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das Bewußtsein der Gattung als das Gesez seines Lebens beibrachte.

XXVIII. Kapitel.

Schlußanwendung.

In dem entwickelten Widerspruch zwischen Glaube und Liebe haben wir den praktischen, handgreiflichen Nöthigungsgrund, über das Christenthum, über das eigenthümliche Wefen der Religion überhaupt uns zu erheben. Wir haben bewiesen, daß der Inhalt und Gegenstand der Religion ein durchaus menschlicher ist, bewiesen, daß auch die göttliche Weisheit menschliche Weisheit, daß das Geheimniß der Theologie die Anthropologie, des absoluten Geistes der sogenannte endliche subjective Geist ist. Aber die Religion hat nicht das Bewußtsein von der Menschlichkeit ihres Inhalts; sie sezt sich vielmehr dem Menschlichen entgegen, oder wenigstens sie gesteht nicht ein, daß ihr Inhalt menschlicher ist. Der nothwendige Wendepunkt der Geschichte ist daher dieses offne Bekenntniß und Eingeständniß, daß das Bewußtsein Gottes nichts andres ist als das Bewußtsein der Gattung, daß der Mensch sich nur über die Schranken seiner Individualität erheben kann und soll, aber nicht über die Geseze, die positiven Wesensbestimmungen seiner Gattung, daß der Mensch kein andres Wesen als absolutes Wesen denken, ahnden, vorstellen, fühlen, glauben, wollen, lieben und verehren kann als das Wesen der menschlichen Natur*).

*) Mit Einschluß der Natur, denn wie der Mensch zum Wesen
Feuerbach. 2. Aufl.
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Unser Verhältniß zur Religion ist daher kein nur negatives, sondern ein kritisches; wir scheiden nur das Wahre vom Falschen obgleich allerdings die von der Falschheit ausgeschiedene Wahrheit immer eine neue, von der alten wefentlich unterschiedne Wahrheit ist. Die Religion ist das erste Selbstbewußtsein des Menschen. Heilig sind die Religionen, eben weil sie die Ueberlieferungen des ersten Bewußtseins sind. Aber was der Religion das Erste ist, Gott, das ist, wie bewiesen, an sich, der Wahrheit nach das Zweite, denn er ist nur das sich gegenständliche Wesen des Menschen, und was ihr das Zweite ist, der Mensch, das muß daher als das Erste gesezt und ausgesprochen werden. Die Liebe zum Menschen darf keine abgeleitete sein; ste muß zur ursprünglichen werden. Dann allein wird die Liebe eine wahre, heilige, zuverlässige Macht. Ist das Wesen des Menschen das höchste Wesen des Menschen, so muß auch praktisch das höchste und erste Gesez die Liebe des Menschen zum Menschen sein. Homo homini Deus estdieß ist der oberste praktische Grundsaß dieß der Wendepunkt der Weltgeschichte. Die Verhältnisse des Kindes zu den Eltern, des Gatten zum Gatten, des Bruders zum Bruder, des Freundes zum Freunde, überhaupt des Menschen zum Menschen, kurz, die moralischen Verhältnisse sind per se wahrhaft religiöse Verhältnisse. Das Leben ist über

der Natur- dieß gilt gegen den gemeinen Materialismus- so ge= hört auch die Natur zum Wesen des Menschen — dieß gilt gegen den subjectiven Idealismus, der auch das Geheimniß unsrer,, absoluten“ Philosophie, wenigstens in Beziehung auf die Natur ist. Nur durch die Verbindung des Menschen mit der Natur können wir den supranaturalistischen Egoismus des Christenthums überwinden.

haupt in seinen wesentlichen, substanziellen Verhältnissen durchaus göttlicher Natur. Seine religiöse Weihe empfängt es nicht erst durch den Segen des Priesters. Die Religion will durch ihre an sich äußerliche Zuthat einen Gegenstand heiligen; sie spricht dadurch sich allein als die heilige Macht aus; sie kennt außer sich nur irdische, ungöttliche Verhältnisse; darum eben tritt sie hinzu, um sie erst zu heiligen, zu weihen.

Aber die Ehe- natürlich als freier Bund der Liebe*) — ist durch sich selbst, durch die Natur der Verbindung, die hier geschlossen wird, heilig. Nur die Ehe ist eine religiöse, die eine wahre ist, die dem Wesen der Ehe, der Liebe entspricht. Und so ist es mit allen sittlichen Verhältnissen. Sie find nur da moralische, sie werden nur da mit sittlichem Sinne gepflogen, wo sie durch sich selbst als religiöse gelten. Wahrhafte Freundschaft ist nur da, wo die Gränzen der Freundschaft mit religiöser Gewissenhaftigkeit bewahrt werden, mit derselben Gewissenhaftigkeit, mit welcher der Gläubige die Dignität seines Gottes wahrt. Heilig ist und sei Dir die Freundschaft, heilig das Eigenthum, heilig die Ehe, heilig das Wohl jedes Menschen, aber heilig an und für sich selbst.

