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denn wenn Einer für alle bezahlt, so haben damit alle bezahlt, so ist keiner ein Schuldner mehr, so sind alle ihrer Schuld quitt und los.

Es liegt daher in jenem Spruch für alle Menschen eine so angenehme, so überaus freudenreiche Wahrheit, daß es gar nicht auszureden ist. Denn denkt nun ein Mensch so: „Ich bin ein Sünder; auf Sünde muß aber Strafe folgen, denn Gott ist gerecht; er hat es auch schon vor der ersten Sünde gedroht, daß, welches Tages der Mensch sein Gebot übertreten werde, er des Todes sterben müsse" denkt, sage ich, ein Mensch also, so spricht der Apostel in jenem Spruch dazu: Nein! Du sollst nicht gestraft werden, denn du hast ja deine Strafe schon gelitten; du sollst nicht des Todes der Sünder sterben, denn du bist ja schon dieses Todes gestorben! Spricht nun aber der Mensch: Wo wäre ich denn bereits gestraft worden? und wo wäre ich denn schon des Todes der Sünder gestorben?" — so antwortet der Apostel in jenem Spruch: Nachdem Einer für alle gestorben ist, nemlich Christus, so sind sie nun damit alle gestorben. Denn was ein Stellvertreter oder Bürge gethan hat, das wird denen, deren Stelle er vertritt und für die er bürgt, so zugerechnet, als ob sie es selbst gethan hätten. Nachdem Christus gestorben ist, und so die auf die Sünde gesezte Strafe für alle Menschen getragen hat, so hat nun das Geseß, was es den Sündern droht, an ihnen auch schon vollzogen; so haben sie nun schon alle die Strafe, die auf ihre Sünde folgen sollte, abgetragen; so ist es nun vor Gott, als wären sie schon alle des ihnen zuerkannten Todes gestorben; das von Gott, dem höchsten Richter, gefällte Urtheil ist nun schon an allen vollstreckt, die Untersuchung niedergeschlagen, das Gericht aufgehoben und vorbei, jeder Sünder nun wieder frei, alles nun wieder gut gemacht. Denn“, sagt Paulus an einer andern Stelle, „wer gestorben ist, der ist gerechtfertiget von der Sünde", das heißt, wer die Todesstrafe erlitten hat, der hat dann auch die leßte Strafe, die es gibt, abbezahlt, sein Vergehen ist gesühnt und er ist nun wieder in den Stand gesezt, in dem er war, ehe er sündigte.

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Fragt daher nun ein Mensch noch immer: Was soll ich thun, meine Sünden zu büßen? so ist die Antwort: Nichts mehr; du hast sie schon abgebüßt; denn es stehet geschrieben: Ist Einer für alle gestorben, so sind sie alle gestorben. Fragt ein Mensch ferner: Was soll ich thun, Gott zu versöhnen? so ist wieder die Antwort: Nichts mehr; du hast Gott schon ausgesöhnt; denn es stehet geschrieben: Ist Einer für alle gestorben, so sind sie alle gestorben. Fragt ein Mensch endlich: Was soll ich denn nun aber thun, daß ich auch selig werde? so ist die Antwort noch einmal: Nichts mehr; du sollst es nur glauben, daß, da Einer für alle gestorben ist, auch du bereits gestorben bist, das heißt, daß auch du deine Schuld bei Gott schon bezahlt hast, daß auch du daher gerechtfertigt bist,

auch du Vergebung der Sünden hast; wo aber Vergebung der Sünden ist, da ist auch Leben und Seligkeit.

