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heut zu Tage legen die Ruthenen und Polen in Galizien Getreidekörner, ja auch Bratwürste den Verstorbenen in den Sarg. Die Serben. legen am Montag nach dem Weißen Sonntag rothgefärbte Eier auf die Gräber. Am Allerseelentage backt der Böhme das Gebäck dušički, im Taborer Kreise schenkt man es Kindern und Bettlern, damit sie für die Verstorbenen beten. Grohmann, Aberglauben aus Böhmen und Mähren 1, pag. 190. In der heutigen Bretagne dauern jene uralten Todtenbräuche noch immer an, die einst der hl. Germanus daselbst vorfand und als heidnische vertilgt zu haben meinte. Als da der Heilige seinen welschen Gastfreund, bei dem er Herberge genommen hatte, nach beendigter Abendmahlzeit abermals den Tisch decken sah und um sein Vorhaben befragte, erhielt er die Antwort: den gûten fråwlin, die dô des nachtes aren, denen bereit man zû eßen. So lautet die betreffende Lateinstelle der Legenda aurea, übersetzt in der Aulendorfer Incunabel-Legende, die beide in Grimms Mythologie 1011 und im Germ. Anzeig. 1864, 248 zu diesem gleichen sittengeschichtlichen Zwecke angeführt stehen. Es sei hierauf, berichtet die Legende weiter, ein Schwarm von Nachtfahrern wirklich zu Tische erschienen und von den Anwesenden für lauter Nachbarsleute angesehen worden, bis Germanus ihnen sie als Teufelsspuk entlarvte. Dies waren aber dieselben Armenseelen, für welche bis heute in der ganzen Bretagne die Festnacht hindurch alle Glocken geläutet, alle Gräber bei Fackelschein frisch geweiht, alle Höhlungen der Grabsteine mit Milch gefüllt werden. Während dann, berichtet Villemarqué weiter in den Bretonischen Volksliedern, die Mutter Gottes zur Labung der Begrabenen einen Tropfen Muttermilch mit auf die Grabsteine gießt, deckt man zu Hause neuerdings den Tisch mit frischen Speisen; Bettler ziehen an den Thüren umher und singen im Namen der Todten ein Lied mit dem Refrain:

Ihr schlafet süß und weich zumal;

Die armen Seelen sind in Qual.

Ihr ruhet aus in sanftem Schlummer;

Die armen Seelen sind in Kummer.

So verwandelt sich dieses Tages die ganze Bevölkerung in Gebende und Gehrende, beiderseits zum Heil der Verstorbenen Gaben heischend oder vertheilend. Nicht anders ist in den katholischen Landschaften Oberdeutschlands der Allerseelentag ein allgemeiner Spendtag. Der Bauer beschenkt seine Dienstboten, der Pathe seine Pathenkinder, der Liebende den Schatz, die Gemeinde ihren Pfarrer. Arm und Reich, Alt und Jung empfängt oder gibt das Zweckbrod des Seelzopfes und Spitzweckleins. Nach diesem letzteren heißt in der Oberpfalz der Tag

