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Attischen Sprache nicht ganz unbewandert war. Seine schwache Seite ist die Etymologie: die Ableitung von Gaugerichs Namen aus 'gaudii riccitas', (von riccus', reich), von Eposium', bei ihm Euusium', aus ev ovoía möchte man heute kaum für Ernst halten. Das Versemachen treibt er nicht ohne Geschick. Interessant ist die Schrift durch einige Streifblicke auf Zustände und Ereignisse seiner Zeit. So, wenn er hervorhebt, dass Gaugerich nicht, wie damals die meisten Bischöfe', fern von der Kirche in stolzem Palaste, sondern in einer mit der Kirche verbundenen bescheidenen Wohnung gewohnt habe. Zwei Biographieen Gaugerichs fand er schon vor. Die eine

hatte ein äusserst barbarisches Gewand; sie war dem Bischof Gerard durch einen Zufall in die Hände gerathen. Er hatte nämlich von alten Leuten erfahren, dass ein sehr ausführliches, an Wundern reiches Leben Gaugerichs existiert habe, welches bei der Verwüstung Galliens durch die Heiden (Normannen oder Ungarn) mit vielen andern Büchern verbrannt sei. Nachforschungen, welche auf dieses leere Gerücht hin in den Bibliotheken und sonst veranstaltet wurden, hatten den Erfolg, dass ein Pilgersmann aus dem Nordens eine sehr alte Hs. des Lebens zum Verkauf anbot, die zwar kürzer war als die gesuchte, aber immerhin ausführlicher als die vorhandene. Von diesen beiden Quellen war Petrus Boschius, dem Bearbeiter des Lebens Gaugerichs in den AA. SS., nur die jüngere bekannt. Die ältesten Hss. derselben stammen aus dem 9. Jahrh., und in dieser Zeit mag sie auch entstanden sein. Anlass zur Abfassung bot offenbar die schlechte Sprache der älteren Vita. Denn zuzusetzen wusste der Verfasser fast nur, dass Vedulf der Vorgänger Gaugerichs gewesen sei, was ihm die Bischofskataloge zeigten, und ein paar Bemerkungen über den Markt am Gaugerichsfeste. Dagegen liess er sich den ganz auffallenden Irrthum zu Schulden kommen, dass er den Agegius, episcopus Remensium civitatis' in einen 'Igigius Romanae urbis episcopus' verwandelte. Es ist nur lobenswerth, dass ihm sein Nachfolger diesen Unsinn nicht nachgeschrieben hat.

Dieser erzählt, dass Gaugerichs Eltern von römischer Abkunft waren. Schon Boschius hat zu dieser Stelle bemerkt, dass sie aus der andern Quelle stammen müsse 5, die ihm verschlossen geblieben ist. Erst in jüngster Zeit ist sie aus Handschriften vom 10.-14. Jahrh. von seinen Nachfolgern in den Anal. Boll. VII, 387 veröffentlicht worden. Ich fand die

1) ut nunc plerosque cernimus'; Vita III, 1. 2) 'superbis in aedibus'; ib. 3) ab arctois finibus' Vita, Ep. praevia. 4) Der SS. XIII, p. 382, abgedruckte Katalog ist jünger. 5) Forte hic auctor secutus fuerit vetustissimum codicem suum ab arctois partibus allatum'. (AA. SS. a. a. O. 678.)

selbe Vita noch in der Münchener Hs. n. 1347 des 9. Jahrh., wo leider der Schluss fehlt. Dieser älteste und beste Codex gehört zu der 2. Handschriftenfamilie der Bollandisten; er wird ciner neuen Ausgabe zu Grunde gelegt werden müssen. Nach Auffindung dieses ältesten Textes haben die beiden jüngeren Bearbeitungen, als abgeleitet, für die Geschichte Gaugerichs keinen selbständigen Werth mehr. Sie sind nur noch von Interesse für die Kenntnis der Verehrung des Heiligen bei der Nachwelt.

