صور الصفحة
PDF
النشر الإلكتروني

112

I. V. ZINGERLE, BECHERINSCHRIFT.

das

den drei Brüdern Hugo, Anshelm und Siboto, die um 1085 das Kloster Blaubeuern stifteten, nannte sich der letztere „comes de Rugka.“ Wie die Verbindung dieser beiden Linien zusammenhängt, liegt noch im Dunkeln. Nach Stälin (Wirtemb. Gesch. 2, 427) scheint Schloß Ruck durch Erbschaft oder Heirat an die Grafen von Tübingen gekommen zu sein und diente zum Wohnsitz wahrscheinlich nachgeborner Brüder.“ Nach dem frühen Erlöschen von Siboto's Stamm, im 12. und 13. Jahrhd., war die alte Burg bloß ein Sitz Tübingischer Vögte (Stälin a. a. O. S. 429). Als solchen haben wir den vorgenannten Gebizo zu betrachten, und Heinrich, der Sänger, war wohl sein Bruder.

Die alte Namenform der Burg lautet Rugka, Ruccha, die dem Dichter gleichzeitige Ruke, Rucke (s. Wirtemb. Urkundenbuch 2, 210. 272: Urk. von 1181 und 1191), und diese letztere Schreibung ist auch für uns die richtige, dem mhd. und nhd. Lautsystem allein angemessene. Rugge dagegen, wie in der Pariser Hs., in der oben angeführten, nur in späterer Abschrift erhaltenen Urkunde und anderwärts steht (die Weingartner Liederhandschrift dagegen liest Ruche, die alte Heidelberger Rucche), ist alamannische Schreibung der 2. Hälfte des 13. und des 14. Jahrhundertes und ist so wenig der Zeit des Dichters gemäß als Veldegge für einen niederrheinischen Dichter des 12. Jahrhunderts. WIEN, März 1862.

BECHERINSCHRIFT.

FRANZ PFEIFFER.

Des Pleiers Verse

mannes langer mangel

daz ist des herzen angel

Meleranz v. 689 stehen mit kleiner Änderung auf dem Becher der Margaretha Maultasch in der Ambraser Sammlung. Sie lauten hier:

langer liebes mangel

ist meines herzen angel.

Steub, drei Sommer in Tirol S. 304.

I. V. ZINGERLE.

LITTERATUR.

De carmine Wessofontano et de versu ac stropharum usu apud Germanos antiquissimo dissertatio quam pro loco in ordine philosophorum Berolinensium rite obtinendo scripsit Carolus Müllenhoff. Berolini, W. Hertz.

1861. 4.

Die Abhandlung sucht darzuthun, daß in dem Wessobrunner Gebet drei verschiedenen Dichtungen und Zeiten angehörige Bruchstücke erhalten sind. Bekanntlich hat W. Wackernagel den letzten Theil (von den Worten enti cot heilac an) für Prosa erklärt, während andere schon vor Müllenhoff die poetische Form auch hier nachzuweisen suchten. Die Schwierigkeiten, die etwa in metrischer Beziehung entstehen möchten, will M. schon von vornherein dadurch unschädlich machen, daß er annimmt, es habe der Dichter dieses Schlusses, den M. bei dem großen Buchstaben in Z. 12 des Originals Cot almahtico beginnen lässt, keine Verse zu machen verstanden. Wackernagel wies, um seine Behauptung, daß wir in dem Schluß eine prosaische Beichtformel vor uns haben, zu stützen, auf ganz ähnliche Formeln hin, die M. mit einigen weiteren Belegen vermehrt wiederholt. Weil nun der Rhythmus der Worte sich zuweilen wie Verse lesen lässt, weil man einige richtig gebaute Verse darin erkennen kann, zunächst die zwei

in dinô ganâdâ rehta galaupa,

enti côtan willeon, wîstôm enti spâhida,

so muß gleich noch ein neuer Dichter (also zu den drei im Wessobrunner Gebet vertretenen noch ein vierter!) erfunden werden, der die stehende Beichtformel in richtige Verse brachte, aus welchen der Schreiber zwei in sein Schlußgedicht aufnahm. Welche geschraubte und gezierte Annahme! Wenn der Schreiber im Stande war einen Vers zu machen wie den folgenden

enti dû mannun sô manac côt forgâpi,

der metrisch ebenso untadelich ist wie die beiden andern, warum könnten nicht auch jene von ihm herrühren? Warum die lächerliche Annahme eines neuen bis auf jene zwei Zeilen verlorenen Gedichtes? Doch betrachten wir die ganze metrische Eintheilung dieses Schlusses näher:

GERMANIA VII.

