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sich versöhnlich gegen seine Beleidiger und läßt sich, wo er eines Fehlers überwiesen wird, strafen. Worin besteht also die äußerliche Gestalt eines Scheinchristen? Es ist mit kurzen Worten die Gestalt eines rechtschaffenen frommen Christen.

Aber wie? sollte es möglich sein, so christlich zu leben, und doch nur ein Scheinchrist zu sein? — Ists nicht erschrecklich, daß ein Mensch troß eines solchen rühmlichen Wandels verloren gehen soll? Denn werden selbst viele, die so christlich leben, nicht selig, welche Hoffnung können sich dann die machen, die es noch nicht einmal so weit gebracht haben? Wer kann dann noch selig werden? So schrecklich diese Wahrheit ist, so ist sie doch eben Wahrheit, denn Christus sezt deutlich hinzu: „Viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt."

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Was ist es nun, was allen Scheinchristen fehlt, daß sie bei allem ihrem christlichen, ehrbaren Leben, ihren guten Werken, ihren gottseligen Uebungen und ihrem thätigen Eifer doch keine wahren Christen sind? — Christus sagt, es fehle ihnen das „hochzeitliche Kleid". Was mag Christus hiermit meinen? Um Christi Meinung gewiß zu treffen, müssen wir die heilige Schrift selbst zu Rathe ziehen und dürfen nicht nach unseren eigenen Gedanken gehen. Die heilige Schrift redet aber auch an anderen Stellen nicht selten von gewissen Kleidern, deren ein Mensch bedarf, wenn er selig werden soll. Unter anderen läßt Christus dem Bischof zu Laodicäa sagen: Ich rathe dir, daß du Gold von mir kaufest, das mit Feuer durchläutert ist, daß du reich werdest; und weiße Kleider, daß du dich anthust, und nicht offenbar werde die Schande deiner Blöße." Dahin geht, was von der Kirche Christi geschrieben steht im 19ten Capitel der Offenbarung St. Johannis, woselbst es heißt: Und es ward ihr gegeben, sich anzuthun mit reiner schöner Seide"; zur Erklärung aber wird hinzugesezt: „Die Seide aber ist die Gerechtigkeit der Heiligen." Daher spricht auch Jesaias: „Der HErr hat mich angezogen mit Kleidern des Heils, und mit dem Rock der Gerechtig keit gekleidet." Am allerdeutlichsten aber wird die Meinung Christi durch den Ausspruch St. Pauli im Briefe an die Galater: Wie viel euer getauft sind, die haben Christum angezogen“, oder, wie er an die Römer schreibt: „Ziehet an den HErrn JEsum Christum.“

Hieraus ist klar: wenn Christus den Scheinchristen als einen Hochzeitsgast ohne ein hochzeitliches Kleid darstellt, so will er sagen: ein Scheinchrist ist ein Mensch, der bei allem seinem herrlichen äußerlichen christlichen Schein doch den wahren Glauben, durch welchen die wahren Christen Christum und seine Gerechtigkeit wie ein Kleid anziehen, noch nicht in seinem Herzen trägt. Der Scheinchrist glänzt wohl äußerlich vor Menschen durch sein scheinbar christliches Leben, aber vor Gottes allsehenden Augen hat sein Leben eine

