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waret (wâret) wird wohl ir vâret (ihr lauert) mit A zu lesen sein, obgleich dann obir minen lip statt mînes libes immer bedenklich ist.

29, 6 f. [565]. Sollte nicht für sterben leben ursprünglich sterben : werben gestanden haben? Die Vermuthung wird durch die Lesart von hs. b bestärkt: ein ommer werende leben.

30, 20 ff. [611 ff.] Ich versuche mit Anschluß an A eine andere Verseintheilung, als sie L. Bechstein und Rieger gegeben haben, doch bedarf es dazu einer kleinen Ergänzung:

waz solde grôzer pîne
wan daz wi got und sîne

lîben mûter nummir mê

[mit unsen ougen] sullen gesê? (vgl. 28, 13. 14. [515. 516])

31, 7 [629]. Nu clagit armen alle daz unser ie wart gedacht. Aus metrischen Gründen wird Rieger ie, welches beide Hss. bieten, nicht entfernen wollen, aber er führt dagegen V. 32, 9 [657] an: ach und wê uns vil armen, waz solde wî geborn? Ich glaube vielmehr, daß ie berechtigt ist und der ganze Satz zu dem Ausspruche der Klugen: wol uns daz unser ie wart gedacht 22, 16 [b 288. AP 220] einen Gegensatz bilden soll.

32, 1 f. [649 f.] Statt vart schar vielleicht var : schar?

32, 3 f. [651 f.] Der Reim mê instên ist sicher nicht anstößig, und zur Textänderung kein Grund vorhanden, allein durch Umstellung ist leicht Reinheit des Reimes zu erzielen, und so darf vermuthet werden: wi nummer mér gesên : intstên. Rieger hat mit Recht das hds. den vrouden richen got geändert in got den vrouden richen, aber dann muß auch zur Erlangung des Cäsur-Reimes ein Wort der folgenden Zeile geändert werden und zwar vorswunden in entwichen. Also:

got den vrouden richen

den gesên wi nummer me: (wi nummer mê gesen :)

so ist uns alle vroude gar Zu vroude entwichen vgl. wenn er daran gedâhte, so entweich im aller sin muot Er. 9785.

entwichen und allez herzeleit intstên.

32, 9 [657]. Für das hds. ach und wê darf wohl owê gewagt werden, wie der Anfang der beiden vorhergehenden Strophen lautet.

32, 13 ff. [661 ff.]. Sollte nicht volle Form vrûnde herzustellen sein?-Rieger hat im 3. Vers der letzten Strophe waz der Hs. beibehalten und swaz nicht eingeführt. Für die Entstehungszeit der Dichtung kann man wohl die Geltung der Correlativa noch annehmen, welche erst gegen Ende des Jhds. völlig aussterben und zwar im mitteld. Gebiete

eher als im oberdeutschen. Daß die Vorlage von hs. b die Correlativa gehabt hat, glaube ich aus verschiedenen Stellen schließen zu dürfen, in denen der Relativform ein so vorgesetzt ist, nämlich V. 30: so wen he bereidt findet [A 16, 27 wan]. V. 434 so was ich pine durch dich enphing [A 26, 7 waz]. V. 440 mit so welcher hande sache [A 26, 12 welcherleyge]. In der 4. Zeile ist die Antithese: ein tôt baz hulfe danne ein selgerête nach moderner Anschauung poetisch und geistreich, aber sie ist nicht mittelalterlich. Ich halte dafür, daß das zweite ein das erste als Schreibfehler veranlasst hat. Es ist vorher so viel vom Tode die Rede, und er wird her Tôt genannt, darum gewiss auch hier die Personification: der Tôt baz hulfe denne ein selgerête. Ich habe sonst keine Stelle finden können, wo ein tôt statt der tôt vorkäme.

Lateinische Gesänge.

Für unser älteres Kirchendrama, in welchem lateinische Gesänge die gesprochene Rede vielfach einleiten, haben diese lateinischen Bestandtheile des Textes eben dieselbe Wichtigkeit wie die deutschen. Wenn auf diesem Gebiete noch wenig Einzelarbeiten unternommen wurden, so geht dies mit der geringen Beachtung, welche die Dramatik überhaupt gefunden, Hand in Hand. Andererseits fehlt es noch sehr an Material, so viel auch schon von tüchtigen Sammlern wie Mone,

Ph. Wackernagel, Daniel u. a. geleistet worden ist.

Mein Vater hat den Gesängen im Spiel von den zehn Jungfr. ein besonderes Capitel gewidmet (Wartb. B. 39 ff.) und dieselben, da sie in den Hss. in der Regel als bekannt vorausgesetzt und nur mit den Anfangsworten angeführt werden, vollständig mitgetheilt und zu deuten gesucht. Hiezu sei einiges bemerkt und nachgetragen.

