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Predigt über 1 Kor. 3, 21–23.

Gnade, Barmherzigkeit, Friede von Gott dem Vater, und von dem HErrn JEsu Christo, dem Sohne des Vaters, in der Wahrheit und in der Liebe, sei mit euch. Amen.

In Christo geliebte lutherische Glaubensgenossen und Ehrwürdige

theure Brüder im Amte!

Daß der vor dreihundert Jahren durch Gottes Hilfe zum Siege hinausgeführte Reformationskampf ein Befreiungskampf gewesen ist, darüber ist unter denen, welche noch zur protestantischen Kirche gerechnet sein wollen, nur Eine Stimme. Fragen wir jedoch, welches denn eigentlich die Freiheit gewesen sei, für deren Erringung da unsere Väter, Martin Luther an der Spiße, so tapfer gestritten und Gut und Blut so kühn auf das Spiel gesezt haben, so finden wir, daß hierüber die Ansichten gar sehr verschieden sind. Wo auch immer in unseren Tagen eine Parthei eine Freiheit predigt, immer ist es Luther, der auch ihr erster Bannerträger gewesen sein soll.

Die Reformation war es, so spricht der Rationalist oder der Vernunftgläubige, mit welcher endlich die mehr als tausendjährige Nacht eines finsteren, vernunftlosen Kirchenglaubens und Aberglaubens schwand und das Morgenroth der Aufklärung hervorbrach, deren Mittagslicht jetzt in allen Landen scheint. Die Reformation war es, so ruft der Lichtfreund, durch welche der so lange gebundene Menschengeist endlich von jeder fremden Autorität entbunden und Vernunft und Wissenschaft in die Rechte eingeseßt worden ist, die diese höchsten Güter des Menschen jest genießen. - Wohl ist es nun wahr: durch den Sieg der Reformation ist dem Grundsay der römischen Kirche, daß ein jeder, wo nöthig und möglich, durch Feuer und Schwert zum Glauben zu zwingen sei, das Brandmal einer ewigen Schande aufgedrückt und den blutigen Greueln der Glaubensgerichte mächtig gesteuert worden. Wohl ist es ferner wahr: unter dem Schirme der Freiheit, welche durch die Reformation erkämpft worden ist, haben sich in unseren Tagen viele Tausende auch die Freiheit genommen, ihre Vernunft zur höchsten Richterin in Glaubenssachen, selbst über Gottes heiliges, untrügliches, ewiges Wort zu machen. Allein weit entfernt, daß durch die Reformation der Grund zu dieser Freiheit gelegt worden sein sollte, so war der

Reformationskampf vielmehr ein Kampf gerade darum, daß aller Menschen Wit und Weisheit vor Gottes Wort sich beuge und verstumme, und die heilige Schrift die höchste und einige Richterin aller Religionsstreitigkeiten wieder werde und bleibe. Wohin wir auch Luthern während seines ganzen Lebens begleiten, sei es in seine Klosterzelle, wo wir ihn zuerst mit Gott ringend erblicken, oder sei es nach Augsburg, wo wir ihn vor einem hohen Kirchenprälaten, oder sei es nach Leipzig, wo wir ihn im Kampfe mit der theologischen Wissenschaft, oder sei es nach Worms, wo wir ihn vor Kaiser und Reich, oder sei es nach Marburg, wo wir ihn einem falschen Protestantismus gegenüber, oder sei es nach Wittenberg, wo wir ihn auf Canzel und Lehrstuhl erblicken; und welches Blatt seiner Schriften wir auch aufschlagen. mögen, sei es nun in seinen Streitschriften oder in seinen Lehrschriften, in seinen Schriften für die Gelehrten oder in seinen Schriften für das Volk: überall sehen wir ihn kämpfen nicht für die Freiheit der menschlichen Vernunft von der Autorität des göttlichen Wortes, sondern vielmehr für die Freiheit des Wortes von der Herrschaft jeder menschlichen Sazung. So sprach Lutherum unter Tausenden nur Ein Zeugniß anzuführen unter anderem in seiner leßten, zu Wittenberg wenige Tage vor seinem seligen Tode gehaltenen, Predigt zu seinen Wittenbergern: „Bisher habt ihr das rechte wahrhaftige Wort gehört; nun sehet euch vor vor euren eigenen Gedanken und Klugheit. Der Teufel wird das Licht der Vernunft anzünden und euch bringen vom Glauben... Ich habe mehr denn dreißig Rottengeister vor mir gehabt, die mich haben wollen lehren; aber ich widerlegte all ihr Ding mit diesem Spruche: Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe, den höret. Und mit diesem Spruche habe ich mich durch Gottes Gnade erhalten; sonst hätte ich müssen dreißigerlei Glauben annehmen. . . Ich will gern allerlei Scheltworte leiden, aber nicht eines Fingers breit weichen von deß Munde, der da saget: Diesen höret!"