der Spitzelntag. Aus weit entfernten Gegenden kommen die Armen schaarenweis herbeigezogen, um unter dem Spruche: Gelobt sei Jesus Christus um e Spitz'l! das frische Weizen wecklein in Empfang zu nehmen. Niemand verweigert das herkömmliche Geschenk, das längst das Wahrzeichen der geschichtlichen Helden und Landesheiligen dieser Gegenden geworden ist. Drei solche Weißwecken führt der Schwabenherzog Hiltebrant im Schilde. Seine Tochter, die hl. Hiltegardis, die Erbauerin des zerstörten Klosters Hillemont in Kempten, wird abgebildet, in einer Hand das Modell des Stiftes tragend, in der andern das Kipfbrod des Spitzwecken, und Rader in der Bavaria sancta (München 1624. 2, 110) meldet, daß noch zu seiner Zeit im Kemptner Stifte jeden Montag und Freitag an 200 Menschen solche Wecken ausgetheilt erhielten. So trägt auch die hl. Notburga, ferner der Abt August von Einsiedeln und der Wettinger Abt Bernhardus auf Altarbildern und Glasgemälden einen solchen rautenförmigen, der Länge nach geschlitzten Kipf in der Hand. So vertheilt man in Tirol auf Allerseelentag die Seelstück'l, Süßbrode, die für Knaben in Form eines Rössleins oder Hasen, für Mädchen in der einer Henne gebacken werden; in Altbaiern und Würtemberg machen die Bäcker das Mürbbrod der Seelzöpfe und der süßen Zuckerseelen auf den Verkauf; in Welschtirol und der romanischen Schweiz sind noch die sogenannten Todtenbeinchen, und in niederdeutschen Landstrichen die Stutenbrode altherkömmliche, für dieselbe Festzeit bestimmt gewesene Spendbrode.

Eine nachfolgende kurze Beschreibung dieser Brode beginnt mit dem kleinsten und nun seltensten, um mit dem größten und am meisten verbreiteten abzuschließen.

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Man pflegt in Engadin ein Mandelbrod kipfförmig zu backen und in Dessertschnitten zum Nachtische zu verspeisen. Diese Schnitten nennt man Todtenbeindli". Ein anderes länglich geformtes Süßbrod, das in Samaden in Graubünden beliebt ist, trägt zwar nicht mehr jenen widerwärtigen Namen, dagegen noch vollkommen die Gestalt eines förmlichen Röhrknochens. Es gleicht dem Mürbbrode der sogenannten Bubenschenkel, wie sie in Hessen üblich sind und namentlich an der Bergstraße auf den Verkauf gebacken werden. Auch in der westfälischen Mark, wie aus einer brieflichen Mittheilung von Dr. Woeste in Iserlohn zu entnehmen ist, namentlich in Breckersfeld, ist gleichfalls ein ähnliches Brodgebäcke üblich, das wegen seiner auffallenden Gestalt Quertreiber, twäerstrîwer, genannt wird. Diese Todtenbrode erinnern zunächst an die Beinhäuser, die auf katholischen Dorfkirchhöfen zur Aufschichtung der ausgegrabenen Todtenschädel und Röhrknochen

errichtet sind. Es steht außer Zweifel, daß diese Beinhäuser auf deutschem Boden ursprünglich heidnischer Abkunft sind, denn der germanische Knochencultus ist nachweisbar in unseren Landschaften älter als der christliche Grabcultus. An die Erhaltung der Knochensubstanz knüpfte der Germane die Fortdauer überhaupt und gab daher seinen Leichen Ersatzknochen und Ersatzschädel, sogar hölzerne, mit ins Grab. Es ist bereits jener Thonschädel im Vorausgehenden gedacht, welche der Verwundete mit Korn füllt und zu Opfer- und Heilzwecken an Capellenbäume aufhängt. Man erinnere sich dazu jenes Kindermärchens vom Machandelbôm; das von der Stiefmutter ermordete und verscharrte Kind verwandelt sich alsbald in einen geflügelten Engel, sowie seine Knochen wieder aufgelesen sind. Und daher stammt ja das Volkslied im Götheschen Faust:

Mein Schwesterlein klein

Hub auf die Bein,

Da ward ich ein schönes Waldvögelein.