O welch eine Fülle wahrer Freude liegt also in den Worten: „Wir halten, daß, so Einer für alle gestorben ist, so sind sie alle gestorben"! Die ganze Welt leuchtet in diesen Worten wie im Mittagsglanze einer ewigen Gnadensonne. Denn damit ist die ganze Welt für mit Gott ausgesöhnt, für erlös't, für freigesprochen, ja, für gerecht und selig erklärt wenn sie es nur glauben und annehmen wollte!

wie leicht hat es daher Gott einem jeden Menschen gemacht, ein seliger Christ zu werden! Er braucht nur seine Augen aufzuthun und zu erkennen, daß er zwar ein Sünder ist, daß aber Christus für ihn gestorben ist und dadurch alles wieder gut gemacht hat, daß er also mit allen Menschen ein schon in Christi Tod und Auferstehung begnadigter und selig gesprochener Sünder ist: so ist die Sache geschehen.

Doch, meine Lieben, nur zu viele verstehen dies falsch. Sie meinen nemlich, nach dieser Lehre könne, ja, solle also der Christ die Hände müßig in den Schoß legen. Wenn er nur sage: „Ich glaube“, so werde er selig, er lebe dann, wie er immer wolle. Aber dem ist nicht so. Das gerade Gegentheil ist die Wahrheit. Ist ein Mensch ein seliger Christ geworden, aus Gnaden, ohne alle seine Werke, allein durch den Glauben, daß Christus für ihn gestorben ist, so hat er dann eine um so größere Aufgabe zu erfüllen, je größer die ihm widerfahrene Gnade ist. Von dieser hohen Aufgabe laßt mich denn jezt zu euch reden.

Text: 2 Kor. 5, 14. 15.

Denn die Liebe Christi dringet uns also; sintemal wir halten, daß, so Einer für alle ge= storben ist, so sind sie alle gestorben. Und er ist darum für sie alle gestorben, auf daß die, so da leben, hinfort nicht ihnen selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferstanden ist.

Nachdem wir bereits den tröstlichen Sinn der ersten Worte dieses verlesenen Tertes erwogen haben: „Wir halten, daß, so Einer für alle gestorben ist, so sind sie alle gestorben“, so laßt uns nun den anderen Worten uns zuwenden: „Und er ist darum für alle gestorben, auf daß die, so da leben, hinfort nicht ihnen selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferstanden ist.“

Wir wollen nemlich hieraus kennen lernen:

Die hohe Aufgabe, welche diejenigen haben, die da wissen und glauben, daß Chriftus für sie gestorben und auferstanden ist.

Nach unserem Terte ist aber ihre Aufgabe eine doppelte:
1. sie sollen sich nicht mehr selbst leben, und

2. sondern dem, der für sie gestorben und auf-
erstanden ist.

HErr JEsu, Du sprichst: „Dabei wird jedermann erkennen, daß ihr meine Jünger seid, so ihr Liebe unter einander habt." Ach, HErr, find die Deinen daran zu erkennen, so gibt es zu dieser unserer Zeit wenig Deiner wahren Jünger. Wohl nennen sich noch Millionen nach Deinem Namen, aber in Wenigen offenbart sich Deine Liebe; Wenige wollen ihren Brüdern thun, wie Du ihnen gethan. Die Allermeisten leben sich selbst. rühmen sich des Glaubens, und sind doch ohne Liebe.

Sie

O HErr JEsu, bewahre uns doch vor solcher gefährlichen Selbsttäuschung. Gib uns aus Deinem Worte die hohe Aufgabe zu erkennen, die wir als die Deinen haben, nicht uns selbst, sondern allein Dir zu leben, der Du für uns gestorben und auferstanden bist. Bringe dadurch alle Nochsich selbstlebenden unter uns zur Erkenntniß ihres gnadenlosen Zustandes und zur Buße. Die aber Dir bereits leben, die mache immer eifriger, brünstiger, feuriger in Deinem Dienste; damit an ihnen offenbar werde die Kraft Deiner herzverändernden Gnade und Dein Name groß und hochgelobet werde in allen Landen, ja, hier und dort, immer und ewiglich. Amen.

I.

