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2. Entstehung der Schwabenstreiche

im 16. Jahrhundert.

Ob dann die Schwaben nit auch leut weren?
Zimmerische Chronik.

Wie im 16. Jahrhundert der Schwabe zum sprichwörtlichen Schwäblein wird, das läßt sich in der Literatur jener Zeit noch ziemlich gut verfolgen. Aber es muß scharf geschieden werden, was als rein sachliche Außerung aufgefaßt werden will und keinen Spott auszulösen beabsichtigt- und das, was in erster Linie unterhalten möchte, wenn es die Schwaben bei den andern herabsetzt. So nennt z. B. Agricola die Schwaben und die Bayern,,Machthansen und aufrührische Köpfe, die gern hadern und zanken", denn von dieser Seite hat er sie wohl kennen gelernt. Fährt er aber dann fort: ,,Wenn ein Sachse getrunken hat, so gehet er schlafen, wenn ein Schwab oder Bayer getrunken hat, so will er fechten" (B. A. I. 100), so verläßt er damit schon den Boden ruhiger Objektivität. Jene sachlichen Außerungen widersprechen sich häufig, weil die Leute, die in Schwaben gereist, dort nicht alle dieselben Erfahrungen gesammelt haben. Die scherzhaften Spöttereien aber, auf die es hier vor allem ankommt, sind die Ausgeburten von tausend Vorurteilen und wenden sich an ein unkritisches Publikum, das sie mit Lachen aufnimmt und sich darnach seine Vorstellungen von diesem närrischen Völkchen bildet. Gelegentlich widerspricht einmal ein Kenner diesem Lügengewebe, so wenn Melanchthon meint:,,Es ist nicht wahr von allen, wie man sonst sagt: Ein Thuring ein zerer, ein Franck ein schwerer, ein Schwab ein schwatzer; nicht alle sind so“ (Lösche, Analecta Lutherana 155). Aber das kritiklose, boshafte Volk hielt von vornherein jeden Schwaben für einen Schwätzer.

Wie mag es da mit der eingangs geforderten Wahrheit bestellt sein, wenn der Schwabe so gänzlich der boshaften Phantasie des Volkes ausgeliefert ist! Die Schwabenstreiche gehen allerdings vielfach weit über das Maß der Karikatur hinaus, und wenn es auch selbst in jener leichtgläubigen Zeit gewiß keinem denkenden Menschen eingefallen ist, sie für wahr zu halten, so glaubte man doch an die Eigenschaften, die zugrunde liegen, und dieser Glaube verhindert eben, daß man dieselben Geschichten auf einen andern Stamm überträgt, oder daß sich der Volkswitz zur Abwechslung einmal einen andern Hanswurst sucht. Nur der Schwabe sah sich von einem lustigen Steckbrief verfolgt, kein anderer Stamm. Die Wahrheit ist von blindem, voreingenommenem Glauben verdrängt worden, und dieser tut ja allerdings für eine gern übertreibende Zeit, die ganz im Bann der Überlieferung lebt, die nämlichen Dienste. Er duldet sogar offenkundige Widersprüche, er schafft den schlauen und den dummen, den faulen und den fleißigen, den trunkenen und den nüchternen Schwaben. Aber sogar die Urteile wahrheitsliebender Männer lassen sich nicht immer vereinigen. So schreibt z. B. Poggio, der einst den Ketzer Hus auf das Konstanzer Konzil brachte, ganz ähnlich wie später Agricola: ,,Die Männer schaun trotziglich drein, und mir wills in ihrer Näh nicht behagen; ihrer Reden Sinn nach sind sie zumeist dem engelländischen Ketzer Wiklef zugetan, sie schlagen kein Kreuz und knurren vor während unserm Habit“. Luther, der die Schwaben auch persönlich kannte, zum entgegengesetzten Urteil kam:,,Wenn ich viel reisen wollt, wollt ich nirgend lieber ziehen denn durch Schwaben und Bayerland, denn sie sind sehr freundlich und gastfrei, gehen den Ankommenden entgegen und tun ihnen gute Ausrichtung um ihr Geld. Die Hessen und Meißner tun es ihnen einigermaßen gleich, sie nehmen aber ihr Geld drum. Sachsen ist ganz unhöflich, da die Leute weder mit Wort noch mit Tat gefällig sind und sagen: Lewe Gast, ick wet nit, wat ick Ju geffen soll; dat Wiff it nit daheim, ick kan Ju nit herbergen"

(Lösche, 215). Ebenso schwabenfreundlich sagt er ein andermal: „Die Meißner sind stolz und bilden sich viel auf ihre Weisheit ein, die sie doch nicht haben. Die Thüringer sind ungefällig und habgierig, die Böhmen tun sich durch Fasten vor den andern hervor, die Bayern sind dumm, unbegabt und daher ehrlicher. Franken und Schwaben sind einfach, ehrlich und gefällig, die Schweizer die ersten unter den Deutschen, mutig und lauter. Die Wandali sind Diebe und eine ganz schlechte Gesellschaft. Niderlender, Batavi sind rechte Gaukelmänner, und die Rheinländer sind verschmitzt" (Lösche, 63). Ganz im Gegensatz dazu will Melanchthon, der doch halb ihr Landsmann war, gar nichts von den Schwaben wissen, deren,,stoliditas et perfidia hominibus Germanis indignissima" er tadelt. Die Widersprüche kommen eben nicht aus demselben Munde, und jeder Beobachter macht andere Erfahrungen.

