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Ueber das Geheimniß der Erlösung in ihrem Verhältniß zur Sünde und zur Unwissenheit.

M

Am Charfreitag.

Text. Lukas 23, 33. 34.

Und als sie kamen an die Stätte, die da heißet Schå, delstätte, kreuzigten sie ihn daselbst und die Uebelthåter mit ihm, einen zur rechten und einen zur linken. Jesus aber sprach, Vater vergieb ihnen, denn sie wissen nicht was sie thun.

a. Fr. Wir haben in unsern bisherigen Betrachtungen während der segensreichen Zeit, welche dem Andenken des Leidens Christi besonders gewidmet ist, von verschiedenen Punkten aus darauf gesehen, wie sich überall während seines irdischen Lebens, wo er nur in seinem göttlichen Beruf auftrat, auch wo wenn nicht alle doch wenigstens ein großer Theil der Menschen ihm wirklich Achtung und Beifall zollte, selbst wo er durch wunderbare Thaten seine göttliche Sendung kund machte, überall doch zugleich sein Beruf zu leiden offenbart. Eben so wahr ist aber auch auf der andern Seite, und wir haben wol sonst schon auch hierauf nåher gemerkt, daß da, wo er im eigentlichen Sinn und so wie es alle Welt versteht leidend war, sich eben so stark und deutlich nicht nur seine göttliche Würde, sondern auch seine gött

liche Herrlichkeit und seine über alles erhabene und alles kräftig beherrschende Macht zu erkennen gab. Und eben daß dieses beides so unzertrennlich ist m. a. Fr., in jedem einzelnen Zuge eins ander begleitet, die Offenbarung Jesu ̧als Gottes Sohn und gesandter auf Erden und sein erlösendes Leiden für die Welt, daß jeder fühlen muß, er konnte nicht Gottes Sohn sein ohne zu leis den, und sein Leiden konnte nicht erlösend sein, als nur weil er der Sohn Gottes war: eben dieses ist das große Geheimniß der Erlösung, auf welches unsere Betrachtungen eigentlich alle zurükës kommen; auf welchem unser Glaube und unser Gehorsam als auf seinem lezten Grunde ruht; an dem wir deshalb auch immer zu lernen haben und immer uns an ihm stårken und erbauen, wenns gleich eine Zeit vor der andern bestimmt ist unsre Augen ausdrükk, lich auf diesen großen Zusammenhang unserer Heilsordnung hinzulenken. Und wol mit Recht ist dies Geheimniß der Erlösung auch ein jährlich wiederkehrender Gegenstand unserer Betrachtungen, denn, von wie vielen Seiten auch schon angesehn, es erscheint uns immer unendlich und unerschöpflich in seiner Fülle: so daß, wie man gesagt hat, die Engel Gottes gelüfte hineinzuschauen, wol jeder fühlt, daß das Auge des Menschen immer nur einen kleinen Theil davon zu übersehen vermag. Mehr werden wir auch jezt in dieser der Feier des Todes Jesu gewidmeten Stunde nicht können und nicht wollen. Unser Text aber macht uns auf eine besondere Seite dieses Geheimnisses aufmerksam. Denn für wen bittet der Erlöser hier? Nicht wie vielleicht viele glauben für die untergeordneten Diener der öffentlichen Gewalt, die ihn eben an das Kreuz befestigt hatten. Diese bedurften keiner Vergebung. Ihnen lag gar nicht ob zu wissen was sie thaten; denn sie thaten nur ihre Pflicht und waren außer aller Kenntniß der Sache gestellt, um die es sich hier handelte. Die Fürbitte Chrifti kann daher nur den eigentlichen Urhebern feines Todes gegolten haben.

Wie können wir also anders m. Fr. als auch an diesen Worten in dem leidenden Erlöser den göttlichen, den Sohn des Allerhöchsten erkennen! Er, der verurtheilte, der eben ans Kreuz geschlagene tritt hier auf als der Anwald und Fürbitter für diejenigen, die ihm die Stunde des Todes bereitet hatten; nicht nur als ein wohlwollender Fürbitter, der gern übeles abwenden möchte von andern, sondern als ein kundiger unterrichteter Anwald, der auch als Richter auftreten könnte, wie er denn auch Richter sein wird, weil er nämlich den Menschen durchforscht hat und wohl zu ergründen weiß, wovon die Sünde in ihm ausgegangen, und welches der Siz seiner Verschuldungen ist. Indem er ihnen also

