صور الصفحة
PDF
النشر الإلكتروني

erlangen, nichts weiter seinerseits zu thun hat, als diese Hingebung Gottes für ihn selbst wieder hingebend, d. i. gläubig, zuversichtlich anzunehmen. Aber Gott ist nicht allein als Liebe Gegenstand des Glaubens. Im Gegentheil der charakteristische Gegenstand des Glaubens als Glaubens ist Gott als Subject. Oder ist etwa ein Gott, der dem Menschen kein Verdienst gönnt, der Alles nur sich ausschließlich vindicirt, eifersüchtig über seiner Ehre wacht, ist ein solcher selbstsüchtiger Gott ein Gott der Liebe ?

Die aus dem Glauben hervorgehende Moral hat zu ihrem Princip und Kriterium nur den Widerspruch mit der Natur, mit dem Menschen. Wie der höchste Gegenstand des Glaubens der ist, welcher der Vernunft am meisten widerspricht, die Eucharistie, so ist nothwendig die höchste Tugend der dem Glauben getreuen und gehorsamen Moral die, welche am meisten der Natur widerspricht. Die dogmatischen Wunder haben consequent moralische Wunder in ihrem Gefolge. Die widernatürliche Moral ist die natürliche Schwester des übernatürlichen Glaubens. Wie der Glaube die Natur außer dem Menschen, so überwindet die Glaubensmoral die Natur im Menschen. Diesen praktischen Supernaturalismus, dessen epigrammatische Spiße die „Jungferschaft, die Schwester der Engel, die Königin der Tugenden, die Mutter alles Guten“ ist (s. A. v. Buchers: Geistliches Suchverloren. Sämmtl. W. B.VI. 151.) hat insbesondere der Katholicismus ausgebildet; denn der Protestantismus hat nur das Princip des Christenthums festgehalten, aber die nothwendigen Consequenzen desselben willkührlich, eigenmächtig weggestrichen, hat sich nur den christlichen Glauben, aber nicht die christliche Moral zu Gemüthe gezogen. Der Protestantismus hat den Menschen im Glauben auf den Standpunkt des ersten Christenthums, aber im Leben, in der Praxis, in der Moral auf den vorchriftlichen, auf den heidnischen oder alttestamentlichen, auf den adamitischen, den natürlichen Standpunkt zurückversezt. Die Ehe hat Gott im Paradiese

eingesezt; darum gilt auch heute noch, auch den Christen noch das Gebot: Mehret euch! Christus gibt nur denen den Rath, fich nicht zu verheirathen, die dazu geschickt sind. Die Keuschheit ist eine übernatürliche Gabe; sie kann also nicht Jedem zugemuthet werden. Aber ist denn nicht auch der Glaube eine übernatürliche Gabe, eine besondere Gnade Gottes, ein Wunderwerk, wie Luther unzählige Male sagt, und wird er nicht dennoch uns Allen zum Gebote gemacht? Ergeht nicht deßhalb das Gebot an uns, daß wir unsere natürliche Vernunft „tödten, blenden und schänden" sollen? Ist nicht der Trieb, nichts zu glauben und anzunehmen, was der Vernunft widerspricht, eben so natürlich, so stark, so nothwendig in uns, als der Geschlechtstrieb? Wenn wir Gott um Glauben bitten sollen, weil wir für uns selbst zu schwach sind, warum sollen wir nicht aus demselben Grund Gott um die Keuschheit anflehen? Wird er uns diese Gabe versagen, wenn wir ihn ernstlich darum anflehen? Nimmermehr; also können wir eben so gut die Keuschheit als den Glauben als ein allgemeines Gebot betrachten, denn was wir nicht durch uns selbst, das vermögen wir durch Gott. Was gegen die Keuschheit, das spricht auch gegen den Glauben, und was für den Glauben, das spricht auch für die Keuschheit. Eins steht und fällt mit dem Andern; mit dem übernatürlichen Glauben ist eine übernatürliche Moral nothwendig verbunden. Dieses Band zerriß der Protestantismus; im Glauben bejahte er das Christenthum, im Leben, in der Praris verneinte er es, anerkannte er die Autonomie der natürlichen Vernunft, des Menschen, seßte er den Menschen in seine ursprünglichen Rechte ein. Nicht weil sie der Bibel widerspricht - hier wird ihr vielmehr das Wort geredet - weil sie dem Menschen, der Natur widerspricht, deßhalb verwarf er die Ehelosigkeit, die Keuschheit. „Wer aber ja einsam seyn will, der thue den Namen: Mensch weg und beweise oder schaff's, daß er ein Engel oder Geist sei .... Es ist zu erbarmen, daß ein Mensch so toll soll sein, daß sich wundert, daß ein Mann ein Weib nimmt oder daß