Cot almahtico, dû himi enti erda gaworahtôs,

enti dû mannun

forgip mir

in dinô ganâdân

enti côtan willeon,

sô manac côt forgâpi,

rehta galaupa

tiuflun za widerstantanne
enti dînan willeon

wîstôm enti spâhida
enti craft

enti arc za piwîsanne

za gawurchanne.

8

Aus dieser Darstellung wird der Grund der Müllenhoff'schen Annahme ersichtlich den Kritiker störten die nicht in den Vers passenden Worte forgip mir einer- und enti craft andererseits. Weil aber das zwischen diesen Worten liegende sich in Verse bringen ließ, weil Lachmann die Worte in dînô ganâdâ rehta galaupa als eine richtig gebaute Langzeile bezeichnet hatte, so mußte es aus einer anderen Dichtung hier eingeschaltet sein. Wie scharfsinnig! Schade nur, daß die letzte Zeile des Wessobrunner Gebetes ebenso in einer Gebetformel wiederkehrt, in der von M. aus Flaccius Vorrede zum Otfrid entlehnten thînan willen zi giwircanne; warum könnte denn diese Zeile nicht ebenso von dem Dichter der beiden anderen gemacht und hier aufgenommen sein? Mit gleichem Rechte ließe sich die von Wackernagel mitgetheilte Formel in Verse zerlegen, und man brauchte nicht einmal so willkürlich vier Worte auszustoßen: Truhtîn god, thû mir hilp,

[indi] forgip mir gawitzî,
indi gôdan galaupun,
(indi) thîna minna

5 indi rehtan willon,
heilî indi gasuntî

indi thîna guodun huldî,

wo wir zugleich Alliteration (Z. 1. 2 god forgip) und Reim (Z. 6. 7) gasuntî: huldi) hätten. Und so getraute ich mir aus althochdeutscher Prosa ein gut Theil Verse herauszubringen, und es wäre nichts leichter als auf diese Art die deutsche Litteratur um eine bedeutende Anzahl von bruchstückartigen und ganzen Gedichten zu vermehren. Lässt man sich nun gar herbei, daneben solche Verse zuzugeben, wie dû hímil énti érdà gawórahtòs, mit sechs Hebungen, ferner tiuflun za wídarstantànnè, mit fünf Hebungen (warum auch nicht hier sechs tíuflùn za wídarstántánnè, um so mehr als die darauf reimende Zeile énti árc zà piwîsànnè ebenfalls sechs Hebungen hat?), so entsteht eine Willkür, die aus jedem Prosastücke beliebig Verse machen kann. Verse von vier, fünf und sechs Hebungen auf einem so kleinen Raume von wenig Zeilen annehmen, dazu noch, um ein paar richtige Verse zu erhalten, vier Worte aus dem Rahmen der übrigen streichen, und zu diesem Zwecke eigens einen neuen Dichter erfinden müssen das ist eine kritische Leistung, um welche selbst ein Anfänger den Hrn. Müllenhoff schwerlich beneiden dürfte!

Im zweiten Theile des Gedichtes, der bei M. von dô dâr niwiht bis cot heilac reicht, erblickt der Verfasser ein Bruchstück eines in christlicher Zeit verfassten Gedichtes von der Weltschöpfung. Die Verse fügen sich leicht dem metrischen Gesetz, nur sind nach dem Vorgange der Brüder Grimm die Worte dâr wârun auh ausgeworfen worden.

