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dieß nicht seine Schuld, sondern die Schuld de rer, die ihm nicht gehorchen. Und wird es gemißbraucht, berufen sich Menschen, die sich nicht bessern wollen, auf die Verheissungen desselben: kann ihm eine solche vorfäßliche Verdrehung seines Inhalts zur Last fallen; dringt es nicht mit einer Strenge, die ihr ben keiner andern Keligion der Welt antreffet, auf Besserung und Wiedergeburt? Håtte endlich von den Unordnungen und Ausschweifungen, die im Schoose der Kirche verübt worden sind, auch nur Eine zu Stande kommen können, wenn die Christen die Forderung: ihr müsset von neuem geboren werden, befolgt hatten, wenn der alles bessernde, alles heis ligende Geist ihrer Religion nicht einmal über das andre von ihnen verkannt worden wäre? Wir dürfen es nur nicht vergessen, M. B., daß Wies dergeburt, daß liebevon reinem Herzen, von gutem Gewissen, und von ungefärb tem Glauben, der groffe Zweck des Evangelit ift und es erscheint in einer Würde, in einem Glanze, vor welchem alle Vorwürfe wie leichte Schat ten verschwinden, durch den es alle Religionen der Welt verdunkelt, in welchem es sich als die höchste Wohlthat bewährt, die Gott unserm Ge schlechte geschenkt hat.

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Dann kann endlich auch die Hoffnung der künftigen Seligkeit bey uns berich tigt und gesichert werden. Ihr sehet aus dem Beyspiel Nicodemi in unserm Terte, mtan Fann sich die ewige Seligkeit versprechen, ohne bas mindeste Recht dazu zu haben; Nicodemus und feine jüdischen Mitbürger schmeichelten sich darum

mit dieser groffen Erwartung, weil sie sich für Mits glieder des auserwählten Volkes Gottes hielten. Und welcher Selbstbetrug herrscht in dieser Hins sicht auch unter den Christen! Wie groß ist die Anzahl der Leichtsinnigen, der Scheinheiligen, der Verblendeten, die bey allem Ungehorsam gegen die Anstalten Gottes, bey aller Verdorbenheit des Herzens und der Gesinnungen, bey ihrer unlåug.. baren Verkehrtheit, an ihrem Heile gar nicht zwei feln! Es giebt nur ein Mittel, M. B., gegen eine so gefährliche Täuschung sich zu verwahren, und die Hoffnung der künftigen Seligkeit sicher ju stellen. Bleibet der Forderung eingedenk, ihr muffet von neuem geboren werden, und fehet zu, ob das, was sie enthält, bey euch zu Stan. de gekommen ist. Send ihr nicht von neuem gebo ren, ist kein wahres sittliches Leben, kein entschie dener Haß gegen alles Böse, keine herrschende Liebe zu allem Guten in euch: so seyd noch so einsichtsvoll, habt noch so vielen Glauben, send noch so andachtig und punctlich in frommen Uebungen; wer Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein, ihr hoffet vergeblich, durch ihn selig zu wer den. Dagegen kann es euch einst unmöglich fehlen, ihr seyd hier schon selig, doch in der Hoffnung, wenn ihr euch eurer neuen Geburt bewußt seyd, wenn ihr nach dem Ausspruch eures Gewissens nicht mehr der Sünde, sondern dem lebet, der für euch gestorben und auferfanden ist. Dann treibt euch der Geist Gottes; dann giebt er eurem Geiste Zeugniß, daß ihr Gottes Kinder seyd; send ihr aber Kinder, so seyd ihr auch Erben, nämlich Gottes Erben, und Miter Ba

ben Christi. Wer dieses Zeugniß noch nicht in seinem Herzen hat, der eile, und rette feine Seele; denn ihr müsset von neuem gebo ren werden! Ihr aber, die ihr es in euch. findet, haltet, was ihr habt, damit Niemand eure Krone nehme; Amen.

XXIV.

Amzweyten Bußtage.

Text: Psalm L. v. 15.

Unter dem Druck einer Noth, die ein grosser Theil unserer Mitbürger mit Schmerzen empfindet, feyern wir dießmal den Tag unsrer gemeinschaftlichen Demüthigung vor Gott, M. 3. Das verdient eine ernsthafte Beherzigung. Seit ei ner langen Reihe von Jahren haben wir nicht eben Ursache gehabt an unsern Bußtagen in unfre Bekenntnisse und Bitten wehmüthige Klagen zu mischen, und um die Erleichterung einer öffent lichen Noth zu flehen. O wir lebten im Frieden, als so viele Lånder und Reiche um uns her alle Schrecken eines blutigen Krieges empfanden. Wir genossen die füffeste Ruhe, als die Zwietracht andre Völker gegen sich selbst empórte, und allen Jammer bürgerlicher Kampfe über sie brachte. Wir hatten unser Auskomnien, und im Ganzen fogar Ueberfluß, als anderwårts Mangel herrschte; und verarmte, ihres Eigenthums beraubte, zur größten Dürftigkeit herabgefunkene Fremde nah

men zu uns ihre Zuflucht, und priesen uns glücklich. Nur danken konnten wir diese Zeit über an unfern Bußtagen; nur erstaunen über die Vaterhuld Gottes, die uns so auszeichnete; nur mit Kührung und Beschåmung rufen: wir sind viel zu gering aller Barmherzigkeit und Treue, die Er an uns gethan hat. Auf diese Art, mit einem solchen Gefühl unsers persönlichen Wahlfeyns, und der öffentlichen Glückseligkeit, tönnen wir heute nicht vor Gott erscheinen, das ist unstreitig. Ach der Kummer, der sich in den Mienen so vieler Nothleidenden ausdrückt; die Seufzer, welche sich aus der beklemmten Bruft so vieler Våter und Mütter, die ihre hungrigen Familien nicht mehr zu sättigen wissen, laut genug hervordráp gen; die Thränen der innigsten Wehmuth, womit so viele verschämte Arme ganz im Stillen die sparsamen Bissen beneßen, mit welchen sie ihr trauriges Leben fristen; und, was ich ungern hinzusehe, was unter Christen nicht Statt finden follte, die unvorsichtigen Urtheile, die Ausbrüche des Unwillens, die Merkmale der Erbitterung, die sich hier und da zeigen, beweisen es deutlich genug unter dem Drucke einer öffentlichen, ziem lich allgemeinen Noth, bey einem nicht zu verkennenden Mangel der ersten Bedürfnisse des Lebens, versammelt sich unser Volk dießmal vor Gott; der heutige Bußtag unterscheidet sich in dieser Hinsicht von so vielen, die wir bisher mit einander gefeyert haben.

Uns, die wir das Evangelium Jesu verkindigen, geziemt es nicht, bey solchen Gelegenheiten Dinge zu berühren, mit welchen die Religion nichts

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