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2. Das prt. *sûde ist freilich zunächst der Analogie nach erschloßen, allein ich glaube Spuren desselben in dem sonst präsentischen sûd zu finden, man vergleiche z. B. Korner Pf. 280 alsô de dôde quam bî den torn, dô sûd de dôde up, tô deme lesten lêp de dôde etc. wo man zwischen zwei Präteritis wol sach erwarten dürfte, aber auch die Hann. HS. hat sûd de, für sûde de? Denn das zwiefache de de kann hier wie sonst mitunter leicht den Fehler d de verschuldet haben.

3. gêde steht auch unter den Var. zu Sspg. 3, 14, offenbar als prt., ghiede im Gl. zu Lappenbrg. Brem. 5. Das prtc. ge

4. Über schw. part. untsêt s. unten no.

48,

schêt, geschiet scheint besonders Münsterschen Quellen eigen zu sein, doch finde ich z. B. auch in dem Stockholmer Valent. 275 syn ghescheyt: weyt. Vgl. geschîde und prtc. geschît in Haupts Z. 10, 138, 47 zu den Marienliedern des Wernher v. Ndrh.

5. Ein mir sonst nicht nachweisliches vorghûd 'confessus' neben vorghên, alse unvorwandes bekennen, confiteri hat der Stralsunder Vocabular.

So schwierig die sichere und vollständige Erklärung dieser û, ue-Bildungen sein mag, denen noch heute lange ü, ue entsprechen, so zeigt sich doch ein Weg zu ihrem Verständnisse in der Geschichte des got. saihvan. Denn dazu gehören offenbar das neuerdings ohne Grund getrennte got. siuns, ahd. gasiuni, gisewan (Grimm 1o 146-7. Haupt Z.5, 336.351), ags. cj. sâwe, pl. ind. gesâwon (neben seah, saegon), alts. sâwun, gisewan, altengl. Inf. suen u. v. a., so daß sich zwei deutliche Reihen, neben sih die Gestalten siw, sew, siu, sû, sue entwickelt zeigen, consequenter Weise also auch neben scih etwa sciw, sciu, scû und neben jih oder gih ebenso jiw, jiu, jû zu erwarten wären.

Leider läßt sich dies eben nur wahrscheinlich machen, da beide scehan und jehan dem Gotischen abgehen, jehan auch dem Altn. und Ags. fremd ist. Dennoch scheint mir die Annahme eines got. skaihvan nicht zu gewagt, da scehan wol auf indogerm. W. skak hervorbrechen weist, während Dietrich nahen als Grundbegriff vermutete. Und ebenso scheint mir gerade die Übereinstimmung des ahd. und alts. gehan, jehan auf ein got. hv hinzuführen, zu got. aikan stimmen beide sicher ebenso wenig, wie dieses selbst zu ajo, agh oder, was auch verglichen ist, zu inquam, khjâ. Dagegen dürften die beiden letzten wol auf die Wurzel für gehan weisen.

Und nun noch jenes rätselhafte, vielbesprochene alts. giuhu, juhu, das man, von sieho, sieo, iieho abgesehen, durch Annahme des

Übergangs in andere Conjugation, oder, nach J. R. Könes unglücklichem Vorgange, durch Assimilation des u, oder durch freilich sehr 'merkwürdigen Einfluß des h' schwerlich schon erklärt hat. Daß dieses u jenem u in sûd, ghûde entspricht, nahm auch Grimm 1 261 an. Steht dies aber fest, wie ich nicht zweifle, so liegt die Schwierigkeit nicht in u, das dem w entsprungen, sondern lediglich in dem h des hv nach dem w, u, und hier ist dann nur eins möglich, h, wenn es echt und organisch, hat seine Stelle verändert, d. h. u w ist vorgedrungen. Zu vergleichen englisch wh für altes hw, genauer ßaivo: βανίω. Daß man in gisewan, farliwi mitunter s. g. Spirantenwechsel angenommen, ist bekannt, doch sah schon Grimm 1, 147 in ihrem w Spur des alten w, vgl. M. Heyne §. 73, 4 gegen 44.

