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entschieden biblischer Richtung, der schon genannte Ruprecht von Deutz, für diese Annahme erklärt. Er spricht sie, indem er sich zugleich der damals gewöhnlichen Meinung des Augustinus von der Erschaffung des Menschengeschlechts zur Ausfüllung der durch den Fall der Engel entstandenen Lücke entgegengesetzt, sinnreich so aus, dass nicht sowohl der Mensch zur Ergänzung der Engelzahl als vielmehr Menschen und Engel um des Einen Menschen Jesus Christus willen geschaffen seien, damit, weil dieser Eine sowohl als Gott aus Gott geboren war als auch als Mensch geboren werden sollte, er auch ein von beiden Seiten vorbereitetes Geschlecht hätte 1). Wie schon hier die Besorgniss mit im Spiele ist den grössten Rathschluss Gottes, wenn er durch den Fall der Menschen oder Engel

sententiam posse defendi). Vgl. Comment. in lib. III. sentent. dist. 1 qu 1 art. 3. Dennoch führen neuere Theologen öfters Thomas als Gewährsmann für die Lehre von der schlechthin ursprünglichen Nothwendigkeit der göttlichen Menschwerdung an, z. B. Martensen, die Autonomie des menschlichen Selbstbewusstseins etc. S. 35, mit einer ausdrücklichen Belegstelle. Allein die Stelle ist aus einem Videtur quod entnommen, und darauf die obige Behauptung zu stützen ist nicht besser, als wenn Jemand z. B. die platonische Ansicht von der Lehrbarkeit der Tugend nach den Sätzen des Protagoras in dem nach ihm benannten platonischen Dialog bestimmen wollte. - Wie Thomas entscheidet sich auch Bonaventura, Comment. in lib. III. sentent. dist. 1 a. 2 qu. 1 Concl.: Incarnationis dominicae praecipua ratio est humani generis redemptio, etsi huic rationi aliae sint annexae rationes doch in dem Sinne praecipua ratio, quia, wie die resp. ad arg. sagt, nisi genus humanum non fuisset lapsum, Verbum Dei non fuisset incarnatum. Bonaventura meint: Quis horum (modorum) der Menschwerdung des Sohnes Gottes auch wenn die Sünde nicht in der Welt wäre, der Menschwerdung um der Sünde und Erlösung willen alteri praeponendus sit, difficile est videre pro eo quod uterque modus catholicus est et a viris catholicis sustinetur. Uterque etiam modus excitat animam ad devotionem secundum diversas considerationes Videtur autem primus modus magis consonare judicio rationis: secundus tamen, sicut apparet, plus consonat pietati fidei.

1) De glorificatione Trinit. et process. S. Spir. lib. III cap. 21; vgl. lib. IV cap. 2 (Mainzer Ausg. Tom. II p. 164. 165).

bedingt sein sollte, zu einem diesen Thatsachen zeitlich nachfolgenden machen zu müssen, so behauptet er an einer andern Stelle die allgemeine Nothwendigkeit der Inkarnation ausdrücklich um des Zusammenhanges mit der ewigen Prädestination willen. Da (nach Augustinus) feststehe, dass alle Heiligen und Erwählten bis zu der vorherbestimmten Zahl geboren werden mussten, und es thöricht sei anzunehmen, dass um ihretwillen, damit sie geboren würden, die Sünde nothwendig gewesen sei, so sei von dem Haupt und König aller auserwählten Engel und Menschen zu glauben, dass er vor Allen die Sünde nicht nöthig gehabt habe als Ursache seiner Menschwerdung 1). Nach seiner Zeit wird diese Antwort auf die Frage: Cur Deus homo? von mehrern Scholastikern vertreten, namentlich von Alexander von Hales 2), Raimundus Lullus 3) und von Duns Scotus und seiner Schule. Mag bei Letzterem seine pelagianisirende Anthropologie mit im Spiele sein, welche ihn geneigt machen musste den bedingenden Einfluss der Sünde auf die