Vergebung erfleht, erkennt er an, daß sie gesündiget haben; in dem er hinzufügt, sie wissen nicht was sie thun, führt er zu gleich ihre Sünde auf irgend eine Unwissenheit zurükk. Daher können auch wir diese Worte des Herrn nicht anders richtig erwågen, als indem wir von seinem Leiden einerseits auf die Sünde als die Quelle desselben zurükksehen wie er denn nicht leiden kann, als nur wo Sünde ist, wo es etwas zu vergeben giebt, — andererseits aber von dieser ersten Fürbitte des leidenden Erlösers auf den Zustand des allgemeinen Vergebens, der allgemeinen Unterjochung der Sünde, welche die glükkselige Folge seiner Erschei› nung werden sollte, hinblikken. Aus diesem Gesichtspunkte also laßt uns jezt das Geheimniß der Erlösung ins Auge fassen, indem unser Text uns vorzüglich zuerst darauf hinweiset, wie das erlösende Leiden Jesu das Werk der Sünde war, zweis tens aber darauf, wie die erlösende Erleuchtung, die von ihm ausgeht, jene Entschuldigung der Sünde, die der Erlöser denen die ihn leiden machten in den Worten, Denn sie wissen nicht was sie thun, angedeihen ließ, je långer je mehr aufheben soll. Dies ist es, was wir jezt in christlicher Ans dacht näher erwägen wollen.

1. Zuerst also, das erlösende Leiden unseres Heis landes war und mußte sein das Werk der Sünde.

Es ist uns allen natürlich m. a. Fr., zumal wenn sich ets was großes oder für uns bedeutendes in der Welt ereignet, daß wir, hin und her sinnen, wie dieses wol hätte anders ablaufen können, und wie alsdann wol alles sein, wie alles um uns her oder in uns aussehen würde, wenn dieses einen andern Ausgang genommen håtte; und nur die weisesten sind es, die immer dar auf zurükkkommen, das jedes um gut zu sein so sein mußte, wie es wirklich geschehen ist. Aber in Bezug auf die größte aller Bes gebenheiten auf die entscheidendste für unser ganzes Dasein, nåms lich das Leiden und den Tod Christi, sind wir wol alle reif in derselben Weisheit. Wir wissen es wol im allgemeinen, daß überhaupt nichts willkührlich ist in den ewigen Rathschlüssen des Herrn; aber nirgends fühlen wir diese ewige Nothwendigkeit und Bestimmtheit so lebendig, als in allem was sich mit dem Erlöser ereignete. Wagen wir es uns den Ausgang seines Lebens anders zu denken; bilden wir uns einen nicht leidenden Christus, oder einen leidenden zwar, der aber durch innere Kraft oder mit Hülfe der Legionen Engel über seine Feinde triumphirt hätte, für den also in beiden Fällen Achtung und Ehrfurcht immer allgemeiner

geworden wären in der Welt, dem sich immer mehr geöffnet håtten die verstopften Ohren, der durch die Offenbarungen seiner göttlichen Kraft und Würde allmählig alle Gemüther unter seine Lehre und seine Befehle versammelt hätte, und der sich so i lauter Ehre, Freude und Glükk ein Reich Gottes gebildet hätte, wie er es sich in der Wirklichkeit nur durch Leiden und Tod erworben hat, so daß er dann entweder auf eine glorreiche Weise der Welt entrükkt oder eines sanften ruhigen Todes gestorben wäre: so vers mag das keiner im rechten Ernst auszudenken; sondern es bleibt uns nur ein leeres Spiel. Denken wir uns das Leiden und Ster ben Christi hinweg: so verliert unser Glaube seine festeste Stüze, seine himmlische Sicherheit; ja auch das Bild menschlicher Tugend selbst, was durch diesen Glauben in unserm Herzen lebt, das Bild einer gottgefälligen Christo ähnlichen Führung verliert seine höchste Würde und seinen schönsten Schmukk. Denn daß in dem Menschen nichts stärker ist als die Liebe zu Gott, das wissen wir nur, wenn wir sehen, daß er um sich in derselben zu erhalten alles andere, ja sich selbst hinzugeben vermag. Diese höchste Stärke der gehorsamen Liebe mußten wir in Christo sehen; der Anfänger und Vollender unseres Glaubens mußte durch Trübsal zur Herrlichkeit eingehn, mußte gehorsam sein bis zum Tode. Gewisser ist uns nichts, als daß Jesus leiden mußte, wenn er der war, der er sein sollte.

