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Barclay, der Quäker, über den Kirchenbesuch.

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Der

ist doch einmal ein Thier des Teufels und der Eitelkeit. Heilige hat seine Kirche in sich, darinnen er höret und lehret: aber Babel bat einen Steinhaufen; da gebet sie hinein, heuchelt und glei ßet, läßt sich mit schönen Kleidern sehen, stellt sich andächtig und fromm; die steinerne Kirche ist ihr Gott, darein sie das Vertrauen fest. Der Heilige aber hat seine Kirche an allen Orten bei sich und in sich; dann er stehet und gehet, er lieget und fizet in seiner Kirche; er ist in der wahren christlichen Kirche, im Tempel Christi: der heilige Geist predigt ihm aus allen Kreaturen; Alles, was er ansiehet, da fiehet er einen Prediger Gottes. Hie wird ein Spötter sagen, ich verachte die steinerne Kirche, da die Gemeine zusammenkommt. Da sage ich,,Nein“ zu, sondern ich weise an die heuchelische babylonische Hure, die mit der steinernen Kirche nur Hurerei treibt."

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Ziemlich ähnlich, nur noch entschiedener, sprachen sich die Quäker gegen das gewöhnliche Kirchengehen aus. ,,Aller wahrer und Gott angenehmer Dienst," sagt Barclay in seinen Thesen 1),,,wird durch seinen eigenen Geist vollbracht, wenn derselbe innerlich bewegt und unmittelbar leitet, welcher weder an Oerter, noch an Zeiten, noch an vorgesezte Leute gebunden, oder damit umgrenzet oder beschränkt wird. Denn ob er schon von uns stets geehrt werden soll, indem man sich ohne Unterlaß vor ihm fürchten muß, so ist doch dessen äußerlicher Bedeutung nach in Gebeten, Lobgefängen oder Predigten nicht vergönnt, solches nach unserem Willen, wo und wann wir wollen, zu verrichten, sondern wo und wann wir durch die Be= wegung und geheime Eingebung des Geistes Gottes in unserem Herzen dazu geleitet werden. Aller andere Gottesdienst, Lobgefänge, Gebete oder Predigten, welche die Menschen aus eigenem Willen und zu ihrer bestimmten Zeit vollbringen, die sie nach Belieben anfangen und vollenden, verrichten oder nicht verrichten können, nachdem es ihnen gut dünkt, sind abergläubischer Gottesdienst (èdelovprozɛía) und eine gräuliche Abgötterei vor den Augen Gottes, welche Jeder am Tage seiner geistlichen Auferstehung zu verleugnen und zu ver= werfen hat.",,Wir finden auch nicht, daß Jesus Christus, der Urheber und Einseßer der christlichen Religion, seinen Jungern bei dem viel reineren Dienste des neuen Bundes irgend eine festgesette Weise und Gestalt des Gottesdienstes vorgeschrieben hat. Er sagt ihnen nur, daß der Gottesdienst, der nunmehr zu verrichten sei, geistlich sei und im Geist, und es ist besonders bemerkenswerth, daß in dem gan= zen Neuen Testamente in diesem Stücke weder Ordnung noch Befehl gegeben ist, sondern den Offenbarungen Gottes zu folgen, ausgenommen in diesem Einen und Allgemeinen, daß sie zugleich zusammen kommen und die Versammlungen nicht verlassen sollen. Matth. 18, 20. Hebr. 10, 24."

Aus demselben Grunde, wie die Quäker, verwarfen die Laba = disten nicht bloß das gewöhnliche Kirchengehen, sondern die Sonntagsfeier überhaupt. Das ganze Leben eines Gläubigen," erinnert

1) Barclaj. thes. IX. p. 245.

