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aber das Gemüth duldet nichts, was ihm widerspricht; es ist das intolerante, ungebührliche, überschwengliche, sich al- . lein, sich als das absolute Wesen, als das Wesen der Wesen seßende Herz. Das Herz wünscht z. B. zu sein an dem fernen Orte, wo die Geliebten weilen, aber es anerkennt diesen Wunsch mitten im Schmerzgefühl der Trennung nur als einen Wunsch; das Gemüth, unbekümmert um die Geseze der Wirklichkeit und Nothwendigkeit, verwandelt den Wunsch, augenblicklich da zu sein, wohin wir uns sehnen, in ein reales Wesen, einen Zustand, ein Leben, wo die Unterschiede von Raum und Zeit aufhören. Wenn wir von Todten auferstehen und neue Leiber überkommen werden, die werden wohl rechte Leiber von Fleisch und Blut und allen Gliedmaaßen seyn; aber sie werden nicht mehr so schwer und ungelenk seyn; sondern gleich wie wir mit Gedanken ißt behend da und dort find, also werden wirs dazumahl mit dem Leibe können thun." Luther (T. XV. p. 291). Darum hat das Herz nur wahre, das Gemüth nur scheinbare Leiden. Die Schmerzen des Herzens sind Thatsachen, die Schmerzen des Gemüthes Vorstellungen. Das Herz blutet, das Gemüth weint. Christus, das Vorbild des christlichen Gemüths, weint über den Tod des Lazarus. Das Herz hat die Natur zur Basis, es hat physiologische Bedeutung; das Herz ist eine physikalische Wahrheit nicht aber das Gemüth, d. h. das Gemüth gedacht im Unterschiede vom Herzen. Das Herz ist activ, das Gemüth passiv, das Herz hülfreich, das Gemüth trostreich. Das Herz ist Leiden als Mitgefühl, als Mitleiden, das Gemüth Leiden als Selbstgefühl, jenes handelt für Andre, dieses läßt Andre für sich handeln. Das Herz ist bestimmtes, das Gemüth unbestimmtes Gefühl, jenes bezieht sich nur auf wirkliche, dieses auch auf erträumte Gegenstände. Das Gemüth ist das träumerische Herz. Wenn wir Unsterblichkeit wünschen aus Liebe zu Andern, so kommt dieser Wunsch aus dem Herzen; wenn wir aber Unsterblichkeit wünschen um unsretwillen, aus

Mißbehagen, aus Unzufriedenheit mit der wirklichen Welt, so kommt dieser Wunsch aus dem Gemüthe. Im Herzen bezieht sich der Mensch auf Andre, im Gemüthe auf sich. Das Herz ist die Sehnsucht, zu beglücken, das Gemüth, selbst unendlich glücklich zu sein. Das Herz befriedigt sich nur im Andern, das Gemüth in sich selbst. Das in sich selbst befriedigte Gemüth ist Gott. Das Mittelalter ist gemüthlich, aber herzlos; der chriftliche Himmel gemüthlich, aber herzlos, denn er hat zur Seite die Hölle des Glaubens. Das Herz ist unabhängig vom Christenthum, ja es löscht die religiösen Differenzen aus, denn es ist universell, umfaßt alle Menschen, weil es selbst aus der Gattung, dem gemeinschaftlichen Ursprung abstammt. Das Herz beseligt auch den Ungläubigen, aber das Gemüth ist christlichen Glaubens, hat wenigstens im christlichen Glauben seinen vollen, entsprechenden Ausdruck gefunden. Der Christ findet Gott nicht in der Vernunft; sie ist ihm vielmehr ein atheistisches Wesen; negativ, unbestimmt, indirect ausgesprochen: sie kann Gott nicht fassen, nicht begreifen; denn der Gott, den die Vernunft seßt, ist immer ein Vernunftwesen, das eigne Wesen der Vernunft. Der Christ findet Gott nur im Gemüthe, eben weil das Gemüth sein wahrer Gott ist. Hieraus erhellt auch, daß das Bestreben unserer sogenannten positiven Speculanten oder richtiger Phantasten, die Rechts-, Staats- und Naturverhältnisse, kurz Alles, was dem Gemüthe, dem christlichen Gott zuwider ist und daher im Himmel, d. i. in der Wahrheit des Christenthums aufgehoben wird, aus diesem Gotte abzuleiten, ebenso auf einer Ignoranz der Natur, des Rechts, des Staats, als des Christenthums selbst beruht, daß also dieses Bestreben eben so unvernünftig und unphilosophisch, als unchristlich ist. Kurz, das Herz ist das philosophische, das rationalistische, weltoffne, sonnenklare Gemüth; das Gemüth das mystische, dunkle, weltscheue Herz. Dieser bisher gemachte Unterschied zwischen Gemüth und Herz ist keineswegs nur ein willkührlicher. „Gemüth stammt von muthen, verlangen, wünschen

ab. .... Es bezeichnet also das innere Principium des Menschen von der Seite seines gesammten Begehrungsvermögen, der vernünftigen und sinnlichen und dadurch unterscheidet es sich sowohl von Geist als von Seele.

Nieder am Staube zerstreun sich unsre gaukelnden Wünsche, Eins wird unser Gemüth droben ihr Sterne bei euch. (Schiller.) Das Herz bezeichnet die geselligen Neigungen, womit wir an dem Wohl und Wehe Anderer Theil nehmen" und zwar nur,,die geselligen Neigungen, die sich durch Liebe äußern.

Hab ich treu im Busen Dich getragen,

Dich geliebt, wie je ein Herz geliebt.“
(Horen.)