sich jemand des schämen sollte, weil sich niemand wundert, daß Menschen zu essen und zu trinken pflegen. Und diese Nothdurft, da das menschliche Wesen herkommt, soll noch erst in Zweifel und Wunder stehen." Luther (T. XIX. p. 368. 369.) Unentbehrlich ist also dem Manne das Weib, so unentbehrlich wie Speise und Trank. Stimmt dieser Unglaube an die Möglichkeit und Realität der Keuschheit mit der Bibel überein, wo uns die Chelosigkeit als ein löblicher und folglich möglicher, erreichbarer Stand angepriesen wird? Nein! sie widerspricht ihr geradezu. Der Protestantismus negirte auf dem Gebiete der Moral in Folge seines praktischen Sinnes und Verstandes, also aus eigner Kraft und Macht den christlichen Supranaturalismus. Das Christenthum existirt für ihn nur im Glauben nicht im Rechte, nicht in der Moral, nicht im Staate. Wohl gehört wesentlich zum Christen auch die Liebe (der Inbegriff der Moral), so daß wo keine Liebe, wo sich der Glaube nicht durch die Liebe bethätigt, kein Glaube, kein Christenthum ist. Aber gleichwohl ist die Liebe nur die Erscheinung des Glaubens nach Außen, nur eine Folge und nur etwas Menschliches. Der Glaube allein handelt mit Gott", „der Glaube macht uns zu Göttern", die Liebe zu Menschen, und, wie der Glaube nur für Gott, so ist auch Gott nur für den Glauben, d. h. der Glaube allein ist das Göttliche, das Christliche im Menschen. Dem Glauben gehört das ewige, der Liebe nur dieß zeitliche Leben. ,,Gott hat dieses zeitliche irdische Leben lange zuvor ehe Christus gekommen ist, der ganzen Welt gegeben und gesagt: daß man ihn und den Nächsten lieben soll. Darnach hat er auch der Welt gegeben seinen Sohn Christum, auf daß wir durch ihn und in ihm auch das ewige Leben haben sollen.... Moses und das Gesetz gehört zu diesem Leben, aber zu jenem Leben müssen wir den Herrn haben." Luther (T. XVI. p. 459.) Obwohl also die Liebe zum Christen gehört, so ist doch der Christ nur dadurch Christ, daß er glaubt an Christus. Wohl ist der Nächstendienst — in welcher Art, welchem Stande

