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Wo sich daher einmal das Bewußtsein des Menschen bemächtigt, daß die religiösen Prädicate nur Anthropomorphismen sind, da hat sich schon der Zweifel, der Unglaube des Glaubens bemächtigt. Und es ist nur die Inconsequenz der Herzensfeigheit und der Verstandesschwäche, die von diesem Bewußtsein aus nicht bis zur förmlichen Negation der Prädicate und von dieser bis zur Negation des zu Grunde liegenden Subjects fortgeht. Bezweifelst Du die objective Wahrheit der Prädicate, so mußt Du auch die objective Wahrheit des Subjects dieser Prädicate in Zweifel ziehen. Sind Deine Prädicate Anthropomorphismen, so ist auch das Subject derfelben ein Anthropomorphismus. Sind Liebe, Güte, Persönlichkeit u. s. w. menschliche Bestimmungen, so ist auch das Subject derselben, welches Du ihnen voraussehest, auch die Eristenz Gottes, auch der Glaube, daß überhaupt ein Gott ist, ein Anthropomorphismus eine durchaus menschliche Vorausseßung. Woher weißt Du, daß der Glaube an Gott überhaupt nicht eine Schranke der menschlichen Vorstellungsweise ist? Höhere Wesen und Du nimmst ja deren an — sind vielleicht so selig in sich selbst, so einig mit sich, daß sie sich nicht mehr in der Spannung zwischen sich und einem höhern Wesen befinden. Gott zu wissen und nicht selbst Gott zu sein, Seligkeit zu kennen und nicht selbst zu genießen, das ist ein Zwiespalt, ein Unglück. Höhere Wesen wissen nichts von diesem Unglück; sie haben keine Vorstellung von dem, was sie nicht sind.

Du glaubst an die Liebe als eine göttliche Eigenschaft, weil Du selbst liebst, Du glaubst, daß Gott ein weises, ein gütiges Wesen ist, weil Du nichts Besseres von Dir kennst, als Güte und Verstand, und Du glaubst, daß Gott eristirt,

Daß er also Subject ist was eristirt, ist Subject, werde dieses Subject nun als Substanz oder Person oder Wesen oder fonstwie bestimmt und bezeichnet — weil Du selbst eristirst, selbst Subject bist. Du kennst kein höheres menschliches Gut, als zu lieben, als gut und weise zu sein, und eben so kennst Du kein höheres Glück, als überhaupt zu eristiren, Subject zu sein; denn das Bewußtsein aller Realität, alles Glückes ist Dir an das Bewußtsein des Subjectseins, der Eristenz gebunden. Gott ist Dir ein Eristirendes, ein Subject aus demselben Grunde, aus welchem er Dir ein weises, ein seliyes, ein persönliches Wesen ist. Der Unterschied zwischen den göttlichen Prädicaten und dem göttlichen Subject ist nur dieser, daß Dir das Subject, die Eristenz nicht als ein Anthropomorphismus erscheint, weil in diesem Deinem Subjectsein die Nothwendigkeit liegt, daß Dir Gott ein Eristirendes, ein Subject ist, die Prädicate dagegen als Anthropomorphismen erscheinen, weil die Nothwendigkeit derfelben, die Nothwendigkeit, daß Gott weise, gut, bewußt u. s. w. ist, keine unmittelbare, mit dem Sein des Menschen identische, sondern durch sein Selbstbewußtsein, die Thätigkeit des Denkens vermittelte Nothwendigkeit ist. Subject bin ich, ich existire, ich mag weise oder unweise, gut oder schlecht sein. Eristiren ist dem Menschen das Erste, das Subject in seiner Vorstellung, die Voraussetzung der Prädicate. Die Prädicate gibt er daher frei, aber die Existenz Gottes ist ihm eine ausgemachte, unantastbare, absolut gewisse, objective Wahrheit. Aber gleichwohl ist dieser Unterschied nur ein scheinbarer. Die Nothwendigkeit des Subjects liegt nur in der Nothwendigkeit des Prädicats. Du bist Subject nur als menschliches Subject; die Gewißheit und Realität Deiner Eristenz liegt nur in

der Gewißheit und Realität Deiner menschlichen Eigenschaften. Was das Subject ist, das liegt nur im Prädicat; das Prädicat ist die Wahrheit des Subjects; das Subject nur das personificirte, das eristirende Prädicat. Subject und Prädicat unterscheiden sich nur wie Eristenz und Wesen. Die Negation der Prädicate ist daher die Negation des Subjects. Was bleibt Dir vom menschlichen Subject übrig, wenn Du ihm die menschlichen Eigenschaften nimmst? Selbst in der Sprache des gemeinen Lebens segt man die göttlichen Prädicate: die Vorsehung, die Weisheit, die Allmacht statt des göttlichen Subjects.