J. A. Eberhard Synonymik. Art. Geist. Wenn aber in dieser Schrift Gemüth und Herz bald als gleichbedeutend gebraucht, bald in dem angegebenen Sinne unterschieden werden, so trägt die Schuld dieses Widerspruchs keineswegs nur die Willkühr des Verfassers und des Sprachgebrauchs, welcher Gemüth bald für den ganzen Menschen, bald für Herz sezt, sondern auch der Gegenstand selbst. Das Christenthum ist der Widerspruch von Herz und Gemüth, weil der Widerspruch von Glaube und Liebe. Der Glaube kommt aus dem Gemüthe, die Liebe aber aus dem Herzen.

Die Natur, die Welt hat keinen Werth, kein Interesse für den Christen. Der Chrift denkt nur an sich, an sein Seelenheil. A te incipiat cogitatio tua et in te finiatur, nec frustra in alia distendaris, te neglecto. Praeter salutem tuam nihil cogites. De inter. Domo. (Unter den unächten Schriften des h. Bernhard.) Si te vigilanter homo attendas, mirum est, si ad aliud unquam intendas. Divus Bernardus. (Tract. de XII. grad. humil. et sup.) .... Orbe

....

sit sol major, an pedis unius latitudine metiatur? alieno ex lumine an propriis luceat fulgoribus luna? quae neque scire compendium, neque ignorare detrimentum est ullum..... Res vestra in ancipiti sita est: salus dico animarum vestrarum. Arnobius (adv. gentes 1. II. c. 61). Quaero igitur ad quam rem scientia referenda sit; si ad causas rerum naturalium, quae beatitudo erit mihi proposita, si sciero unde Nilus oriatur, vel quicquid de coelo Physici delirant? Lactantius. (Instit. div. 1. III. c. 8.) Etiam curiosi esse prohibemur. Sunt enim qui desertis virtutibus et nescientes quid sit Deus.... magnum aliquid se agere putant, si universam istam corporis molem, quam mundum nuncupamus, curiosissime intentissimeque perquirant. .... Reprimat igitur se anima ab hujusmodi vanae cognitionis cupiditate, si se castam Deo servare disposuit. Tali enim amore plerumque decipitur, ut (aut) nihil putet esse nisi corpus. Augustinus (de Mor. Eccl. cath. 1. 1. c. 21). De terrae quoque vel qualitate vel positione tractare, nihil prosit ad spem futuri, cum satis sit ad scientiam, quod scripturarum divinarum series comprehendit, quod Deus suspendit terram in nihilo. Ambrosius (Hexaemeron l. I. c. 6). Longe utique praestantius est, nosse resurrecturam carnem ac sine fine victuram, quam quidquid in ea medici scrutando discere potuerunt. Augustinus (de anima et ejus orig. 1. IV. c. 10). „Laß natürliche Kunst fahren..... Ist génug, das Du weißt, daß Feuer heiß, Wasser kalt und feucht ist. .... Wisse, wie Du Deinen Acker, Viehe, Hauß und Kind üben sollst, das ist Dir genug in natürlicher Kunst. Darnach denke, wie Du nur allein Chriftum erlernest, der wird Dir zeigen Dich selbst, wer Du bist, was Dein Vermögen ist. Also wirst Du Gott und Dich selbst erlernen, welches kein natürlicher Meister noch natürliche Kunst je erfahren hat." Luther (T. XIII. p. 264).

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Aus diesen Belegstellen, die sich übrigens bis ins Unzählige vervielfältigen ließen, erhellt zur Genüge, daß das wahre, religiöse Christenthum kein Princip, kein Motiv zu wissenschaftlicher und materieller Cultur in sich hat. Das praktische Ziel und Object des Christen ist einzig der Himmel, d. h. das realisirte Seelenheil. Das theoretische Ziel und Object des Christen aber ist einzig Gott, als das mit dem Seelenheil identische Wesen. Wer aber Gott weiß, weiß Alles. Ja so unendlich mehr Gott ist als die Welt, so unendlich mehr ist auch die Theologie als die Erkenntniß der Welt. Die Theologie macht selig, denn ihr Object ist die personificirte Seligkeit. Infelix homo, qui scit illa omnia (die Creaturen) te autem nescit, Beatus autem qui te scit, etiam si illa nesciat. Augustin (Confess. 1. V. c. 4). Wer möchte, wer könnte also das selige göttliche Wesen mit den unseligen nichtigen Dingen dieser Welt vertauschen? Wohl offenbart sich Gott in der Natur, aber nur unbestimmt, dunkel, nur nach seinen allgemeinsten Eigenschaften; Sich selbst, sein wahres, sein persönliches Wesen offenbart er nur in der Religion, im Christenthum. Die Erkenntniß Gottes aus der Natur ist Heidenthum, die Erkenntniß Gottes aus sich selbst, aus Christus, in dem die Fülle der Gottheit leibhaftig wohnte, ist Christenthum. Welches Intereffe follte daher für den Christen die Beschäftigung mit den materiellen, natürlichen Dingen haben? Die Beschäftigung mit der Natur, die Cultur überhaupt sezt voraus oder bewirkt wenigstens unfehlbar einen heidnischen, d. i. weltlichen, antitheologischen, antisupranaturalistischen Sinn und Glauben. Die Cultur der modernen christlichen Völker ist daher so wenig aus dem Christenthum abzuleiten, daß sie vielmehr nur aus der Negation des Christenthums, die freilich zunächst nur eine praktische war, begriffen werden kann. Wohl ist überhaupt zu unterscheiden zwischen dem, was die Christen als Christen, und dem, was sie als Heiden, als natürliche Menschen, zwischen dem also, was sie in Uebereinstimmung, und dem,

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