1) In Matth. de gloria et hon, filii hominis lib. XIII (a. a. O. Tom. II p. 135). An andern Orten bekennt sich übrigens Ruprecht, wie schon Petavius nachweist, entschieden zu der soteriologischen Begründung der Inkarnation, so, wenn er in der Schrift de operibus Spiritus Sancti lib. II cap 6 (a. a. O. Tom. I p. 612) Christum so anzureden wagt: Siquidem multum tibi debemus nos, Deus Christe, quia homo factus es, at tu e contra multum nobis debes, homo Christe, quia propter nos in Deum assumptus es. Nam nisi fuissemus peccatores, causa, cur tu assumi in Deum deberes, nulla fuisset. Wenn Ruprecht nun auch, worauf Dorner mich hinweist a. a. O. S. 391, unter diejenigen Kirchenlehrer, welche gemeint haben, das Böse sei von Gottes Willen umschlossen, indem seinetwegen Gottes Sohn hat Mensch werden und sterben müssen, de gloria et honore filii hominis, 1. XIII, sich selbst gezählt hat, so bleibt doch der Widerspruch stehen, dass ohne die Sünde keine Ursache der Gottwerdung des Menschen Christus vorhanden sein soll, und dass der Sohn Gottes doch der Sünde nicht bedurft habe als Ursache seiner Menschwerdung.

2) Summa theol. p. III qu. 2 membr. 13.

3) Vgl. Neanders Dogmengeschichte, herausgeg. von Jacobi Th. 2 S. 170. Alias (ohne die Menschwerdung), sagt Lullus, Deus non solveret debitum sibi ipsi et suis dignitatibus.

göttliche Gnadenordnung abzuschwächen; aber zunächst vertheidigt er jene Meinung doch darum, weil ihm die Seligkeit und Herrlichkeit, wozu die Seele Christi prädestinirt ist, ein göttlicher Zweck ist, der in dem Rathschlusse Gottes der Seligkeit aller andern Seelen vorangeht der Dignität nach, wesshalb die Inkarnation, die Bedingung für die Realisirung jenes Zweckes, nicht bloss von dem Sündenfalle abhängig sein konnte nach der im göttlichen Rathschluss enthaltenen Ordnung der Ursachen. Wäre sie diess, so würde überdiess folgen, dass Christus ein bonum occasionatum sein müsste, was dem Scotus mit der Grösse und Erhabenheit dieses Gutes unverträglich scheint 1). Hieraus erhellt zugleich, dass das entschiedene Hervortreten dieser Inkarnationstheorie bei Wessel, besonders in seiner Schrift de causis incarnationis, doch nicht bloss von dem Einfluss des von ihm hochgehaltenen Rupertus Tuitiensis herzuleiten ist, sondern auch von dem des Duns Scotus. Denn auch bei Wessel ist nach Ullmanns Darstellung der Hauptgrund in dem merkwürdigen Gedanken enthalten, dass Christus auch nach seiner menschlichen Natur unendlich mehr werth ist vor Gott als alle übrigen Kreaturen zusammen. Als höchsten Zweck der Menschwerdung denkt er sich die Darstellung dieses vollkommensten Wesens, in dem Göttliches und Menschliches vereinigt ist, an und für sich; wesshalb er auch sagen kann: Das Wort ist nicht um des Fleisches willen Fleisch geworden, sondern um sein selbst willen; und von dem Fleischgewordenen: Er lebte mehr Gott und sich im Verhältniss zu Gott als der Rettung unser aller 2). Erst unter den sekundären Ursachen der Menschwerdung führt er auch eine an, die mit einem Grundgedanken des Ruprecht übereinkommt, dass der

1) Lib. III. Sentent. dist. 7 qu. 3; vgl. dist. 19 qu. unica. Den vom bonum occasionatum hergenommenen Grund führt übrigens schon Bonaventura unter den Gegengründen seiner Entscheidung unter 5 — an: Si incarnatio facta est principaliter propter peccati expiationem, anima Christi facta est non principali intentione, sed quadam occasione. Inconveniens est nobilissimam creaturam occasionaliter esse

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introductam.

2) Vgl. Ullmanns Joh. Wessel S. 253-256.

heilige und ehrwürdige Körper - nämlich die ganze Gemeinde der triumphirenden Seligen nicht verstümmelt sein dürfe, sondern sich seines gesetzmässigen Hauptes erfreuen müsse.

