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für unser ganzes Geschlecht ist! Unverbesserlich kann also der Zustand der Menschheit nie werden, so lange sie dieses himmlische Mittel der Verbesserung und Wiederherstellung in ihrem Schoose trägt. Wir wollen uns daher desselben nie schámen, M. Br., wir wollen es durch unser Beyspiel bewähren, daß es eine Kraft Gottes ist, felig zu machen, alle die daran glauben; ohne Tabel, und lauter, and Gottes Kinder, unstråflich mitten unter dem unschlachtigen und verkehrten Geschlecht, wollen wir zu seyn suchen: und wir werden das Unsrige beytragen, daß aus dem herrschenden Verderben ein neuer, beßerer Zustand, eine Zeit des Heils für unser ganzes Geschlecht hervorgehe. Glückliches Vaterland, schon einmal bist du durch diesen Eifer wichtig für die Welt, und für das Reich Gottes gewor den! Möge dich Gott von neuem zur treuen Bewahrerin seines Evangelii, und zum Schauplag einer noch weit herrlichern Schöpfung mahen; Amen.

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XXXVIII.

Am XXII. Sonntage nach Trinit.

Evangelium: Matth. XVIII. v. 23-35.

Es ist eine Bemerkung, die sich dem aufmerksa

men Beabachter der menschlichen Schicksale tåglich aufdringt, M. Z., daß manche Menschen mit einer auffallenden Strenge, und Andere mit einer eben so auffallenden Nachsicht behandelt werden. Ihr werdet überall Unglückliche finden, die von Jugend auf mit einem so widrigen Schickfal kämpfen mußten, und gegen die sich noch im mer alles vereinigt, was sie demüthigen und ihre Wünsche vereiteln kann. Ihr werdet Andre antreffen, denen es durchaus an einem glücklichen Erfolge mangelt; die sich anstrengen, ohne etwas auszurichten; die es nach vielen Jahren des treuesten Fleißes und des standhaftesten Ausdauerns noch immer nicht so weit gebracht ha ben, als so mancher mit leichter Mühe kommt. Und wie hart, wie äusserst hart werden gewisse Menschen für jeden Fehler, für jedes leichte Versehen bestraft, dessen sie sich schuldig machen! Es ist nichts seltnes, daß sich ein Unglücklicher durch eine kleine Unvorsichtigkeit in eine lange Reihe

von peinlichen Verlegenheiten verwickelt; daß ein fehr verzeihlicher Fehler die traurigsten Folgen für ihn hat; daß eine Unordnung, die häufig ohne allen Schaden bleibt, seine ganze Wohlfahrt zer rúttet; daß er durch eine Ausschweifung, die Andre ohne den mindesten Nachtheil oft ein gan zes langes Leben hindurch treiben, gleich zum ersten Mal in ein unabsehliches Elend geråth, und um Ehre, Gesundheit und Leben kommt. Es hat zuweilen das Ansehen, die rächende Gerechtigkeit laure gleichsam recht begierig auf gewisse Menschen, um sie bey dem ersten Fehltritt sogleich zu ergreifen, und mit einer unerbittlichen Strenge ins Verderben zu stürzen.

Wie groß ist dagegen die Zahl Andrer, die wahre Günstlinge des Glücks zu seyn scheinen, denen alles gelingt, was sie unternehmen, und alles ungerochen ausgeht, was sie verschulden. Denn Menschen, welchen ohne sonderliche Anstrengung jede Art des Genusses, ohne ausgezeichnete Ver. dienste jede Art der Ehre, ohne Arbeit und Mühe jede Art des Glücks zu Theil wird, die sich mit weit mehrerem Guten überhäuft sehen, als sie zu hoffen und zu wünschen wagten, solche Menschen giebt es in allen Stånden und Verhältnissen; sie erlangen und werden, was sie haben und find, fast ohne ihr Zuthun, ohne selbst zu wissen, wie ihnen geschieht. Wie befremdend ist vollends die Schonung, mit welcher gewisse Sünder be handelt werden! Sie überlassen sich dem unverzeihlichsten Leichtsinn, und kommen immer ohne Schaden weg; sie handeln mit der verwågensten Unbesonnenheit, und bleiben überall unversehrt;

