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RUNENINSCHRIFTEN

EINES GOTHISCHEN STAMMES AUF DEN WIENER GOLDGEFÄSSFN DES BANATER FUNDES.

VON

FRANZ DIETRICH.

Die prächtig ausgestatteten, auf Kosten der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften gedruckten und mit gelehrten Abhandlungen von Arneth begleiteten Monumente des k. k. Münz- und Antikencabinets zu Wien vom J. 1850, dargestellt auf XLI Tafeln im größten Format, geben unter andern auch Abbildung und Beschreibung von über zwanzig goldenen Tischgeräthen, es sind Schalen, Becher und vasenähnliche Krüge, nebst einem goldenen Trinkhorn, die zusammen im Banat gefunden, und sämmtlich noch im Wiener Antikencabinet vorhanden, abgesehen von ihrem beträchtlichen Werth und ihrem Bildwerk, die Aufmerksamkeit deshalb zu erregen und im hohen Grade zu fesseln im Stande sind, weil sie außer drei Aufschriften in griechischen Unzialen auch zwölf Inschriften in nicht antiken Schriftzügen enthalten, deren Aussagen noch unenthüllt sind, und von denen wegen ihres zum Theil fremdartigen Aussehens früher selbst zweifelhaft schien, ob sie zum Kreis der Runen germanischer Art zu rechnen seien.

Wie man beim Auftauchen der burgundischen Runen auf der Spange von Charnay sich um Auskunft über die Inschrift nach Kopenhagen wandte, als den vorzüglichen Sitz der Runenkunde, und von dem um nordische Litteratur vielverdienten Rafn den Versuch einer Deutung, freilich nur der Hälfte dessen, was da geschrieben steht, erhielt und veröffentlichte, so wusste der Herausgeber der Wiener Monumente, wie man S. 36 des Textes erfährt, selbst einen König, den dänischen König Christian VIII. für die Denkmäler zu interessieren und auszuwirken, daß dieser von einem nicht genannten Gelehrten, wahrscheinlich vom Präfect des Kopenhagner Museums, dem kürzlich verstorbenen, in weiten Kreisen beliebten und geachteten Conferenzrath Thomsen, von dem auch S. 12 eine Nachricht erwähnt wird mit seinem Namen, eine Untersuchung über Bild- und Schriftwerk der Goldgefäße veranstalten ließ. Dieser übergab die Inschriften einem in Runen sehr erfahrenen Mann', - wir können nicht im Unklaren sein, wer es war in der Erwartung, eine gelehrte Erklärung von ihm künftig

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GERMANIA XI,

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mittheilen zu können, wozu Arneth bemerkt, daß die Hoffnung sich nicht erfüllt habe.

Auch seitdem ist mir bis jetzt keine Deutung der genannten Inschriften bekannt geworden. Um darüber sicherer zu werden, wandte ich mich an Herrn Prof. Pfeiffer und durch ihn an die Vorgesetzten des Wiener Antikencabinets, erfuhr aber eben nur dies, daß es weitere Litteratur über diesen Gegenstand nicht gebe. Nach einer ersten oberflächlichen in Hannover gemachten Bekanntschaft mit dem kostbaren Werk von Arneth gerieth ich schon auf den Gedanken, besonders mit Hinblick auf die sechste Inschrift, daß hier etwas Altgermanisches vorliege, das übrige sieht fremd aus, und weil man leicht fehlgreift, wenn man über Denkmäler spricht, die man nicht gesehen hat, erbat ich mir die Beihilfe Pfeiffer's, die ich reichlich erfahren habe und nicht hoch genug schätzen kann.

Durch seine gütige Vermittelung habe ich nun von den Wiener Inschriften Darstellungen, welche die Anschauung vollkommen ersetzen. Es gibt davon zwei Arten, die einen sind in breiten Zügen eingehauene (Nr. 1-5 und 9), von diesen erhielt ich Staniolabdrücke, die anderen sind in dünnen Linien eingeritzte, davon bekam ich Durchzeichnungen. Mit der größten Dankbarkeit habe ich es anzuerkennen, daß die Vorstände des Wiener Antikencabinets, Herr Director Bergmann, und die Herren Freiherr v. Sacken und Dr. Kenner, nicht nur mir diese wichtigen Hilfsmittel haben zukommen lassen, sondern mich auch mit andern gelehrten Nachrichten freundlichst und zuvorkommend unterstützt haben. Möge es ein auf immer der Wissenschaft geleisteter Dienst heißen können, durch den sie mich erfreut haben.

Ehe ich indessen von den Abdrücken Gebrauch zur Erklärung machen kann, muß ich der allgemeineren Frage Rede und Antwort geben sind denn die Zeichen wirklich Runen, und, da auch Slaven und andere Völker dergleichen hatten, sind es germanische? Ein Bedenken dagegen entstand schon aus dem Fundort und aus der einen der griechisch geschriebenen Inschriften.