Doch wie gesagt, das sind Urteile von Kennern, auf die es hier nicht ankommt. Es soll ja hier auch kein zutreffendes Bild vom Schwaben, sondern eine Schwabenkarikatur aufgebaut werden. Daher noch einmal zurück zu Poggio, in das vorbereitende 15. Jahrhundert. Poggio, dem niemand das Verständnis für das Volkstümliche absprechen wird, weiß noch kein Wort von einer Sonderstellung des Schwabenvolkes im deutschen Volksmund, er, der durch seine Fazetien neben Boccaccios Dekamerone doch den ersten Anstoß gab zu jener Flut von Schwankbüchern, die voll waren von Schwabenschand und -leid. Von den Schwäbinnen z. B. berichtet er in seinem,,Sendbrief über Hussens letzte Tage" (neugedruckt Reutlingen 1883):,,Auch umwandeln einen zu Stuttgarten gar viel minneschöne Mägdlein mit dunsigen Backen und lichtigen Haaren, mittelichen Leibes und nicht leidellengroß wie die bei uns" was man aber später diesen minneschönen Stuttgarter Mägdlein nachsagte, war ihm offenbar nicht zu Ohren gekommen; verschwiegen hätte ers sicher nicht!

Was Poggio nicht bekannt war, hat der Ulmer Mönch

Keller, Schwaben.

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Felix Fabri, ein geborener Züricher, gewußt. In seiner ,,Historia Suevorum," lib. I (Goldast 24), schildert er Land und Leute folgendermaßen: ,,Das Land ist volkreich, stark und kühn, der Stamm sehr kriegerisch, von hohem Wuchs und blondem Haar, hübschem Gesicht und schmucker Gestalt, wohlgesetzter Beredsamkeit, gebraucht Synonyme und hat Überfluß an Worten und Wendungen vor allen Deutschen, hat eine helle Stimme und singt volltönende Lieder, entbehrt infolge seiner sparsamen Lebensweise Vergnügungen (gaudiis cum parcitate victus vacans), kleidet sich reich. (splendida veste) und badet häufig . . .1) Auch sind die Schwaben vernünftiger als die Elsässer, edler als die Bayern, gerechter als die Brabanter, reicher als die Franken und frömmer als alle andern Deutschen." Mögen nun diese hochtrabenden Worte auch nicht viel sagen und mancherlei enthalten, was sich mit den Aussagen anderer Männer nur schwer vereinigen läßt, so hat Felix Fabri in Einzelheiten doch manchmal das Richtige getroffen und deckt sich mit den Beobachtungen seiner Zeitgenossen, wenn er weiterhin schreibt:,,Obgleich Schwaben ein gutes Land ist, so bekommen die Schwäbinnen doch so viele Kinder, daß das Land sie auch heute nicht alle ernähren kann. So kommt es, daß fast in allen Gegenden Deutschlands sich Schwaben finden. Denn allen sendet Schwaben seine Priester und Schüler zu, und es gibt wohl kein Land unterm Himmel, wo es so viele Priester, Schreiber, Musiker, Schulrektoren und dergleichen gibt wie aus dem Schwabenland. So ist der ganze Breisgau und das Elsaß voll von schwäbischen Bauern, und ohne sie könnten die Elsässer Bauern die Hälfte ihres Berglandes nicht anbauen, und das halbe Elsaß wäre also verlassen, wenn die Schwaben es nicht überfluteten. Und daß der bekannte edle Elsässer Wein schon weit und breit durch die Welt geschickt wird, ist das Verdienst der schwäbischen Winzer, die Tag für Tag in den

1) Bebel hat diese Stelle fast wörtlich in seine ,,Epitoma laudum Suevorum" übernommen.

Bergen das Brachland umgraben und das Rebgebiet vergrößern. Und nicht nur in Schwaben, sondern in allen Gegenden, auch außerhalb Deutschlands, wo Wein wächst, findet man schwäbische Winzer. In ähnlicher Weise schickt Schwaben seine Knechte und Waffenträger überallhin. Wo gibt es einen König, einen Fürsten oder Herrn auch in den abgelegensten Ländern, dem nicht einige Schwaben dienten? Im Dienste der Herren von Venedig habe ich auf den Inseln und in den Häfen des Meeres sehr viele bewaffnete Schwaben angetroffen, die der Bewachung der See dienten." An derselben Stelle heißt es von den Schwäbinnen:,,Auch das weibliche Geschlecht ist bei den Schwaben fein und wohlgestaltet (genus delicatum et formosum), es vermehrt sich so sehr, daß fast in allen Gegenden Schwäbinnen umherschweifen, die den Leuten in den häuslichen Geschäften dienen, meistens aber sich dem Dienst der Venus ergeben, dem sie so sehr zugetan sind, daß sie den übrigen vorgezogen werden und den ersten Platz in den Tempeln der Venus innehaben; andere durcheilen gewissermaßen mit Venus auf der Suche nach Adonis die Welt... Aber die anständigen, tugendhaften und guten Schwabenmädchen, deren Zahl die größere ist, weihen sich einer reinen Ehe oder lassen sich in Klöster einschließen, wo sie nicht die Keuschheit der Minerva, sondern die Jungfräulichkeit der Maria bewahren. Daher steht es bei mir fest, daß es in der ganzen Welt nicht so viele Frauenklöster, so viele Mädchen-Anstalten (iuvencularum inclusoria), so viele Beginenhäuser gibt in einem so kleinen Bezirk wie in Schwaben zehn Meilen im Umkreis von Eẞlingen. Aber sie leben nicht nur in den Klöstern Schwabens, sondern auch die Klöster anderer Gegenden füllen die Schwabenmädchen. Wie also, wenn ich Unpassendes vergleichen darf, die Freudenhäuser aller andern Länder Schwäbinnen haben, so auch fast alle Klöster in der Ferne, und die Schwäbinnen sind in den Klöstern beliebt und nutzen mehr als andere wegen ihrer guten Art. Daher kommen manche aus fernen Ländern,

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