Diese Voraussetzungen sind durch den Gräberfund bereits bewahrheitet. In dem Alemannischen Grabfelde am Lupfen, im Würtemberger Oberamte Tuttlingen, hat man solcherlei hölzerne Ersatzfüße in nicht geringer Anzahl erhoben; anderwärts findet man zwei Schädel zu einem einzigen Gerippe im Heidengrab, und eben dahin wird es zu rechnen sein, wenn irgendwo einmal ein kirchlich verehrtes Heiligengerippe, ausgestellt in seinem Glaskasten auf dem Altar, zwei linke Arme oder zwei rechte Beine zu sehen gibt. In der Pfarrkirche zu Hiltisrieden, Kanton Luzern, liegt ein hl. Leib ausgesetzt, welcher zwei linke Beine hat. Obschon es hierüber manche Nachbarspöttereien gibt, entfernt man dieses eine unpassende Bein doch keineswegs. Ob nicht etwa die Errichtung der Beinhäuser auf Christenkirchhöfen erst erfolgt sei, um dadurch dem heidnischen Missbrauch zu steuern, der in Form des Knochencultus ausnehmend weit um sich gegriffen hatte, lässt sich zwar noch nicht mit Bestimmtheit angeben; Thatsache indessen ist, daß für Deutschland erst die späten Synoden von Münster i. J. 1279 und von Köln v. J. 1281 die Errichtung von Beinhäusern auf Kirchhöfen verordnen. Der ins Bessere umgeänderte und kirchlich geweihte Brauch führte zwar zu abermaligem Missbrauch, nahm aber diesmal den Verlauf, daß es die Laienschaft war, welche einer zu weit ausgesponnenen Priesterlehre schließlich ein Ziel setzte, Noch vor dem Beginn der deutschen Kirchenreform begann der sittenreformierende öffentliche Geist gegen die gehäuften Spenden zu eifern, die man dem Clerus für die Ruhe der Verstorbenen gewidmet hatte und widmete,

und namentlich die Todtenbeine sind es, die in den hierüber gewechselten Flug- und Streitschriften eine stehende Rolle spielen. Damals schrieb der erste deutsche Dramatiker des sechzehnten Jahrhunderts, der Basler Buchdrucker Pamphilus Gengenbach, ein jemerliche clag vber die Todtenfreßer; er legt darin einer Nonne, d. h. der bei Begräbnissen bezahlten Leidfrau, die Worte in den Mund:

die todten bain schmecken uns wol,

dobei wir tag und nacht sind vol.

Gengenbachs Landsmann und Nachfolger in der Schauspieldichtung ist der Berner Nikolaus Manuel. Von ihm berichtet der Berner Chronist Valer. Anshelm zum Jahre 1522: Es sind ouch diß Jahrs hie zu Bern zwey in wite Land ußgespreite Spil durch den Maler Niklausen Manuel gedichtet und offenlich an der Krützgassen gespilet worden; eins, namlich der Todtenfrässer, berührend alle Mißbrüch des ganzen Bapstthumbs, uff der Pfaffen Fasnacht". Damals begann man die Beinhäuser auszuleeren, die Knochen zu beerdigen, die Obrigkeit untersagte den Luxus der gehäuften Todtenopfer, Seelmessen und Leichenschmäuse. Wollte eine Landschaft nicht alsbald die hergebrachten rituellen Schwelgereien unterlassen, so zog sie sich den Scheltnamen Todtenfresser zu, wie er deshalb bis heute der Bevölkerung des Zürcherlandes verblieben. ist; vgl. Meyer Knonau, Beschreib. des Kt. Zürich 2, 154.

Das Stutenbrod, niederländisch stuite, das jetzt noch bei ostfriesischen Leichenbegängnissen vertheilt wird, gehört seiner Namensbildung nach dem niederdeutschen Sprachkreise an und hat daher seine Verbreitung von Holland und Schleswig an bis Köln und Halle gehabt. Es ist ursprünglich ein großes schenkelförmiges Weißbrod, das an seinen dicken Enden abgerundet, wie der Bäckerausdruck sagt, gestoßen ist, und also gar nichts mit dem Thiernamen Stute, niederdeutsch stoot, gemein hat, obschon man Tiroler Todtenbrode auch in Form von Rösslein backt. Eine ganze Last solcher Stuten wird beim Begräbnisse der reichen Frau Richmond in Köln an die Stadtarmen ausgetheilt. Firmenich 1, 449. Das Staudenbrod zu Halle ist ein geklotzt stehendes Rundbrod und hat also seine ursprüngliche Form verloren; wogegen in Appenzell-Innerrhoden die alte Brodform, jedoch ohne Eigennamen, sich erhalten hat. Bei dem Begräbnisse einer Bäuerin im Hochthale des Sentis i. J. 1863 schritt die Nachbarsfrau dem Sarge voran mit einem kolossalen Wachsstock, dann folgte der Verstorbenen Ehemann, der ein eben so kolossales Langbrod auf einer Schüssel nachtrug. Riefstahl hat die Scene in einem hübschen Ölgemälde dargestellt.