Gefunden sind die wie es scheint die Zahl von ein und zwanzig betragenden Goldgefäße mit einem Kloß geschmolzenen Goldes im alten Dacien *). Sie wurden 1799 ausgegraben in einem Bauernhofe von Groß-Szent-Miclos im Torontaler Comitat des Temeser Banates,

*) Wie Parz. 10, 5 der guldîne klôz neben den goltvaz erscheint. Die Zahl der gefundenen Stücke gibt Arneth auf der letzten Seite des Textes unter dem Banater Fund auf 20 an, aber bei den dort aufgezählten Nummern ist Nr. 3 und Nr. 200, wie die Schrifttafel S. XIV ausweist, nur durch Versehen übergangen.

also Moesien gegenüber nördlich von der Donau, wo einst slavische Völker hausten, zeitweilig auch germanische.

Die in den gewöhnlichen griechischen Capitalen geschriebene Inschrift auf der Schale Nr. 18 des Banater Fundes schien Arneth (S. 22) von den ersten christlichen Zupanen der Slaven an der Theiß im zehnten Jahrhundert zu sprechen, was ich dahingestellt lasse. Die späte Zeit dieser Inschrift hat übrigens Arneth selbst vom Zeitalter des aus dem fünften Jahrhundert herrührenden Denkmals unterschieden. Die goldene Schale gewährt nichts von der hier zu untersuchenden Schrift, und ist daher von geringerer Wichtigkeit. Mir scheint die Inschrift derselben durch ungehörige Interpunction aus einer im barbarischen Griechisch geschriebenen Anrufung Gottes als des allweisen, alles verbindenden Lebens entstellt zu sein, die etwa durch ihren Gebrauch als Zauberformel zu der verwilderten Gestalt kam, in der so viele Zaubersprüche vorliegen.

Was nun das Volk betrifft, unter dem die Hauptmasse der Goldgefässe, natürlich zugleich mit ihren Inschriften, entstand, welche auch auf den goldenen Ringen des walachischen Fundes von Pietraossa doppelter Art sind der eine Ring sagt ja XAIPE KAI HINE, der andere Guta niothi hailag in deutschen Runen so spricht auch bei dem Banater Funde die doppelte Schriftart wie das gesammte Bildwerk der künstlerischen Ausstattung dafür, daß darin griechische Kunst und zwar die von Byzanz nachgeahmt wurde von einem germanischen Stamm, der nicht gerade im Banat selbst braucht gewohnt zu haben; denn es gibt deutliche Spuren, daß die ersten Inhaber einem christlichen Volk zwischen dem 4. und 6. Jahrhundert angehörten.

Für das beanspruchte Alter kann ich mich auf einen Kenner, wie Arneth ist, berufen. Überzeugend belehrt er uns darüber aus der Vergleichung der bis auf Valens, Gratianus und Valentinianus II. herabgehenden Medaillen des Wiener Cabinets, durch die Angabe, daß der Goldgehalt der Gefäße eben derselbe, wie in den Schmuckmünzen des Valens ist, und die Kunst der Verzierung bei beiderlei Gegenständen völlig ähnlich ist. Ich finde nur, daß das Gold wie die Nachahmung des Griechischen auch noch ein paar Jahrhunderte nach Valens Zeit fortdauern konnte.

Dafür aber, daß das Volk ein christliches war, erbringe ich den Beweis aus der Übereinstimmung der vielfältigen Verzierung und Interpunction durch das einfache Kreuz der Form + mit dem Inhalt der doppelt vorhandenen, in griechischer Schrift eingeschlagenen Inschrift. Gerade solche Kreuze nämlich erscheinen mit und ohne Verzierung überaus häufig auf den Gebrauchsgegenständen der früh zum

Christenthum übergetretenen Burgunder in den Gräbern von Charnay, obwohl neben Runenschrift. Sehr viele kleine Kreuze der angegebenen Form sind nun auch hier der Kern der Feldverzierung auf Nr. 11, dem schönen goldenen Henkelkrug mit schlankem gereiften Halse, bei Arneth Tafel G. VIII; ein Kreuz derselben Art, umschlossen von einem Kreise, befindet sich in der Mitte der Wandverzierung der kostbaren Trinkschale Nr. 13, Tafel G. II, ferner zeigen sich, was sehr bemerkenswerth, an den Enden und zur Wortabtheilung der Runeninschrift auf der Schale Nr. 29 zusammen fünf Kreuze derselben Gestalt, endlich auf den Schalen Nr. 19 und 21, welche die gedachte griechische Inschrift und außerdem je eine Runeninschrift, jedesmal fast dieselbe tragen, zeigt sich in der Mitte ein großes Kreuz derselben Form, nur daß seine vier Enden noch durch je drei kleine Blätter verziert sind, um anzudeuten, daß aus dem Kreuze das Leben sprießt für seine Bekenner, denn die Christen pflegten das Kreuz den Baum des Lebens zu nennen. Obwohl an sich das Kreuzeszeichen auch den Heiden üblich war, so doch nicht in dieser belebten Form, und in der erwähnten Gesellung. Um diese kennen ̊ zu lernen, prüfen wir

Die doppelt vorhandene griechische Inschrift.