Gestalt, die ihm nicht gefallen kann, „denn“, sagt die Schrift, „ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen." Der Scheinchrist ist wohl reich an sogenannten guten Werken, aber weil dieselben nicht aus der guten Quelle eines durch den wahren Glauben gereinigten Herzens fließen, so sind sie vor Gott nichts Besseres, als Sünden, denn", sagt die Schrift,,,was nicht aus dem Glauben geht, ist Sünde." Der Scheinchrist redet wohl schön von Christo, aber Christus ist nur auf seiner Zunge, nicht im Herzen. Der Scheinchrist trägt wohl den Namen eines Christen, aber er ist nicht, was der Name sagt, denn ein Christ heißt auf deutsch ein Gesalbter, nemlich mit dem Heiligen Geist, und dieser wohnt nicht in seiner Seele. Der Scheinchrist ist wohl durch sein rechtgläubiges Mundbekenntniß ein Rebe am Weinstod Christo, aber ein dürrer Rebe. Der Scheinchrist bringt auch wohl schön aussehende Früchte eines ehrbaren Wandels, aber die Früchte sind innerlich faul, denn er selbst ist noch ein wilder fauler Baum, der noch nicht auf den Baum des Lebens, auf Christum gepflanzt ist. Der Scheinchrist hat wohl auch eine Decke über seinen Sünden, aber es sind das die Feigenblätter seiner Einbildung, aber nicht das Kleid, welches gesponnen ist von der Wolle des Lammes Gottes, das der Welt Sünden trägt. Der Scheinchrist ist ein Grab, das äußerlich lieblich aussieht, aber im Innern ist noch der Moder des geistlichen Todes; er ist dem Bilde eines Christen gleich, das zwar große Aehnlichkeit, aber kein Wesen noch Leben hat. Der Scheinchrist ist daher wohl in der Kirche, aber nicht von der Kirche, das heißt, er gehört nicht zur Kirche, er ist kein lebendiger Stein dieses geistlichen Baues, kein lebendiges Glied dieses geistlichen Leibes.

Ein solcher Scheinchrist war Judas. Er that alles, was die anderen Jünger thaten, aber in seinem Herzen war kein Glaube; darin herrschte der Geiz. Ein solcher Scheinchrist war auch Simon, der vormalige Zauberer; er bekannte den Glauben an Christum wohl mit dem Munde, und ließ sich taufen; aber in seinem Herzen herrschte der Stolz und die Hoffart. Ein solcher Scheinchrist war endlich auch der Bischof von Sardes; er zeigte sich lebendig in vielen christlichen Werken; aber er hatte, wie Christus sagt, mit vielen Gliedern seiner Gemeinde „seine Kleider besudelt“, d. h. er hatte durch Sünden wider das Gewissen den lebendigen Glauben aus dem Herzen verloren und somit das weiße Kleid der Gerechtigkeit und Unschuld Christi eingebüßt; daher läßt ihm Christus sagen: „Du hast den Namen, daß du lebest, und bist todt."

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Wie viele auch unter uns Scheinchristen sind, die zwar die äußerliche Gestalt der Christen haben, aber ohne den lebendigen Glauben, ohne den Geist, ohne das innere Leben der Christen sind, das ist Gott allein bekannt; denn die offenbar Gottlosen können wir Menschen wohl von den Frommen

unterscheiden, aber nicht die Scheinchristen von den wahren Christen. Sie, sind das Unkraut auf dem Acker der Kirche, das wir nicht ausjäten, sondern wachsen lassen sollen bis auf den Tag der Ernte. Sie sind die Hochzeitsgäste, welche mit den Christen hier zu Tische sizen, bis endlich der König, der die Hochzeit bereitet hat, selbst kommen wird. Was dann geschehen wird, das laßt mich euch nun zweitens zeigen, laßt mich euch nemlich nun zu eurer Warnung auch das Schicksal des Scheinchristen in jener Welt vor Augen stellen.

II.

