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thund sie es nit. Zudem hab ich in welches Pfarrei der mehrer Teil deren sind, die sich für hochgelehrt rümend Anruffung halb der Heiligen und des Fegfeuers, von welcher beiden Artickeln wegen ich oftermals höchlichen bin angeklagt und verunglimpft worden, an der Canglen und mehrmals mich erbotten und gebeten, sie solten sich alle zusammen thun, auch die Gelehrten aus andern Pfarren und den Clöstern und von wannen sie wolten zu sich nehmen und mich aus hl. biblischer Schrift, darauf die hl. christenlich Kirch begründet, item aus dem bäpstlichen Dekret, Dekretalen, Sext, Clementin und zweien Extravaganten, auff die die bäpstlich Kirch gebauen, und darzu aus dem Magistro in sententiis und ihrem Thoma, auf die die sophistisch und scolastisch Kirch fundiert ist, ain andern weg, denn ich gelehrt hab, anzeigen und beweisen, so wolte ich gern mein Irrtumb bekennen und widerruffen. Niemand aber ist je kommen, niemand hat mich eines bessern underrichtet. Item so fihet man täglich, in was gestalt die Bischöf des Gottesworts halben disputierend, namlich mit Fahen, Türnen, Blöcken', Sieden, Braten und mit so jamerlichen Gegenhandlungen, das zu erbarmen ist. Die gefangnen Christen schreiend: Recht! Recht! Geschrift! (d. h.: Heilige Schrift!) Geschrift! Die Bischöf dagegen ruffend: Gwalt! Gwalt! Brennen! Brennen! und lassen keinen, der den Willen Gottes rein und unverfelscht prediget, zum Rechten fommen!"

„Derhalben wurd es ein schlechte Disputation sein, wann sie vor dem Bischof beschehen solt. Doch mag ich leiden und bitt und wünsch von Herzen, daß der Bischof selbs samt allen seinen Gelerten auch darbei sei, sofern sie nit mit Gewalt sondern mit göttlicher Schrift wollen handlen.“

„Diß hab ich, günstige Herren, zu sagen nit unterlassen wollen, wie wol ich geschuldiget wurd, ich seie rauch und sage den Leuten die Warhait. Ist wahr, muß es aber thun. Ich hab Leut under mir, die sich an Glätte nichts kehrend. Die Rüche (= Rauheit) habe ich von Hieremia und Esaia gelehrnet.“

Der Erfolg dieser hißigen Rede, die dem zur Aussöhnung stets bereiten Bischof Hugo so ganz und gar nicht gerecht wurde, war jedenfalls, daß Piratas Vorschlag nicht die Billigung fand. Nach

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Verhaften, in Turm werfen, an den Block anschließen.

längeren Unterhandlungen wurde die Disputation auf Laurentiusabend (9. August) 1524 angesezt. Allein sie kam nicht zur Ausführung. Vor dem angesetzten Termin hatten noch die drei Prediger Wanner, Mezler und Windner dem Rate eine summarische Schrift wider Pirata eingereicht. Von der bischöflichen Seite hatte man sich aber inzwischen an den Kaiser gewandt. Zwei Tage vor dem für die Disputation bestimmten Zeitpunkt trafen beim Rate kaiserliche Briefe ein, welche die Abhaltung der Disputation bis auf den für Martini 1524 nach Speier ausgeschriebenen Reichstag verboten. Schon zu Beginn des Jahres 1524 hatte Karl V. einen Brief an die Stadt gerichtet mit der Mahnung, von den Reformen abzustehen. Diese kaiserlichen Mandate ein kaiserliches Verbot des Verkaufs von Luthers Schriften trat hinzu - wurden die Zielscheibe der heftigsten Angriffe von seiten der Konstanzer Prediger und des Rates. Aber die beabsichtigte Disputation getraute man sich doch nicht abzuhalten, sie unterblieb auf Grund eines Großratsbeschlusses. Freilich hielt man noch längere Zeit an dem Plane fest, im Jahre 1525 fanden große Streitverhandlungen zwischen Pirata und Ambrosius Blarer vor dem Rate statt, zu der berühmten Badener Disputation von 1526 beschloß der Rat beide zu entsenden, ja es tauchte vorübergehend der Gedanke auf, die durch Konstanz nach Baden i. A. reisenden Gelehrten, vor allem den berühmten Dr. Eck zum Zwecke einer Disputation in Konstanz anzuhalten. Noch im Jahre 1527, nachdem bereits der Bischof und das Domkapitel von Konstanz abgezogen waren, fand nochmals ein Religionsgespräch zwischen Blarer und Pirata vor dem Konstanzer Rate in Anwesenheit bischöflicher Kommissare statt.

