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was man Förstemanns Ansicht, die nicht seltenen späteren Formen Bauguarii etc. möchten unserem Etymologen nachgeschrieben sein, mit Grund entgegensetzen könnte. Die Entstehung der Formen mit g, gu, o scheint mir im romanischen Organ begründet, welches (wie das Keltische) w durch w durch gu oder g im Anlaut, durch o im Inlaut zu vertreten pflegt. Richtig ist wohl nur Bajuwarii oder Baiwarii. Die ganze Frage ist indess an sich von geringer und für die wirkliche Erklärung des Wortes von gar keiner Bedeutung.

Über einen Punkt der famosen Etymologie muß ich doch noch einige Worte verlieren, nämlich über viri coronati. Daß der Worterklärer baug mit corona übersetzt, ist entweder eine grobe Unwissenheit, denn baug heißt nie corona, und wenn man sagen wollte, ein Ring sei ein Reif, eine Krone sei auch ein Reif, folglich könne man Krone für Ring setzen, so wäre das gerade so geistreich, als das Verfahren jenes Arbeiters, der bei Öffnung eines altfränkischen Gräberfeldes einen gefundenen Schädel in den ehernen Reif eines Eimerbeschläges steckte und so einen mit der Krone begrabenen Frankenkönig improvisierte, der bekanntlich lange in der Archäologie als Spuk umgegangen ist, bis ihn der Abbé Cochet beschworen hat; oder wenn baug corona nicht aus Unwissenheit floß lag Absicht zu Grunde.

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Wenn man einen Kenner des Mittellateinischen fragt, was viri coronati heiße, wird er antworten: mönchisch geschorne Leute, Mönche; denn corona ist der terminus technicus für den Haarkranz, aus dem die Mönchstonsur eigentlich besteht. Coronatus, altfr. coronez, prov. coronatz heißt Mönch, das engl. crown (Schädel) ist dieses mittell. corona. Wie, wenn der Etymologe der Wessobr. Hs. am Ende gar einen schlechten Witz hätte machen und etwa die Baiern wegen ihres „gemünchten" Herzogs Tassilo verspotten wollen? Auf ihn wird sich ja wohl auch die Sage vom Herzog Adelger oder Theodo beziehen, und der Ausdruck "geschert" als Schimpfwort hat sich unter den Baiern selbst mit merkwürdiger Zähigkeit erhalten. Er ist ganz allgemein verständlich, bezeichnet zunächst die Bauern, besonders die Rekruten, dann Alles ohne Ausnahme. Man gebraucht ihn natürlich nie allein, sondern immer in Verbindung mit einem Epitheton ornans. Vor ein paar Tagen erst hörte ich einen ganz kleinen Jungen eine Katze „gscherts L....“ nennen.

Daß die Geistlichen dem unglücklichen Tassilo und seinen Anhängern ganz besonders gram waren, ist bekannt, und es wäre ja möglich, daß ein Geistlicher von der fränkischen Partei höhnend das ganze Volk die Geschornen genannt hätte, wie später in der Sage wirklich alle Baiern ihrem Herzog zu Lieb sich Haar und Rock abschneiden lassen.

Meine eigentliche Absicht ist, die geltende Deutung des Wortes Baier zu untersuchen und meine Zweifel dagegen vorzubringen. Unter dieser Deutung verstehe ich natürlich die, welche Zeuss in seinen beiden Werken: „Die Deutschen" und „Herkunft der Baiern" entwickelt hat. Ob sie in Baiern selbst die Mehrzahl der Stimmen für sich hat, möchte ich fast bezweifeln, aber außerhalb Baiern ist sie sicher die herrschende. Zeuss ist bekanntlich der Ansicht, daß die Baiern die im Anfange des VI. Jahrh. aus Böhmen ausgewanderten Markomannen seien und daß die zwei Benennungen des Volkes, die feierliche lateinische, Bajurarii, wie die populäre deutsche, Baigirâ, Peigirâ u. s. w. beide von dem alten, beim Geographus Ravennas aufbewahrten Ländernamen Bajas herzuleiten seien, welcher selbst nichts anderes als die germanisierte Form des früheren keltischen Boji sei mit Verwandlung des ungermanischen oi in ai. Mit der lateinischen Form habe ich es hier nicht zu thun und wüßte nicht, wie die Erklärung von Zeuss angefochten werden könnte. Gegen die Erklärung des deutschen Namens aber sind mir Zweifel aufgestiegen, die ich nicht verschweigen will, so schön und zusammenhängend auch die Zeuss'sche Beweisführung ist, und so schwer es mich ankömmt, gegen meinen speciellen Landsmann, den Stolz des Ostfrankenlandes, mit grammatischen Scrupeln aufzutreten, denn darauf geht alles, was ich zu sagen habe, hinaus.