XLIII. Mnd. Darn.

J. Grimm hat bekanntlich im J. 1849 in Haupts Z. 7, 454 wo er von darf handelt, einiger nd. Formen gedacht, die in der Grammatik wegen Unergiebigkeit der Quellen vernachlässigt seien. Es sind dies, von allbekannten oder bloß vermuteten abgesehen, zumal darn audet, dürne audeat. darn und ej. dorne erwähnt in demselben Jahre Ettmüller zu Theoph. 446. Obgleich beides aus Hom. Gl. zum Ssp. und aus Bruns' Zeno 412 längst bekannt sein muste, ist es beider Männer Verdienst, die Aufmerksamkeit darauf gelenkt zu haben; erklärt oder auch nur weiter verfolgt wurden sie nicht. Beide beschränken sich auf die ungenaue Vergleichung von sterne sterre, aber Grimm, der das prt. zu darn als dorste, kaum dornste' ansetzt, nennt jenes seltsam und meint, man würde wol noch andere abweichende Formen dieser anomalen Verba sammeln können.

Die Form darn, um zunächst den Bestand festzustellen, findet sich immer in demselben Sinne wagen, sich getrauen bisher 1. niederdeutsch etwa 9 mal, nämlich im Ssp. Hom. ed. 2. S. 54. 75. 118. 123 160; sodann Hem. II a im Lehnrecht 39, 1 S. 215; ferner in der Magd. Schöppenchronik S. 14, 8. S. 15, 8; endlich in der Sassenchr. S. 236: dat ek et wol darn spreken nâ: geschâ (?Sch. nag geschag), wo nun auch der Hamb. Codex bei Weiland darn hat. Dazu kommen die beiden Conjunctive dorne: vortorne Zeno 412 Lübben 433 und dürne Ssp. S. 138, 5, und 2. noch vier hochdeutsche Stellen a) tarn in dem Quedlb. Ssp., s. die Var. bei Hom. S. 118 und in dem Görl. Lehnrecht 3, 18, Hom. 2 b S. 156: ob er iz uf den heiligin tarn volbringin; b) darn im Quedl. Lehnrecht 222, Hom. 2a S. 215: darn her da sîn unschult zu tun, und im Görl. Landrecht 47, 20 Hom. 2 b S. 225: ob

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bewerin darn. Einiges andere, z. B. aus v. Daniels Rechtsb. wird sich noch beibringen laßen. Im Leipz. Ssp. ed. Weiske-Hild. nur tar, kein tarn.

Die Schwestersprachen bieten hiezu nichts von Belang, das altn. þarna bedürfen, für þarfna, wozu das aus dem sog. Ormulum bekannte, weiter von Stratmann nachgewiesene altengl. þarnen egere, kommt nur mittelbar in Betracht. Wichtig ist allein altenglisch darn und durne, beide to dare, bei Halliwell aus dem Prompt. Parv. verzeichnet.

Woher nun aber das auffällige r-n? das Ettmüller aus rr=rs, Grimm gar nicht deutete, während es ohne Zweifel einen vereinzelten, kostbaren Rest uralter Stammbildung enthält, dem sich nicht sowol fullnan, fullnôda oder prafna, þrafnaða vergleichen als vielleicht fraihnan, frah. Bekanntlich bildet das Indogermanische für gewisse Verba der 5. und 9. Conj. eigene s. g. Präsensstämme mit nu, nô oder mit nî, nâ, daher im Skr. su, su-nômi oder ju, ju-nâ-mi wie gr. dɛixvvμi, dáμvnui. Die Wurzel der nun dars, tar, nd. dar zufällt, lautet im Skr. dhrisch für ursprünglicheres dhars d. h. mutig sein, wagen und eben sie bildet ihr Präsens dhrischnômi (neben Perf. dadharscha) aus dem Stamme dhrischnu, der sich mit nd. darn = W. dars + nu vollkommen decken würde. Unser darn wäre also eigentliches Präsens und von dem urspr. präteritalen dar, dor, der, dore zu trennen.

