صور الصفحة
PDF
النشر الإلكتروني

hier leben könne. So wenig es nun einem Vater Sünde ist, wenn er das fündigende Kind des Nachbars nicht straft, und zum Gehorsam nicht zwingt, denn dies ist sein Beruf nicht, so wenig ist es eine Sünde des Staates, wenn er diejenigen nicht straft, welche in Sachen der Religion irren und sündigen, und wenn er nicht durch Zwang seine Bürger zur wahren Religion zu führen. sucht, denn dies ist des Staates Aufgabe nicht. Hierzu kommt aber auch noch dies, daß schlechterdings niemand zur wahren Religion gezwungen werden kann. Die Religion ist so sehr Sache der freien Entschließung, daß selbst Gott keinen Menschen dazu zwingt. So wenig nun Gott angeklagt werden kann, weil er den Menschen nicht auf den Weg zum Himmel zwingt, sondern, wenn der Mensch Gottes Lockungen und Mahnungen hartnäckig widerstrebt, ihn seine eignen Wege gehn läßt und in seinen verkehrten Sinn dahingibt: eben so wenig und noch viel weniger kann der Staat der Sünde angeklagt werden, wenn er das drohende Schwert, das er trägt, nicht dazu gebraucht, seinen Bürgern den Weg zur Hölle zu versperren.

Doch, sprechen andere, ist nicht das Verderben offenbar, welches die Religionsfreiheit über ein Land bringt, und über unser Land schon gebracht hat? Während in andern Staaten, wo keine Religionsfreiheit ist, wo nur vom Staat anerkannte wenige Religionsparteien Duldung genießen, die Kirche als ein großes, Achtunggebietendes Ganze dasteht, so sehen wir hier hingegen die Kirche in zahllose Secten und Parteien zersplittert, so daß Tausende hier nicht wissen, wohin sie sich in dem Gewirre von tausenderlei gepredigten Meinungen wenden sollen. Während in andern Staaten, wo keine Religionsfreiheit ist, die Stimme des Verführers nicht laut werden darf, so predigt man hier hingegen allen Irrthum frei und öffentlich in Wort und Schrift. Ungestraft und ungehindert erheben hier Irrglaube, Aberglaube, Schwärmerei und Unglaube ihr tödtliches Haupt. Ungestraft leugnet und bestreitet man hier die heiligsten Lehren des Christenthums, die Göttlichkeit der heiligen Schrift und der darauf gegründeten Offenbarung, das Geheimniß der heiligen Dreieinigkeit, die Wahrheit der Erlösung und Versöhnung, die Gottheit des Erlösers! ja, ungestraft leugnet und bestreitet man hier Vorsehung, eine jenseitige Vergeltung, Hölle, Himmel, ewiges Leben und das Dasein Gottes, des Allerhöchsten, selbst. Man verwirst nicht nur laut die theuersten Wahrheiten der christlichen Offenbarung, sondern selbst die Wahrheiten der natürlichen Religion, welche tief in das Herz eines jeden Menschen eingegraben sind; man bekämpft sie mit allen Gründen menschlichen Scharfsinns, zieht alles Heilige in den Staub, bewirft es mit dem Kothe der Lästerung, und macht es zum Gegenstand des pöbelhaftesten, niedrigsten und infamsten Spottes. Sind das nicht bittere Früchte der Religionsfreiheit, die hier allen Bürgern gewährt ist? Ich antworte hier

auf erstlich: es ist wahr, die Kirche steht hier nicht, wie dort, wo keine Religionsfreiheit ist, gleich einem großen einzigen ehrwürdigen Dome da, der die Völker zum Eingange einladet; sie ist hier zersplittert in eine Unzahl von armseligen Hüttlein; und darum ohne Ansehen vor der Welt. Allein mag da, wo keine Religionsfreiheit ist, die Kirche äußerlich als Ein großer tausendgliedriger Körper dastehen, mag da durch Zwang eine große Einigfeit im Glauben und Religion unter einem ganzen Volke hergestellt zu sein scheinen: es ist doch nur trüglicher Schein. Da, wo Religionszwang ist, sind der Parteien im Herzen nicht weniger und der traurige Vorzug solcher Länder besteht häufig nur darin, daß ganze Völker angesteckt sind mit der Pest der Unterwerfung unter Menschen selbst in Sachen des Glaubens, und mit der Pest der Heuchelei und Verstellung.

