, nach seiner Meinung, weil er das Individuum mit der Gattung identificirt, die Gattung selbst drücken. Aber dieses von den Schranken der Judividuen freie, unbeschränkte Wesen ist eben nichts andres als die Gattung, welche die Unendlichkeit ihres Wesens darin offenbart, daß sie sich in unbeschränkt vielen und verschiedenartigen Individuen verwirklicht. Wären alle Menschen absolut gleich, so wäre allerdings kein Unterschied zwischen der Gattung und dem Individuum. Aber dann wäre auch das Dasein vieler Menschen ein reiner Lurus; ein Einziger genügte hinlänglich dem Zweck der Gattung. Alle miteinander hätten an dem Einen, der das Glück der Eristenz genösse, ihren hinreichenden Ersazmańn.

Allerdings ist das Wesen der Menschen Eines, aber dieses Wesen ist unendlich; sein wirkliches Dasein daher

unendliche, sich gegenseitig ergänzende Verschiedenartigkeit, um den Reichthum des Wesens zu offenbaren. Die Einheit im Wesen ist Mannigfaltigkeit im Dasein. Zwischen mir und dem Andern aber der Andere ist der Repräsentant der Gattung, auch wenn er nur Einer ist, er erseßt mir das Bedürfniß nach vielen Andern, hat für mich universelle Bedeutung, ist der Deputirte der Menschheit, der in ihrem Namen zu mir Einsamen spricht, ich habe daher, auch nur mit Einem verbunden, ein gemeinsames, menschliches Leben — zwischen Mir und dem Andern findet daher ein wesentlicher, qualitativer Unterschied statt. Der Andere ist mein Du ob dieß gleich wechselseitig ist mein Alter Ego, der mir gegenständliche Mensch, mein aufgeschlossenes Innere das sich selbst sehende Auge. An dem Andern habe ich erst das Bewußtsein der Menschheit; durch ihn erst erfahre, fühle ich, daß ich Mensch bin; in der Liebe zu ihm wird mir erst klar, daß er zu mir und ich zu ihm gehöre, daß wir beide nicht ohne einander sein können, daß nur die Gemeinsamkeit die Menschheit constituirt. Aber eben so findet auch moralisch ein qualitativer, ein kritischer Unterschied zwischen dem Ich und Du statt. Der Andere ist mein gegenständliches Gewissen: er macht mir meine Fehler zum Vorwurf, auch wenn er sie mir nicht ausdrücklich sagt: er ist mein personificirtes Schaamgefühl. Das Bewußtsein des Moralge= fezes, des Rechtes, der Schicklichkeit, der Wahrheit selbst ist nur an das Bewußtsein des Andern gebunden. Wahr ist, worin der Andere mit mir übereinstimmt - Uebereinstimmung das erste Kriterium der Wahrheit, aber nur deßwegen, weil die Gattung das lezte Maaß der Wahrheit ist. Was ich nur denke nach dem Maaße meiner Individualität, daran ist

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