Im Christenthum werden die moralischen Geseze als Gebote Gottes gefaßt; es wird die Moralität selbst zum Kriterium der Religiosität gemacht; aber die Ethik hat dennoch untergeordnete Bedeutung, hat nicht für sich selbst die Bedeutung der

*) Ja nur als freier Bund der Liebe; denn eine Ehe, deren Band nur eine äußerliche Schranke, nicht die freiwillige, in sich befriedigte Selbstbeschränkung der Liebe ist, kurz eine nicht selbstbeschloßne, selbstgewollte, selbstgenuge Ehe ist keine wahre und folglich keine wahrhaft fittliche.

Religion. Diese fällt nur in den Glauben. Ueber der Moral schwebt Gott als ein vom Menschen unterschiedenes Wesen, dem das Beste angehört, während dem Menschen nur der Abfall zukommt. Alle Gesinnungen, die dem Leben, dem Menschen zugewendet werden sollen, alle seine besten Kräfte vergeudet der Mensch an das bedürfnißlose Wesen. Die wirkliche Ursache wird zum selbstlosen Mittel, eine nur vorgestellte, imaginäre Ursache zur wahren, wirklichen Ursache. Der Mensch dankt Gott für die Wohlthaten, die ihm der Andere felbft mit Opfern dargebracht. Der Dank, den er seinem Wohlthäter ausspricht, ist nur ein scheinbarer, er gilt nicht ihm, sondern Gott. Er ist dankbar gegen Gott, aber undankbar gegen den Menschen *). So geht die sittliche Gesinnung in der Religion unter! So opfert der Mensch den Menschen Gott auf! Das blutige Menschenopfer ist in der That nur ein roh sinnlicher Ausdruck von dem innersten Geheimniß der Religion. Wo blutige Menschenopfer Gott dargebracht werden, da gelten diese Opfer für die höchsten, das sinnliche Leben für das höchste Gut. Deßwegen opfert man das Leben Gott auf, und zwar in außerordentlichen Fällen; man glaubt damit ihm die größte Ehre zu erweisen. Wenn das Christenthum nicht mehr, wenigstens in unfrer Zeit, blutige Opfer seinem Gott darbringt, so kommt das, abgesehen von andern Gründen, nur

*),,Dieweil Gott wohlthut durch Obrigkeit, Herrn und die Creaturen, so plaget das Volk zu, henget an den Creaturen und nicht an den Schöpfer, fie gehen nicht durch sie zum Schöpfer. Daher ist es gekommen, daß die Heyden aus den Königen haben Götter gemacht.......... Dènn man kann und will es nicht merken, wie das Werk oder die Wohlthat von Gott komme, und nicht schlecht von der Creatur, ob die wohl ein Mittel ist, dadurch Gott wirket, uns hilft und giebet." Luther. (T. IV. p. 237.)

daher, daß das finnliche Leben nicht mehr für das höchste Gut gilt. Man opfert dafür Gott die Seele, die Gesinnung, weil diese für höher gilt. Aber das Gemeinsame ist, daß der Mensch in der Religion eine Verbindlichkeit gegen den Menschen wie die, das Leben des Andern zu respectiren, dankbar zu sein einer religiösen Verbindlichkeit, das Verhältniß zum Menschen dem Verhältniß zu Gott aufopfert. Die Christen haben durch den Begriff der Bedürfnißlosigkeit Gottes, die nur ein Gegenstand der reinen Anbetung sei, allerdings viele wüste Vorstellungen beseitigt. Aber diese Bedürfnißlosigkeit ist nur ein metaphysischer Begriff, der keineswegs das eigenthümliche Wesen der Religion begründet. Das Bedürfniß der Anbetung nur auf eine Seite, auf die subjective verlegt, läßt, wie jede Einseitigkeit, das religiöse Gemüth kalt; es muß also, wenn auch nicht mit ausdrücklichen Worten, doch der That nach eine dem subjectiven Bedürfniß entsprechende Bestimmung in Gott gesezt werden, um Gegenseitigkeit herzustelten. Alle positiven Bestimmungen der Religion beruhen auf Gegenseitigkeit *). Der religiöse Mensch denkt an Gott, weil

*),, Wer mich ehrt, den will ich auch ehren, wer aber mich verachtet, der soll wieder verachtet werden." I. Samuel. 2, 30. Jam se o bone pater, vermis vilissimus et odio dignissimus sempiterno, tamen confidit amari, quoniam se sentit amare, imo quia se amari praesentit, non redamare confunditur... Nemo itaque se amari diffidat, qui jam amat. Bernardus Ad Thomam. (Epist. 107.) Ein sehr schöner und wichtiger Ausspruch. Wenn ich nicht für Gott bin, ist Gott nicht für mich; wenn ich nicht liebe, bin ich nicht geliebt. Das Passivum ist das seiner selbst gewisse Activum, das Object das seiner selbst gewisse Subject. Lieben heißt Mensch sein, Geliebtwerden heißt Gott sein. Ich bin geliebt, sagt Gott, ich liebe, der Mensch. Erst später kehrt sich dieß um und verwandelt sich das Passivum in das Activum und umgekehrt.

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