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hier der Begriff des vergeltenden Opfers. Gott hat sich für den Menschen geopfert; dafür muß sich jezt wieder der Mensch Gott opfern. Je größer das Opfer, desto besser die Handlung. Je mehr etwas dem Menschen, der Natur widerspricht, je größer die Negation, desto größer auch die Tugend. Diesen nur negativen Begriff des Guten hat besonders der Katholicismus verwirklicht und ausgebildet. Sein höchster moralischer Begriff ist der des Opfers – daher die hohe Bedeutung der Verneinung der Geschlechtsliebe der Virginität. Die Keuschheit oder vielmehr Virginität ist die charakteristische Tugend des katholischen Glaubens deßwegen, weil sie keine Basis in der Natur hat die überschwänglichste, transcendenteste, phantastischste Tugend, die Tugend des supranaturalistischen Glaubens dem Glauben die höchste Tugend, aber an sich keine Tugend. Der Glaube macht demnach zur Tugend, was an sich, seinem Inhalt nach keine Tugend ist; er hat also keinen Tugendsinn; er muß nothwendig die wahre Tugend herabsehen, weil er eine bloße Scheintugend so erhöht, weil ihn kein andrer Begriff als der der Negation, des Widerspruchs mit der Natur des Menschen leitet.

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Aber obgleich die der Liebe widersprechenden Handlungen der christlichen Religionsgeschichte dem Christenthum entsprechen, und daher die Gegner des Christenthums recht haben, wenn sie demselben die dogmatischen Greuelthaten der Christen Schuld geben; so widersprechen sie doch auch zu

dann Deine Liebesthaten im Werk erstatten? doch ist noch etwas, das Dir angenehme, wenn ich des Fleisches Lüste dämpf und zähme, daß sie aufs neu mein Herz nicht entzünden mit neuen Sünden.“ „Will sich die Sünde regen, so bin ich nicht verlegen, der Blick auf Jesu Kreuze ertödtet ihre Reize.“ Gesangbuch der evangel. Brüdergemeinen.

gleich wieder dem Christenthum, weil das Christenthum nicht nur eine Religion des Glaubens, sondern auch der Liebe ist, nicht nur zum Glauben, sondern auch zur Liebe uns verpflichtet. Die Handlungen der Lieblosigkeit, des Kezerhasses entsprechen und widersprechen zugleich dem Christenthum? Wie ist das möglich? Allerdings. Das Christenthum sanctionirt zugleich die Handlungen, die aus der Liebe, und die Handlungen, die aus dem Glauben ohne Liebe kommen. Hätte das Christenthum nur die Liebe zum Geseze gemacht, so hätten die Anhänger desselben Recht, man könnte ihm die Greuelthaten der christlichen Religionsgeschichte nicht als Schuld anrechnen; hätte es nur den Glauben zum Gefeß gemacht, so wären die Vorwürfe der Ungläubigen unbedingt, ohne Einschränkung wahr. Das Christenthum hat die Liebe nicht frei gegeben; sich nicht zu der Höhe erhoben, die Liebe absolut zu fassen. Und es hat diese Freiheit nicht gehabt, nicht haben können, weil es Religion ist -die Liebe daher der Herrschaft des Glaubens unterworfen. Die Liebe ist nur die eroterische, der Glaube die esoterische Lehre des Christenthums die Liebe nur die Moral, der Glaube aber die Religion der christlichen Religion.

Gott ist die Liebe. Dieser Saß ist der höchste des Christenthums. Aber der Widerspruch des Glaubens und der Liebe ist schon in diesem Sage enthalten. Die Liebe ist nur ein Prädicat, Gott das Subject. Was ist aber dieses Subject im Unterschiede von der Liebe? Und ich muß doch nothwendig so fragen, so unterscheiden. Die Nothwendigkeit der Unterscheidung wäre nur aufgehoben, wenn es umgekehrt hieße: die Liebe ist Gott, die Liebe das absolute Wesen. So bekäme die Liebe die Stellung der Substanz. In

dem Sage:,,Gott ist die Liebe" ist das Subject das Dunkel, hinter welches der Glaube sich versteckt; das Prädicat das Licht, das erst das an sich dunkle Subject erhellt. Im Prädicat bethätige ich die Liebe, im Subject den Glauben. Die Liebe füllt nicht allein meinen Geist aus: ich lasse einen Plaz für meine Lieblosigkeit offen, indem ich Gott als Subject denke im Unterschied vom Prädicat. Es ist daher nothwendig, daß ich bald den Gedanken der Liebe verliere, bald wieder den Gedanken des Subjects, bald der Gottheit der Liebe die Persönlichkeit Gottes, bald wieder der Persönlichkeit Gottes die Liebe aufopfere. Die Geschichte des Christenthums hat diesen Widerspruch hinlänglich constatirt. Der Katholicismus besonders feierte die Liebe als die wesentliche Gottheit so begeistert, daß ihm in dieser Liebe ganz die Persönlichkeit Gottes verschwand. Aber zugleich opferte er wieder in einer und derselben Seele der Majestät des Glaubens die Liebe auf. Der Glaube hält sich an die Selbstständigkeit Gottes; die Liebe hebt sie auf. Gott ist die Liebe, heißt: Gott ist nichts für sich; wer liebt, gibt seine egoistische Selbstständigkeit auf; er macht, was er liebt, zum Unentbehrlichen, Wesentlichen seiner Eristenz. Aber zugleich taucht doch wieder, während ich in die Tiefe der Liebe das Selbst versenke, der Gedanke des Subjects auf und stört die Harmonie des göttlichen und menschlichen Wesens, welche die Liebe gestiftet. Der Glaube tritt mit seinen Prätensionen auf und räumt der Liebe nur so viel ein, als überhaupt einem Prädicat im ge= wöhnlichen Sinne zukommt. Er läßt die Liebe sich nicht frei entfalten; er macht sie zu einem Abstractum, sich zum Concretum, zur Sache, zum Fundament. Die Liebe des Glaubens ist nur eine rhetorische Figur, eine poetische Fiction

