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stehen und anwenden konnte. Die Ergebung in den årgsten Schmerzen und schwersten Prüfungen, die Freudigkeit, wo Andere der Verzweiflung so nahe gewesen wåren, war indeß so auffallend sichtbar, daß sie Weltleuten nicht entging, und daß man verwundert fragte, wie sie dazu gekommen wåren. Uebrigens kannten sie das Wort Mystik und Mystiker nicht, hatten auch nie eine mystische Schrift gelesen, und drückten sich über das Meiste anders aus als die Mystiker. Ihre ganze Mystik war ihr innerer Mensch und die Bibel, ob sie gleich im Ganzen genommen auf gleiche Art waren geführt worden als die Mystiker. Demuth, Glaube und Liebe waren die Elemente ihres inneren Lebens wie bei diesen. Mich dünkt, hier wird doch Jeder gezwungen zu sagen: wo so auffallende Wirkungen sind, muß eine Ursache seyn. Aus Nichts entsteht Nichts; oder, wenn man das Schwärmerei nennen will, was diesen und ähnlichen Menschen diese stille Hingebung auch in die rauhen Wege Gottes, diese Sanftmuth, Geduld, diese Freudigkeit gab, so gebe uns Gott nur recht viele solche Schwärmer, und wir wollen zufrieden seyn, bis uns die kalte oder die consequent fortschließende Vernunft bessere Früchte zeigt. Und dann, wo wåre etwas Großes, Edies, was nicht gemißbraucht, nachgeäfft, affectirt, herbeigeschwärmt

worden wäre? Soll man aber das Große, Edle verwerfen, weil es gemißbraucht oder nachgeäfft wird? Soll Frömmigkeit nichts mehr gelten, weil es Frommelei, Empfindung verachtet werden, weil es Empfindelei gibt? Soll man auf Vernunft nichts mehr halten, weil Skepticismus und Sophisterei Manchen die Köpfe verrückt haben? Soll man die Weinreben ausrotten oder den Wein verbieten, den Gott wachsen läßt, zu erfreuen des Menschen Herz, weil Manche sich betrinken? Je größer, höher, bedeutender Etwas ist, je mehr kann es mißbraucht werden, je schädlicher wird es durch Mißbrauch; aber das zeugt gerade für seine hohe Bedeutung. Wein kann mehr mißbraucht werden als Wasser; Madera mehr als gemeiner Mosler; aber eben das zeigt von dem höhern Werth des Madera. Magnesia kann nicht so leicht schaden als China; aber eben darum ist China kräftiger als Magnesia. Man sollte sich schämen noch so Etwas gegen Mystik vorzubringen, was gegen alles Große gesagt werden kann.

Drei und dreißigster Brief.

A n denselben.

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Vielleicht haben Sie Etwas davon gehört oder gelesen, daß eine gewisse Messiasidee unter den Juden geherrscht, daß Jesus diese Idee zum Besten seiner Nation benußt und sich zu Allem dem her= gegeben habe, was sie von ihrem Messias erwartete, daß er sie aber eben dadurch zu der Idee eines geistigen Messias, eines nicht irdischen, sondern sittlichen, himmlischen Reichs zu erheben ge= sucht habe, das er unter ihnen stiften wollte. Man ging und geht so weit, es merken zu lassen, daß er blos zu diesem Zweck sie in dem Wahn gelassen habe, er thue Wunder, weil ihre älteren Schriften von Wundern sprächen, daß er sich manchmal, so= gar absichtlich, das Ansehen gegeben habe, als thue er Wunder, die aber doch alle ganz natürlich zugegangen seyen. So unrichtig das Meiste in

diesen aus der Luft gegriffenen, der Bibel geradezu widersprechenden Behauptungen ist, so kann man doch nicht verkennen, daß eine gewisse Messiasidee bei den Juden herrschend und durch ihre Propheten in ihnen herrschend worden war. Wie konnten sie den Ausspruch Moses lesen: „Einen Propheten wie mich wird der Herr erwecken, dem follt ihr folgen;" *) wir lesen von einem König, der herrschen solle von einem Meer bis zum andern, von dem Wasser bis zum Ende der Erde, den man fürchten werde, so lange Sonne und Mond währt;"**) durch den ,,der Blinden Augen aufgethan und der Tauben Ohren geöffnet werden;" ***) ,,der gesalbt werden sollte, und gesandt, zu verkündigen das Evangelium den Armen, zu heilen die zerstoßenen Herzen, zu predigen den Gefangenen, daß sie los seyn sollen, und zu predigen das angenehme Jahr des Herrn;" ****),,durch den das goldene Zeitalter herbeigeführt werden solle;" *****) ich sage, wie konnten sie solche und so viele åhn= liche Stellen lesen, ohne die Messiasidee zu fassen,

*) 5. Buch Mos. 18, 15. **) Ps. 72, 5. 8.

***) Jef. 35. 5.

****) Jef. 61, I.
*****) Jef. II.

die sie hatten? Und wenn sie nun Jesus handeln sahen, ihn reden hörten, kräftiger als alle Schriftgelehrten und Pharisåer, wie natürlich, daß sie fagten:,,Das ist wahrlich der Prophet, der in die Welt kommen soll." *) Wahr ist's auch, daß Jesus die bedeutendsten dieser Stellen auf sich anwandte; **) daß er bei der Frage Johannes: ob er der Messias sey, sich auf die Wunder berief, die er that. ***) Er ließ also die Juden nicht blos in dem Wahne, daß er Wunder thue, weil dies zu ihrer Messiasidee gehörte; er gab sich nicht das Ansehen, daß er Wunder thue. Er that fie wirklich und berief sich bestimmt darauf. ****) Wie müßte man ihn nennen, wenn er nicht wirklich Wunder gethan, wie seine Gesandten, wenn sie davon so geschrieben hätten, wie sie schrieben?

Man spricht aber auch davon, daß die Messiasidee eine in der Natur des Menschen begründete Idee, daß sie durch das Streben und die Schwäche des Menschen bedingt sey. Das ist in sofern unrichtig, da sie unter diesem Namen nicht in

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