Das im deutschen Süden am weitesten verbreitete Weih- und Festbrod ist der sogenannte Züpfen, ein Eierwecken in Form einer spitz auslaufenden Haarflechte. In Handlänge halten es die Weißbäcker das ganze Jahr über feil, in Ellenlänge aber backt es die Haushaltung auf Weihnachten und Neujahr, und der Katholik auf Allerseelen. Alsdann wird es in fast unglaublichen Quantitäten verbraucht. Im Jahre 1860 berichteten die Berner Localblätter, daß am damaligen Neujahrstage einer der Stadtbäcker zu Bern bis zu 1300 Fres. Züpfenwecken verkaufte. Der Tauf- oder Firmpathe beschenkt sein Pathenkind damit und steckt ihm heimlich ein neues Frankenstück hinein, ebenso der Bäcker seine Kunden, der Wirth seine Stammgäste, der Herr sein Gesinde. Gänd üs au ne Wegge mit sibezich Zöpfe! betteln da die Kinder selbst guter Familien vor fremden Fenstern herum. Keinem wird die Gabe abgeschlagen, dem Dürftigen auch noch ein Geldstück, ein Kleidungsstück dazu verabreicht. Im Berner Kanderthale nennt man dies Brod geradezu den Ziebel (Zipfel), in Baiern Seelzopf, Seelwecken und Seelzelten, die Schwaben zuckern es und nennen es Zuckerseelen; mit Bierhefe angemacht nennt man sie Hefenseelen, mit Eierweiß bestrichen und als mürbe Ringlein gebacken, sind es die nackenden Seelen. Freilich bedeutet das Wort Seele hiebei auch die überschüssige oder nicht richtig ausgebackene Brodfülle, woher denn auch die Bäckersatzung stammt: Bretzen sollen keine Seele (Teigfülle) haben; allein Name und Bestimmung des Gebäckes bleibt dadurch unangefochten, es ist ein Todtenbrod, dessen Verwendungs- und Benennungsweise besonders nach Südosten so weit über das deutsche Sprachgebiet hinaus sich erstreckt, als dorten deutsche Niederlassungen bleibende gewesen sind. Bei Ungarn und Serben sogar ist es einheimisch, nur ist es dorten einen Tag nach dem Allerseelenfeste auf Allerheiligen verlegt und trägt davon den Namen Allerheiligen Stritzeln. Eine Südslavin, die Tochter eines ungarischen Geistlichen in Szobb, hat ihren deutschen Verwandten in der Schweiz eine briefliche Beschreibung der Vorgänge gemacht, unter denen man in Ungarn dies Festbrod backt. Am Vorabend von Allerheiligen pflegen die Bäckermeister sämmtliche junge Leute ihrer Nachbarschaft zu sich ins Haus zu laden. Hier hat der Meister mit den Gesellen den Kolatschenteig bereits ausgeknetet, zu gleichen Theilen abgewogen, in lange Teigstriemen geschnitten und geordnet auf die blanke Tafel gelegt. An dieser bittet er die erschienenen Jungfrauen und ihre Galane Platz zu nehmen, und aus je vier solcher Teigstriemen einen Zopf zu flechten. Man legt je ihrer zwei übers Kreuz, flicht davon vierfache Zöpflein und drückt sie an ihrem Ende in eine gerundete Schleife zusammen. Die kleinen einfachen kosten ein paar Kreuzer und

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