Wohl ist es nun wahr: hier werden unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit oft selbst die Grundsäße der natürlichen Religion, wodurch der Mensch erst zum Menschen wird, bestritten und selbst laut verkündigt: Es ist kein Gott! Allein vergeblich beruft sich der Atheist, der Gottesleugner, auf die ihm hier gewährleistete Religionsfreiheit. Die Grundverfassung unserer Republik gestattet keinem Atheisten hier das Recht eines Bürgers. Sie will Freiheit der Religion, nicht Freiheit von der Religion. Wer keinen Eid zu dem unsichtbaren, allwissenden und rächenden Zeugen im Himmel schwören kann, der kann auch kein Bürger dieses Staates sein, und ist er es geworden, so ist er es durch Untreue unserer Beamten geworden, er ist kein legitimer rechtmäßiger Bürger, sondern ein unter uns lebender moralischer Räuber und Mörder.

Wohl ist es nun ferner wahr, daß wirklich unter dem Schuße unferer Religionsfreiheit die Stimme der Verführung hier laut erschallt und Tausende unschuldiger Herzen dadurch geärgert, vergiftet und verführt, und Schaaren unsterblicher Seelen in den Abgrund verderblicher Irrthümer hinabgerissen werden. Aber wo gibt es eine Wohlthat, die wir sterblichen sündlichen Menschen in dieser Welt genießen, die der Mensch nicht mißbrauchte und die ihm nicht durch Mißbrauch zum Fallstrick würde?

So groß jedoch auch dieses Uebel ist, so wird dasselbe doch durch den Segen, den die Religionsfreiheit bringt, weit überwogen; und davon laßt mich nun noch zweitens zu euch sprechen.

Es mag sein, meine Freunde, daß da, wo die irdischen Gewalthaber sich zur rechten Religion bekennen, der äußern Verbreitung derselben manche Vortheile erwachsen, wenn diese Gewalthaber den Bekennern eines falschen Glaubens die Ausübung ihres falschen Gottesdienstes und die öffentliche Vertheidigung ihrer Irrthümer versagen. Allein bedenket: Macht und Gewalt ist in dieser Welt meist in den Händen derjenigen, welche der Wahrheit

Ist es daher nicht ein gefährlicher

und ihrer Bekenner Feinde sind. Grundsaß, daß die Machthaber der Erde die Gewalt haben sollen, zur wahren Religion zu zwingen? Was werden dann die Feinde der wahren. Religion thun, die immer in dem Wahn stehen, ihr Jrrthum sei die Wahrheit? Und was haben sie gethan? Warum haben in den drei ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung die heidnischen römischen Kaiser so große Ströme Christenblutes vergossen? Warum sind selbst mitten in der Christenheit, nemlich durch die römische Kirche, so unzählige Zeugen der Wahrheit als Kezer hingerichtet worden? War die Ursache nicht der Grundsaß, daß Religionsfreiheit schädlich und Zwang zur wahren Religion Gott gefällig sei? Sind also nicht alle die Millionen Märtyrer, die ihr Blut unter den ausgesuchtesten Martern und Qualen für die Wahrheit haben vergießen müssen, sind sie nicht eben so viele Millionen Zeugen gegen Religionszwang und für Religionsfreiheit? Und was sind auch heut zu Tage unsere in unserm deutschen Vaterlande nun schon so lange unterdrückten, verfolgten, eingekerkerten lutherischen Brüder anders, als lebendige laut redende Zeugen für die Freiheit und gegen den Zwang in der Religion?