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Auf der Strasse von Reims nach Trier, an dem kleinen Flüsschen Chiers, liegt das alte Castell Eposium, früher frz. Yvois, deutsch Ipsch, heute Carignan genannt, welchen Namen es einer Laune Ludwigs XIV. verdankt. Die Lage des Ortes hart an der Grenze Frankreichs und die Fruchtbarkeit der Gegend, welche auch eine Versorgung grosser Menschenmassen und zahlreicher Pferde ermöglichte, führte 1023 die Könige Deutschlands und Frankreichs hier zusammen3, um über die Geschicke ihrer Völker zu berathen. Der Ort gehört heute zu Frankreich (Dép. Ardennes), mit welchem ihn die Sprache schon von jeher verband. Romanen waren auch Gaudentius und Austadiola, die Eltern unseres Gaugerich, der um die Mitte des 6. Jahrh. hier geboren wurde. In der Gegend von Eposium gab es zwar zu Gaugerichs Zeiten noch Heiden, was ausser der Vita auch Gregor bestätigt, der Ort hatte aber seine Kirche und seinen Priester, welcher zugleich einer Schule vorstand. Das Castell gehörte zur Kirchenprovinz Trier. Die canonischen Satzungen fordern, dass der Bischof zeitweise seine Diocese bereist, um die für den geistlichen Beruf tauglichen Knaben auszuwählen und zu ordinieren. Auf einer solchen Reise kam Bischof Magnerich von Trier auch nach Eposium. Unter den Schülern wurde ihm Gaugerich als der für ein Kirchenamt geeignetste vorgestellt. Nicht bloss seine Kenntnisse und seine anhaltende Beschäftigung mit der heiligen Schrift, auch seine Führung empfahlen ihn hierfür. Auf das Glockenzeichen eilte er zuerst zur Kirche und, wenn seine Mitschüler speisten, fastete er oft, um seine Speise den Armen geben zu können. Hierzu kamen seine vortheilhaften äusseren Eigenschaften, insbesondere sein stets heiterer Gesichtsausdruck. Ganz von ihm eingenommen, weihte ihn der Bischof durch Auflegen der Hände für den geistlichen Stand. Nach seinem Lieblingsverse aus der heiligen Schrift gefragt, antwortete

1) Nur die Münchener und die Hs. 2 der Bollandisten (Chartres n. 68, saec. X.) haben Anal. Boll. VII, 390, Z. 6 die Stelle 'studiret ei officium diaconati', welche die Bollandisten leider in die Noten gesetzt haben. 2) Longnon, Géographie de la Gaule, S. 369. 3) V. Gaug. tertia I, 1; Gesta ep. Camerac. III, 37. 4) Hist. Fr. VIII, 15. Vergl. Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands I, 34.

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Gaugerich mit Psalm 2, 8: 'Postula a me, et dabo tibi'. Der Bischof versprach ihm die Diakonatsweihe, wenn er bei seiner Wiederkehr den ganzen Psalter auswendig gelernt hätte. Durch anhaltendes Studium bei Tag und Nacht erreichte Gaugerich sein Ziel und wurde so Diakonus.

Unter der Regierung des Austrasischen Königs Childebert (575-595) trat eine Vakanz auf dem Bischofsstuhle in Cambrai ein. Der Hergang bei der Besetzung der Bisthümer war in Merowingischer Zeit folgender 1. Clerus und Volk verständigten sich über einen Candidaten und gaben ihm ihre Zustimmung. Hierauf war die Bestätigung des Königs einzuholen, welcher den betreffenden Metropoliten zur Weihe des Erkorenen aufforderte3. Die Vorbedingungen für die Bischofsweihe werden am bündigsten durch das 5. Čoncil von Orléans vom Jahre 549 zusammengefasst: 'cum voluntate regis, iuxta electionem cleri ac plebis, sicut in antiquis canonibus tenetur scriptum, a metropolitano cum provincialibus pontifex consecretur'. Hiermit steht im Einklang die Darstellung des Biographen über die Ordination Gaugerichs. Vom Clerus und Volk von Cambrai zum Bischof ausersehen, wurde er König Childebert zur Bestätigung vorgeschlagen. Auf eine königliche Ordre ('principalis praeceptio') hin erfolgte dann die feierliche Ordination durch den Metropoliten Aegidius von Reims.