156 Yvon und Bourignon gegen den Kirchenbesuch.

Peter Yvon 1), der nach Labadie's Tode (1674) das Haupt diefer Secte war, muß ein fortwährender, göttlicher Dienst sein, und Gott fordert zu einer Zeit eben dasselbe, wie zur anderen. Ferner muß ein wahrer Christ ein gleiches Verlangen haben, den Herrn zu verehren zu aller Zeit, sowohl in geistlichen, als in leiblichen Dingen. Hieraus geht nun hervor:

1) daß es gar nicht wahr ist, daß wir Gott an einem gewissen Tage einen genaueren, größeren und sorgfältigeren Dienst erweisen sollen, als an den übrigen, weil er alle Tage den allergenauesten und größten durch ein ewiges Gesez der Liebe fordert ;

2) daß dieser besondere Gottesdienst nicht in Ausübung einiger Handlungen bestehe, die dem äußerlichen Ansehen nach geistlicher, oder dem Geiste anständiger scheinen, sondern in der besonderen Gegenwart Gottes und seiner Gnade und in größerer Uebung des Glaubens und der Liebe und brünstiger Verherrlichung von Gottes Wesen, Vollkommenheiten, Werken und Geheimnissen;

3) weil es Gott frei steht, diese Gabe mitzutheilen, nicht weniger bei äußerlicher Handarbeit und Geschäften des Leibes, als bei solchen Handlungen, die allein der Seele zukommen, ist es nicht schlechterdings nothwendig, daß man sich solcher ordentlicher und natürlicher Werke enthalte, wenn man Gott verherrlichen will, da ein Christ, besonders einer, der mehr geübt ist, die natürlichen Dinge übernatürlich, die leiblichen geistig, die menschlichen göttlich und die äußerlichen im inneren Geiste thut, wenn er mit Gott vereinigt aus seiner Gegenwart und Liebe nicht heraustritt."

Gewiß Worte, die von den Gegnern der Labadisten eher verdienten beherzigt als angefeindet zu werden! Aber auch die reformirte Kirche, in der sich diese Secte gebildet hatte, betrachtete damals mit Argwohn und Mißtrauen eine Gemeine, deren Stifter erklärt hatte, ,,daß er zwar nicht in der wahren Lehre, wohl aber im Leben und in den Sitten, in der Ausübung der öffentlichen und Privatpflichten, in der Aufnahme der Mitglieder, in der Austheilung und Gemeinschaft der Sacramente, in Anhörung und Frucht des Wortes und an= deren solchen Punkten eine Reformation beabsichtige."

Gleiche Anfeindung erfuhr Antoinette Bourignon (starb 1680) in der katholischen Kirche, als sie, mit dem bloßen Mundbekenntniß des christlichen Glaubens nicht zufrieden, mit Ernst auf ein christliches Leben drang, und die äußerliche kirchliche Frömmigkeit durchaus verwarf; und es ist eine zwar betrübende, aber in der na= türlichen Feindschaft der Welt gegen das Göttliche nur allzugegründete Wahrheit, daß das eigenthümlich christliche Leben fast überall denselben Widerspruch erfahren hat. Zudem darf man nicht vergessen, daß es auch auf diesem Gebiete fast immer Extreme waren, welche einan

1) Epist. de Sabbatho Christianorum perpetuo p. 247.

Widerlegung der separatistischen Gründe.