Doch in unseren Tagen meinen nicht nur diejenigen, welche Freiheit von Gottes Wort, sondern auch diejenigen, welche Freiheit von Gottes Ordnung in der Welt predigen, Luthern als ihren Vorkämpfer feiern zu können. Die Reformation war es, so rufen jezt auch die Prediger der politischen Freiheit, welche den ersten Grundstein zu dem Tempel der Freiheit gelegt hat, an dessen Kuppel wir jet bauen. Die Reformation war es nemlich, sprechen sie, durch welche endlich auch die, durch den Aberglauben der Menge gestüßten Throne der Fürsten wankend gemacht, der Zauber ihres angeblichen Herrscherrechtes von Gottes Gnaden zerstört und die Mündigkeit der Völker und die Freiheit und Gleichheit aller Menschen proclamirt worden ist. Wohl ist es nun zwar wahr, daß, als durch die

Reformation das Wort des HErrn wieder an den Tag kam, auch den Großen der Erde, was Gott auch von ihnen fordere, gepredigt und ihnen gezeigt worden ist, daß auch sie Menschen sind und einen HErrn im Himmel haben, vor dessen Gericht auch sie dereinst werden erscheinen müssen; wohl ist es wahr, daß Luther einst nicht nur das arme gedrückte Volk gestraft, sondern auch den Fürsten Buße für ihre, an den von ihnen mit Füßen getretenen Völkern begangenen, Sünden mit Posaunenstimme verkündigt und mit ihnen geredet hat, wie bis dahin mit ihnen zu reden noch kein Wehrloser sich erkühnt hatte. Unter anderem schrieb Luther bei dem entstehenden Bauernaufruhr also an die Fürsten: „Erstlich mögen wir niemand auf Erden danken solches Unraths und Aufruhrs, denn euch Fürsten und Herrn... die ihr noch heutiges Tages verstockt nicht aufhöret zu toben und wüthen wider das heilige Evangelium; dazu im weltlichen Regiment nicht mehr thut, denn daß ihr schindet und schaßt, euren Pracht und Hochmuth zu führen, bis der arme gemeine Mann nicht kann, noch mag länger ertragen. Das sollt ihr wissen, liebe Herrn, Gott schafft's also, daß man nicht kann, noch will, noch soll eure Wütherei der Länge dulden. Ihr müsset anders werden und Gottes Wort weichen. . . Es sind nicht Bauern, die sich wider euch seßen; Gott ist's selber; der seht sich wider euch, heimzusuchen eure Wütherei." So redete Luther, ein Feind aller Schmeichelei, allerdings mit den Fürsten. Allein weit entfernt, daß der Geist des Aufruhrs, der jest wie ein Sturmwind aus dem Abgrund die Völker durchbraus't, durch die Reformation geweckt und entfesselt worden sein sollte, und weit entfernt, daß Luther bürgerliche Freiheit als das Ziel der Menschheit gepredigt und darin das Heil der Welt gesucht haben sollte: so war es vielmehr die Reformation, durch welche auch den sogenannten weltlichen. Ständen ihre Würde wiedergegeben und insonderheit die Göttlichkeit auch des obrigkeitlichen Standes wieder gerettet worden ist.

Eine ganz andere, wichtigere, heiligere Freiheit ist es, meine Brüder, die uns vor dreihundert Jahren errungen worden ist. Es ist jene Freiheit, von welcher Christus redet, wenn er spricht: So euch der Sohn frei macht, so seid ihr recht frei." Es ist jene Freiheit, von welcher Paulus redet, wenn er schreibt: „So bestehet nun in der Freiheit, damit uns Christus befreiet hat, und lasset euch nicht wiederum in das knechtische Joch fangen“, und an einer anderen Stelle: Ihr seid theuer erkauft, werdet nicht der Menschen Knechte." Es ist, mit einem Worte, die christliche Freiheit, wovon die Freiheit des Gewissens von den Satungen der Menschen, die Freiheit der Christen, in Sachen des Glaubens und der Seligkeit niemanden im Himmel und auf Erden unterworfen zu sein, als JEsu Christo, dem ewigen König der Gnade, ein Hauptstück ist. Von dieser Freiheit, als

einer Wohlthat der lutherischen Kirchenreformation und als einem theuren Kleinod eines evangelischen Christen, laßt mich daher jezt zu euch sprechen. Gott lasse es geschehen ihm zur Ehre, uns zur Erweckung.

Text: 1 Kor. 3, 21–23.

Darum rühme sich niemand eines Menschen. Es ist alles euer; es sei Paulus oder Apollo, es sei Kephas oder die Welt, es sei das Leben oder der Tod, es sei das Gegenwärtige oder das Zukünftige; alles ist euer. Ihr aber seid Christi; Christus aber ist Gottes.