Die übrigen zu dar und darf, dörv gehörigen Formen bieten Grimms Erwartung entgegen nichts Bemerkenswertes. Die bekannten dochte, dechte, selbst der se bedachten: brachten aus Marina 107 (lies bedrochten: brochten) sind entstellt aus dorchte für dorfte wie jetzt dösch dresche, döst: durst. Das von Diefenbach dem Dähnert entnommene inf. dorsten beruht lediglich auf Misverständnis, obgleich es,

wenn

es vorkäme, nicht auffälliger sein würde als der bei Weigand verzeichnete hd. Inf. däuchten. Beiläufig bemerke ich, daß in der Aachener Mundart neben dem prät. dorsch durfte für dorste? noch ein präs. dasch, darsch darf und auch ein infin. dosche dürfen vorkommen soll, beides doch wol nur Neubildung. Bei J. Spee Volkst. vom Ndrrh. heißt ech dâr ich darf, dorsch dou durftest du.

XLIV. Nd. schôke Hure.

Das nicht grade seltene, doch offenbar örtlich beschränkte Wort entspricht dem altn. skoekja bei Fritzner, skioekja bei Grimm 13 485. 525 das sich im schwed. sköka, dän. skøge erhalten hat. In seinem Gloss. Belg. verzeichnet Hoffmann aus Plantins Thes. scheucke, een

stuck hoers, scortum, meretrix, im Teuthon. scheint es zu fehlen, im jetzigen Holländischen heißt es scheuk die Gaßendirne. Das gesammte Hochdeutsche scheint das Wort gar nicht zu kennen, ich habe es nur einmal bei Kantzow S. 263 gefunden: sie vor eine schuche halten, also in einer Zeit und Örtlichkeit da sehr viel niederdeutsches Sprachgut in das Hochdeutsche übertragen ward. Desgleichen wird es im Ags., Alt- und Neuenglischen, Altfriesischen und Altsächsischen vielleicht völlig vermist. Grimm Gr. 2, 11 no. 92 hat zwar alts. skôk adultera, allein woher? Schmeller, Koene, Heyne kennen es nicht. Dennoch wäre es hier nach dem Stande des Mnd. wol vorauszusetzen. Vielleicht gehört hiezu der um 1280 in Strals. Urkunden häufige Name Scoke?

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In meiner Ausgabe des Cl. Bûr findet unser Wort sich dreimal v. 98. 157. 260, an der zweiten Stelle liest der Druck B hôren für schôken A. schôkenkint aus der Dortm. Wilkür ist schon Germ. 13, 160 erwähnt, schoeken sone, altn. skoekjusonr, steht in den Gosl. Stat. 333, beide sind in manchen Rechtsbüchern nebst ähnlichen Ausdrücken als strafbare Beleidigung bezeichnet.

Indem ich anderes übergehe, bemerke ich noch, daß bei L. Diefenbach Suppl. ein altes Glossar s. v. meretrix: pute, cute, stoke gibt, was natürlich scôke meint, und daß unter neueren Glossaren nur noch Strodtmann und das Brem. Wb. das Wort kennen. Letzteres hat sich nach dem Vorgange von Wicht zum Ostfrs. Landrecht S. 252 Anm. auch schon mit dem Ursprunge des schôke, scheuke beschäftigt, es vergleicht neben Falschem nd. schechten laufen, fries. schecken davon laufen. Grimm 2, 11 denkt an ags. scacan, altn. skekja; deutlicher wiesen vielleicht alts. skakan, altengl. to shake auf den Begriff 'die Weggelaufene, die Herumstreicherin?'