Longnon rechnet Cambrai am Ausgange des 6. Jahrh. zu Chlothars II. Reiche, also zu Neuster. Zwar steht aus Gregor, H. Fr. VI, 41, fest, dass die Stadt noch 584 zu Chilperichs Theile gehörte, denn der König zog sich damals gegen die drohende Haltung Gunthramns und Childeberts dorthin zurück, aber kurz nachher muss sie von Childebert besetzt worden sein, vielleicht schon am Ende des Jahres 584, als nach der Ermordung König Chilperichs sein unmündiger Sohn Chlothar II. den Königsthron bestieg. Zu derselben Zeit hat Childebert auch Soissons occupiert. Die Ernennung Gaugerichs_fällt also frühestens 585, spätestens aber 590, in welchem Jahre Aegidius von Reims wegen seiner Schandthaten abgesetzt wurde ".

Aus der Bischofszeit Gaugerichs erfahren wir durch seine Lebensbeschreibung nur eine Anzahl kleiner Züge, welche die Wunderthätigkeit des Heiligen beweisen sollen. Es sind aber keine seltsamen und abgeschmackten Dinge (z. B. Auferweckung von Todten u. dergl.), wie sie sonst Heiligen gern angedichtet

1) Vgl. Waitz, VG. II, 23, p. 61. 2) Ein 'consensus civium pro episcopatum' steht bei Marc. I, 7. 3) Vergl. das 'Indecolum regis ad episcopum, ut alium benedicat' bei Marc. I, 6. 4) Coll. concil. Gall. ed. Sirmond I, 280. 5) Vergl. Longnon, Géographie de la Gaule, S. 394. 6) Greg., H. Fr. X, 19.

werden, sondern ziemlich natürliche Ereignisse, welchen nur sehr oberflächlich der Stempel des Wunderbaren aufgedrückt ist. Hauptsächlich handelt es sich um die Befreiung von Gefangenen und Sclaven, denen auf das Gebot des Bischofs hin die Ketten vom Leibe fallen. In den Heiligenleben des 6. und 7. Jahrh. begegnen diese Erzählungen sehr häufig. Es war nämlich die Fürsorge für die Gefangenen den Geistlichen durch das 5. Concil von Orléans 549 ausdrücklich zur Pflicht gemacht. Die Archidiakonen sollten Sonntags die Kerker aufsuchen und die Bischöfe den Gefangenen aus ihrer Küche den Unterhalt gewähren. Die Bischöfe begnügten sich aber bald nicht mehr mit einer Milderung des Looses dieser Unglücklichen, sondern setzten ihren Ehrgeiz darein, sie ganz aus Ketten und Banden zu befreien. Von einer Prüfung, ob die Gefangenen die Freiheit auch wirklich verdienten, ist nirgends die Rede. Man kann es daher Beamten, wie Graf Waddo von Cambrai und dem Tribunen Walchar, nicht verdenken, wenn sie sich sträubten, den Bitten des Bischofs Gehör zu schenken.

Einst begab sich Gaugerich an den Hof Chlothars II. nach Chelles, wo er mit dem Majordomus Landerich zusammentraf. Auch dieser hatte zwei Gefangene, die mit dem Tode bestraft werden sollten. Durch das Gebet Gaugerichs erhielten sie aber ihre Freiheit zurück. Da der Biograph die Zeit stets nur mit sehr allgemeinen Redensarten bezeichnet, ist es nicht leicht, über den Zeitpunkt der Begegnung ein sicheres Urtheil zu gewinnen. Wir wissen, dass nach Childeberts Tode 595 Fredegunde mit ihrem Sohne Chlothar gegen dessen Söhne Theudebert und Theuderich zu Felde zog und sich in den Besitz von Paris und der übrigen Städte an der Seine setzte3. Diese Gebiete blieben bis 599/600 im Besitze Chlothars. In diesem Jahre aber nahmen ihm die beiden Brüder die Eroberung wieder ab und kürzten ihm sein Theilreich bis auf 12 Gaue zwischen Seine, Oise und dem Meere1. Alles übrige Land in den angeführten Grenzen, darunter das ganze Herzogthum des Dentelenus, erhielt Theudebert. Longnons rechnet hierzu auch Cambrai. Die Gaue aber, welche das Herzogthum ausmachten, sind uns gänzlich unbekannt, Jedenfalls befand sich Paris und damit auch Chelles von 595-599/600 in der Gewalt Chlothars oder vielmehr seiner Mutter Fredegunde. Der König nämlich war erst 584 geboren, also damals noch sehr jung. Wäre Gaugerichs Aufwartung am Hofe in so früher

