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Staat straft nur die äußerliche böse That, die Kirche auch die ungöttliche Gesinnung des Herzens. Der Staat erlaubt alles, was seine irdischen Zwecke fordern oder doch gestatten; *) die Kirche erlaubt nur, was Gott in seinem Worte für erlaubt erklärt. Der Staat befiehlt in eigner Machtvollkommenheit und fordert daher Gehorsam gegen seine Befehle um seines Amtes willen; die Kirche befiehlt nichts in eigener Auctorität und fordert Gehorsam nur gegen die Befehle Christi. Der Staat hat zu seinen Mitteln und Waffen das leibliche Schwert und äußere Zwangsgewalt, die Kirche nur das Schwert des Geistes, nemlich das Wort Gottes, und die Macht der Ueberzeugung durch dieses Wort. Der Staat hat zu seinen Wesensbestandtheilen Obrigkeit und Unterthanen, Gebietende und Gehorchende; in der Kirche sind alle einander gleich und unter einander unterthan allein durch die Liebe; wie denn Christus mit klaren Worten zu seinen Jüngern spricht: „Einer ist euer Meister, Christus, Ihr aber seid alle Brüder. Jhr wisset, daß die weltlichen Fürsten herrschen, und die Oberherren haben Gewalt. So soll es nicht sein unter euch; sondern so jemand will unter euch gewaltig sein, der sei euer Diener." Daher denn Paulus die Kirche „die Freie“ nennt und in heiliger Demuth seinen Zuhörern zuruft: „Nicht sage ich, daß ich etwas gebiete"; während Petrus alle Diener der Kirche ermahnt: „Weidet die Heerde Christi, nicht als die über das Volk herrschen", hingegen allen wahren Gliedern der Kirche bezeugt: „Ihr seid das auserwählte Geschlecht, das königliche Priesterthum, das heilige Volk, das Volk des Eigenthums.“

Sehet da: Kirche und Staat sind in der That nach Gottes Wort himmelweit von einander verschieden; denn verschieden ist ihre ganze Art und Natur, verschieden sind die Erfordernisse ihrer Glieder, verschieden ihr Endzweck, ihre Richtschnur, ihr Regiment, ihre Gebote und Verbote, ihre Freiheiten, ihre Macht, ihre Mittel, das gegenseitige Verhältniß der ihnen Zugehörenden, kurz, ihre ganze Beschaffenheit. Es kann daher von einem Bibelgläubigen keinem Zweifel unterworfen werden: nach Christi Sinn sollen Kirche und Staat mit einander unverbunden, unvermengt und unvermischt sein und bleiben. Wohl befindet sich die Kirche im Staate, denn sie ist noch ein Himmelreich auf Erden, also im Gebiete des Staates; aber nicht ist der Staat in der Kirche, denn er ist wohl auf Erden, aber nicht im Himmelreich, dem ausschließlichen Gebiete der Kirche. Aber auch die Kirche, obwohl sie im Staate ist, ist doch darin nicht als Kirche, sondern

*) So hat Moses in seinen politischen Geseßen die Ehescheidung auch außerhalb des Falles von Ehebruch erlauben müssen (5 Mos. 24, 1.) um der Herzens - Härtigkeit der Juden willen nach Matth. 19, 7-9.; aber die Propheten haben den Gebrauch dieser Freiheit an denen, welche Glieder der Kirche sein wollten, gestraft nach Maleach. 2, 14–16.