Der Punkt, um den sich die ganze Zeuss'sche Beweisführung dreht, ist nun offenbar, daß Baigari die ursprüngliche Form des deutschen Namens, und daraus Baigeri durch Umlaut, endlich Baigiri durch Assimilation entstanden sei. Dagegen wäre natürlich nichts einzuwenden, wenn nur Baigari und Baigeri in den ältesten Quellen vorkämen. Aber dies ist nicht der Fall, so daß schon Graff in seiner Aufzählung der Völkernamen auf ari (Sprachsch. 2, 338) den Namen ganz allein unter der Form Paigira aufführt. Die entschieden ältesten Quellen, in denen das Wort vorkommt, haben ein i. Glossæ Cassel. (auf der letzten Seite): spahe sint peigira (paioarii), der Wessobrunner Codex dreimal: 1. Arnoricus (= ager noricus) peigiro lant; 2. Istrię, paigira; 3. Istria peigirae. Zeuss führt aus Kozroh an peigiri (3mal), pegiri (2mal), pegirin (3mal), peiri, peirin; ferner aus der zweiten Freisinger Hs. pegirin; dagegen aus Kozroh nur éin peiarin und aus Schannat peiarin und peiari. Förstemann (Personenn. 273) gibt ebenfalls mehr Formen mit ¿ an, darunter zweimal aus dem hochwichtigen Verbrüderungsbuch von S. Peter in Salzburg pagiri. Daraus geht zur Evidenz hervor, daß in den ältesten und in den auf bajuwarischem Boden geschriebenen Urkunden die Form mit weitaus die andere mit a überwiegt. Paigiri ist unzweifelhaft die älteste, in älterer Zeit die häufigste und in der aller

ältesten die einzige Form des Wortes. Sie erscheint in den obigen Beispielen, die gewiss nicht vollständig sind, 15 Mal und wenn man peiri, peirin dazu rechnet, 17 Mal.

Man erwäge nun dagegen, wie oft iri für ari im Ahd. überhaupt vorkommt. Ich habe die sämmtlichen Wörter auf ari, die Graff 2, 335-338 verzeichnet, an den betreffenden Stellen im Sprachschatz nachgeschlagen, wobei sich die Anzahl noch etwa um ein Dutzend vermehrt hat. Dieser Bildungen auf ari sind ungefähr 450 und rechnet man, daß im Durchschnitt jede nur viermal verzeichnet ist, so kommen schon 1800 Formen heraus. Das Resultat ist nun folgendes: 1. Unter diesen 1800 Fällen findet sich iri für ari im VIII. Jahrhundert niemals. 2. iri für ari erscheint im IX. Jahrhundert und nachher in folgenden Fällen: 1. leitiri Otfr. IV. 16. 23 (Fris. leittari), farira O. IV. 16. 14 (Fr. farara). In beiden Fällen hat O. aus metrischen Gründen i gesetzt, denn sonst hätte es fârârâ, leitâri heißen müssen (nach dem von Grimm 2, 126 entwickelten Gesetze) und dann hätte der Vers um eine lange Silbe zu viel gehabt. Der Freisinger Abschreiber hat diese metrische Feinheit nicht gemerkt und daher die gewöhnlichen Formen gesetzt. 2. Tatian 132, 18 bigengiri cultor neben bigangere 102, 2. 3. duchiri (=tûchari) aus Ald. 1. (IX. X. Jahrh.). 4. ratiri Sg. 292 (IX. Jahrh.). 5. stamfiri Gc. 12 (IX. Jahrh.). 6. zeltir F. 1. 7. sito-uangiren schismatico Notk. ps. 22, 4. Dazu kommen noch folgende Fremdwörter : chellire (= cellarium), pressire (= pressarium), piliri (pilarius), spichiri O. I. 25. 16 (= spicarium, uuihiri (vivarium). Fälle wirklicher Assimilation, wie ligir-i, giuuitir-i, hindir-i können natürlich gar nicht in Betracht kommen.