Ordensgelübde und Zölibat wurden von den Wortführern der neuen Lehre verworfen. Seit dem Jahre 1524 hatte man in Konstanz begonnen, hieraus die praktischen Konsequenzen zu ziehen. Der Austritt einer Nonne aus dem Dominikanerinnenkloster St. Peter an der Fahr1 war der erste Fall. Aber auch die Prädikanten sezten sich alsbald über das Gebot der Ehelosigkeit hinweg.

Den Anfang machte der Pfarrer Jakob Windner von St. Johann. Er predigte eines Sonntags, daß er und seine Haus

1 Vgl. oben S. 14.

hälterin Margreth Ädeli von Neunforn (Kt. Zürich) rechte Eheleute seien und daß er sie nach gemeinem Gebrauch öffentlich zur Kirche führen und Hochzeit halten wolle, es möge sich niemand darob ärgern. Im weiteren suchte er darzulegen, daß der Zölibat aus der Heiligen Schrift nicht folge.

Es ist begreiflich, daß der Bischof diesen folgenschweren Schritt seines Pfarrers nicht ungeahndet lassen konnte. Am 24. Oktober 1524 erschienen bischöfliche Gesandte vor dem Rat, welche das Dazwischentreten des lezteren zur Verhinderung der beabsichtigten Eheschließung verlangten. Der Rat befahl Windner hierauf, mit Kirchgang und Hochzeit zuzuwarten. Am Portal des Münsters wurde ein Mandat des Bischofs gegen die Priesterehe angeschlagen, Windner persönlich vor den Generalvikar geladen. Da er der Ladung nicht Folge leistete, wurde er erkommuniziert. Dagegen wandten sich die Prediger Windner, Mezler und Wanner an den Rat um Hilfe. Windner rechtfertigte sich im Rate. Man habe ihm vorgeworfen, er predige gegen die Unkeuschheit und halte selbst den Zölibat nicht. Darum habe er sich entschlossen, ein rechtes Eheweib zu nehmen und Kinder wohl zu erziehen. Schließlich bat er mit Unterstüßung seiner beiden Freunde und Amtsgenossen den Rat um Schirm vor der Gewalt des Bischofs.

Der Rat trat auch in dieser Sache für Windner ein. Durch eine Ratsbotschaft suchte er den Bischof von seinem Vorgehen gegen Windner abzuhalten; dieselbe überbrachte dem Bischof die Erklärung, der Pfarrer von St. Johann werde solange mit der Hochzeit warten, bis „eine schriftmäßige Erläuterung erfolge, was in diesen Sachen der göttliche Weg sei". Hugo von Hohenlandenberg zeigte sich sehr ungehalten über Windner, wies auf seine Exkommunikation und seine Irregularität hin, in die Windner durch seine Eheabsicht und die offene Darlegung der Beziehungen zu seiner Haushälterin geraten sei; die Kapitelherren von St. Johann würden sehr in ihn drängen, gegen den Pfarrer vorzugehen, da sie um seinetwillen Abgang und Eintrag auch für ihre Pfründen befürchteten; Windner greife in seinen Predigten nun auch schon den Adel an wir stehen in der Zeit des Bauernkriegs; endlich meinte der Bischof, wenn dieser Pfaff hinweg und vertrieben wer, so würde gueter Fried und Ruhe in Konstanz sein“.

Nach einigen Tagen erschien das ganze Kapitel von St. Johann in der Ehesache seines Pfarrers vor dem Rate. Der Chorherr Gabriel Boscher legte als Sprecher dar, der Generalvikar des Bischofs habe sie gewarnt, wenn sie selbst länger neben dem gebannten Pfarrer Windner Messe lesen würden, kämen sie ebenfalls in den Bann. Windner zu vertreiben hätten sie sich gescheut, um nicht in der Stadt Unruhe zu stiften. Deshalb bäten sie jezt den Rat um Schirm oder Angabe eines Auskunftsmittels. Bürgermeister Gaisberg entließ die Kapitelherren von St. Johann freundlich, ein über die Angelegenheit Windners eingeholter Großratsbeschluß sprach sich nochmals dafür aus, den Bischof zu bitten, von einer Verfolgung des Pfarrers Abstand zu nehmen. Der beste Beweis für die friedliebende Stimmung, die noch im Jahre 1524 in Konstanz herrschte, ist der Bescheid des Bischofs, der den Ratsabgeordneten versprach, die Verfolgung Windners in der Hoffnung einzustellen, daß dieser mit seinem Kirchgang zuwarte und fernerhin auf der Kanzel sich geschickter benehme als bisher. Auf diesen bischöflichen Bescheid hin wies auch der Rat offenbar beraten von Ambrosius Blarer den Pfarrer Windner von St. Johann an, die öffentliche Hochzeit zu unterlassen, auf der Kanzel beim göttlichen Wort zu bleiben und nicht in einemført die kaiserlichen Erlasse zu bekämpfen. „Er solle Mandata Mandata sein lassen, nicht hihig und unbescheiden wider dieselben sprechen, das doch von unnöten, dieweil der Rat selbs verständig wer, worin und worin nit er denselben Mandaten solt gehorchen."