Sehr bedeutsam und für den begonnenen Beweis vollendend ist es nun, daß auf demselben Denkmal mit dem Kreuz des Lebens auch eine griechische Inschrift steht, die das Kreuz kreisförmig umschließt, worin eine Bitte an den Herrn alles Lebens enthalten ist. So viel hatte bereits Arneth, der die Inschrift Tafel G. V. Nr. 21 darstellt (die zweite oben übergesetzte gleiche Legende ist von Nr. 19) in seinem Text dazu S. 22 erkannt, wo wenigstens die Worte datos ávánavoov richtig gelesen sind. Den Anfang der Inschrift, worüber er noch schwankte, nehme ich da an, wo die Schriftzeichen noch in gleicher Größe mit denen der genannten Worte sind, d. h. zwei Zeichen früher, denn das Kleinerwerden und das Abkürzen ist ein Anzeichen des Endes, wo nicht mehr alles auf den durch den Kreis beschränkten Raum gehen wollte. Indem ich nun das unmittelbar vor datos vorhergehende, etwas liegende Zeichen für ein nicht ganz vollständig ausgeprägtes nehme, gelange ich nach Auflösung der Abkürzungen, deren erste die Copula betrifft, die andere die Verbindung von TO in toлov, die dritte ein übereinandergesetztes XLO, eine vierte endlich eine Abkürzung der Praep. xarà zu KAT oder KA®, zu der Lesung

ΕΦΥΔΑΤΟΣ ΑΝ ΑΠΑYCON Κ ΕΙΣ ΤΟΠΟΝ ΧΛΟΗΣ ΚΑΘΙΣΟΝ.

Daß Gott oder Christus in den beiden Imperativen angeredet ist, und daß das Object 'mich' oder 'uns' sein muß, ist selbstverständlich; das Ausgelassene konnte allenfalls auch ohne den Mangel an Raum wegbleiben, durch welchen auch das kürzere záðɩбov statt xaταóxývw6ov veranlasst scheint. Denn der Inhalt der Bitte: 'am Wasser laß mich ruhen und auf grünem Ort laß mich lagern oder wohnen', ist deutlich aus dem so herrlichen Trost für Leben und Sterben enthaltenden Psalm vom treuen Hirten der Seele entnommen, nur daß dort in umgekehrter Folge gesagt ist: εἰς τόπον χλοῆς ἐκεῖ με κατεσκήνωσεν, ἐπὶ ὕδατος ἀναπαύσεως ἐξέθρεψέ με. Ps. 23, 2. LXX.

Wie lebendig dieser wunderbar erquickende Psalm den alten Christen im Gedächtniss war, beweist unter andern auch, daß man mit seinen Worten über den Tod der Abgeschiedenen tröstete, indem man sie zu Grabschriften wählte, vgl. meine zwei sidonische Inschriften, Marb. 1855, S. 16, woraus die griechische Grabschrift mit wenigen Änderungen aufgenommen ist in das Corpus Inscript. IV, 2 als Nr. 9153. Genug, unsere Inschrift gehört einem christlichen Volksstamm an, und mußte, da sie eine Bitte um endliche Aufnahme ins Paradies enthält, denn ávánavбov (gew. laß mich ruhen in Abrahams Schoß) ist in christlichen Grabschriften ganz herrschend um so mehr einem Manne germanischer Abkunft zusagen, der sich seinen Himmel auf wonniger Wiese, dem tóлos loйs entsprechend, nach einheimischem Glauben vorstellte.

Das Bildwerk.

Dafür aber, daß der Stamm, unter dem die Goldgefäße entstanden, ein germanischer war, sprechen deutlich die mannigfachen Berührungen des vorliegenden Bildwerks mit dem auf deutschen Denkmälern. Einiges freilich ist einfach rohe Nachahmung griechischer Vasenbilder, wie die mit dem Adler aufschwebende Jungfrau auf Nr. 28, worin schon Arneth (S. 25) den Raub der Aegina erkannt hat. Classische Kunst herrscht auf den bildlosen Ornamenten der Gefäße Taf. G. VIII und X, sie können allenfalls von Griechen selbst angefertigt und nur als Goldzahlung in die Hände der Germanen, die sie mit Runen beschrieben, gelangt sein. Fremd zwar, aber deshalb nicht etwa Altaisch, ist das geflügelte Thier mit Löwenschweif und Füßen, und mit Adlerskopf auf Nr. 22 (Arneth S. XIV), auf Nr. 29, hier jedesmal hinter einem löwenähnlichen Thier, und auf Nr. 28 (G. VI), wo der Greif einen Hirsch erlegt, aber für diesen Greif ist keine besondere Bedeutung zu suchen, es ist einfach Ornament geworden, und zwar Nach

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