[blocks in formation]

Hier möchten wir nur fragen, wie Herr Müllenhoff die siebente Halbzeile gelesen wünscht? Das natürlichste wäre énti mánakê mit ínan; aber ist anzunehmen, daß bei dem Alter des Gedichtes die beiden Silben von inan als stumpfer Versausgang verwendet sein sollten? Die Bedenken, die einer solchen Annahme

entgegenstehen, scheinen für den Verfasser gar nicht vorhanden gewesen zu sein, denn er verliert kein Wort über den Bau dieses Verses. Im Übrigen bietet der zweite Theil keine Schwierigkeiten; eine poetische Reminiscenz des Schreibers des Ganzen ist er in jedem Falle, ob freilich aus einem in der Weise wie M. will begrenzten Gedichte, ist noch immer sehr zweifelhaft. Um so mehr haben wir bei dem ersten Theile, der bis mareô seo reicht, nichts gegen die mythische Deutung, denn diese stand schon vor M.'s Abhandlung ziemlich fest, wohl aber gegen die Handhabung der Kritik zu bemerken. Der kritischen Besprechung hat der Verf. eine Untersuchung der Frage nach der Beschaffenheit der ältesten deutschen Verse vorausgeschickt. Wenn wir gleich Wackernagels Ansicht, es sei der Vers von vier Hebungen erst durch die geistliche Poesie des 9. Jahrhunderts nach dem Vorgange der lateinischen Hymnen eingeführt worden, nicht zu theilen vermögen, so scheint uns doch auch die Beweisführung der Gegner an vielen Mängeln zu leiden. Die überwiegende Anzahl der in altd. alliterierenden Denkmälern erhaltenen Verse fügt sich allerdings dem Gesetze, welches wir an Otfrid's Versbau am genauesten kennen lernen; aber bedenklich ist es schon, daß im Hildbrandsliede so viele Verse (14) von Lachmann gebessert werden mußten, um metrisch richtig zu sein, daß man sich mit der Annahme behelfen mußte, es sei das Hildebrandslied von zweien der Metrik ganz unkundigen Schreibern überliefert (welche Annahme M. natürlich auch auf das Wessobrunner Gebet und auf Muspilli anwendet), daß man endlich einer bei Otfrid in seinem umfangreichen Werke nur einmal vorkommende Freiheit *), indem eine tieftonige lange Silbe ohne darauf folgende Senkung als Hebung gilt, im Hildebrandsliede unter 130 Halbzeilen 23mal, im Muspilli unter 208 Versen 24mal begegnet, wobei noch gar nicht die von gewaltsamer Kritik (Hr. M. schreibt jetzt z. B. im Muspilli statt kérno túoê, hárto wîsê, mâno vallit kerno kituoê, harto piwîsê, mâno kifallit) geänderten Zeilen in Rechnung kommen. Da nun dem Verf. die Seltenheit der aus Otfrid und der geistlichen Dichtung des 9. Jahrhunderts entlehnten Beispiele nicht entgeht, so sucht er nach einer Analogie und findet sie in Hartmann, dessen Erec ungleich mehr kürzere Verse zulasse als der spätere Iwein. Ehe man das als Analogon aufführt, wäre doch zu bedenken, daß uns der Erec in einer einzigen sehr jungen Handschrift erhalten ist, daß bessere Überlieferung wahrscheinlich manchen Vers ganz anders gestalten würde. Wir können diese Untersuchung im Einzelnen hier nicht weiter verfolgen; sie gehört einer Geschichte der deutschen Metrik an, mit welcher Referent seit Jahren beschäftigt ist. Nur das Gesammturtheil sei hier kurz zusammengefasst: es ist wahrscheinlich, daß der alliterierende epische Vers der Germanen, die Scandinavier und Angelsachsen eingeschlossen, ursprünglich allerdings aus acht Hebungen, aus zwei Halbzeilen zu je vier, bestand; aber eben so sicher ist, daß aus den uns erhaltenen alliterierenden Denkmälern die Gesetze, die in der späteren Poesie der Geistlichen vorliegen, nicht ohne große Willkür der Kritik gefolgert werden können.

*) Zudem darf man von den Otfrid'schen Versen zwei abziehen, die man ebenso gut betonen kann

Alóug ér súnnun líoht.
bí thés sterren fárt.