Wenn wir, meine Lieben, vorerst darüber klar werden und es beherzigen wollen, daß die hohe Aufgabe eines Menschen, der da weiß und glaubt, daß Christus für ihn gestorben und auferstanden ist, darin besteht, daß er sich nicht mehr selbst lebe, so wird nöthig sein, daß wir zweierlei bedenken: erstlich, was es heiße, sich selbst leben; und zum andern, warum es die Aufgabe eines gläubigen Christen sei, sich nicht mehr selbst zu leben.

Die Sünde, geliebte Zuhörer, daß sich ein Mensch selbst lebt, ist die allerallgemeinste, aber auch die allerverborgenste. Von Natur leben alle Menschen sich selbst, aber kein Mensch erkennt von Natur, daß er in dieser Sünde steckt und welch ein großer Greuel das ist. Dieses tiefe furchtbare angeborene Verderben aller Menschen kann einem Menschen nur aus Gottes Wort durch Erleuchtung des Heiligen Geistes offenbar werden.

Was heißt denn nun aber, sich selbst leben? Das heißt nicht jede Sorge für seine eigene zeitliche und ewige Wohlfahrt; denn diese Sorge hat ja Gott dem Menschen selbst geboten. Wer daher für sein eigenes irdisches und himmlisches Wohl deswegen sorgt, weil das Gottes Wille ist, der lebt damit nicht sich selbst, sondern vielmehr Gott, seinem HErrn.

Sich selbst leben, ist etwas ganz anderes. Das heißt, um es sogleich kurz zu sagen: was man thut und was man unterläßt, eben nicht um Gottes, sondern um seiner selbst willen thun und unterlassen, nemlich um einen Nugen daraus zu ziehen, mag nun der Nußen in Geld und Gut, oder

in Lust und Vergnügen, oder in Ehre und Lob bestehen. Wer daher bei allen seinen Werken und Unterlassungen von der Frage geleitet wird: Was wird mir dafür?der lebt sich noch selbst. Wer, so oft er etwas Sündliches unterläßt, es entweder darum unterläßt, weil ihm dies schon in dieser Welt Schaden bringen würde, oder darum, weil er fürchtet, Gott werde es in jener Welt an ihm strafen; wer hingegen, so oft er etwas Gutes thut, es entweder thut, weil er sich davon schon hier einen Nugen verspricht, oder, weil er dafür in jener Welt einen Lohn, ja, wohl gar den Himmel und die Seligkeit erwartet der lebt sich noch selbst. Wer, wenn er von der Sünde weder hier noch dort etwas zu fürchten hätte, als daß es Gott nicht gefiele, und wenn er von dem Guten weder hier noch dort etwas zu hoffen hätte, als daß es Gott gefiele, wer, sage ich, dann die ihm angenehme Sünde nicht unterlassen, und das ihm schwere Gute nicht thun würde der lebt sich noch selbst. Kurz: wer, was er thut und läßt, nicht aus reiner Liebe zu Gott und dem Nächsten thut und läßt, sondern aus Liebe zu sich selbst der lebt sich auch noch selbst.

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Täusche sich hier ja niemand! Man kann sehr mildthätig sein, ja, alle seine Habe den Armen geben; man kann anderen gern Freude bereiten; man kann bescheiden sein bei aller Ehre, die man erlangt hat und doch sich selbst leben; wenn man nemlich dabei im Grunde seines Herzens sich selbst, seinen eigenen Vortheil, seine eigene Lust, seine eigene Ehre sucht und nicht von der Liebe Gottes und des Nächsten dabei geleitet und getrieben wird.

Alle daher, die darnach trachten, reich zu werden, oder zu Ehren zu kommen, oder es zu einem bequemen sorgenfreien Leben zu bringen, sie alle leben ohne Ausnahme sich noch selbst in dieser Welt.