selben. Da können ja weder treue Lehrer, noch treue Zuhörer es hindern, daß nicht falsche Lehrer und falsche Lehren in Kirche und Schule durch Wort und Schrift sich einschleichen, ja mit Gewalt eindringen sollten. Womit will man aber in der Freikirche sich entschuldigen, wenn in ihr der König der Wahrheit nicht allein das Scepter führt? Die furchtbare Verantwortung dafür liegt dann ganz allein auf ihr selbst. Jede Canzel in der Freikirche, von welcher falsche Lehre erschallt; jedes Schulhaus in der Freikirche, in welchem den Kindern anstatt der lauteren Milch des Evangeliums Gift eitler Menschenlehre eingeflößt wird; jedes Buch für Kirche, Schule und Haus, und jedes kirchliche Zeitungsblatt, welches in derselben nicht die unvermischte Wahrheit vertritt und nicht allen verführerischen Irrthum mit Ernst bekämpft: alles dies sind lauter Ankläger nicht nur der Freikirche im Ganzen, sondern jedes ihrer Prediger, jedes ihrer Schullehrer, jeder ihrer Gemeinden, ja, jedes ihrer Gemeindeglieder. O, meine Brüder! laßt uns darum um Gottes und um unserer Seligkeit willen in Absicht auf reine Lehre, das ist, in Absicht auf unverfälschtes Gotteswort, nicht gleichgiltig, oder doch träge und müde werden, mit Ernst dafür zu kämpfen, daß wir von diesem uns vertrauten Schatz auch nicht den kleinsten Buchstaben, auch nicht einen Tüttel verlieren, und laßt uns daran uns nicht ärgern, wenn, damit der König der Wahrheit allein unter uns herrsche, der äußerliche Friede immer und immer wieder gestört, ja geopfert und dabei selbst zuweilen Menschen an ihrer Ehre gekränkt werden, wir selbst aber darüber der Menschen Gunst und Freundschaft verlieren und deswegen als liebeleere Friedensstörer gehaßt, geschmäht und abgesondert werden. Damit erfüllen wir nur unsere erste und wichtigste Aufgabe. Wehe der Freikirche, welche nicht alles daran seßen will, daß sie eine in der Lehre goldreine Kirche sei und bleibe, sondern sich schon damit genügen läßt, doch noch immer besser, als die gedrückte Staatskirche, zu sein! Ihr gilt das erschreckliche an die Freikirche zu Laodicea gerichtete Wort des HErrn: „Ach daß du kalt oder warm wärest! Weil du aber lau bist, und weder kalt noch warm, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde."

Doch, meine Brüder, dasselbe gilt auch in Absicht auf das Leben. Daß über die Staatskirchen, in welchen alle, die dem Staate angehören, darum auch zur Kirche gerechnet, ja, wohl mit Gewalt darin festgehalten worden sind, auch das Verderben im Leben wie ein unaufhaltsamer Bergstrom sich ergoß, das konnte nicht anders sein, auch dies lag schon in der falschen Verfassung derselben. Aber womit will sich eine Freikirche entschuldigen, wenn in ihr die Lebenszucht darniederliegt? wenn in ihr unausgeführt bleibt das Wort des HErrn: „Sündiget dein Bruder an dir, so strafe ihn. Höret er dich nicht, so nimm noch einen oder zween zu dir.

Höret er die Gemeinde nicht,
Was ihr auf Erden binden
Ihr sollt das Heiligthum

Höret er die nicht, so sage es der Gemeinde. so halte ihn als einen Heiden und Zöllner. werdet, soll auch im Himmel gebunden sein. nicht den Hunden geben, und eure Perlen sollt ihr nicht vor die Säue werfen"? Womit will eine Freikirche sich ferner entschuldigen, wenn sie das Wort des Apostels nicht achtet: „Euer Ruhm ist nicht sein. Feget den alten Sauerteig aus! Thut von euch selbst hinaus, wer da böse ist. So jemand nicht gehorsam ist unserem Wort, den zeichnet an durch einen Brief, und habt nichts mit ihm zu schaffen"? Wehe der Freikirche, in welcher das unordentliche, lügnerische und betrügerische Wesen der Weltkinder ungestraft und ungehindert im Schwange geht und darauf etwa nur mit einem Eli'sEifer in der Predigt hingedeutet wird! Wehe der Freikirche, in welcher frei und ungezwungen die Verbündeten, Freunde, Mitmacher und Helfershelfer der gewissenlosen Welt, die offenbaren muthwilligen Uebertreter eines Gebotes Gottes, die Knechte eines Lasters, kurz, diejenigen, welche offenkundig auf die Stimme Christi, des HErren und Königs seiner Kirche, nicht hören, willige Aufnahme finden, oder doch ohne Rüge geduldet sind! Da wird der Segen der Kirchenfreiheit zum Kirchenfluche. Eine solche Freikirche ist nicht eine heilige Stadt auf hohem Berge, die weit hinein in die gottlose finstere Welt leuchtet, sondern eine hohe Schandsäule, um welcher willen der Name Christi und sein reines Evangelium gelästert wird unter den Heiden. Einer solchen Freikirche gilt daher das erschreckliche Wort des HErrn: „Was verkündigest du meine Rechte, und nimmst meinen Bund in deinen Mund; so du doch Zucht hassest, und wirfst meine Worte hinter dich ?“

Wohlan, meine Brüder, laßt uns nicht, stolz und selbstgerecht auf die verderbten Staatskirchen herabsehend, unsere freie apostolische Verfassung zu einem Kissen der Sicherheit, Trägheit und Selbstüberhebung machen, sondern vielmehr mit heiligem Feuereifer darnach trachten, daß wir, Lehrer und Zuhörer, je vollständiger die Freiheit und Unabhängigkeit ist, die wir hier genießen, dieselbe daher auch zu Erhaltung reiner Lehre und zu Darstellung derselben in einem wahrhaft christlichen Leben um so treuer gebrauchen und nußen.