Die strophische Anlage der alliterierenden Dichtung in Deutschland verneint der Verfasser mit Recht gegen W. Müller; sie stößt auf so viele Hindernisse in der Ausführung und dem Nachweise, daß eben kein Beweis daraus sich ergiebt. Während nun M. die einfachere Strophenbildung der althochdeutschen alliterierenden Poesie nicht einräumt, sucht er die jüngere kunstvollere Bildung der altnordischen Poesie, ljôđahâttr genannt, gerade an dem ältesten Theile des Wessobrunner Gebetes, das ein Bruchstück einer heidnischen Cosmogenie enthalten soll, nachzuweisen: zum Glück hat er der so zuversichtlich ausgesprochenen Behauptung gleich ein ni fallor hinzugefügt; es wird wohl keinen Besonnenen und Unbefangenen geben, den die Beweisführung und Textkritik des Verf. überzeugt hat. Denn wenn es an sich schon bedenklich ist, aus einigen Zeilen ein in Deutschland sonst nirgend nachweisbares Metrum zu folgern, so ist es noch unwahrscheinlicher, daß dies Metrum, das offenbar einer späteren Kunstepoche angehört und auch in der nordischen, noch mehr in der ags. Poesie, einen nur beschränkten Gebrauch hat, in einer so uralten Dichtung, als welche Hr. M. dies Bruchstück betrachtet, angewendet sein soll. Die Bedenken wachsen, wenn man sieht, daß die erste Hälfte dieser im ljôđahâttr geschriebenen althochdeutschen Strophe nur durch Tilgung einer Halbzeile gewonnen wird, und ebenso die zweite nur dadurch, daß zwei Halbzeilen, indem zwei Worte gestrichen, bezüglich versetzt worden, in cine vereinigt werden. Die Halbzeile noh paum noh pereg ni was wird im Grunde nur deswegen ausgeworfen, weil sie mit vier Hebungen sich nicht gut lesen lässt, denn mit Recht bemerkt der Verf., es sei kein Grund vorhanden, das eine noh vor dem andern zu betonen (nóh paúm noh péreg oder noh paúm nóh pereg); aber dieselbe Betonung müßten wir annehmen in nóh súnnà ni scéin, wenn sich Hr. M. hier nicht anders geholfen hätte, indem er frischweg schrieb noh sunna ni liuhta. Daß die ausgeworfene Halbzeile für den Sinn nothwendig sei, wird man nicht behaupten wollen; aber daß es verba inepta' seien, ebensowenig, und man muß so wenig Achtung vor der Überlieferung haben wie Hr. M., um aus diesem Grunde sie zu verwerfen. Die Ergänzung suigli sterro in der folgenden Zeile, um eine Alliteration auf sunna zu gewinnen, da sterro allein, was Grimm und Wackernagel ergänzen wollten, nach dem Gesetze der Alliteration nicht mit sunna alliterieren kann, hätte manches für sich, wiewohl das Wort nicht durch hochdeutsche Belege gesichert ist, wenn nicht aus diesem Grunde nohheinig der Hs. in nohhein geändert werden müßte, um einen richtig gebauten Vers zu erhalten; denn wenn Hr. M. als Begründung hinzufügt cum Saxones sine dubio dixerint ni suigli sterro nigên', so ist das geradezu lächerlich; folgt daraus, daß der hochdeutsche Dichter nohhein statt des ebenso richtigen nohheinig gesagt haben müsse? Die Form stern aber, durch die sich Müllenhoff helfen möchte, wenn man nohheinig belässt, ist nicht belegt; der vorkommmende Plural sternâ beweist nur, daß der Singular sterno in einigen Formen auch stark flectiert wurde, denn ebensowenig darf man aus dem mhd. Plural sterne einen Singular stern folgern, dieser findet sich vielmehr nur bei mhd. Dichtern, die auch in anderen Wörtern das e am Schlusse abwerfen, wie der pseudo-gottfridische Lobgesang, aus dem W. Wackernagel im Wörterbuch zwei Stellen anführt. Dadurch wird auch die Wahrscheinlichkeit der Müllenhoff'schen Ergänzung erschüttert.

[ocr errors]

Über die folgenden Halbzeilen geht Hr. M. sehr leicht hinweg, wiewohl er nicht weniger als drei Änderungen darin anbringt; statt des überlieferten

« السابقةمتابعة »