Und noch mehr! Alle, die sich nicht für bloße Haushalter und Verwalter, sondern für Eigenthümer ihrer Güter und Gaben ansehen, von denen sie daher glauben, daß sie sie nur zu ihrem Nußen und nicht für ihren Nächsten haben; alle, die ihren Beruf nicht treiben um Gottes Gebotes willen, sich im Schweiße ihres Angesichts zu nähren und ihrem Nächsten zu dienen, sondern allein darum, sich etwas zu erwerben; die daher auch nicht denjenigen Beruf sich auswählen, in welchem sie der Welt mit ihren Gaben am besten dienen können, sondern den, der ihnen selbst den größten Nußen verspricht; die daher auch ihren Beruf wechseln nicht aus Noth, nicht weil sie in einem anderen Gott und dem Nächsten besser dienen können, sondern weil sie in einem anderen mit wenig Mühe viel vor sich zu bringen gedenken; alle die Knechte und Mägde, die sich nicht den Plat aussuchen, wo sie am nüglichsten sein können, sondern wo sie mit der leichtesten Arbeit den höchsten Lohn erlangen können, die daher die Familien

fliehen, wo Noth ist und wo es gilt, in dieser Noth zu helfen und dieselbe als „fromm Gesinde“ dienend mit zu tragen; alle Eltern, die ihre Kinder für ihr Eigenthum ansehen, das sie verwenden können, wie sie wollen, die sie daher nicht zu dem bestimmen, wozu der HErr sie begabt hat, sondern zu dem, was ihnen selbst oder den Kindern den größten zeitlichen Vortheil bringt; also kurz, alle, die nach dem Grundsay handeln: Jeder ist sich selbst der Nächste sie alle haben noch das alte natürliche unveränderte selbstsüchtige Herz, machen sich noch selbst zu ihrem Gott leben sich noch selbst.

Was sagt aber der heilige Apostel in unserem Terte hierzu? Er spricht: Christus ist darum für alle gestorben, auf daß die, so da leben, hinfort nicht ihnen selbst leben." Hiermit erklärt denn Paulus nicht nur, daß das Sichnichtmehrselbstleben die hohe Aufgabe derjenigen sei, die da wissen und glauben, daß Christus für sie gestorben und auferstanden ist, ja, die Aufgabe aller Erlös'ten; sondern er entdeckt uns auch zugleich, warum das ihre Aufgabe ist. Er sagt nemlich, daß Christus gerade darum für alle gestorben sei.

Wie? werdet ihr vielleicht sagen, ist Christus nicht darum gestorben, allen Menschen Gnade, Vergebung der Sünden und eine vor Gott giltige Gerechtigkeit zu erwerben? Allerdings! Aber der leßte Zweck ist das nicht. Der lezte Zweck ist unsere Seligkeit. Zur Seligkeit gehört aber vor allen Dingen, daß wir die Sünde, die uns von Gott scheidet, auch wirklich loswerden; daß das göttliche Ebenbild, welches die Menschen durch den Fall verloren haben, wieder in uns erneuert und hergestellt werde; daß wir Gott, dem wir so unähnlich geworden sind, wieder ähnlich und gleichförmig und so der seligen ewigen Gemeinschaft mit Gott wieder fähig und theilhaftig werden. Das ist aber ja eben Gottes Art, die auch wir annehmen sollen, daß er in unendlicher Liebe seine Seligkeit nicht bei sich behält, sondern mittheilt, daß er sich seinen Creaturen nicht entzieht, sondern gibt, ganz gibt. Denket daran, daß Gott die Welt also geliebet hat, daß er ihr sein Bestes, seinen eingebornen Sohn, gab, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Schauet ihn selbst an, den Sohn Gottes, den Glanz seiner Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens! Er hat sich nicht selbst gelebt, weder seiner Ehre, noch seiner Freude, noch Besitz gesucht. Er sagt selbst seinen bitteren scharfsichtigen Feinden gegenüber: „Ich suche nicht meine Ehre." Und der Brief an die Ebräer bezeugt von ihm: „Da er wohl hätte mögen Freude haben, erduldete er das Creuz und achtete der Schande nicht." Und Paulus erinnert seine Korinther, als er sie zur Mildthätigkeit gegen die Brüder ermahnen wollte, daran: Ihr wisset die Gnade unseres HErrn JEsu Christi,

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