und Berufe er auch nur immer geschehe — Gottesdienst. Aber der Gott, dem ich diene, indem ich ein weltliches oder natürliches Amt verrichte, ist auch nur der allgemeine, weltliche, natürliche, vorchristliche Gott. Die Obrigkeit, der Staat, die Ehe existirte schon vor dem Christenthum, war eine Einseßung, eine Anordnung Gottes, in der er sich noch nicht als den wahren Gott, als Christus offenbarte. Christus hat mit allen diesen weltlichen Dingen nichts zu schaffen, sie sind ihm äußerlich, gleichgültig. Aber eben deßwegen verträgt sich jeder weltliche Beruf und Stand mit dem Christenthum; denn der wahre, chriftliche Gottesdienst ist allein der Glaube und diesen kann man überall ausüben. Der Protestantismus bindet den Menschen nur im Glauben, alles Uebrige gibt er frei, aber nur, weil es dem Glauben äußerlich ist. Wohl binden uns die Gebote der christlichen Moral, wie z. B.: Ihr sollt euch nicht rächen u. f. w., aber fie gelten nur für uns als Privatpersonen, nicht für uns als öffentliche Personen. Die Welt wird nach ihren eignen Geseßen regiert. Der Katholicismus hat das weltliche und geistliche Reich unter einander gemengt", d. h. er wollte die Welt durch das Christenthum beherrschen. Aber Christus ist nicht darum auf Erden kommen, daß er dem Kaiser Augusto in sein Regiment greiffe und ihn lehre, wie er regieren solle." Luther (T. XVI. p. 49.) Wo das Weltregiment anfängt, da hört das Christenthum auf - da gilt die weltliche Gerechtigkeit, das Schwerdt, der Krieg, der Proceß. Als Christ laß ich mir ohne Widerstand meinen Mantel stehlen, aber als Bürger verlange ich ihn von Rechtswegen wieder zurück. Evangelium non abolet jus naturae. Melanchthon (de vindicta Loci. S. über diesen Gegenstand auch M. Chemnitii Loci theol. de vindicta.) Kurz der Protestantismus ist die praktische Negation des Christenthums, die praktische Position des natürlichen Menschen. Wohl gebietet auch Er die Tödtung des Fleisches, die Negation des natürlichen Menschen; aber, abgesehen davon, daß sie keine reli

[ocr errors]

giöse Bedeutung und Kraft mehr für ihn hat, nicht gerecht, d. h. nicht gottwohlgefällig, nicht selig macht — die Negation des Fleisches im Protestantismus unterscheidet sich nicht von der Beschränkung des Fleisches, welche dem Menschen die natürliche Vernunft und Moral auferlegen. Die nothwendigen praktischen Folgen des christlichen Glaubens hat der Protestantismus in das Jenseits, in den Himmel hinausgeschoben, d. h. eben revera negirt. Im Himmel erst hört der weltliche Standpunkt des Protestantismus auf dort verheirathen wir uns nicht mehr, dort erst werden wir neue Creaturen; aber hier bleibt Alles beim Alten ,,bis in jenes Leben, da wird das äußerliche Leben geändert, denn Christus ist nicht kommen, die Creatur zu ändern" Luther (T. XV. p. 62). Hier sind wir zur Hälfte Heiden, zur Hälfte Christen, halb Bürger der Erde, halb Bürger des Himmels. Von dieser Theilung, diesem Zwiespalt, diesem Bruche weiß aber der Katholicismus nichts. Was er im Himmel, d. h. im Glauben, das negirt er auch, so viel als möglich, auf der Erde, d. h. in der Moral. Grandis igitur virtutis est et sollicitate diligentiae, superare quod nata sis: in carne non carnaliter vivere, tecum pugnare quotidie. Hieronymus (Ep. Furiae Rom. nobilique viduae.) Quanto igitur natura amplius vincitur et premitur, tanto major gratia infunditur. Thomas a K. (imit. 1. III. c. 54.) Esto robustus tam in agendo, quam in patiendo naturae contraria. (ibid. c. 49.) Beatus ille homo, qui propter te, Domine, omnibus creaturis licentiam abeundi tribuit, qui naturae vim facit et concupiscentias carnis fervore spiritus crucifigit (c. 48.). Adhuc proh dolor! vivit in me verus homo, non est totus crucifixus. (ibid. c. 34. s. auch 1. III. c. 19. I. II. c. 12.) Und diese Säße sind keineswegs nur ein Abdruck der frommen Individualität des Verfassers der Schrift de imitatione Christi; sie drücken die ächte Moral des Katholicismus aus die Moral, welche die Heiligen mit ihrem Leben bestätigten und selbst das sonst so weltliche

« السابقةمتابعة »