Steht es um uns übel, sei es in der Lehre oder im Leben, so können wir dies sei noch zum Schluß bemerkt — unsere weltliche Obrigkeit, so verderbt sie in unseren Tagen ist, darob nicht anklagen; sie ist hier wirklich, wie Jesajas geweissagt hat, eine Pflegerin und Säugamme auch unserer Kirche, denn sie schüßt uns hier ihrem Amte gemäß mächtig gegen alle äußere Gewalt, gegen die Blutgier des Antichrists und seiner Trabanten, wie gegen die Mordlust der Atheisten dieser leßten Abfallszeit! Darum, sollte jemals der unter uns gegenwärtig noch hellleuchtende Leuchter von seiner Stätte

und der Sacramente Dahingefahrene mit christlichen Ehren zu begraben, und dergleichen. Fiel der Landesherr aber von der wahren Religion auch äußerlich ab, so gebrauchte er nun seine angebliche landesbischöflich-fürstliche Gewalt, auch sein Volk in seinen Abfall nach sich zu ziehen; denn nun entsezte und verbannte er die treuen Lehrer in Kirche und Schule und drang den Gemeinden bauchdienerische oder fanatische Irrlehrer an deren Statt auf, schaffte die reinen Bücher für Kirche und Schule ab und führte verfälschte Bücher dafür ein. Je länger man aber auf dieser Bahn weiter gegangen war, um so mehr verlor sich mit der rechten Praris nothwendigerweise auch die rechte Lehre und Erkenntniß, die Erkenntniß nemlich, daß der Landesherr irgendwelche Gewalt in der Kirche nicht aus göttlich-kirchlichem oder weltlichem, sondern, wenn überhaupt, allein aus menschlichem und daher jederzeit zurücknehmbarem Rechte habe. Endlich kam es so selbst dahin, daß man den Grundsaß aufstellte: Wessen des Landes Herrschaft ist, dessen ist auch des Landes Religion“; so daß man nun die Kirche geradezu für eine Staatsanstalt, die Diener derselben für Staatsbeamte und alle Staatsunterthanen zugleich für Staatskirchen - Angehörige anzusehen anfing. So wurde denn, als seit nun ungefähr hundert Jahren der grobe Unglaube an den meisten fürstlichen Höfen immer mehr Eingang fand, die sogenannte landeskirchliche Regierung, mit wenigen rühmlichen Ausnahmen, endlich nichts weiter, als die amtliche Kirchen - Verfolgerin und Zerstörerin. Welches Verderben in Lehre und Leben aber auf diesem Wege in die Kirche eingedrungen ist und welche Gewissensnöthen dadurch rechtschaffenen Kirchendienern und gottseligen Laien bereitet worden sind, ist mit Worten gar nicht auszusprechen. Wurde doch hie und da selbst das Recht, durch Auswanderung der Gewissenstyrannei zu entfliehen, den Bedrängten genommen.*) Was ist daher auch endlich aus den Staatskirchen geworden? - Festungen, in denen die Feinde der Kirche herrschen, von deren Zinnen das schneeweiße Panier des reinen Bekenntnisses herabgerissen . ist und an dessen Stelle nun die bunten Fahnen des Irrglaubens, der Religionsmengerei und des offenbarsten Unglaubens in den Lüften flattern.**)

*) In Herzog's Encyklopädie wird unter dem Artikel „Union“, S. 710, mitgetheilt, daß den Lutheranern in Preußen, welche sich nicht uniren lassen wollten, eine Zeit lang die Auswanderung verboten war. Tholuck erzählt, daß in Wied noch nach der Kirchenordnung von 1708 die Kinder von Lutheranern reformirt erzogen werden mußten und auf Umgehung des Verbots durch lutherische Erziehung im Auslande Landesverweisung stand. (Das kirchliche Leben des 17. Jahrhunderts. II, 230.)