Aus dieser Übersicht der einzelnen Fälle (erheblich vermehren werden sie sich schwerlich lassen) geht hervor, daß die Form iri für ari so selten ist, daß alle Fälle vom IX. Jahrhundert an zusammen genommen (im VIII. kommt sie, wie bemerkt, gar nicht vor) noch nicht einmal den nachgewiesenen Peigiri an Zahl gleichkommen. Es wäre somit eine große Willkürlichkeit zu behaupten, Peigiri stehe für Paigari, denn wie in aller Welt sollte es möglich sein, daß eine unregelmäßige Form, die unter fast 2000 Fällen überhaupt nur 7 Mal (resp. 12 Mal), im VIII. Jahrh. aber nicht ein einziges Mal vorkommt, gerade für das Wort Peigari und zwar schon im VIII. Jahrh. die Regel wäre? Ich halte demnach für bewiesen, daß Peigiri nicht aus Peigari entstanden ist, sondern daß man umgekehrt erst später Peigari statt Peigiri gesagt hat, weil es germanischer klang; denn daß das Suffix iri als primäres gar nicht germanisch ist, weiß man aus der Grammatik, s. 2, 139 ff.

Damit fällt die germanische Ableitung des Namens Peigiri. Wenn das Suffix iri nicht germanisch, die Ableitung folglich eine undeutsche ist, so entsteht die Vermuthung, daß das Wort kein germanisches sei.

Sehen wir uns im Keltischen um, welches das nächste Anrecht hat, zu Rathe gezogen zu werden, so erscheint wirklich ein Suffix ire, welches solche Nomina agentis bildet, wie die germanischen auf ari sind, und welches auch mit unserem ari ursprünglich identisch ist, indem es sich aus aire, airi, ari entwickelt hat. Zeuss Gr. Celt. 743: „Vindicanda est linguæ hibernicæ derivatio ari utari, utraque substantivorum generis masculini. Hujus transgressæ in -óir exempla sequentur mox infra; illa substantiva e substantivis derivans facta est infectione AIRE, IRE; echaire, mulio, notire, notarius, rectire, præpositus gentis, tectire, tecttaire, techtire, techtaire, dispensator, gubernator, scrinire, arcarius, tablaire, tabellarius, tóisechaire, primas, fuirsire, parasitus.