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der berührten. Gedankenloses Formenwesen, oder ein das Göttliche verachtender Unglaube rief als Gegensah eine, alle Formen verachtende, christliche Begeisterung und eine, sich schwärmerisch in das göttliche Wesen verlierende Liebe hervor. Die in dem Formendienst erstarrte und ergraute Orthodorie konnte sich zu der jugendlich frischen Begeisterung des neu erwachten christlichen Lebens nicht erheben, und die zu einem solchen Leben Erwachten schwärmten lieber in dem Wonnereich ihrer Träume, als daß sie sich in Formen gefügt hätten, die zwar nicht an und für sich, wohl aber für die Mehrzahl ihrer Mitbrüder nothwendig, wenigstens sehr heilsam waren. Denn wie gegründet es auch war, was die Quäker, Labadisten und andere Myftiker gegen den äußeren, öffentlichen Gottesdienst einwendeten, so wenig konnten ihre Gegner ihnen die daraus gefolgerte Entbehrlichkeit desselben zugeben, und wenn namentlich die Quäfer mit Berufung auf Jerem. 23, 22.:,,Hätten sie mein Wort meinem Volke gepredigt, so hätten sie dasselbige von ihrem bösen Wesen und Leben bekehret," behaupteten, daß die Predigt des Wortes Gottes allezeit die Bekehrung der Gottlosen zur Folge haben müsse, und aus der Thatsache, daß Viele Jahr aus, Jahr ein, die Kirche besuchten, ohne dadurch besser zu werden, folgerten, daß die Prediger nicht das Wort Gottes predigten, ja daß die Schrift selbst gar nicht das wahre Wort des Herrn sei," so konnte ihnen mit Recht entgegnet werden: „Die Propheten und Apostel haben ihre Zuhörer nicht alle bekehren können, und klagten, daß die Sünden bei ihnen überhand genommen. Sollte nun der Quäfer Schluß gelten, so würde folgen, daß diese heiligen Männer, ja daß Christus selber das Wort Gottes nicht gepredigt, dieweil er seine Zuhörer nicht alle bekehret. So wenig nun solches kann geschlossen werden von Christo, den Propheten und Aposteln, so wenig kann man heutiges Tages von den evangelischen Predigern solches schließen; und ob nun zwar der größte Haufe gottlos bleibt, so geht doch die Predigt des göttlichen Wortes nicht gänzlich ohne Frucht ab, und es werden noch immer bußfertige Leute gefunden. Und so auch nur Etliche durch unsere Predigt bekehrt werden, muß folgen, daß wir das Wort Gottes predigen, ohne welches keine Bekehrung geschehen kann; wie denn auch oftmals, obschon es das Ansehn hat, als ob das Wort bei einem Menschen nichts wirke, dennoch solche Frucht zu seiner Zeit herfürbricht, wie man es noch täglich bei Angefochtenen, Kranken und Sterbenden erfährt." 1)

,,Wie aber," haben die Separatisten älterer und neuerer Zeit gefragt, wenn die Kirche selbst ein heidnisches Babel und der Prediger ein unwiedergeborener fleischlicher Bauchdiener ist? Müssen dann nicht die Gläubigen, eingedenk des apostolischen Wortes:,,Ziehet nicht am fremden Joch mit den Ungläubigen," und der Mahnung: „Gehet aus von ihnen und sondert euch ab, spricht der Herr" (2. Kor. 6,

1) Vergl. die Schrift: „Quäfer - Gräuel :c. auf Anordnung Eines Edlen Hochweisen Rathes der Stadt Hamburg kürzlich verfasset durch Etliche hierzu Verordnete des Ministerii in Hamburg. 1702,"

158 Widerlegung der separatist. Gründe gegen den Kirchenbesuch.

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14. 17.), die Kirche meiden?" und merkwürdig genug ist die Antwort, welche der Superintendent Heinrich Georg Neuß in Wernigerode in seiner Prüfung des Geistes und der Lehre Christiani Democriti, sonst Dippel genannt" (1702) darauf gab. Der Herr Jesus," heißt es in dieser Schrift p. 69.,,,als er in die Welt kam, die Kirche zu reinigen, da sonderte er sich nicht ab von der ver= fallenen jüdischen Kirche, sondern läßt sich beschneiden und that sich unter das Gesez und die Ceremonien, die doch dazumal im höchsten Mißbrauch stunden; in seinem zwölften Jahre fizet er im Tempel unter den jüdischen Lehrern, worunter doch ohne allen Zweifel die Meisten Heuchler waren, wie sich hernachmals auswies; er sondert sich aber nicht ab, sondern gesellet sich unter sie, fraget und antwortet. Und als er sein Amt angetreten, fuhr er fort, mit den Pharissäern zu essen und zu trinken, zu reden und zu disputiren, obs schon böse Menschen waren. Desgleichen, als Paulus in der Welt herumreiste, so fand er allenthalben verunreinigte und verderbte Gemeinen, sondert sich aber deswegen nicht ab, sondern geht hinein, und sucht sie zu reinigen und zu erbauen. Wenn uns also in der Schrift anbefohlen wird, auszugehen von Babel, so wird darunter nicht verstanden, daß man sich absondern folle von dem externo corpore der Kirche; sonst wäre der Herr Jesus uns mit seinem Erempel vorangegangen, sondern das heißt von Babel ausgehen, wenn man die fleischlichen Lüste ausziehet, und den Sinn Jesu Christi in dem heiligen Geiste annimmt, wobei man gar wohl in der äußeren Gemeine stehen blei= ben kann, wie die Erempel der allertheuersten Männer beweisen. Und wenn wir auch glauben und wissen, daß ohne die Berufung, Erleuchtung und Heiligung durch den heiligen Geist Niemand auch nur ein Christ sein kann, geschweige denn ein tüchtiger Führer und Lehrer, so hüte man sich doch, daraus falsche Consequentias zu macheu, und die Kraft des Bundes im Wort an die Würdigkeit des Predi= gers zu binden, sondern freue sich vielmehr mit Paulo, wenn nur Christus geprediget wird, obs gleich zufälliger Weise geschehe, und confundire nicht Amt und Person, so daß man das Amt, um der Person willen, aller Kraft beraube. Denn Caiphas an sich ist böse; doch weifsagt er als Hoherpriester. Eli ist nicht gefund im Glauben; doch ist sein Wunsch an die Hanna prophetisch und kräftig. Summa: das Amt ist nicht ganz untüchtig, obgleich die Person im Amte nicht `tauget. Daß tüchtige Personen großen Vorzug haben, auch keine andere, als solche, die Aemter von Rechtswegen besigen sollten, ist eine Wahrheit. Aber der Herr Jesus selbst duldet den untüchtigen Judas, und ob solche Untüchtige auch Christum nicht lauterlich predigen, fo predigen sie ihn doch zufällig.“