Anfang Responsorium: Testiù domini ebenso wie im Spiel von St. Katharina. Beide Herausgeber lesen testium domini, und B. denkt an eine Benutzung von Esaias XLIII, 10 u. 12. Es kann aber ebenso gut testimonium gelesen werden, und dann ergibt sich eine Bibelstelle, welche für beide Spiele, namentlich aber für die zehn Jungfr. trefflich passt, nämlich Ps. XIX, 8: Testimonium domini fidele, sapientiam praestans parvulis.

Das zweite Responsorium im Vorspiel Regnum mundi habe ich nirgends auffinden können, wohl aber ist aus beiden Spielen zu erkennen, wie sein Inhalt in der Hauptsache beschaffen sein muß. Regnum mundi etc. singen die Klugen, nachdem ihnen die Engel die Ankunft des Bräutigams gemeldet (nach 21, 10 [260]). Hierauf spricht die fünfte der Klugen: Wi haben der werlde êre vorsmêt dorch di gotes êre u. s. w.

Im Sp. von St. Kath. wird das Responsorium ebenfalls in ähnlicher Weise benutzt. Nach der Aufnahme Katharina's in den Himmel singt sie im Verein mit den Engeln Regnum mundi etc. und spricht dann: Al der werlde richtûm und êre habe ich vorsmêt dorch dich, vel liber hêre u. s. w. Im Alsf. Passionssp. 3, 124 (S. 507) findet sich in der Rede der Maria Magdalena die Stelle: Ich hon versmehet der wernde rich, welche unzweifelhaft auf den Gesang Regnum mundi hindeutet, wenn dieser selbst auch in der jungen Niederschrift nicht mehr vorhanden ist. Hierherzuziehen ist ferner der Gesang Îôlante's in Bruder Hermann's Gedicht V. 191 ff. (Pfeiffer's altd. Übungsbuch S. 111): Der werlde richdûm und ir gût... hain ich vorsmeit durch Thesum Christ..., der nur die Übersetzung jenes lat. Kirchengesanges sein kann. Danach wird die Vermuthung, der Gesang beziehe sich auf Apocal. XI, 15, nicht mehr aufrecht erhalten werden können.

16, vor V. 30 [vor 37] Prudentes cantant responsorium: Emendemus in melius. Von B. als freie Wendung mit Hindeutung auf Proverb. XXV, 7 u. 8 aufgefasst. Es ist vielmehr bestimmter nachzuweisen als der Beginn eines Responsoriums in quadragesima: Emendemus in melius quae ignoranter peccavimus, ne subito praeoccupati die mortis quaeramus spatium poenitentiae et invenire non possimus. Attende, domine, et miserere: quia peccavimus tibi. Chlichtoveus elucidatorium ecclesiast. Paris 1516. Bl. 95.

21, vor V. 21 [269]. Primarius cantat: Veni electa mea etc. Ist nicht Umschreibung von Cantic. canticorum V, 1, sondern aus der Legende von St. Kath. entlehnt: Veni electa mea, sponsa mea, ecce tibi coeli janua est aperta. Legenda aurea rec. Grässe. 2. edit. p. 780.

Silete.

Die von meinem Vater Wartb. Bibl. S. 11 gegebene Erklärung des formelhaften Rufes Sile oder Silete, deren Wahrscheinlichkeit ich von Anfang an bezweifelte, gab mir zuerst den Anlaß, über Gebrauch und Bedeutung jener Formel in den Quellen selbst Belehrung zu suchen, und ich gelangte zu dem Ergebnisse, Mone's Ansicht sei im Allgemeinen die richtige, nur müsse sie dahin erweitert und näher bestimmt werden, daß der den Zuschauern geltende Ruf als ein Mittel zur theatralischen Illusion den Scenen- und Auftrittwechsel ankündige und andeute. Ich legte dann die Hauptpunkte meiner Auffassung Germ. 5, 97 f. in aller Kürze dar und überließ die Nachprüfung fürs erste jedem theilnehmenden Leser selbst. Wenn ich nun hier Gelegenheit und Ursache hätte, gegenüber der in der Wartburg-Bibliothek ausgesprochenen An

sicht die meinige im Einzelnen zu erhärten, so scheint mir hierfür das Spiel von den zehn Jungfrauen, an welches doch zunächst anzuknüpfen wäre, nicht besonders günstig zu sein. Zwar der Gebrauch in der Hs. würde durchaus zur Unterstützung dienen, allein das Stück selbst bietet kein recht geeignetes Beispiel dar, indem es wegen seines vorherrschend lyrischen Charakters arm ist an Handlung und darum den Scenenwechsel nur selten eintreten lässt. Ich verspare daher eine genauere Erörterung auf die Einleitung zum Spiel von St. Katharina, weil gerade dieses Stück es ist, welches unter allen Dramen des Mittelalters am unzweideutigsten über Silete Aufschluß gibt.