des Glaubens

der Glaube in der Ekstase. Kommt der

Glaube wieder zu sich, so ist auch die Liebe dahin.

Nothwendig mußte sich dieser theoretische Widerspruch auch praktisch bethätigen. Nothwendig; denn die Liebe ist im Christenthum befleckt durch den Glauben, sie ist nicht frei, nicht wahrhaft erfaßt. Eine Liebe, die durch den Glauben beschränkt, ist eine unwahre Liebe *). Die Liebe kennt kein Gesez, als sich selbst; sie ist göttlich durch sich selbst; ste bedarf nicht der Weihe des Glaubens; sie kann nur durch sich selbst begründet werden. Die Liebe, die durch den Glauben gebunden, ist eine engherzige, falsche, dem Begriffe der Liebe, d. h. sich selbst widersprechende Liebe, eine scheinheilige Liebe, denn sie birgt den Haß des Glaubens in sich; sie ist nur gut, so lange der Glaube nicht verlegt wird. In diesem Widerspruch mit sich selbst verfällt sie daher, um den Schein der Liebe zu behalten, auf die teuflischsten Sophismen, wie Augustin in seiner Apologie der Kezerverfolgungen. Die Liebe ist beschränkt durch den Glauben; fie findet daher auch die Handlungen der Lieblosigkeit, die der Glaube gestattet, nicht im Widerspruch mit sich; fie legt die Handlungen des Hasses, die um des Glaubens willen geschehen, als Handlungen der Liebe aus. Und fie verfällt nothwendig auf solche Widersprüche, weil es schon an und für sich ein Widerspruch ist, daß die Liebe durch den Glauben beschränkt ist. Duldet fte einmal diese

*) Die einzige dem Wesen der Liebe nicht widersprechende Beschränkung ist die Selbstbeschränkung der Liebe durch die Vernunft, die Intel≥ ligenz. Liebe, die die Strenge, das Geseß der Intelligenz verschmäht, ist theoretisch eine falsche, praktisch eine verderbliche Liebe.

Schranke, so hat sie ihr eignes Urtheil, ihr eingebornes Maaß und Kriterium, ihre Selbstständigkeit aufgegeben; sie ist den Einflüsterungen des Glaubens widerstandlos preisgegeben.

Hier haben wir wieder ein Erempel, daß Vieles, was nicht dem Buchstaben nach in der Bibel steht, dem Princip nach doch in ihr liegt. Wir finden dieselben Widersprüche in der Bibel, die wir im Augustin, im Katholicismus überhaupt finden, nur daß sie hier bestimmt ausgesprochen werden, eine augenfällige, darum empörende Existenz bekommen. Die Bibel verdammt durch den Glauben, begnadigt durch die Liebe. Aber sie kennt nur eine auf den Glauben gegründete Liebe. Also auch hier schon eine Liebe, die verflucht, eine unzuverlässige Liebe, eine Liebe, die mir keine Garantie gibt, daß sie sich nicht als Lieblosigkeit bewährt; denn anerkenne ich nicht die Glaubensartikel, so bin ich außer das Gebiet und Reich der Liebe gefallen, ein Gegenstand des Fluchs, der Hölle, des Zornes Gottes, dem die Eristenz der Ungläubigen ein Aerger, ein Dorn im Auge ist. Die christliche Liebe hat nicht die Hölle überwunden, weil sie nicht den Glauben. überwunden. Die Liebe ist an sich ungläubig, der -Glaube aber lieblos. Ungläubig aber ist deßwegen die Liebe, weil sie nichts Göttlicheres kennt als sich selbst, weil sie nur an sich selbst, als die absolute Wahrheit glaubt.

Die christliche Liebe ist schon dadurch eine besondere, daß sie christliche ist, sich christliche nennt. Aber Universalität liegt im Wesen der Liebe. So lange die christliche Liebe die Christlichkeit nicht aufgibt, nicht die Liebe schlechtweg zum obersten Geseze macht, so lange ist sie eine Liebe, die den Wahrheitssinn beleidigt, denn die Liebe ist es eben, die den

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