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XXVI.

Am Tage der Heimsuchung Mariă.

Unter

Evangelium: Luc. I. b. 3956.

nter den Klagen, welche man über unsern Zu stand auf Erden führen kann, dürfte feine ge gründeter, und durch die Uebereinstimmung aller guten und schlechten Menschen merkwürdiger seyn, M. 3., als die Klage über die groffen Schwies rigkeiten einer wahren Besserung. Dem laster haften liegt daran, diese Schwierigkeiten sich und Andern so groß als möglich vorzustellen. Bey der Abneigung, welche er gegen eine wahre Sins nesanderung empfindet, bey der sichtbaren Ver nachlässigung dessen, was dieselbe befördern könn te, bedarf er einer Entschuldigung. Besser glaubt er sich aber nicht rechtfertigen zu können, als wenn er auf alle die Hindernisse hinzeigt, welche das Gute auf Erden findet; als wenn er mit einer Ge schäftigkeit, die nichts übersieht, und alles vergröf fert, diese Hindernisse in und ausser uns nachwei set; als wenn er die Vermuthung erregen kann, eine gründliche Besserung des Herzens und Lebens sey vielleicht etwas ganz unmögliches, und könne

uns im Ernste gar nicht angesonnen werden. Von diesem Bestreben, sein Gewissen zu betäuben, und den vorhandenen Widerwillen gegen das Gute bey sich und Andern zu beschönigen, ist der, dem es um eine wahre Sinnesänderung zu thun ist, zwar fren. Aber wie könnte Er, der täglich die Erfahrung macht, wie hinreissend der Hang zum Bösen in seinem Herzen ist; wie willig und schnell es jeden schädlichen Eindruck auffaßt und annimmt; wie viele Anstrengung es kostet, auch nur einen einzigen Fehler auszurotten; wie äusserst langsam alles Gute gedeiht, und sich stärkt; wie leicht die alten Unarten zurückkehren, und eine böse Be gierde, die schon besiegt zu seyn schien, wieder er wacht; wie oft selbst Kleinigkeiten die redlichsten Anstrengungen vereiteln, und zu Vergehungen vers leiten, die man sich gar nicht zugetraut hatte: wie könnte, sage ich, Er, der täglich solcher Erfahrungen macht, dem sie immer schmerzlicher wer den, je mehr ihm seine Befferung ein Ernst ist, fich enthalten, in die Klage einzustimmen, daß eine wahre Sinnesänderung mit aufferordentlichen Schwierigkeiten verknüpft sey.

Aber sollte man, wenn man so klagt, wohl aufmerksam genug auf alle die Umstände und Anstal ten seyn, durch welche jene Schwierigkeiten geho. ben werden können, durch welche Gott die wahre Besserung erleichtert und befördert? Solche Anstalten und Einrichtungen muß es geben, M. Z. Gott könnte Tugend und Frömmigkeit nicht so ernstlich von uns fordern, wenn sie etwas Unmögliches wåren, wenn er unsrer Schwachheit nicht auf mancherley Art zu Hülfe fåme. Aber hören

wir

wir seine Stimme nicht wirklich unablässig in unferm Innern? Fühlen wir uns zum Guten nicht oft mächtig angeregt und ermuntert? Sind die Verhältnisse, in die er uns bringt; sind die Anstalten des Unterrichts und der Bildung, die er uns benußen läßt; sind die Schicksale und Ver. ånderungen, die er über uns verhängt; sind die Beyspiele der Tugend und Frömmigkeit, die er uns zeigt; sind die Wunder seiner Schöpferkraft in der Natur, und seiner Regierung in der Menschenwelt, mit welchen er uns umgiebt; find nicht insonderheit die Einrichtungen, die er durch Chris ftum getroffen hat, und, durch die sein Geist auf uns wirkt; sind nicht alle diese Dinge recht ei gentlich dazu bestimmt und darauf berechnet, uns fre Besserung zu veranlassen und zu befördern; hat er nicht alles gethan, was geschehen konnte, unfre Verklärung zu seinem Bilde einzuleiten und zu erleichtern?