Wir folgen hierbei den Worten Christi in unserem Evangelio. Darin heißt es aber weiter also: „Da ging der König hinein, die Gäste zu besehen.“ Hiernach gibt es also einen Tag, an welchem Gott, der das Hochzeitsfest seiner Gnade auf Erden gestiftet hat, eine Besichtigung aller Gäste vornehmen wird. Es wird also nicht immer so bleiben, wie es jezt ist. Jezt hält Gott noch keine Musterung, er läßt es geschehen, daß in seiner Kirche Tausende sich unter die Christen mischen, die für Christen gehalten werden, und die es doch nicht sind; Gott offenbaret den Scheinchristen noch nicht; er läßt ihm dieselbe Ehre wie dem wahren, er läßt ihm dieselbe Taufe ertheilen, dasselbe Wort der Gnade predigen, dieselbe Absolution sprechen und denselben Leib und dasselbe Blut seines Sohnes im heiligen Abendmahle reichen. Er macht keinen Unterschied, sondern läßt Christen und Scheinchristen dahingehen, wie Weizen und Unkraut mit einander auf Einem Felde wachsen, von Einer Sonne beschienen, von Einem Regen und Thau gefeuchtet und von Einem Zaun geschüßt. Es scheint daher, als wisse es Gott selbst nicht, oder als achte er es doch nicht, daß manche darunter sind, die wohl andere Werke haben, als die offenbar Ungläubigen, aber kein anderes Herz; es scheint daher, als würden einst alle, die sich christlich verhalten und hier zusammen leben, auch einst dort zusammen zu Tische sizen an der Hochzeitstafel des ewigen Lebens. Aber so scheints nur. E kommt ein Tag, da wird der König des Himmels alle, die sich bei ihm als ,Gäste" eingefunden haben,,,besehen". Wie? sollte ihm, der Augen hat, wie Feuerflammen, dann etwas entgehen?

Laßt uns weiter hören. Christus spricht nemlich ferner: „Und sahe allda einen Menschen, der hatte kein hochzeitlich Kleid an.“ Hier hören wir's. Dem Auge Gottes wird dann nichts entgehen. Was kein Mensch auf Erden sehen konnte, das wird Gott augenblicklich entdecken. Das christliche Leben, was ein Scheinchrist geführt hat, wird dann wie ein schmußiges, zerrissenes Kleid erscheinen, das seine nackte fündhafte Seele nicht bedecken kann. Was dann auch die Scheinchristen vornehmen mögen,

in der ganzen jenseitigen Welt wird es keinen Winkel geben, in welchem sie sich vor Gottes Auge verstecken, keinen Berg und keinen Hügel, mit welchem sie sich bedecken könnten. Vor Gott und allen Engeln und Auserwählten werden sie dann dastehen in der ganzen Schande ihrer Blöße.

Was wird nun der Himmelskönig thun? Christus antwortet uns hierauf: „Und (er) sprach zu ihm: Freund, wie bist du hereingekommen, und hast doch kein hochzeitlich Kleid an?" Jhr sehet, Gott wird einst die Scheinchristen auffordern, sich zu verantworten, warum sie troß so vieler Predigten, die sie gehört, troß so vieler Ermahnungen, Warnungen und Bestrafungen, die sie erhalten, troß so vieler Züge und Erweckungen des Heiligen Geistes, die sie erfahren, und troß der christlichen Gemeinschaft, in welcher sie gelebt haben, sich doch nie rechtschaffen und von Herzen bekehrt haben, doch zu keinem lebendigen Glauben und doch zu keinem neuen Herzen gekommen sind. Was werden aber dann die Scheinchristen antworten? - Christus sagt es uns — er spricht: — „Er aber verstummete." Sie werden also keine Entschuldigung wissen. Ihr eignes Herz wird sie überzeugen, ihr eignes Gewissen sie verdammen, und sie werden fürchten, daß alle ihre rechtschaffenen Mitchristen, die dieselben Mittel, ja vielleicht weniger als sie, gehabt haben, wenn sie sich entschuldigen wollten, als Zeugen wider sie auftreten würden. Sie werden daher bald vor Scham erröthen, bald vor Schrecken erbleichen — zittern — beben und verstummen".