Gehen wir aber nun auf die Urheber seines Leidens zurükk m. gel., so mögen wir uns wol in Acht nehmen. Wie wir nur zu sehr geneigt find menschliche Handlungen nach dem Erfolge zu beurtheilen und selbst dasjenige, was, wie wir gar wohl wissen, aus einem verderbten Gemüth hergekommen ist, leichter zu ents schuldigen, wenn etwas heilsames die zufällige Folge davon geworden ist: so laßt uns ja nicht auch unser Gefühl über diesen heiligsten Gegenstand durch einen solchen Irrthum verunreinigen! Je inniger wir davon durchdrungen sind, daß es nichts heilsameres und beglükkenderes für das ganze Geschlecht der Menschen giebt, als das Leiden und der Tod des Erlösers: um desto mehr haben wir uns vorzusehen, daß wir nicht anders als mit unparteiisch freiem und strengem Auge auf die sehen, welche ihm dies Leiden zugezogen haben! laßt uns keinen andern Maaßstab anlegen bei unserm Urtheil über sie, als den uns Christus selbst an die Hand gegeben hat in den Worten, Des Menschen Sohn gehet zwar dahin, doch wehe dem Menschen, durch welchen er verrathen wird; und anderwärts, Es muß Aergerniß kommen, aber wehe dem, durch welchen es kommt. Und das haben wir nicht

nur auf den Jünger zu beziehen, der ihn verrieth, sondern auch). auf die, ohne deren Gebot und Beschluß ihm dieses nicht hätte in den Sinn kommen können, und auf die, ohne deren Zustim mung das eine wie das andere ohne Wirkung geblieben wäre. Wenn wir auch da um des Erfolges willen entschuldigen wollen, wo der heiligste und reinste verkannt, verläugnet, angefeindet wird: wo soll dann der Unwille gegen das böse, der uns doch eben so unentbehrlich ist und eben so göttlichen Ursprungs in uns als die Liebe zum guten, wo soll er noch einen Gegenstand finden? wie müßten wir nicht ganz in die verderblichste und sträflichste Gleichgültigkeit versinken? nicht ganz perlernen noch etwas anderes an menschlichen Handlungen zu sehen als nur den Erfolg? Und m. Fr. wenn wir in denen, welche den Erlöser leiden machten, nicht die Sünde sehen: wie versündigen wir uns dadurch an ihm selbst! Denn so war es ja auch nicht die Sünde, durch welche er litt. Und wodurch denn? Wenn wir von dem Leiden seines ganzen Lebens reden, meinen wir die Entbehrung des irdischen Genusses und der Freuden dieser Welt, so daß wir ihm also ein Verlans gen nach diesen zuschreiben, dessen Nichtbefriedigung ihn geschmerzt håtte? Wenn wir von den Leiden seiner lezten Tage reden, meis nen wir den plözlichen Wechsel von der allgemeinen Verehrung zur Herabsezung in die Reihe der Verbrecher, und wollen wir ihm ein Trachten nach der Ehre dieser Welt zuschreiben, dessen Miß, lingen ihn verwundet habe? Oder meinen wir den vorübergehenden körperlichen Schmerz und wollen ihm das als ein bitteres Leiden anrechnen, worüber sich schon jeder tapfere Mann ohne viel davon zu leiden soll hinwegfezen können? Oder meinen wir den Tod als Tod und wollen die natürliche Liebe zum Leben so stark bei ihm annehmen, daß dessen plözliche Unterbrechung in der Blüte der Jahre sein eigentliches Leiden gewesen wäre? Wir fühlen wol, das alles kann es nicht sein: sondern so gewiß Christus leiden mußte, so gewiß konnte dies alles für ihn nicht an sich ein Leis den sein, sondern nur sofern es von der Sünde hervorgebracht wurde. Es konnte für ihn keine andere Quelle des Schmerzes geben als die Gewalt der Sünde an dem menschlichen Geschlecht, das Uebergewicht, welches sie im allgemeinen ausübte über jene guten Regungen, welche in den Menschen ́erwachten, wenn ihnen das Reich Gottes verkündigt wurde; er kannte keinen andern Schmerz als den glükklichen Widerstand, den die Sünde seinen Bemühungen entgegenstellte die Menschen mit göttlicher Liebe an sich zu ziehen und zu beseligen. Ja man kann sagen, ehe der Zeitpunkt kommen konnte, wo eine ewige Erlösung von der Sünde

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