VI wiederum heimisch werden und den Gottesdienst, um ihn richtig würdigen zu können, besser verstehen lernen. Wie wenig aber namentlich in der lezteren Beziehung bisher für das größere Publikum geschehen ist, bedarf keiner weiteren Erörterung. Man erinnere sich des heftigen Widerspruches gegen die neue Preußische Agende, oft gerade in Punkten, in denen sie nur die urchristliche Praris wiederum geltend machte, und der wunderlichen Urtheile, die so häufig über den Cultus einer anderen Kirche, und zwar, je mangelhafter die Einsicht ist, in desto verlegenderer Weise gefällt werden. Richtigere Urtheile über die verschiedenen Cultusformen aber und regeres Interesse an dem kirchlichen Gottesdienst überhaupt lassen sich erst dann erwarten, wenn auch die Nichttheologen über das Gewordene durch den historischen Nachweis, wie es wurde, genauer unterrichtet sind, als es in dem gewöhnlichen Schul- und Confirmandenunterricht geschehen kann, oder zu geschehen pflegt, und ich habe erreicht, was ich erstrebte, wenn ich durch die vorliegende Schrift zu diesem besseren Verständniß beigetragen habe. Was die Darstellung anbelangt, so glaubte ich dem Bedürfnisse des größeren Publikums am besten zu genügen, wenn ich, statt eine streng systematische Darstellung des christlichen Cultus, oder eine Geschichte desselben im Sinne der Schule zu liefern, den Leser selbst in die Kirche eintreten ließ, um ihm dort im Einzelnen über das Einzelne die nöthigen Aufschlüsse zu geben. Diese Behandlungsweise machte es einerseits möglich, bei aller Kürze in den einzelnen Abschnitten auf Manches genauer einzugehen, als es bei einer in allgemeineren Umrissen von Zeitraum zu Zeitraum fortschreitenden Darstellung hätte geschehen können, und gewährt andererseits dem Leser den Vortheil, daß er an jedem einzelnen Abschnitt ein geschlossenes und für sich verständliches Ganzes hat. In Betreff der Ausdrucksweise habe ich den, unter dem Namen Sprache der Schule" bekannten wissenschaftlichen Jargon absichtlich vermieden; es lag mir mehr daran, denen, welche ihn nicht verstehen, verständlich zu reden, als die, welche ihn für das untrügliche Merkmal wissenschaftlicher Bildung halten, zu überzeugen, daß auch ich ihn reden kann. Ebenso haben die in den Noten beigefügten Citate nur den Zweck, die im Terte gegebene Darstellung als quellengemäß zu rechtfertigen. Mit ihnen prunken zu wollen, konnte mir nicht einfallen: denn wer in die Mysterien der Citatengelehrsamkeit einigermaßen eingeweiht ist, weiß, wie wenig dazu gehört, nicht nur eine Wolke,“ sondern ein ganzes Ungewitter von Belegstellen aus den Kirchenvätern zusammen zu bringen. Zum Schluß füge ich noch hinzu, daß ich auch den Gottesdienst der englisch- bischöflichen und der russisch - griechischen Kirche durch eigene Anschauung kennen gelernt habe. Vorwort zur zweiten Auflage. Den Dank, welchen ein Autor dem Publikum für die freundliche Aufnahme seiner Schrift schuldet, stattet er unstreitig am be sten dadurch ab, daß er bei einer neuen Auflage derselben allen Fleiß darauf verwendet, sie ihrem Zweck möglichst entsprechend zu machen. Namentlich war dies hier dringend nothwendig, da die seit dem Erscheinen der ersten Auflage verflossenen Jahre auch in kirchlicher Hinsicht so ereignißreich gewesen sind, daß eine bis auf die Gegenwart sich erstreckende Darstellung der gottesdienstlichen Verhältnisse, wie ich sie von Anfang an beabsichtigte, minde stens mehrfacher Nachträge bedurft hätte, um für die gegenwärtige Zeit nur einigermaßen zu genügen. Um so dankbarer müßte ich es anerkennen, daß eine nöthig gewordene neue Auflage mir die erwünschte Gelegenheit darbot, eine sorgfältige Revision des Ganzen vorzunehmen, und statt der Nachträge einen mit Rücksicht auf die kirchlichen Verhältnisse der neuesten