XLV. Wan in Zusammensetzung.

Das allbekannte Wort das sich noch heute hie und da im Sinne von nicht voll, ler, kühn, toll' findet, ward von jeher am häufigsten in Compositis verwendet. Nur aus dem Gotischen ist nichts, aus dem Ahd. neben wanwâfan inermis, wanwesan deesse wenig erhalten, desto mehr aus dem Altn., Angels., Friesischen, Mndl. und Holl. - Vom Nhd. werden im Ganzen nicht viel über ein Dutzend Beispiele aufzubringen sein, bemerkenswert ist allein wan sauer (vgl. ndl. wanslâ perich, wansout) bei Stieler subacidus, schwäbisch dagegen sehr sauer', also hier mit einem gleich un verstärkenden wa n.

Niederdeutsche Beispiele, die bei Grimm ganz fehlen, sind in Menge vorhanden, obgleich der Hêliand nur einmal wan c. g., einmal wanskefti Elend hat, dazu in den Gl. L. bei M. Heyne wangiscot Mangel?

Allein Stürenburg bringt an 30 ostfriesische Wörter dieser Art, von denen ich die wichtigsten mit einigen anderen hier übersichtlich kurz aufführe. Vor b und m zeigt sich dabei zuweilen wam, wie bei in, un, das a ist oft lang, meist wie in den ostfr. noch kurz, doch schreibt Hoffmann im Reinke wân, ohne Not. Das einfache wan ler: quam, findet sich z. B. Uhland 2, 695: ach möller, wô is mîn sak sô wan, du hefst mi half gestalen; der Strals. Vocab. hat: wan, nicht al vul, semiplenus, semivacuus, dann nach 3 comp.: wan, simpliciter, semis; dazu gött. wânich schlecht, fehlerhaft, vgl. holl. wannigheit, während clev. wân albern, unklug ist, ähnlich im Waldeck. bei Curtze.

Von Zusammensetzungen mit wan führe ich nun auf:
wanandert; wonondward altfr. falsche Antwort.

wanbak ostfr. ein Hagerer, ohne breiten Rücken, vgl. he het nich bûk oder bak.

wanbandich, auch mit mb und nn, ostfr. und D. Munda. 4, 126, wie unbannich, sehr, gewaltig, noch mehr verstärkt sogar ostfr. unwanbandich ungeheuer, Germ. 14, 204.

wanbâr ostfr. mangelhaft, e. wansome bei Hall. inefficient.

wahnbett, nhd., bei Grimm unerklärter Jägerausdruck, ist nach Frisch und dem Brem. Wb. das lere Lager des Hirsches, zu trennen von dem wunderlich gedeuteten gött. n. wambet Wildheit der Kühe, das vielmehr, wie hier bûk bet, Bauchgrimmen des Viches, zu wamme, wampe gehören wird.

wanbort, bordich, osnbr., pommersch und sonst oft nachweislich, z. B. bei Seibertz, im nds. Archiv f. 1844, 408, steht nicht von geringer, sondern von unehelicher Geburt, hie und da auch nhd. wahnbürtig.

wandicht ostfr. undicht, wobei ich bemerke, daß das Brem. Wb. wandel Mangel als wan-dêl erklären möchte.

wanfet ostfr. nicht fett genug zum Schlachten.

wanfull rasend, bei Ficker Münst. Chron. 125, ist unsicher, da es zu wân gehörend vielleicht wahnvoll sein mag? Ebenso ist auch altfr. wanfel, llich blutrünstig nach v. Richthofen nicht auf unser wan, sondern auf ags. wan, won lividus, ater zu beziehen, also eigentlich mit dunkler, blutunterlaufener Haut.

wângâr gött. nicht recht oder schlecht gar. Davon ganz verschieden altfr. wongare zerrißenes Gewand, zu gero, gere gehörig.

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