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Einleitung.

I. Kapitel.

Das Wesen des Menschen im Augemeinen.

Die Religion beruht auf dem wesentlichen Unterschiede des Menschen vom Thiere -die Thiere haben keine Reli gion. Die ältern kritiklossen Zoographen legten wohl dem Elephanten unter andern löblichen Eigenschaften auch die Tugend der Religiosität bei; allein die Religion der Elephanten gehört in das Reich der Fabeln. Cuvier, einer der größten Kenner der Thierwelt, stellt, gestüßt auf eigne Beobachtungen, den Elephanten auf keine höhere Geistesstufe als den Hund.

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Was ist aber dieser wesentliche Unterschied des Menschen vom Thiere? Die einfachste und allgemeinste, auch populärste Antwort auf diese Frage ist: das Bewußtsein aber Bewußtsein im strengen Sinne; denn Bewußtsein im Sinne des Selbstgefühls, der sinnlichen Unterscheidungskraft, der Wahrnehmung und selbst Beurtheilung der äußern Dinge nach_bestimmten finnfälligen Merkmalen, solches Bewußtsein kann den Thieren nicht abgesprochen werden. Bewußtsein im strengsten Sinne ist nur da, wo einem Wesen seine Gattung, seine Wesenheit Gegenstand ist. Das Thier ist wohl sich als Individuum darum hat es Selbstgefühl aber nicht als

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Gattung Gegenstand -darum mangelt ihm das Bewußtsein,

Feuerbach. 2. A.

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welches seinen Namen vom Wissen ableitet. Wo Bewußtsein, da ist Fähigkeit zur Wissenschaft. Die Wissenschaft ist das Bewußtsein der Gattungen. Im Leben verkehren wir mit Individuen, in der Wissenschaft mit Gattungen. Aber nur ein Wesen, dem seine eigene Gattung, seine Wesenheit Gegenstand ist, kann andere Dinge oder Wesen nach ihrer wesentlichen Natur zum Gegenstande machen.

Das Thier hat daher nur ein einfaches, der Mensch ein zweifaches Leben: bei dem Thiere ist das innere Leben eins mit dem äußern der Mensch hat ein inneres und äußeres Leben. Das innere Leben des Menschen ist das Leben im Verhältniß zu seiner Gattung, seinem allgemeinen Wesen. Der Mensch denkt, d. H. er conversirt, er spricht mit sich selbst. Das Thier kann keine Gattungsfunction verrichten ohne ein anderes Individuum außer ihm; der Mensch aber kann die Gattungsfunction des Denkens, des Sprechens denn Denken, Sprechen sind wahre Gattungsfunctionen

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ohne einen Andern verrichten. Der Mensch ist sich selbst zugleich Ich und Du; er kann sich selbst an die Stelle des Andern sezen, eben deßwegen, weil ihm seine Gattung, sein Wesen, nicht nur seine Individualität Gegenstand ist.

Die Religion im Allgemeinen, als identisch mit dem Wesen des Menschen, ist identisch mit dem Selbstbewußtfein, mit dem Bewußtsein des Menschen von seinem Wesen. Aber die Religion ist, allgemein ausgedrückt, Bewußtsein des Unendlichen; sie ist also und kann nichts anders sein, als das Bewußtsein des Menschen von seinem, und zwar nicht endlichen, beschränkten, sondern unendlichen Wesen. Ein wirklich endliches Wesen hat keine, auch nicht die entfernteste Ahnung, geschweige Bewußtsein von einem unendlichen

Wesen, denn die Schranke des Wesens ist auch die Schranke des Bewußtseins. Das Bewußtsein der Raupe, deren Leben und Wesen auf eine bestimmte Pflanzenspecies eingeschränkt ist, erstreckt sich auch nicht über dieses beschränkte Gebiet hinaus. Sie unterscheidet wohl diese Pflanze von andern Pflanzen, aber mehr weiß sie nicht. Solch ein beschränktes, aber eben wegen seiner Beschränktheit infallibles, untrügliches Bewußtsein nennen wir darum auch nicht Bewußtsein, sondern Instinkt. Bewußtsein im strengen oder eigentlichen Sinne und Bewußtsein des Unendlichen ist identisch; beschränktes Bewußtsein ist kein Bewußtsein; das Bewußtsein ist wesentlich unendlicher Natur*). Das Bewußtsein des Unendlichen ist nichts anders als das Bewußtsein von der Unendlichkeit des Bewußtseins. Oder: im Bewußtsein des Unendlichen ist dem Bewußten die Unendlichkeit des eignen Wesens Gegenstand.