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Bei den Reformatoren ist das Bewusstsein der Sünde und eben damit das Bewusstsein Christi als des Erlösers so stark und lebhaft, dass es ihnen von Haus aus fern liegt sich mit der Frage zu beschäftigen, ob der Sohn Gottes nicht auch ohne die Dazwischenkunft der Sünde würde Mensch geworden sein. Macht das vermeintliche Axiom der absoluten Ursächlichkeit göttlicher Gedanken und Rathschlüsse im Verhältniss zu allen Willensakten des Geschöpfes sich geltend, so neigen sie sich eher als zur Abstraktion von der erfahrenen Wirklichkeit der Sünde und Erlösung zur Aufnahme der Sünde als Bedingung der Erlösung in den göttlichen Rathschluss selbst. So Kalvin in den supralapsarichen Sätzen seiner Institutio über Prädestination; so Luther nicht bloss in der Schrift de servo arbitrio, in ihren Bestimmungen über die göttliche Zulassung des Sündenfalls und über die von dem göttlichen Willen unabtrennliche ewige Präscienz Gottes, welcher auch dem Kausalverhältniss nach nichts vorangehen kann, da sie vielmehr allem Sein und Geschehen unbedingte Nothwendigkeit auflegt, sondern auch in manchen spätern gelegentlichen Aeusserungen. So sagt Luther z. B. im grössern Katechismus: Obid ipsum nos creavit Deus, ut nos redimeret 1); wonach der schaffende Akt Gottes auch das mitgesetzt haben müsste, was uns zu Objekten der Erlösung macht, die Sünde 2). Mit grosser

1) Libri symb. eccl. evang. ed. Hase p. 503.

2) Dorner führt a. a. O. II. S. 438 f. auch Melanchthon unter den Zeugen für den Satz an, dass der Sohn Gottes erschienen wäre, auch wenn Adam nicht gesündigt hätte. Die Hauptstelle, durch die Dorner diess belegt, ist Melanchthons Anmerkung zu Kol. 1, 16 (Corpus Reformatorum vol. XV, p. 1241): Filius est causa finalis, quare deus omnia condidit. Quia hace copulatio divinae et humanac naturae est summum opus Dei, et in hac copulatione divinae et humanae naturae conspicitur multiplex sapientia Dei et immensus amor erga genus humanum. Aber der Sohn ist nach Melanchthon causa finalis der Erschaffung aller Dinge, insofern er als pretium pro lege die Menschheit von der

Entschiedenheit dagegen nimmt die bejahende Beantwortung der obigen Frage wieder auf Andreas Osiander 1); sie ergiebt sich ihm mit Nothwendigkeit aus dem ganzen Zusammenhange seiner eigenthümlichen anthropologischen und soteriologischen Lehren. Ist die Rechtfertigung des Menschen im Glauben an Christus eine Mittheilung der wesentlichen Gerechtigkeit des Sohnes Gottes durch das Medium seiner Menschheit, und kann nur durch diese Mittheilung der Mensch dem

Sünde errettet, und eben, indem wir diese seine Bestimmung erkennen, schauen wir die Weisheit und Liebe Gottes in der Vereinigung der göttlichen und menschlichen Natur. Dass nun der menschwerdende Sohn als causa finalis der Erschaffung aller Dinge angesehen wird, während er doch lediglich um der Sünde willen Mensch geworden sein soll, erscheint uns freilich unerträglich; aber ob Melanchthon sich das nicht einfach durch das ewige Vorherwissen Gottes erklärte? Wäre Melanchthon 30, wie Dorner annimmt, mit einem Hauptgedanken des Andreas Osiander einverstanden gewesen, SO würde sich doch auch die feindliche Stellung, die dieser ihm gegenüber stets einnahm, schwer begreifen lassen.

1) An filius Dei fuerit incarnandus, si peccatum non introivisset in mundum, item de imagine Dei quid sit. Monteregio Prussiae 1550. Von den Sätzen des Rupertus Tuitiensis bat er keine Kenntniss; als Vorgänger hebt er S. 3 und 4 besonders den Picus von Mirandula her or, der in Rom unter 90 Thesen auch diese veröffentlicht hatte: Si Adam non peccasset, Deus fuisset incarnatus, sed non crucifixus. Dagegen nennt Osiander nicht den Michael Servede, der in seiner restitutio Christianismi den gleichen Satz aufgestellt hatte: Si Adam non peccasset, citra mortem fuisset Christus incarnatus, und zwar in Verbindung mit derselben Auffassung des anerschaffenen Ebenbildes wie die Osiandersche ad imaginem ipsius Christi secundum corpus et animum factus est Adam; vgl. Heberle, Michael Servets Trinitätslehre und Christologie, Tübinger Zeitschrift für Theologie 1840 Hft. 2 S. 15. 18, und Trechsel, die protestantischen Antitrinitarier etc. Bd. 1 S. 128 f. Uebrigens trägt Osiander seine Meinung so wenig, wie Planck angiebt (Geschichte des protestantischen Lehrbegriffs Bd. 4. S. 274), nur als Vermuthung vor, dass er in der entgegengesetzten Behauptung nach damaliger und jetzt sich erneuernder Weise theologischer Polemik eine satanische Gotteslästerung über die andere findet.

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