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ist. Man sollte denken, sie thåte Nichts und sey müßig; es sey also ein Zeitverlust so zu handeln; allein mit diesem Urtheil betrügt man sich sehr. Auf diese Weise findet die Seele ihre natürliche Nahrung; alle andere Weise, sich zu betragen, würde verursachen, daß sie diesen geheiligten Balsam verschüttete. Das Kind darf sich nicht viel bewegen, Etwas thun oder wirken, sich mit anderen Dingen beschäftigen, sonst würde es sich zu nåhren unterlassen. (Allerdings gibt es eine solche Periode im Christenleben, wo der Chrift blos empfångt und empfangen soll, wo er sich den Eindrücken, die ihm werden, ruhig überlassen soll, wie Jesus vor seinem dreißigsten Jahre. In dieser Zeit soll er blos wachsen und stark werden; aber er soll nicht immer ein solches Kind bleiben, 1. Kor. 3, 2. Ebr. 5, 12. 13., sondern zu einem Mann heranwachsen. Ephef. 4, 14. 15. Beide Perioden verwechseln, ist freilich nachtheilig für den Christengang. Das Kind soll eben so wenig Mann, wie der Mann Kind seyn wollen.)

Gott bedient sich zwar wohl der Treue und Lauterkeit der Tugend, denn er ist ein Gott der Reinheit. (Mich dünkt, er benust die lichte gute Seite an einem Menschen besonders dazu, um

den Menschen anzutreiben, dies Eine Gute, diese Eine Tugend immer mehr in sich zu vollenden. Thut er das, so wird er erfahren, daß er diese Eine Tugend nicht in ihrem ganzen Umfange ausüben kann, wenn er sich nicht andere Tugenden aneignet, weil alle Tugenden in einem schönen, so wie alle Laster in einem håßlichen Zusammenhange stehen. Er wird z. B. nicht ganz, nicht immer wohlthätig seyn können, wenn er nicht sparsam, nicht sanftmüthig ist, seine Trägheit nicht überwindet.) Allein der Hauptrathschluß Gottes geht dahin, daß er als souverainer Oberherrscher in uns regiere. Er wird also oft mehr geehrt durch die Verlierung unserer selbst, als durch die Reinigkeit unserer Tugend, die uns in ruhiger Gelassenheit, Sicherheit erhält, worin wir öfters glauben, als ob wir selbst Etwas wären. Solche Seelen genesen niemals von dieser Hochachtung gegen sich selbst, und sie erfahren es sehr wohl, wenn es ihnen durch Gottes Schicksale widerfährt, daß sie die böse Beschaffenheit ihrer Natur empfinden und in eine Schwachheit fallen, der sie nicht unterworfen zu seyn glaubten. (Petrus, David, Psalm 71, 20. 21. 118, 21. 119, 71. 107.) Sie verwirren sich aus Hoffahrt und Vertrauen auf sich selbst in tausenderlei Gedanken und Ueberlegungen. Anstatt sich durch, die rechten Mittel herauszuziehen .

und zu Gott führen zu lassen, versenken sie sich immer mehr in sich. (Wirklich gibt es keinen verderblichern Fehler als den Wahn von Fehlerlosigkeit der Pharisåer, gegenüber dem Zöllner. Maria Magdalena håtte gewiß den Herrn nicht so warm und mit so vieler Demuth geliebt, wenn er ihr nicht so Viel zu vergeben gehabt, wie er selbst sagt, Luc. 7, 47. Saulus wåre kein Paulus ge= worden, wenn er nicht vorher ein Saulus gewefen wåre. Alles, was die Demuth mindert und uns zur Selbstbespiegelung, zur Selbstgefälligkeit führt; Alles, was unser Ich in unseren eigenen Augen erhöht, verunreinigt das Fundament alles Christensinns, und wenn es die wohlthätigste, großmůthigste, aufopferndste Handlung wäre.)

Das ist denn auch der Probirstein, durch dessen Bestreichung wir erkennen können, ob die Eindrücke, die uns durch Schicksale, Leiden oder Freuden, durch eine Tugend oder einen Fall, durch Freunde oder Feinde werden, reines Gold oder schlechtes Metall find, ob sie zu den göttlichen Führungen oder zu den verführerischen Stimmen gehören, die uns durch ein: „Es stehet geschrieben" von Bibel und Gott abführen wollen. Wenn der tiefste Fall,

das schwerste Leiden, die unerträglichste innere

Dürre dich zu Boden zu drücken scheint, nimm sie dankbar als göttliche Führung an, sobald sie dich demüthiger macht, deine Eigensucht_niederdrückt, das Gefühl von der Unentbehrlichkeit eines Sündenvergebers, Helfers, Trößters, einer Kraftquelle in dir belebt. Aber wenn dein inneres Gefühl dir wie unserm Herrn durch Satan, Engeldienst, einen Himmel von Seligkeit, die schnellste Erhöhung zu Gott vorzaubert; wenn du dich frömmer, entzückter, kräftiger, zu allem Guten fähiger fühlst; wenn deine Augen Thränen der wahrsten Rührung weinen, und du die ganze Welt an deine Brust nehmen und beglücken möchtest;

in dieser Entzückung gefällst;

wenn du dir aber wenn Etwas in dir

sagt: ich danke doch Gott, daß ich nicht bin wie andere gemeine Christen", dann sprich:,,hebe dich weg von mir, Satan!" wie unser Herr that.

Begnügen Sie sich heute mit diesem Wenigen über einen Gegenstand, über den sich unendlich Biel fagen ließe. Vielleicht ein Andermal mehr! Leben Sie wohl.

Neun und zwanzigster Brief.

2 n denselben.

Sie sagen mir, Sie hätten kürzlich einen philo

fophischen Schriftsteller gelesen, der doch einen ge= wissen Respect für Mystik habe, aber uns zeigen wolle, woran es ihr eigentlich fehle, und warum sie gefährlich sey. Nun, ich freue mich, daß Sie so wie der ehrwürdige Philosoph doch wenigstens über die gemeine Absprecherei hinaus sind, die es nicht für der Mühe werth hält, sich gegen etwas so Verschrieenes auf Gründe einzulassen; man brauche ja nur den Namen zu nennen, und habe dadurch schon die vollständigste Verwirrung und Verirrung, den unheilbarsten Unsinn bezeichnet. Freilich erwartete ich's von Ihnen, daß Sie nach dem Durchlesen einer Schrift von Fenelon, nach einem Blick auf sein Engelsleben nicht bei dem Geschrei stehen bleiben würden, wodurch sich von

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