Wenn es erwiesen sein wird, und ich hoffe sicher auf allgemeine Zustimmung, daß Silete scenische Bedeutung hat, dann wird künftig in kritischen Ausgaben hierauf gebührend Rücksicht zu nehmen sein: aus dem allgemeinen Gebrauche der Handschriften müssen sich Kriterien für einzelne Änderungen und Ergänzungen der Überlieferung finden lassen. Dies vorausgesetzt, wird es sich fragen, in wie weit für unser Spiel kritische Nachhülfe in Anspruch zu nehmen ist. Leider sind wir bei dieser Frage nur auf Hs. A angewiesen, da hs. b wie öfters jüngere Hss. jene Formel durchaus unberücksichtigt lässt.

Streng genommen dem Principe nach sollte S. 16 vor V. 11 [17] und S. 20 vor V. 9 [b abw. nach V. 170] Angeli: Silete! stehen, doch kann in der Praxis das Gebot sehr wohl deshalb unterbleiben, weil beide Auftritte mit Gesang beginnen und sich zeitlich unmittelbar je an den vorhergehenden anschließen. Eine Scenerieangabe wird vermisst S. 21 nach V. 28 [274]. Wir müssen annehmen, daß Christus die ersten Worte (V. 21-28) noch auf der Erde spricht; erst nachdem er den Jungfrauen verheißen hat: ich wel ûch selben brenge ûz deseme enelende zu der ewigen sêlikeit di û mîn vater hût bireit begibt er sich mit ihnen und mit der begleitenden Engelschaar nach dem Orte, welcher den Himmel vorzustellen hat, und dann erst richtet er an seine Mutter die Bitte ich bevele di dese juncvrouwelîn du salt su bî dich setzen und ungemachs ergetzen. Und den Beginn dieser letzten Scene im Himmel, welcher nothwendig eine Pause vorhergeht, müsste der Ruf Silete! anzeigen. Jene Anrede an Maria fehlt allerdings in hs. b; aber wenn sie auch jüngere Interpolation sein sollte, so wird die Scenerie dadurch nicht verändert. Soll aber die Auffassung gelten, wie sie L. Bechstein im Anschlusse an die Handschrift in seiner Übertragung (S. 59) zur Anschauung bringt, dann fehlt in Hs. vor V. 21 [vor 269] Silete. Einer solchen Auffassung, welche allerdings durch die in Hs. ununterbrochen fortlaufende Rede des Herrn, sowie durch die Scenerieangabe nach

:

V. 20 Quinta prudens ducens eas, welche in hs. b fehlt, äußere Anhaltspunkte finden mag, kann ich mich nicht anschließen. Der Sinn jener Worte Christi und namentlich der Wendung: ich wel ûch brenge ûz deseme enelende spricht nicht dafür, daß sie schon im Himmel gesprochen seien. Ein Fehler des Schreibers oder vielleicht auch schon seiner Vorlage ist an dieser Stelle nicht zu verkennen; und was jene Scenerieangabe betrifft, so wird sie im Verein mit einer andern, die eben ausgelassen ist, nach V. 28 hingehören. Im Übrigen findet sich in unserem Spiele das Gebot des Stillschweigens stets an rechtem Platze, also bei jedem Scenenwechsel vorgeschrieben.

ZUR SAGE VON ROMULUS UND DEN WELFEN.

Gleich am Anfange seiner Einleitung zu RF. hat Grimm das vertrautere Verhältniss zwischen Menschen und Thieren, wie es in der ältesten Zeit wahrscheinlich bestanden, näher besprochen und dasselbe auf sehr anziehende Weise dargelegt. Unter anderm bemerkt er: 'Es ist nicht bloß die äußere Menschenähnlichkeit der Thiere, der Glanz ibrer Augen, die Fülle und Schönheit ihrer Gliedmaße, was uns anzieht; auch die Wahrnehmung ihrer manigfaltigen Triebe, Kunstvermögen, Begehrungen, Leidenschaften und Schmerzen zwingt in ihrem Innern ein Analogon von Seele anzuerkennen, das bei allem Abstand von der Seele des Menschen ihn in ein so empfindbares Verhältniss zu jenen bringt, daß, ohne gewaltsamen Sprung, Eigenschaften des menschlichen Gemüths auf das Thier und thierische Äußerungen auf den Menschen übertragen werden dürfen.... Blieben nun in der Wirklichkeit immer Schranken gesteckt und Grenzen abgezeichnet, so überschritt und verschmolz sie doch die ganze Unschuld der phantasievollen Vorzeit allenthalben. Wie ein Kind, jene Kluft des Abstands wenig fühlend, Thiere beinahe wie seinesgleichen ansieht und als solche behandelt; so fasst auch das Alterthum ihren Unterschied von den Menschen ganz anders als die spätere Zeit. Sagen und Mythologien glauben an Verwandlungen der Menschen in Thiere, der Thiere in Menschen, und hierauf gebaut ist die wunderbare Annahme der Seelenwanderung u. s. w.' So z. B. also verwandelt sich der Hund, mit welchem nach einem indianischen Mythus das erste Weib Umgang pflog, des Nachts in einen schönen Jüngling, s. J. G. Müller, Gesch. der amerik. Urreligionen S. 134; vgl. S. 65, wo es heißt: Überhaupt werden die Thiere in Menschen verwandelt', nämlich nach indianischer

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