Aber was ist denn das Wesen des Menschen, dessen er sich bewußt ist, oder was constituirt die Gattung, die eigentliche Menschheit im Menschen?**) Die Vernunft, der Wille, das Herz. Zu einem vollkommenen Menschen gehört die

*) Objectum intellectus esse illimitatum sive omne verum ac, ut loquuntur, omne ens ut ens, ex eo constat, quod ad nullum non genus rerum extenditur, nullumque est, cujus cognoscendi capax non sit, licet ob varia obstacula multa sint, quae re ipsa non norit. Gassendi. (Opp. omn. Phys.)

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**) Der geistlose Materialist sagt: Der Mensch unterscheidet sich vom Thiere nur durch Bewußtsein, er ist ein Thier, aber mit Bewußtsein“, er bedenkt also nicht, daß in einem Wesen, das zum Bewußtsein erwacht, eine qualitative Veränderung und Differenzirung des ganzen Wesens vor sich geht. Uebrigens soll mit dem Gesagten keineswegs das Wesen der Thiere herabgesezt werden. Hier ist der Ort nicht, tiefer einzugehen.

Kraft des Denkens, die Kraft des Willens, die Kraft des Herzens. Die Kraft des Denkens ist das Licht der Erkenntniß, die Kraft des Willens die Energie des Charakters, die Kraft des Herzens die Liebe. Vernunft, Liebe, Willenskraft find Vollkommenheiten, die Vollkommenheiten des menschlichen Wesens, ja absolute Wesens vollkommenheiten. Wollen, Lieben, Denken sind die höchsten Kräfte, sind das absolute Wesen des Menschen als solchen, als Menschen, und der Grund seines Daseins. Der Mensch ist, um zu denken, um zu lieben, um zu wollen. Was aber der Endzweck, ist auch der wahre Grund und Ursprung eines Wesens. Aber was ist der Zweck der Vernunft? die Vernunft. Der Liebe? die Liebe. Des Willens? die Willensfreiheit. Wir denken, um zu denken, lieben, um zu lieben, wollen, um zu wollen, d. h. frei zu sein. Wahres Wesen ist denkendes, liebendes, wollendes Wesen. Wahr, vollkommen, göttlich ist nur, was um sein selbst willen ist. Aber so ist die Liebe, so die Vernunft, so der Wille. Die göttliche Dreieinigkeit im Menschen über dem individuellen Menschen ist die Einheit von Vernunft, Liebe, Wille. Vernunft (in ihren sinnlichen Formen: Einbildungskraft, Phantasie, Vorstellung, Meinung) *), Wille, Liebe oder Herz sind keine Kräfte, welche der Mensch hat denn er ist nichts ohne ste, er ist, was er ist, nur durch sie fie find, als die sein Wesen, welches er weder hat, noch macht, constituirenden Elemente, die ihn beseelenden, bestimmenden, beherrschenden Mächte göttliche, absolute Mächte, denen er keinen Widerstand entgegenseßen kann.

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*) Toute opinion est assez forte pour se faire exposer au prix de la vie. Montaigne.

Wie könnte der gefühlvolle Mensch dem Gefühl, der Liebende der Liebe, der Vernünftige der Vernunft widerstehen? Wer hat nicht die zermalmende Macht der Töne erfahren? Aber was ist die Macht der Töne als die Macht der Gefühle? Die Musik ist die Sprache des Gefühls der Ton das laute Gefühl, das Gefühl, das sich mittheilt. Wer hätte nicht die Macht der Liebe erfahren oder wenigstens von ihr gehört? Wer ist stärker? die Liebe oder der individuelle Mensch? Hat der Mensch die Liebe, oder hat nicht vielmehr die Liebe den Menschen? Wenn die Liebe den Menschen bewegt, selbst mit Freuden für den Geliebten in den Tod zu gehen, ist diese den Tod überwindende Kraft seine eigne individuelle Kraft oder nicht vielmehr die Kraft der Liebe? Und wer, der je wahrhaft gedacht, hätte nicht die Macht des Denkens, die freilich stille, geräuschlose Macht des Denkens erfahren? Wenn Du in tiefes Nachdenken versinkest, Dich und was um Dich vergessend, beherrschest Du die Vernunft oder wirst Du nicht von ihr beherrscht und verschlungen? Ist die wissenschaftliche Begeisterung nicht der schönste Triumph, den die Vernunft über Dich feiert? Ist die Macht des Wissenstriebs nicht eine schlechterdings unwiderstehliche, Alles überwindende Macht? Und wenn Du eine Leidenschaft unterdrückst, eine Gewohnheit ablegst, kurz einen Sieg über Dich selbst erringst, ist diese siegreiche Kraft Deine eigne persönliche Kraft, für sich selbst gedacht, oder nicht vielmehr die Willensenergie, die Macht der Sittlichkeit, welche sich gewaltsam Deiner bemeistert und Dich mit Indignation gegen Dich selbst und Deine individuellen Schwachheiten erfüllt?

Große,

Der Mensch ist nichts ohne Gegenstand. eremplarische Menschen solche Menschen, die uns das We

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