Gebräuche beim Eintritt in die Kirche.

VI.

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Die chriftlichen Gebräuche beim Eintritt in die Kirche.

Schon oben bei der Erwähnung des in der äußeren Vorhalle der altchristlichen Kirchen befindlichen Wasserbeckens ist an das in der katholischen Kirche noch jezt beibehaltene Besprengen mit dem Weihwasser erinnert worden, das als einweihender und auf die Theilnahme am Gottesdienst vorbereitender Ritus von dem Katholiken beim Eintritt in die Kirche nicht leicht unterlassen wird. Außerdem pflegt er, übereinstimmend mit dem griechischen Christen, sich mit dem Zeichen des Kreuzes zu bezeichnen, während die Protestanten mit gesenktem Haupt und gefalteten Händen ein stilles Vaterunser zu beten gewohnt find, wobei die Männer das Geficht mit dem vorgehaltenen Hut be= decken.

Diese Gebräuche werden allerdings von Vielen nur beobachtet, weil sie einmal hergebrachte Sitte find. Indeß liegen die Fragen: Warum senkt man das Haupt beim Beten? Warum faltet man die Hände? Warum hält man den Hut vor das Gesicht? Warum betet man das Vaterunser? Warum den Rosenkranz? Warum macht man das Zeichen des Kreuzes? zu nahe, als daß sie nicht oft genug sollten gethan worden sein, und da sich für ihre Beantwortung weiterhin bei der Darstellung des Gottesdienstes selbst nicht so leicht eine passendere Stelle darbietet, so möge das, was über sie zu sagen ist, hier seinen Play finden.

1. Das Neigen des Hauptes beim Gebet.

Den Protestanten ist es nicht selten von Katholiken zum Vorwurf gemacht worden, daß sie in der Kirche beim Gebet in der Regel fizen bleiben, oder höchstens stehen und das Haupt ein wenig neigen, während sich in der katholischen Keiner schämt oder weigert, demuthsvoll vor Gott seine Kniee zu beugen, und sie pflegten ihrerseits diesen Vorwurf meist damit zurück zu weisen, daß sie sagten: „Beim Beten kommt es nicht auf die äußere Stellung, sondern auf die Gemüthsstimmung des Betenden an; nicht stundenlanges Knieen, sondern wahre Andacht und Erhebung des Herzens machen das Gebet zu einem Gott wohlgefälligen." Indeß schien den Katholiken damit auf jenen Vorwurf noch nicht genügend geantwortet zu sein, und sie verfehlten nicht, dagegen zu bemerken: „Wenn die Stellung beim Beten gleichgültig ist, warum wählt ihr nicht, gleich uns, unter allen Stellungen diejenige, welche am meisten den Charakter demuthsvoller Unterwerfung hat? Wenn ihr, wie wir es aus den Geständnissen vieler frommen

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