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fie häufen Fehler auf Fehler, und es trifft fie feine Strafe; fie mißbrauchen ihren Körper zu den wildesten Ausschweifungen, und er ist uns verwüstlich; sie machen sich groffer Verbrechen und Missethaten schuldig, und Niemand tastet fie an, sie öffnen sich wohl gar dadurch die Bahn zur Macht und zum Glück. Wir können es uns unmöglich verhehlen, die Gefeße der ahndenden Gerechtigkeit, die an gewiffen mitleidswür digen Menschen mit schauervoller Strenge vollzogen werden, scheinen für Andere, welche ihrer Gråuelthaten wegen den größten Abscheu verdienen, gar nicht vorhanden zu seyn: bey der ganzen Einrichtung der menschlichen Schicksale zeigt sich bald ein unbegreiflicher Ernst, bald aber auch eine eben fo unbegreifliche Nachsicht, die jeden denkenden Beobachter in Erstaunen sehen muß.

Es ist Gott, M. Br., darüber kann bey Christen kein Streit seyn, es ist Gott, der jenen Ernst, und diese Nachsicht beweiset; der Manche hart, und Andere gütig behandelt; der den Einen unerbittlich und auf der Stelle, und den Andern oft weit grössern Sünder erst nach langem Verzug, oder dem Ansehen nach gar nicht straft.

es ist für unsere Belehrung und Beruhigung höchst wichtig, über diese sichtbare Ungleichheit bey der Anordnung menschlicher Schicksale, und bey der Vertheilung des Glücks und Unglücks auf Erden einiges Licht zu erhalten. Das heutige Evangelium veranlaßt uns, wenigstens über den einen Theil dieser Ungleichheit, über die Nachsicht Gottes bey unsern Vergehungen, weiter nachzudenken. Wir wollen sie nicht

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ungenůzt laffen, diese Veranlassung. Wenn von irgend einer Sache klare Begriffe und richtige Einsichten nöthig sind, so ist dieß der Fall mit dieser Nachsicht. Wenn uns irgend etwas bey der göttlichen Regierung tief rühren und mit Scham erfüllen soll, so ist es gleichfalls diese Nachsicht. Wenn wir uns endlich irgendwo be streben sollen, uns keines Mißbrauchs schuldig zu machen, und allem Leichtsinn, aller frechen Sicherheit vorzubeugen, so ist es noch einmal bey dieser Nachsicht. Ermuntert euch also, M. Br., und erhebet eure Blicke ehrfurchtsvoll zum Ans schauen der Gnade, die nicht mit uns han delt nach unsern Sünden, und uns nicht vergilt nach unserer Mifsethat. Zu ihr selbst lafset uns um Unterstügung und Hülfe flehen in stiller Andacht.

Evangelium: Matth. XVIII. v. 23-35.

Unmöglich kann man die Nachsicht Gottes bey den unzähligen Vergehungen der Menschen anschaulicher darstellen, M. Z.; man kann unmöglich deutlicher zeigen, wozu die Betrachtung dieser Nachsicht jeden Menschen von Ueberlegung und Gefühl ermuntern und antreiben foll: als es von Jesu in dem vorgelesenen Evangelio geschehen ist. Eine ungeheure Schuld hatte der Knecht gehäuft, von welchem das Evangelium redet. Über schliesset daraus auf das Vertrauen, mit welchem er war beehrt, auf die Güte, mit der er war behandelt, auf die Langmuth, mit der er war geschont worden; erkennet daraus die unermeßli che Gröffe der Huld und Erbarmung, welche diese

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