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Der Glaube gibt dem Menschen ein besonderes Ehrund Selbstgefühl. Der Gläubige findet sich ausgezeichnet vor andern Menschen, erhoben über den natürlichen Menschen; er weiß sich als eine Person von Distinction, im Besize besonderer Rechte; die Gläubigen sind Aristokraten, die Ungläubigen Plebejer. Gott ist dieser personificirte Unterschied und Vorzug des Gläubigen vor dem Ungläubigen *). Aber weil der Glaube das eigne Wesen als ein andres Wesen vorstellt, so schiebt der Gläubige seine Ehre nicht unmittelbar in sich, sondern in diese andere Person. Das Bewußtsein seines Vorzugs ist das Bewußtsein dieser Person, das Gefühl seiner selbst hat er in dieser andern Persönlichfeit **). Wie der Diener in der Würde seines Herrn sich selbst fühlt, ja sich mehr zu sein dünkt, als ein freier, selbstständiger Mann von niedrigerem Stande als sein Herr, so auch der Gläubige ***). Er spricht sich alle Verdienste ab, um blos seinem Herrn die Ehre des Verdienstes zu lassen, aber nur weil dieses Verdienst ihm selbst zu gute kommt, weil er in der Ehre des Herrn sein eignes Ehrgefühl befriedigt. Der Glaube ist hochmüthig, aber er unterscheidet sich von dem natürlichen Hochmuth dadurch, daß er das Gefühl seines Vorzugs,

*) Celsus macht den Christen den Vorwurf, daß sie sich rühmten: Est Deus et post illum nos. (Origenes adv. Cels. ed. Hoeschelius. Aug. Vind. 1605. p. 182.)

**),,Ich bin stolz und hoffärtig von wegen meiner Seeligkeit und Vergebung der Sünde, aber wodurch? Durch eine fremde Ehre und Hoffarth, nemlich des Herrn Christi.“ Luther (T. II. p. 344). „Wer sich rühmet, rühme sich des Herrn.“ I. Cor. 1, 31.

***) Ein ehemaliger Adjutant des russischen Gcnerals Münnich sagte: „da ich sein Adjutant war, fühlte ich mich größer als nun, wo ich commandire.“

seinen Stolz in eine andere Person überträgt, die ihn be vorzugt, eine andere Person, die aber sein eignes geborgnes Selbst, sein personificirter und befriedigter Glückseligkeitstrieb ist, denn diese Persönlichkeit hat keine andern Bestimmungen, als die, daß sie der Wohlthäter, der Erlöser, der Heiland ist, also Bestimmungen, in denen der Gläubige sich nur auf sich, auf sein eignes ewiges Heil bezieht. Kurz, wir haben hier das charakteristische Prinzip der Religion, daß sie das natürliche Activum in ein Passivum verwandelt. Der Heide erhebt sich, der Chrift fühlt sich erhoben. Der Chrift verwandelt in eine Sache des Gefühls, der Receptivität, was dem Heiden eine Sache der Spontaneität ist. Die Demuth des Gläubigen ist ein umgekehrter Hochmuth ein Hochmuth, der aber nicht den Schein, die äußern Kennzeichen des Hochmuths hat. Er fühlt sich ausgezeichnet; aber diese Auszeichnung ist nicht Resultat seiner Thätigkeit, sondern Sache der Gnade; er ist ausgezeichnet worden: er kann nichts dafür. Er macht sich überhaupt nicht zum Zweck seiner eignen Thätigkeit, sondern zum Zweck, zum Gegenstand Gottes.

Der Glaube ist wesentlich bestimmter Glaube. Gott in dieser Bestimmtheit nur ist der wahre Gott. Dieser Jesus ist Christus, der wahre, einzige Prophet, der eingeborne Sohn Gottes. Und dieses Bestimmte mußt Du glauben, wenn Du Deine Seligkeit nicht verscherzen willst. Der Glaube ist gebieterisch. Es ist daher nothwendig, es liegt im Wesen des Glaubens, daß er als Dogma firirt wird. Das Dogma spricht nur aus, was der Glaube ursprünglich schon auf der Zunge oder doch im Sinne hatte. Daß, wenn einmal auch nur ein Grunddogma firirt ist, sich daran speciellere Fragen anknüpfen, die dann wieder dogmatisch entschieden

werden müssen, daß sich hieraus eine lästige Vielheit von Dogmen ergibt, dieß ist freilich eine Fatalität, hebt aber nicht die Nothwendigkeit auf, daß sich der Glaube in Dogmen firire, damit Jeder bestimmt weiß, was er glauben soll und wie er seine Seligkeit sich erwerben kann.