Da die Mächtigen der Erde meist und der große Haufe immer wider die wahre Religion sind, was wäre daher die Verwerfung des Grundsaßes der Religionsfreiheit anders, als eine Uebergabe des blutigen Schwertes an die Tyrannen, damit sie dasselbe gegen die rechtgläubigen Christen mit dem Scheine des Rechtes zücken?

Doch, meine Freunde, selbst abgesehen davon, daß die Feinde der Wahrheit immer die Majorität in der Welt bilden, und daß sie meist die Gewalthabenden auf Erden sind, die wahre Kirche aber immer die kleine wehrlose Heerde ist; abgesehen davon, daß daher, wenn der Staat mit Recht nur Eine Religion dulden könnte und sollte, gerade die wahre diesen Vorzug am seltensten genießen, sondern gewöhnlich die verbannte sein würde: abgesehen davon, sage ich, so kann durch Religionsfreiheit die wahre Religion immer und unter allen Verhältnissen nur gewinnen.

Es mag wohl so scheinen, als ob der wahren Religion ein großer Vortheil erwachse, wenn der Staat das Bekenntniß zur wahren Religion zur Bedingung. macht, unter welcher man ein Staatsbürger werden und die Vortheile eines Staatsbürgers genießen könne. Es mag wohl so scheinen, als ob der wahren Religion ein großer Vortheil erwachse, wenn der Staat den Abfall von der wahren Religion als ein Verbrechen bestraft und mit äußerer Gewalt gegen die Keßer kämpft und sie vertilgt. Es mag für die wahre Religion ein Gewinn gewesen zu sein scheinen, wenn in manchen protestantischen Kirchen die Fürsten des Landes das Amt eines obersten Landesbischofs verwalteten und mit ihrer fürstlichen Gewalt den Gehorsam

gegen die Gesetze der Kirche von allen Bewohnern des Landes erzwangen. Es mag der römischen Kirche ein Gewinn für die wahre Religion zu sein scheinen, wenn ihr Haupt, der römische Bischof, auch mit weltlicher Zwangesgewalt bekleidet ist und wenn der Schrecken des Inquisitionsgerichts ihre Glieder im äußerlichen Gehorsam der Kirche erhält. Aber dies alles ist Täuschung. Wo der Zwang beginnt, da hört die Religion auf. Aller Zwang in der Religion ist ein Widerspruch, ein Unding, denn Zwang ist wider die Natur der Religion selbst. Freiheit ist ihr Wesen, Freiheit das Element, in welchem sie allein athmen, leben und bestehen kann. Was die Religion zu bekämpfen hat, sind nicht Kriegsheere, sondern Irrthümer und Sünden, und was die Religion zu erobern hat, sind nicht Länder, Städte und Burgen, sondern Herzen: was kann daher der Staat der Religion helfen mit seinen steinernen Gefängnissen und stählernen Waffen? Die Religion will und kann nur herrschen in dem Willen, in den Seelen, in den Herzen, in den Gewissen der Menschen. Hat der Staat daher von einem Menschen oder auch von einem ganzen Volke die äußere That, den äußern Cultus der Religion erzwungen, so hat die Religion damit nichts gewonnen, sondern sie hat damit verloren, sie hat damit gegen sich selbst gekämpft, sich selbst ausgerottet.