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Kaum hatte, meine Lieben, Paulus die von ihm in der großen Stadt Korinth gegründete zahlreiche Gemeinde wieder verlassen, so waren in derselben Spaltungen entstanden. Die einen hatten sich nemlich hier darum vor anderen eines Vorzugs zu rühmen angefangen, weil sie von Paulus, andere, weil sie von Apollo, andere, weil sie von Kephas oder Petrus bekehrt und getauft worden seien. Daher hatte denn auch der eine vor den anderen geprahlt: „Ich bin Paulisch", ein anderer: „Ich bin Apollisch“, ein dritter: „Ich bin Kephisch". Hierüber entrüstet, ruft ihnen denn der Apostel zu: „Wie? ist denn Christus zertrennt? Ist denn Paulus für euch gecreuziget? Oder seid ihr in Pauli Namen getaufet? Wer ist Paulus? Wer ist Apollo? Diener sind sie, durch welche ihr seid gläubig geworden." Und hierauf fährt er endlich in unserem Terte fort: Darum rühme sich niemand eines Menschen. Es ist alles euer. Es sei Paulus oder Apollo, es sei Kephas oder die Welt, es sei das Leben oder der Tod, es sei das Gegenwärtige oder das Zukünftige; alles ist euer. Ihr aber seid Christi; Christus aber ist Gottes." Welche Herrlichkeit, welchen Reichthum, welche Hoheit schreibt der heilige Apostel hiermit allen wahrhaft gläubigen Christen zu? Könnte er wohl die Freiheit von aller Menschenherrschaft, in welcher sie als Christen stehen, deutlicher bezeugen und höher erheben? Da nun aber diese Freiheit, die die Priester vor der Reformation, so viel an ihnen war, den Christen geraubt hatten, durch die Reformation den Christen wieder gepredigt und zugestellt worden ist, jezt aber ihnen wieder vielfach, selbst mitten in der lutherischen Kirche, abgesprochen wird, so laßt mich euch jezt vorstellen:

Die Freiheit der Christen von der angemaßten Herrschaft der Priester, eine Wohlthat der lutherischen Kirchenreformation.

Laßt mich euch hierbei

1. zeigen, daß die gläubigen Christen als Christen nach Gottes Wort keinem Menschen unterworfen, sondern freie Herren und königliche Priester seien; laßt mich euch

2. vor die Seele führen, welch' eine schmähliche und verderbliche Herrschaft die Priester über die Christen vor der Reformation sich angemaßt haben; und laßt mich euch endlich

3. darstellen, wie durch die Reformation dieses ungöttliche, tyrannische Kirchenregiment wieder gestürzt, den Christen ihre Freiheit wieder errungen und dieselbe nun ein theures Kleinod unserer Kirche geworden ist.

I.

„Es ist alles euer, ihr aber seid Christi“, in diesen Anfangsund Schlußworten unseres Tertes bezeugt der heilige Apostel, daß alle wahre Christen, seien sie nun Zuhörer oder Lehrer, Mann oder Weib, Alt oder Jung, Reich oder Arm, Hoch oder Niedrig, König oder Bettler, durch den Glauben eine Herrlichkeit besißen, die mit Worten gar nicht auszusprechen, ja, mit Sinnen und Gedanken gar nicht zu erreichen ist.

Es ist alles euer", spricht der Apostel erstlich. Hiernach ist nichts ausgenommen, was die gläubigen Christen nicht durch den Glauben hätten; und zwar wird ihnen hiermit klärlich nicht nur der Gebrauch und die Nußnießung aller Dinge zugesprochen, sondern die Sache selbst. Die Christen sigen hiernach in Gottes Gütern nicht nur, so zu sagen, zu Pacht und Miethe, sondern sie sind hiermit für die einzig rechtmäßigen Besißer, Eigenthümer und Herren aller Dinge erklärt; ja, während sie gerade noch Vieles nicht in der That genießen, so besißen sie doch Alles durch den Glauben. Der Apostel ruft ihnen hiermit zu: Euer ist alles, was Gott der Vater erschaffen, euer, was Gott der Sohn verdient, euer, was Gott der Heilige Geist gewirkt hat. Euer ist Gott selbst, euer das Himmelreich, euer das Erdreich. Euer sind alle Schäße und Mittel der Gnade und alle Früchte der Versöhnung und Erlösung; euer die Freiheit von Sünde, Tod, Teufel und Hölle; euer alle gestiftete Vergebung; euer alle erworbene Gerechtigkeit; euer die göttliche Kindschaft und alle Hoffnung des ewigen Lebens; euer ist das Wort und die heiligen Sacramente; euer die Schlüssel des Paradieses und der Hölle; euer alle Aemter und Rechte und Gewalten, die Christus den Sündern wieder mit seinem Blute erkauft hat. Euer ist endlich alle Gabe und Trost des Heiligen Geistes, kurz, „alles“, spricht der Apostel selbst, „es sei Paulus oder Apollo, es sei Kephas oder die Welt, es sei das Leben oder der Tod, es sei das Gegenwärtige oder das Zukünftige."

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