Der Stamm bag nun, aus welchem durch Hinzutritt des Suffixes ire (oder iri) baigire entstanden sein könnte, lässt sich im Keltischen binlänglich nachweisen. bagh im Gälischen heißt Schlacht, Zeuss p. 20 hat ir-bág, ir-bága contentiones, arabúgimse, contendo, glorior, dann noch bágul (erschlossen aus dem Gen. baiguil) præda, wozu er p. 753 die aus den latein. Autoren bekannten Bagaudæ stellt (manus agrestium ac latronum, quos Bagaudas incolæ vocant, Aur. Vict. de Cæss. 39). Streiten wäre also die Bedeutung des Stammes (bágul præda = das Erstrittene) und damit wären wir zugleich zu der Einsicht gelangt, daß wir unser Verbum bâgan, pâcan, streiten, mit den Kelten gemeinschaftlich besitzen. Im Keltischen fragt sich, ob bag oder bag anzusetzen ist (Zeuss hält bag für wahrscheinlicher), auch bagan kommt im Altn. mit kurzem a (schw. Verb. baga neben bægja) vor. Für die Ableitung des Wortes paigiri ist dies jedoch gleichgültig, so wie es ferner gleichgültig ist, ob das Suffix ire Infection (Verwandlung von a in ai) bewirkt oder nicht bewirkt. Das aus den besprochenen Elementen gebildete Wort nämlich würde bag-ire lauten; im Falle ire Infection bewirkt, baig-ire und dieses baig-ire würde im Ahd. ebenso hie und da peikiri lauten, wie von pâkan streiten pâkari neben pâgari vorkommt. Ein peikiri aber findet sich nie und ist absolut undenkbar. g in peigiri ist also nicht organisch, sondern euphonisch, d. h. ein etwas stärker ausgesprochenes j. Da nun in den angeführten Beispielen die Endung ire nur in zwei Fällen Infection wirkt, in fünf Fällen nicht (scrinire fällt weg, weil i keiner Infection fähig ist), so würde sich wahrscheinlich auch nicht einmal baig-ire, sondern nur bag-ire ergeben = streng althd. pâkiri oder pekiri. Mit dieser Deduction scheine ich die Mög

476 CONRAD HOFMANN, ÜBER DIE HERLEITUNG DES NAMENS BAIER.

lichkeit einer Ableitung von bag oder bag ausgeschlossen zu haben in Wirklichkeit wollte ich bloß grammatischen Einwendungen begegnen, die mir gemacht werden müßten und die ich mir selbst gemacht habe. Der Grund, weshalb peigiri dennoch von bag+ire kommen kann, ist ein ganz anderer und liegt in einem eigenthümlichen keltischen Lautgesetz. pflegt nämlich im In- und Auslaut sich in j, y zu erweichen oder ganz abzufallen (destitutio), nicht erst in späterer Zeit, sondern, wie Zeuss nachgewiesen hat, schon in einer verhältnissmäßig sehr frühen Periode *). Die Hauptstelle findet sich Gramm. celt. 166–7: Excussarum mediarum, præsertim g, in vocibus et nominibus gallicis occurrunt jam vetusta exempla apud scriptores terræ continentis“ u. s. f. Demnach ist baj-ire, mit Erweichung, oder ba-ire anzusetzen, mit Hiatus, zu dessen Vermeidung ein euphonisches j (= g) eingeschoben wurde. Daß bajire gerade so lautet wie baijire, wird jeder zugeben; auch haben uns ja die Schreibungen pagiri und pegiri (= pajiri, pejiri) diese Form erhalten.

Die Möglichkeit, daß ein deutscher Stamm einen keltischen Namen trage, wird Niemand bestreiten, nachdem nicht mehr bezweifelt wird, daß der Germanenname selbst keltisch ist. Man wird diese Möglichkeit um so weniger bestreiten dürfen bei einem Stamme, der sich ja gerade im Kampfe gegen die Kelten zuerst berühmt gemacht hat præcipua Marcomannorum gloria viresque, atque ipsa etiam sedes pulsis olim Boiis virtute parta." Germ. 42.

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MÜNCHEN, im September 1862.

CONRAD HOFMANN.

DIE ERDE ALS JUNGFRÄULICHE MUTTER

ADAMS.

In Wolframs Parzival 464, 11 lehrt Trevrizent:
Diu erde Adâmes muoter was:
von erden fruht Adam genas.
dannoch was diu erde ein magt.
noch hân ich iu niht gesagt
wer ir den magetuom benam.
Kâîns vater was Adam:

*) Das g ist schon in Boii für Bogii ausgefallen. Die Bedeutung von Bogii scheint zu sein: die Schnellen, s. gr. celt. 790. In adj. cambricis: buan (celer) truan (infelix); e nudo tru, hib. vet. tróg; ergo et buan e bôg? cf. Trogus, Bogius. In armoricis: buhan (celer; hod. buan, buhan) s. ferner ib. p. 58. Alternatio inter j et gi colligenda videtur e nominibus quibusdam vetustis u. s. f. über boji, bogi — βόγιοι.

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