1) D. i. Gefängnisaufseher; vergl. Waitz, VG. II, 23, p. 4. 2) 'Post haec', 'Contigit aliquos dies', 'Aliquo vero tempore', 'Quodam itaque tempore' zwei Mal. 3) Fred. IV, 17. 4) Fred. IV, 20. 5) Géographie de la Gaule S. 145. 6) Greg., H. Fr. VI, 41.

Zeit erfolgt, so würde sie vermuthlich nicht bloss dem jugendlichen Könige, sondern auch dessen einflussreicher Mutter gegolten haben. Von Fredegunde ist aber in der Vita nirgends die Rede. Ich glaube daher nicht zu irren, wenn ich die Begegnung in die Zeit setze, als Chlothar nach Herstellung der Monarchie 613 zum zweiten Male Herr von Paris geworden war. Da aber der Nachfolger Landerichs im Majordomat, Gundeland, schon 617/618 von Fredegar IV, 45 erwähnt wird, so kann sie auch nicht viel später stattgefunden haben.

Durch die Dazwischenkunft Gaugerichs erhielt auch ein Trupp an den Händen gefesselter Sclaven, die ein Kaufmann zum Verkauf herumführte, die Freiheit zurück. Dies geschah in Famars, südlich von Valenciennes.

Zwei andere Wunder sind auffallender. Der Heilige heilte in der Gegend von Tours einen Blinden, der schon 30 Jahre des Augenlichtes beraubt war, und sein Stock blieb mitten in der Kirche von Périgueux stehen, als wenn er mit Blei gefüllt wäre. Charakteristisch ist es, dass beide Ereignisse sich ausserhalb Cambrais zugetragen haben sollen. Das eine Mal war Gaugerich vom König Chlothar an das Grab des h. Martin nach Tours gesandt zur Vertheilung von Spenden an die Armen, bei Gelegenheit des andern Wunders aber befand er sich auf einer Visitationsreise. Es war nämlich ein Hof (curtis), den die Kirche von Cambrai im Périgord besass, zu inspicieren.

Da der Biograph keine fortlaufende Darstellung der bischöflichen Thätigkeit Gaugerichs giebt, sondern nur seine vermeintlichen Wunderthaten schildert, ist es auch nicht so merkwürdig, dass er die Theilnahme Gaugerichs an der Synode in Paris ganz übergeht, die am 10. October des 31. Jahres Chlothars in der Peterskirche tagte. Die Anwesenheit Gaugerichs bezeugt seine Unterschrift, die aber schlecht überliefert ist '. Die Synode kann in die Jahre 614 oder 615 fallen, je nachdem man den Regierungsantritt Chlothars, der sicher nach dem 1. September erfolgt ist, vor oder nach dem 10. October 584 ansetzt.

Gaugerichs Todestag ist der 11. August. Er starb, nachdem er 39 Jahre das Bisthum verwaltet hatte, frühestens 623, spätestens 629, vorausgesetzt, dass wir sein Antrittsjahr richtig bestimmt haben. Beerdigt wurde er in der Kirche des h. Medardus auf dem der Stadt benachbarten Berge3. Es war dies

1) Er wird als Bischof von 'Marace' (schreibe 'Camarace') bezeichnet; vergl. Friedrich, Drei unedierte Concilien aus der Merovingerzeit, S. 14. 2) So Friedrich und Maassen, Quellen des canonischen Rechtes, S. 212. 3) 'Bublemons' nennt ihn der dritte Biograph II, 3, § 56, der hinzufügt, dass Gaugerich den Ort von einem Burgarius gekauft und eine Kirche zu Ehren der Heiligen Medardus und Lupus dort erbaut habe. Er hätte dort Mönche eingesetzt mit seinem Bruder Lando als Abt und sich ein Mau

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