Zeit durchweg umgearbeiteten und vielfach erweiterten Tert zu liefern, wie man dies an jedem einzelnen Abschnitt wahrnehmen wird. Die mir kund gewordenen Belehrungen und Winke habe ich, soweit es thunlich war, gewissenhaft benußt, und demgemäß z. B. in dem einen Hauptabschnitt über den Kirchengesang" Alles zusammengefaßt, was früher über den Choralgesang der Gemeine, das Kirchenlied, den Altargesang, das Amen, Hallelujah 2. in einzelnen Artikeln gesagt war. Ebenso find die früher einzelnstehenden Artikel über die Collecte und das Gebet zu Jesu jest in den Abschnitt über die kirchliche Epistel- und Evangelienlection aufgenommen, ein Verfahren, das sich mir schon dadurch empfehlen mußte, weil ich damit an Raum gewann. Aus eben diesem Grunde habe ich mich auch in Betreff der Citate möglichst zu beschränken gesucht, und entweder, wo es zweckdienlich schien, in einer Note die Stelle im Original mitzutheilen, im Tert nur kurz darauf hingedeutet, oder, falls ich es für angemessener hielt, fie in den Tert selbst aufzunehmen, in der Note einfach citirt. Hoffentlich darf ich hierin der Zustimmung des Lesers gewiß sein. Desto weniger aber werden, wie ich fürchte, strengere Beurtheiler es ungerigt lassen, daß ich, nachdem die allgemeine Darstellung des Gottes VIII dienstes mit der Erwähnung der deutsch-katholischen und freien protestantischen Gemeinen bereits bis in die neueste Zeit fortgeführt ist, in einer nachfolgenden Uebersicht den Armenischen Gottesdienst, die Ambrosianische Liturgie und andere gottesdienstliche Formen der älteren und neueren Zeit noch nachträglich erwähne. Den damit verschuldeten Vorwurf hinsichtlich der Anordnung des Stoffes, muß ich mir willig gefallen lassen, und kann darauf nur erwiedern, daß ich erst, nachdem der Abschnitt bereits vollendet und dem Druck übergeben war, durch unerwartet mir zugekommene literarische Hülfsmittel in den Stand gesezt wurde, über diese Gegenstände etwas Genaueres mitzutheilen. Ich wollte aber lieber mich jenem Vorwurf aussehen, als, um ihm zu entgehen, dem Leser vorenthalten, was ihm vielleicht auch nachträglich nicht unwillkommen und von Interesse ist. Noch später erst lernte ich den Irvingistischen Gottesdienst, den ich sonst gern in diese Darstellung aufgenommen hätte, aus authentischen Quellen kennen, und daß ich mich nicht schon früher mit demselben bekannt gemacht habe, wird man um so leichter entschuldigen, wenn man weiß, wie schwierig es ist, zu diesen, dem buchhändlerischen Verkehr immer noch entzogenen Quellen zu gelangen. Was sonst einer oder der andere Leser hier vermissen sollte, ist, wie ich versichern darf, nicht aus Fahrlässigkeit, sondern nur darum unerwähnt geblieben, weil es passender in der speciellen Darstellung des Kirchenjahres und seiner gottesdienstlich zu feiernden Tage seine Stelle zu finden schien. Christliches Leben und kirchlichen Sinn wieder zu wecken, wo sie erstorben, und wieder in die rechte Bahn zu leiten, wo sie auf Abwege gerathen scheinen, das ist jeßt, nachdem die gewaltigen Erschütterungen der beiden verflossenen Jahre zwar vorüber, in ihren Nachwirkungen aber immer noch fühlbar genug sind, eine der großen Hauptaufgaben der Zeit, welcher die edelsten und begabteften Männer der Gegenwart ihre ganze Kraft widmen, in der fe= ften Ueberzeugung, daß von ihrer befriedigenden Lösung die Hoffnung einer besseren Zukunft bedingt ist, aber auch mit der sicheren Vorausseßung, daß jeder Einzelne, dem die Kirche Christi noch gilt, was sie dem Christen gelten soll, das Seinige dazu beiträgt. So möge denn auch diese Schrift als ein kleiner Beitrag dazu freundlich, und in ihrer gegenwärtigen Gestalt ebenso wohlwollend aufgenommen werden, wie in der früheren. Inhaltsverzeichnißz. Der Sonntag als Denktag der Auferstehung 20. 