Aber lasset uns gestehen, M. Br., es ist ein Fehler, den wir alle begehen, daß wir auf die Hindernisse des Guten weit aufmerksamer sind, als auf die Beförderungsmittel desselben; was uns nachtheilig und gefährlich bey unserer Besserung werden kann, fassen wir weit leichter und schärfer ins Auge, als was zu unsrer Ermunterung und Unterstüßung gereicht. Es muß also für uns, die wir euch bey dem Bestreben, anders Sinnes zu werden, und im Guten zu wachsen, rathen sols len, ein ganz eignes Geschäft seyn, eure Aufmerks samkeit auf alles zu lenken, was euch bey dieser wichtigen Angelegenheit heilsam werden kann; wir müssen euch recht geflissentlich zeigen, wie ihr

D. Reinh, Pred. 2ter Band, 11te Samml.

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jede Anstalt Gottes zu eurer Besserung ansehen, beurtheilen und nüßen follet. Auf eine solche in eurem Innern befindliche Verbesserungsanstalt, die man bald nicht bemerkt, bald nicht anwendet, werde ich also dießmal hinzeigen; dazu veranlaßt mich dieser festliche Tag; ich werde es euch fühlbar machen, daß Gott euer ganzes Wefen dazu eingerichtet hat, die Liebe zum Guten leicht und glücklich in euch anzufachen und zu nåhren. Der Geist Gottes sey mit uns, und weihe diese Stunde zu einer segensreichen Zeit seines himmlischen Einflusses auf uns alle, Wir flehen um diese Gnade in stiller Andacht,

Evangelium: Luc. I. v. 39— 56.

In dem Zustand einer frommen Ruh rung befinden sich die beyden Freundinnen, deren Zusammenkunft das vorgelesene Evangelium be schreibt, M. 3. Dieß beweiset die Art, wie si fich gegen einander erklären. Ausdruck lebhafte Empfindungen ist alles, was sie sagen; ihre Un terredung nimmt einen höhern Schwung, und ver wandelt sich in einen Lobgesang; sie sind, wie de Evangelist es ausdrückt, des heiligen Geister voll. Das Merkwürdigste hieben ist, daß dies Rührung fie plöglich, und ohne alle absichtlich Vorbereitung ergreift. Die unvermuchete Ankun der Mutter Jesu macht auf ihre Freundin El sabeth einen so tiefen Eindruck, vaß sie nicht blo gewöhnliche Freude darüber empfindet; zu we höhern religiösen Gefühlen geht sie über: Geb nedeyer bist du unter den Weibern, ru fie, und gebenedeyet ist die Frucht deine

Leibes; und woher kommt mir das, daß die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Wie bald sich diese Rührung der Mutter Jesu mittheilte, in welchen Lobgesang voll Dankbarkeit und Freude, voll Demuth und Hoffnung sie sich ergoß, wisset ihr selbst, und der größte Theil un fers Evangelit ist der Beweis davon.

Auch unser Herz ist nicht bloß fähig, fon dern auch geneigt, so unvermerkt, und ohne ab sichtliche Vorbereitung sich frommen Bewegungen zu überlassen, und ich zähle diese Einrichtung desselben unter die Anstalten der Verbesserung, die Gott in unserm Innern getroffen hat, und die wir weit fleiffiger bemerken, weit sorgfältiger benußen sollten, als es gewöhnlich geschieht. Von den frommen Rührungen, die sich oft unvermerkt unsers Herzens bemachti gen, werde ich daher dießmal sprechen. Ich werde zeigen, woher sie entstehen; wie man fie richtig zu beurtheilen hat; und wozu man sie anwenden soll.

Daß fromme Rührungen der Zustand lebhafter Gefühle sind, welche durch Vorstellungen, die Gott und seine Verehrung betreffen, bey uns geweckt werden, sehe ich als bekannt voraus, M. 3. Aber das muß ich ausdrücklich bemers' ken, daß diese Rührungen bald willkührlich, bald unwillkührlich seyn können. Es steht nämlich in unfrer Gewalt, den Zustand lebhafter religiöser Gefühle selbst vorzubereiten, und ihn bey uns zu veranlassen. Richten wir unsre Auf merksamkeit vorfäglich auf Gott; stellen wir uns

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