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willig den Geschäften des Lebens, oder der sich dem kleinsten Geschäfte entzieht. Sie sehen nun, wie viel Wahrheit in dem absprechenden Ausspruch des Philosophen liegt.,,Das zweite Charakteristische der Mystik ist also (weil das Höchste, Unendliche ihnen vorschwebt?) Dieses, daß sie den Menschen in sich hinein, und von den Geschäften des Lebens abführt." Ich frage vor Allem: War denn Dies der Fall auch bei Gerson, Tauler, Fenelon, Arndt, Arnold, den bekanntlich thätigsten Männern ihrer Zeit? Ja, Mystik führt den Menschen in sich hinein, und das ist desto besser. Nun weiß er auch, was er kann und nicht kann, welcher Sinn ihn beleben sollte, und welcher ihn belebt. Und diese tiefe Selbstkenntniß macht es ihm zum Bedürfniß, sich zu dem zu wenden, durch den er werden kann, was er werden soll und noch nicht ist. Ja, der echt Religiöse soll sich von den Creaturen als seinem höchsten Ziele losreißen und sich allein Gott ergeben.,,Irren wir uns nicht," sagt der treffliche Mystiker Fenelon. ,,An Etwas muß unser Herz hången." (,,Ohne Du kein Ich," sagt Lavater.) Hångt es sich darum nicht fest an Gott, so hångt es sich fest an ein Geschöpf, oder es macht's wie der Schmetz terling, der von Blume zu Blume fliegt, um sich Nahrung zu holen, die ihn aber so wenig

fåttigt, daß eine große Menge nöthig ist, um ihn auszufüllen.“ Und wenn dies unser Philosoph und feines Gleichen für übertrieben und schwärmerisch halten, was sagen sie denn zu dem strafenden Worte Jeremias: *),,Mich, die lebendige Quelle, verLassen sie und graben sich hie und da ausgehauene Brunnen, die doch löcherig sind und (auf die Dauer) kein Wasser geben.“

Wir wissen Alle wohl, daß vom Gökendienste die Rede ist; aber es ist ja wohl einerlei, ob die Hand sich einen Gözen schnißt, ob der Goldschmidt cinen gießt, ob der Kopf sich einen herbeispeculirt, oder Herz und Phantasie sich einen idealisirt; oder wenn Fenelon nicht recht hat, wäre denn nicht die Schwärmerei auf's Höchste und Schädlichste getrieben, wenn Jesus sagt: **),,Wer Vater oder Mutter mehr liebt denn mich, der ist mein nicht werth; und wer Sohn oder Tochter mehr licht denn mich, der ist mein nicht werth"? Nicht, als wenn der Mensch diese ihm so nahen Wesen nicht lieben sollte. Sein Freund Johannes hat ihn schön commentirt: „Wer Menschen nicht liebt, die er sieht, wie kann der Gott lieben, den er nicht

*) Cap. 2, 13.

**) Matth. 10, 37.

sieht?" Von Menschen, die uns die Nächsten sind, soll die Liebe aufsteigen zu der höchsten Liebe und veredelt zurückkommen auf Menschen. Ich habe an einem andern Orte gesagt, Jesus sey der größte Mystiker gewesen, und man hat großes Aergerniß daran genommen. Ich wiederhole es aber auch hier, und es ist Nichts leichter, als es zu beweisen. Was war von jeher das Eigenthümliche der Mystik? Wie alle Schriften echter Mystiker zeigen, ein Leben in der beständigen Gegenwart Gottes; also ein steter Blick auf ihn, ein hohes Interesse für Alles, was göttlich ist, — in Natur, Schicksalen, Offenbarungen und Anstalten; willenloses Handeln allein nach Gottes Willen, Gebrauch seiner Kräfte und Zurückhalten seiner Kräfte, nach diesem Willen; stilles Warten, bis er sich offenbart; nackender, auf nichts Aeußeres sich stüßender Glaube; hingebende, reine Liebe zu Gott, ohne Rücksicht auf sich selbst. Und das war die Virtuosität Jesus, des Menschensohns. Er bearbeitete Holz für seinen Pflegevater und weckte Todte auf. Er war dreißig Jahre unthätig und ermüdete sich drei Jahre mit Wohlthun. Man sagt ihm, daß der todte Lazarus schon stinke, und er ruft ihm in die Gruft hinein, wie einem Lebenden; er konnte Legionen Engel zu seiner Rettung herbeiwinken, und er ließ das fürchterliche Gefühl über sich kommen, Gott

habe ihn verlassen. Mit zerschmetternden Donnerworten deckt er den Heuchelsinn der Pharisåer und Schriftgelehrten auf und bittet für die ruchlosen Spötter, Gott möge ihnen vergeben, weil sie nicht wüßten, was sie thåten. Ja, ihm ist Keiner gleichgekommen als Mystiker. Das schließt indeß nicht aus, daß er nicht auch der größte Philosoph und der größte Moralist seyn konnte und war; vielleicht eben wegen seiner Mystik. Leben Sie wohl.

Dreißigster Brief.

An denselben.

Ich erinnere mich noch recht gut eines Gesprächs,

das ich vor einiger Zeit mit Ihnen über den viel und unnüß besprochenen Gegenstand, über den Teufel hatte, wo wir unterbrochen wurden, uns also darüber nicht aussprechen konnten. Der ganze Begriff eines Satans, eines mächtigen, bösen Geistes mit einer Menge von Anhängern, der Nichts als Böses will, nur auf Verführung zum Bösen sinnt, also in Feindschaft mit Gott und natürlich also auch mit Christus lebt, ist Ihnen, wie Sie sagten, so empörend; Sie könnten es eben so we= nig mit der Allmacht als mit der Güte Gottes reimen, sondern es sey Ihnen vielmehr wahrscheinlich, was man auch zu beweisen gesucht habe, daß es ein unter den Juden während des babylonischen Erils entstandener Aberglaube sey, den Jesus ge

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