21. Neutestamentliche Stel- len für die Sonntagsfeier 22. Zeugnisse des Barnabas, Ignatius, Plinius, Justinus, Tertullian, Drigenes 23. 24. Staatsgeseß über die Sonntagsfeier, II. Der Sonntag, ein Tag der Ruhe und Heiligung S.26–37. Jüdische Sabbathsruhe, Beobachtung derselben in späterer Zeit, Josephus, Sy- nesius, die Dositheaner 26. 27. Rabbinische Bestimmungen 28. Dies fasti und nefasti, Römische Geseße über die Ruhe an Festtagen 29. Kaiz serliche Geseze über die Sonntagsfeier 30. 31. Verbot der Marktgeschäfte am Sonntag 32. Cromwells Geseze über die Sonntagsfeier 33. Englische Sabbathsfeier, Sabbathsmenschen, Sonntagsschulen 34. 35. Schottische Sonn- tagsfeier 36. Vereine gegen die Sonntagsentheiligung 37. Kirchenbesuch am Sonntag 38. - Die Kirchen der verschiedenen Confessionen 39.- Hat es im apostolischen Zeitalter Kirchen gegeben 40. Erste christliche Got- tesbäuser 41. Die Christen in den Verfolgungszeiten 42. Kirchen vor Constantin dem Großen 43. — Verschiedene Klassen der Theilnehmer am Gottes- dienst 44. — Die drei Hauptabtheilungen einer altchriftlichen Kirche 45. — Heid- nische Tempel, Basiliken 46. Byzantinischer Styl 47. Romanischer, Ger- manischer, Renaissance-Styl 48. 49. Neuere protestantische Kirchen, Verfall IV. Die innere Einrichtung des Gotteshauses S. 51–57. Grundriß einer altchristlichen Kirche 51. Kirchenbaulinie, äußere Vorhalle, Narther, Paradies, Schiff der Kirche 52. 53. Chortenne, Ambon, Chor, Cancellen 54.- Bilderwand, Altarraum 55. — Stelle des Altars in der Kirche Lustrationen im Heidenthum, bei den Muhammedanern und Juden 58. 59. Weihkessel, Fest der Wasserweihe, Russisches Jordansfest 60. 61.- Benedictio Thürme für die Glocken 63. Glockenfeinde, Jüdisches Posaunenfest 64. „Nächtlicher Hammer" in den Klöstern 65. Simantrum, Hagiosideron, Glocken 66. Glocken- und Kirchenthürme 67. Ursprung des kirchlichen Gebrauchs der Glocken 68. - 3. Die Thurmuhren u. die gottesdienstlichen Stunden S. 70-74. Die Thurmuhren, die drei Gebetsstunden im Alterthum 71. Die sieben kano- nischen Stunden 72. Früh- und Nachmittagsgottesdienst 73. Frühpredigt, Lesepult auf der Kanzel 78. Extemporirte Predigten 79. SO. — Halten fremder Predigten 81. Vorlesung von Predigten 82. Predigten der Englischen Männer- und Frauenpläße in den altchristlichen Kirchen 86. — Knieen, Stehen und Siten in der Kirche 87. Keine Sigplätze in der griechischen Kirche 1. Die Gitter- oder Bilderwand und die Vorbühne S. 89–92. Gitterwand und Vorhänge 89. - Jkonostasis, königliche Thüren 90. — Verzie- Ursprung der Reliquienverehrung 98. Wunderliche Reliquien 99. Verbot des Handels mit Reliquien 100. Bestimmung des Tridentiner Concils 101. Bilder in den christlichen Kirchen, ältere Ansicht von Christi äußerer Gestalt 104. - Symbolische Bilder im christlichen Alterthum 105. Alttestamentliche Bilder 106. Neutestamentliche Bilder 107. Polemik gegen die Bilder 108. Dogmatische Bedeutung derselben 109. Vertheidigung der Christus- und Ma- rienbilder 110. Bilderstreitigkeiten 111. Vertheidiger und Gegner der Bilder 112. Bilderstürmer 113. Sonntag der Rechtgläubigkeit, Russische Heili- genbilder 114. 115. Heiligenbilder in Privatwohnungen 116. Bildersturm 117. - Niclaus Manuel's „Klagred der armen Gößen“ 118-120.— - - - - Karlstadı's 6. Das Diakonikum und die priesterlichen Kleider S. 122–135. Zweck des Diakonikum, Kleidung im Alterthum 122. — Tunica, Toga, Pallium 123. Weiße leinene Kleider der heidnischen Priester 124. Hohenpriester- liche Tracht, Kleidung der Apostel 125.- Tribonium, weiße Kleider beim Gottes- Sticharion, Epitrachelium, Casula 127. — Omophorium, Pallium, Mönchstracht 128.— Schwarzer Talar, Mantelstreifen der Reformirten 129. Halskragen, Umschläge, Kopfbedeckung, Mitra, Tiara, Jnful, Kardinalshut 130.131. |