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Wird es aber Gott etwa mit dieser verdienten Beschämung sein Bewenden haben lassen? Ach nein! Christus fährt vielmehr also fort: „Da sprach der König zu seinen Dienern: Bindet ihm Hände und Füße, und werfet ihn in die äußerste Finsterniß hinaus, da wird sein Heulen und Zähnklappen; denn viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt." O furchtbares Urtheil! dann werden dem Scheinchristen Hände und Füße gebunden; die Gnadenzeit, wo er noch Gutes thun und den Weg zum Himmel noch gehen kann, wird ihm also abgeschnitten. Er muß hinaus aus dem Himmel, wo Gott und das Lamm als die Sonne leuchtet; er muß hinaus in die ewige „Finsterniß", wo kein Licht des Trostes ihm wieder aufgeht, wo kein Lob Gottes mehr von seinen heuchlerischen Lippen gehört wird, sondern „Heulen und Zähn= klappen“, das heißt, unerträgliche glühende Hiße und zugleich unerträgliche schaurige Kälte wird ihn peinigen. Kein wahrer Christ, der ihn hier seinen Bruder nannte, wird dann um ihn sein; seine Gemeinschaft sind die Verdammten und die Geister der Hölle; - und das alles ohne Ende; kein Stern der Hoffnung einer einstigen Erlösung erleuchtet der Scheinchristen dunkle Nacht; sie wissen es, sie müssen ihre Qual tragen nicht hundert,

nicht tausend Jahre nein! — von Ewigkeit zu Ewigkeit.

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Was soll ich nun, nachdem ich mit euch jezt vor Gottes Thron gestanden bin, seinem strengen Urtheilsspruch mit euch zugehört und der Vollstreckung desselben mit euch zugeschaut habe, was soll ich nun zum Schlusse sagen? — Ich rufe euch allen zu: Ach, meine lieben theuren Brüder und Schwestern, lasset uns hierbei um Gottes willen nicht an unseren Nachbar, nicht an den und jenen denken, den unser arges Herz vielleicht für einen Scheinchristen hält, sondern lasset uns alle an uns selbst denken. Lasset uns bedenken: mit Gott und unserer Seligkeit ist nicht zu scherzen! Lasset uns diese Warnung seines Wortes nicht in den Wind schlagen. Lasset uns selbst uns prüfen, ehe der HErr kommt, uns zu besehen. Lasset uns nicht zufrieden sein mit einem bloßen Scheinchristenthum, sondern uns dem HErrn_darstellen, wie wir sind; lasset uns hier täglich als arme Sünder ihm zu den Füßen fallen, mit Ernst nach der Seligkeit trachten, von Herzen an Christum glauben, von Herzen Christo folgen, von Herzen ihm dienen; so wird er uns auch einst für die Seinigen erkennen, ja, wenn wir einst in die Ewigkeit eingehen, so wird man fragen: „Wer sind diese mit weißen Kleidern angethan? Und woher sind sie gekommen?" Und der HErr selbst wird ant worten: „Diese sind es, die gekommen sind aus großer Trübsal, und haben ihre Kleider gewaschen, und haben ihre Kleider helle gemacht in dem Blute des Lammes." Amen. Amen.

Erste Reformationsfeftpredigt.

Lob und Preis und Anbetung und Dank sei Dir, Du ewiger, lebendiger Gott. Du hast Dich des in die Sünde gefallenen verlorenen menschlichen Geschlechtes erbarmt, Deinen eingebornen Sohn JEsum Christum in die Welt gesendet und ihn allen Sündern zum Heiland und Seligmacher verordnet. Du hast auch auf Erden eine feste Burg erbauet, in welche alle Sünder fliehen und wo sie Deinen Sohn und seine Gnade und sicheren Schuß wider Sünde, Tod und Hölle gewißlich finden sollen, nemlich Deine heilige christliche Kirche. Mit ihr hast Du auch einen ewigen Bund aufgerichtet: „Es sollen wohl Berge weichen, und Hügel hinfallen; aber Deine Gnade soll nicht von ihr weichen, und der Bund Deines Friedens soll nicht hinfallen"; auf den Felsen des Wortes hast Du sie erbauet, daß auch die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen sollen". Ja, Du hast ihr verheißen: „Wenn gleich die Welt unterginge, und die Berge mitten ins Meer sänken, wenn gleich das Meer wüthete und wallete, und von seinem Ungestüm

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