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Im Winter 1524/25 befiel Jakob Windner eine tötliche Krankheit, von der er sich nur sehr langsam erholte. Infolgedessen waren ihm die Hochzeitsgedanken zeitweilig vergangen. Indes kaum wieder genesen, wandte er sich im Verein mit Wanner am 19. April 1525 neuerdings in der Heiratssache an den Rat, da beide ihre Eheabsichten nun endgültig zu verwirklichen wünschten. Im Rate war man ihnen jezt willfähriger als Windner gegenüber im Jahr zuvor. Der Rat entsandte eine Botschaft an den Bischof, die diesem das Heiratsbegehren zunächst des Pfarrers von St. Johann empfehlend vortragen sollte. Der Bischof gab die von seinem Standpunkte aus einzig mögliche Antwort, „es sei in der Kirche durch die Päpste und Konzilien beschlossen und geordnet, daß kein Priester ehelich werden soll, auch verbotten,

daß man über solche helle beschlossen Artikel nun nit weiter disputieren noch zweiflen soll, als ob ein Änderung darin beschehen möge. Darumb gebühr ihm nit, daß er erst von solchem offenbarem Handel reden oder in ein Zweifel stellen solle, ob Priester Weiber zur Ehe haben mügend oder nit. Ihm gezieme auch nit, davon zu disputieren, viel weniger darein zu willigen. Er bitte aber und begehre, daß der Rath wolle darein still stehen, bis daß gegenwärtige aufrührige Läuff seien vergangen". Die Worte waren umsonst gesprochen. Der Rat vollzog jezt den Bruch mit dem Bischof, den er noch Jahrs zuvor ängstlich zu vermeiden sich bemühte. Er gestattete am 22. April 1525 die Hochzeit der Prediger. In den nächsten Tagen führte Wanner die Konstanzer Bürgerstochter Agatha Mangoltin, eine ausgetretene Nonne vom Kloster Feldbach (Kt. Thurgau) heim, am 4. Mai 1525 fand die Hochzeit des Pfarrers Windner von St. Johann mit seiner Haushälterin Margreth Ädelin statt.

Gleich Luther und Melanchthon strebte auch Ambrosius Blarer zunächst eine Reformation des Glaubenslebens durch Vertiefung und Verinnerlichung der Einzelpersönlichkeit in Christo an. Mit Liebe und Toleranz sollte zu Werk gegangen, keinerlei Zwang ausgeübt werden. Der Gedanke des Austritts aus der einen allumfassenden Kirche lag ihm völlig fern. Je mehr aber die dogmatischen Grundlagen des alten Kirchengebäudes, seines Papstund Priestertums, seiner Sakramentenlehre, seines Zölibats und Ordenswesens, die Lehren von Fegfeuer, Ablaß und Heiligenverehrung von der Reformation verlassen wurden, ohne daß es doch gelungen wäre, in raschem Siegeslaufe die gesamte Christenheit dem neuen Bekenntnis zuzuführen, um so notwendiger wurde auch für die entstehende zweite Form christlicher Religionsgemeinschaft eine äußere Ordnung der Verhältnisse. Dem ersten Enthusiasmus, der tagtäglich den Bürger und Handwerker aus der Werkstatt zur Predigt rief, folgte die Ernüchterung und Einrichtung im neuen Hause. Die alte politische Gegnerschaft der Städte zu ihren geistlichen Stadtherren und zu den Privilegien der Geistlichkeit verband sich mit der religiösen Neuerung. Von jenen war der religiöse Nimbus weggerissen, der sie vielfach schon früher vor Gewaltakten kaum zu schüßen vermochte. Nun schritten auch in Konstanz die politischen Führer, samt und sonders Anhänger der Prädikanten, in rücksichtsloser Konsequenz vorwärts.

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