Was man heutiges Tages selbst vom Standpunkt des gläubigen Christenthums aus verwirft, bemitleidet als Verirrung, als Mißverstand, oder gar belacht, das ist lautere Folge des innern Wesens des Glaubens. Der Glaube ist seiner Natur nach unfrei, befangen, denn es handelt sich im Glauben wie um die eigne Seligkeit, so um die Ehre Gottes selbst. Aber wie wir ängstlich sind, ob wir einem Höherstehenden die gebührende Ehre erweisen, so auch der Glaube. Den Apostel Paulus erfüllt nichts als der Ruhm, die Ehre, das Verdienst Christi. Dogmatische, ausschließliche, scrupulöse Bestimmtheit liegt im Wesen des Glaubens. In Speisen und andern dem Glauben indifferenten Dingen ist der Glaube allerdings liberal, aber keineswegs in Bezug auf Glaubensgegenstände. Wer nicht für Christus, ist wider Christus; was nicht christlich, ist antichristlich. Aber was ist christlich? Dieses muß absolut bestimmt, dieß kann nicht frei gestellt werden. Ist der Glaubensinhalt gar niedergelegt in Büchern, die von verschiedenen Verfassern stammen, niedergelegt in der Form zufälliger, sich widersprechender, gelegentlicher Aeußerungen, so ist die dogmatische Begränzung und Bestimmung selbst eine äußerliche Nothwendigkeit. Nur der kirchlichen Dogmatik verdankt das Christenthum seinen Fortbestand.

Es ist nur die Charakterlosigkeit, der gläubige Unglaube der neuern Zeit, der sich hinter die Bibel versteckt und

die biblischen Aussprüche den dogmatischen Bestimmungen entgegenseßt, um durch die Willkühr der Eregese von den Schranken der Dogmatik sich frei zu machen. Aber der Glaube ist schon verschwunden, gleichgültig geworden, wenn die Glaubensbestimmungen als Schranken empfunden werden. Es ist nur die religiöse Indifferenz unter dem Scheine der Religiosität, welche die ihrer Natur und ihrem Ursprung nach unbestimmte Bibel zum Maaß des Glaubens macht, und unter dem Vorwande, nur das Wesentliche zu glauben, nichts glaubt, was den Namen des Glaubens verdient, z. B. an die Stelle des bestimmten charaktervollen Gottessohnes der Kirche die vage, negative Bestimmung eines sündlosen Menschen seßt, der wie fein Andrer sich den Namen des Gottessohnes vindiciren dürfe, kurz eines Menschen, den man weder einen Menschen, noch einen Gott sich zu nennen getraut. Daß es aber wirklich nur der religiöse Indifferentismus ist, der sich hinter die Bibel versteckt, dieß erhellt daraus, daß man selbst Das, was in der Bibel steht, aber dem jezigen Standpunkt der Bildung widerspricht, als nicht obligirend betrachtet oder gar läugnet, ja sogar Handlungen, die christlich find, nothwendig aus dem Glauben folgen, wie die Absonderung der Gläubigen von den Ungläubigen, jezt als unchristliche bezeichnet.

Die Kirche hat mit vollem Rechte Anders- oder überhaupt Ungläubige*) verdammt, denn dieses Verdammen liegt im Wesen des Glaubens. Der Glaube erscheint zu

*) Dem Glauben, wo er noch Feuer im Leibe, Charakter hat, ist immer der Andersgläubige gleich dem Ungläubigen, dem Atheisten.

nächst nur als unbefangne Absonderung der Gläubigen von den Ungläubigen; aber diese Sonderung ist eine höchst kritische Scheidung. Der Gläubige hat Gott für sich, der Ungläubige gegen sich nur als möglicher Gläubige. hat er Gott nicht gegen sich, aber als wirklicher Ungläubiger - darin liegt eben der Grund der Forderung, den Stand des Unglaubens zu verlassen. Was aber Gott gegen sich hat, ist nichtig, verstoßen, verdammt; denn was Gott gegen sich hat, ist selbst wider Gott. Glauben ist gleichbedeutend mit Gutsein, nicht glauben mit Bösesein. Der Glaube, beschränkt und befangen, schiebt Alles in die Gesinnung. Der Ungläubige ist ihm aus Verstocktheit, aus Bosheit ungläubig *), ein Feind Christi. Der Glaube assimilirt sich daher nur die Gläubigen, aber die Ungläubigen verstößt er. Er ist gut gegen die Gläubigen, aber böse gegen die Ungläubigen.¦ Im Glauben liegt ein böses Prinzip.

Es ist nur der Egoismus, die Eitelkeit, die Selbstgefälligkeit der Christen, daß sie wohl selbst die Splitter in dem Glauben der nicht christlichen Völker, aber nicht die Balken in ihrem eignen Glauben erblicken. Nur die Art der religiösen Glaubensdifferenz ist anders bei den Christen, als bei andern Völkern. Es sind nur klimatische Unterschiede oder die Unterschiede der Volkstemperamente, die den Unterschied begründen. Ein an sich kriegerisches oder überhaupt feurig sinnliches Volk wird natürlich seinen religiösen Unterschied auch durch sinnliche Thaten, durch Waffengewalt bethätigen. Aber die Natur des

*) Schon im N. T. ist mit dem Unglauben der Begriff des Ungehorsams verknüpft. Die Haupt bosheit ist der Unglaube." Luther (T. XIII. p. 647).

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