Die Gewißheit der Eristenz Gottes, von welcher man gesagt hat, daß sie dem Menschen so gewiß, ja gewisser, als die eigne Eristenz sei, hängt daher nur ab von der Gewißheit der Qualität Gottes sie ist an sich keine unmittelbare Gewißheit. Dem Christen ist nur die Eristenz des christlichen, dem Heiden die Eristenz des heidnischen Gottes eine Gewißheit. Der Heide bezweifelte nicht die Eristenz Jupiters, weil er an dem Wesen Jupiters keinen Anstoß nahm, weil er sich Gott in keiner andern Qualität vorstellen konnte, weil ihm diese Qualität eine Gewißheit, eine göttliche Realität war. Die Realität des Prädicats ist allein die Bürgschaft der Eristenz.

Was der Mensch als Wahres, stellt er unmittelbar als Wirkliches vor, weil ihm ursprünglich nur wahr ist, was wirklich ist, - wahr im Gegensaze zum nur Vorgestellten, Erträumten, Eingebildeten. Der Begriff des Seins, der Eristenz ist der erste, ursprüngliche Begriff der Wahrheit. Oder: ursprünglich macht der Mensch die Wahrheit von der Eristenz, später erst die Existenz von der Wahrheit ab

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hängig. Gott nun ist das Wesen des Menschen, angeschaut als absolute Wahrheit, die Wahrheit des Menschen; Gott aber, oder, was eins ist, die Religion so verschieden, als verschieden die Bestimmtheit ist, in welcher der Mensch dieses sein Wesen erfaßt, als höchstes Wesen anschaut. Diese Bestimmtheit daher, in welcher der Mensch Gott denkt, ist ihm die Wahrheit und eben deßwegen zugleich die höchste Eristenz oder vielmehr schlechtweg die Eristenz; denn nur die emphatische, die höchste Existenz ist Eristenz und verdient diesen Namen. Gott ist darum aus demselben Grunde ein eristirendes, reales Wesen, aus welchem er dieses bestimmte Wesen ist; denn die Qualität oder Bestimmtheit Gottes ist nichts andres als die wesentliche Qualität des Menschen selbst, der bestimmte Mensch ist aber nur, was er ist, hat nur seine Existenz, seine Wirklichkeit in seiner Bestimmtheit. Dem Griechen kann man nicht die Qualität der Gräcität nehmen, ohne ihm seine Eristenz zu nehmen. Allerdings ist daher für eine bestimmte Religion, also relativ die Gewißheit von der Existenz Gottes eine unmittelbare; denn so unwillkührlich, so nothwendig der Grieche Grieche war, so nothwendig waren seine Götter griechische Wesen, so nothwendig wirklich eristirende Wesen. Die Religion ist die wesentliche, d. h. mit dem Wesen des Menschen identische Anschauung vom Wesen der Welt und des Menschen. Der Mensch steht aber nicht über seiner wesentlichen Anschauung, sondern sie steht über ihm; fie beseelt, bestimmt, beherrscht ihn. Die Nothwendigkeit eines Beweises, einer Vermittlung des Wesens oder der Qualität mit der Eristenz, die Möglichkeit eines Zweifels fällt somit weg. Nur, was ich von meinem Wesen absondere, ist mir etwas Bezweifelbares.

Wie könnte ich also den Gott bezweifeln, der mein Wesen ist? Meinen Gott bezweifeln, heißt mich selbst bezweifeln. Nur da, wo Gott abstract gedacht wird, seine Prädicate durch philosophische Abstraction vermittelte sind, entsteht die Unterscheidung oder Trennung zwischen Subject und Prädicat, Eristenz und Wesen, entsteht der Schein, daß die Eristenz oder das Subject etwas Andres ist, als das Prädicat, etwas Unmittelbares, Unbezweifelbares im Unterschiede von dem bezweifelbaren Prädicat. Aber es ist nur ein Schein. Ein Gott, der abstracte Prädicate, hat auch eine abstracte Eristenz. Die Existenz, das Sein ist so verschieden, als die Qualität verschieden ist.

Die Identität des Subjects und Prädicats erhellt am deutlichsten aus dem Entwicklungsgange der Religion, welcher identisch mit dem Entwicklungsgange der menschlichen Cultur. So lange dem Menschen das Prädicat eines bloßen Naturmenschen zukommt, so lange ist auch sein Gott ein bloßer Naturgott. Wo sich der Mensch in Häuser, da schließt er auch seine Götter in Tempel ein. Der Tempel ist nur eine Erscheinung von dem Werthe, welchen der Mensch auf schöne Gebäude legt. Die Tempel zu Ehren der Religion sind in Wahrheit Tempel zu Ehren der Baukunst. Mit der Erhebung des Menschen aus dem Zustande der Rohheit und Wildheit zur Cultur, mit der Unterscheidung zwischen dem, was sich für den Menschen schickt und nicht schickt, entsteht auch gleichzeitig der Unterschied zwischen dem, was sich für Gott schickt und nicht schickt. Gott ist der Begriff der Majestät, der höchsten Würde, das religiöse Gefühl das höchste Schicklichkeitsgefühl. Erst die spätern gebildeten Künstler Griechenlands verkörperten in den Götterstatuen die Begriffe

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