**) Ohne Zweifel gehört die bayrische „lutherische“ Landeskirche zu denjenigen, welche vor den anderen nicht wenig voraushaben; wie kläglich der Zustand derselben aber nichts desto weniger sei, weis't folgende Schrift nach: „Das Pabstthum der bayerischen Landeskirche nothdürftig beleuchtet von A. Hörger. Memmingen, 1873.“

Namen unsers HErrn JEsu Christi, in eurer Versammlung mit meinem Geist, und mit der Kraft unsers HErrn JEsu Christi, ihn zu übergeben dem Satan, zum Verderben des Fleisches, auf daß der Geist selig werde am Tage des HErrn JEsu. Euer Ruhm ist nicht fein. Wisset ihr nicht, daß ein wenig Sauerteig den ganzen Teig versäuert? Darum feget den alten Sauerteig aus, auf daß ihr ein neuer Teig seid, gleichwie ihr ungesäuert seid. Denn wir haben auch ein Ofterlamm, das ist Christus, für uns geopfert. Darum lasset uns Ostern halten, nicht im alten Sauerteig, auch nicht im Sauerteig der Bosheit und Schalkheit, sondern in dem Süßteig der Lauterkeit und der Wahrheit. Ich habe euch geschrieben in dem Briefe, daß ihr nichts sollet zu schaffen haben mit den Hurern. Das meine ich gar nicht von den Hurern in dieser Welt, oder von den Geizigen, oder von den Räubern, oder von den Abgöttischen; sonst müßtet ihr die Welt räumen. Nun aber habe ich euch geschrieben, ihr sollet nichts mit ihnen zu schaffen haben; nemlich, so jemand ist, der sich lässet einen Bruder nennen, und ist ein Hurer, oder ein Geiziger, oder ein Abgöttischer, oder ein Lästerer, oder ein Trunkenbold, oder ein Räuber; mit demselbigen follet ihr auch nicht effen. Denn was gehen mich die draußen an, daß ich sie sollte richten? Richtet ihr nicht, die da hinnen sind? Gott aber wird, die draußen sind, richten. Thut von euch selbst hinaus, wer da böse ist.

Ehrwürdige und geliebte Väter und Brüder in dem HErrn!

Zu den mancherlei jezt herrschenden falschen Vorstellungen von der Eigenthümlichkeit unserer evangelisch-lutherischen Kirche gehört auch diese, daß es unlutherisch sei, auf Kirchenzucht zu dringen; es sei dies vielmehr eine Eigenthümlichkeit der mehr geseßlichen sogenannten Reformirten Kirche; zu den Eigenthümlichkeiten der reinen evangelischen, lutherisch genannten, Kirche hingegen gehöre, daß dieselbe, alles Gewicht auf reine Lehre legend, Kirchenzucht, namentlich in Absicht auf das Leben, für ein Mittelding, jedenfalls für eine Sache von sehr geringer, untergeordneter Bedeutung ansehe.

Wahr ist nun allerdings: wir Lutheraner glauben, lehren und bekennen von Herzen: nicht Kirchenzucht, sondern allein das Wort Gottes macht die Kirche zur Kirche; nicht durch das Dringen auf frommes Leben, sondern allein durch die Predigt von Christo, durch die Freudenbotschaft, daß alle Sünder erlös't sind, wird die Kirche geboren, gegründet und erhalten. Es ist auch ferner nicht zu leugnen, daß in unserer lutherischen Kirche seit ihrem sichtbaren Bestehen nur an wenigen Orten Kirchenzucht recht in Gang und Schwang gewesen ist. Ein Irrthum aber ist es, daß unsere Kirche Zuchtübung für etwas Gleichgiltiges und Unnöthiges ansehe. Wohl hat sie jenen Schwenkfeldischen Grundsaß: „Daß keine rechte christliche Gemeinde sei, da kein öffentlicher Ausschluß oder ordentlicher Proceß des Bannes gehalten werde", *) in ihrem leßten Bekenntniß ausdrücklich als einen schwärmerischen verworfen; allein sie erklärt zugleich unter anderem in der Apologie der Augsburgischen Confession: „So wird auch von unseren Predigern allezeit daneben gemeldet, daß die sollen verbannet und ausgeschlossen werden, die in öffentlichen Lastern leben, (in) Hurerei, Ehebruch und dergleichen; *) S. Concordienformel, Art. 12.

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