Und endlich, meine Freunde, warum sollte doch die Religion vor die Thüre des Staates als Bettlerin kommen, sie, die reiche und mächtige Königin im Reiche der Geister? Sie hat Kraft und Waffen genug, sich selbst zu vertheidigen und sich selbst Bahnen zu brechen. Ihre Kraft ist der weltüberwindende Glaube, ihre Waffe das Wort des Allmächtigen, das da lebendig und kräftig ist, und schärfer denn kein zweischneidiges Schwert. Sie bedarf daher weder des Schußes des Staates, noch seiner Mithilfe. Eine Religion, die den Arm der weltlichen Macht zu ihrer Vertheidigung und Verbreitung und zur Bekämpfung ihrer Feinde anruft, eine solche Religion hat sich selbst aufgegeben, sich selbst gerichtet und sich selbst das Zeugniß ausgestellt, daß sie keine weltüberwindenden Kräfte in sich trage, und daß das Schwert des Wortes Gottes nicht in ihrer Scheide sei, daß sie also nicht die wahre Religion sei, daß sie nicht das Himmelreich und seine ewigen Güter in die Welt, sondern die Welt und ihre vergänglichen Güter in ihr Himmelreich bringen wolle. Sie hält Fleisch für ihren Arm, und weicht mit ihrem Herzen vom HErrn. Sie handelt gegen das ausdrückliche Wort des HErrn, des Königs der Wahrheit: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt; wäre mein Reich von dieser Welt, meine Diener würden darob kämpfen. Nun aber ist mein Reich nicht von dannen."

Was ist also das Herrlichste, das Größte, ja, das Einzige, was der Staat der wahren Religion gewähren kann? Nicht Privilegien, sondern

Freiheit; nicht Staatsgefeße, welche den Glauben an die Lehren der Religion gebieten, sondern Freiheit der Religion, diese Lehren vor aller Welt zu predigen; nicht Vertheidigung und Ausbreitung der Religion mit leiblicher Gewalt, sondern Freiheit der Religion, sich mit den Waffen des überzeugenden Wortes selbst zu vertheidigen und auszubreiten; nicht Herrschaft im Staate, sondern Freiheit, darin zu wohnen, eine gastliche Aufnahme, ein Hospitium, eine Herberge.

O, meine Freunde, wenn in der ganzen Welt der wahren Religion immer nur diese Freiheit vergönnt gewesen wäre, wie ganz anders würde es in der Welt aussehen! Wie viele Millionen würden dann nicht noch immer in Finsterniß und Schatten des Todes sizen! Welche noch ganz andere Siege würde das Christenthum, würde der Protestantismus, würde unsere lutherische Kirche gefeiert haben!

Gesegnet, ja gesegnet sei daher der heutige Tag, wo einst der Grundstein zu einem Staatengebäude gelegt worden ist, in welchem Religionsund Gewissensfreiheit zum Reichsgrundsaß erhoben worden ist! Gesegnet sei dieses Land, in welchem wir diese Freiheit genießen! und wie dieses Land der Religion irdische Freiheit gewährt, so bringe die Religion ihm ihre himmlischen Segnungen. Laßt uns aber diese Freiheit nicht nur treulich gebrauchen, denn Gott wird von dem Gebrauch dieser unaussprechlichen Wohlthat einst eine schwere Rechenschaft fordern, sondern laßt uns auch als Bürger dieses Landes dafür eifrig wirken, und muthig kämpfen, und, wo nöthig, unser Blut dafür fröhlich vergießen, daß dieses Land nicht nur überhaupt ein freies Land bleibe, sondern vor allem, daß es die goldene Krone seiner Freiheit, nemlich seine Religionsfreiheit, behalte und so eine Freistätte sei und bleibe für alle um der Religion willen Verfolgte unter allen Nationen der Erde. Der HErr der Völker aber, der bisher sichtlich über diesem Lande gewacht und gewaltet und es gesegnet hat, lasse ferner über diese unsere nordamericanischen Freistaaten sein Antlig freundlich leuchten; er mache alle Anschläge der Feinde dieses Staatenbundes und seiner Freiheit zu Schanden; er erziehe sich hier ein frommes, freies nnd frohes Volk, und stelle stets an seine Spite tugendhafte Männer von weisem Rath und muthiger, kräftiger That.

Heil Dir, America! Heil!! Heil!!!

« السابقةمتابعة »