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Er entlehnt schliesslich seine Definition des königlichen Amtes Hugo von Flavigny, wie sich aus folgender Gegenüberstellung ergiebt:

Hugo Floriac.

I, c. 6: Porro legitimi regis officium est populum in iustitia et aequitate gubernare et ecclesiam sanctam totis viribus defendere. Oportet etiam eum esse

Hugo Flavin. p. 436. Regale ergo est ministerium Dei populum gubernare et iniustitia et equitate regere; defensorem esse ecclesiarum, tutorem pupillorum et vidu

pupillorum tutorem et arum, liberare pauperem

viduarum protectorem et a potente et inopem, cui non
pauperum auxiliatorem etc. est adiutor; et cum beato Iob
II, p. 196: Ipsius etiam of molas iniqui conterere
ficium est molas iniqui et de dentibus illius prae-
conterere et de faucibus dam auferre, patrem esse
eius praedam eripere, ut pauperum, oculum caeco-
recte pater pauperum et rum et pedem claudorum.
oculus caecorum et pes
claudorum nominari possit
et esse. Ipse quoque debet

esse sanctae defensor ec-
clesiae.

Nach dem bisher Erörterten kann es keinem Zweifel mehr unterliegen, dass die Lectüre der Chronik und der von ihrem Verfasser geäusserten Ansichten für den Mönch von Fleury die Veranlassung zur Abfassung seiner Schrift war. Er hatte sie vermuthlich vor sich, als er schrieb: er blätterte darin, denn er schrieb manches wörtlich ab, während er anderes nur nach der Erinnerung wiedergab. Er sah sich hier einem energischen Vertheidiger gregorianischer Prätensionen gegenüber, die bald durch Briefe des Papstes selbst, bald durch eigene Bemerkungen erläutert und verfochten wurden. Die heftigen Ausfälle des streitbaren Abtes von Flavigny mussten den Widerspruch eines Mannes herausfordern, der den principiellen Gegensatz, welcher zwischen der päpstlichen Auffassung und seiner eigenen von dem Verhältnis der geistlichen zur weltlichen Macht bestand, vollkommen durchschaute, der seine royalistische Gesinnung, wie wir zu zeigen suchten, offenbar aus der Tradition des Klosters ererbt und in seiner Umgebung genährt hatte. Es handelt sich also um mehr, als eine quellenmässige Abhängigkeit: die Schrift des Klosterbruders ist eine bewusste Erwiderung auf die in der Chronik geäusserten Tendenzen. Unter diesem Gesichtspunkte erhält der Tractat erst seine richtige Beleuchtung. Denn wenn die Geschichte des Abtes von Flavigny die Person Gregors VII. zum Mittelpunkt hat, so werden wir annehmen können, dass der Benutzer in seiner theoreti

schen Abhandlung von den gleichen Ereignissen und Verhältnissen abstrahiert.

Es lässt sich das aber auch im einzelnen zeigen. So leitet er selbst von der ohne Zustimmung des Königs erfolgten Wahl Gregors alles folgende Unheil her; so tadelt er das strenge Investiturverbot des Papstes. Die Bemerkung über die durch Revolution zum Throne gelangten Fürsten geht offenbar auf Rudolf. Wenn Hugo von Fleury mit Entrüstung von Bischöfen spricht, welche ihre Unterthanen vom Königseide entbänden, eine Handlungsweise, der gegenüber er den dem Könige unter allen Umständen schuldigen Gehorsam betont, so werden wir leicht erkennen, welche Vorgänge er im Auge hat; und wenn er auf der andern Seite den König warnt, mit Excommunicierten zu verkehren, da ihn sonst unweigerlich die gleiche Strafe treffe, wenn er auch seinen König der kirchlichen Disciplin unterstellt und mit Gregor die Anmassung derjenigen Fürsten zurückweist, welche von ihr befreit zu sein glauben, so darf man nicht zweifeln, dass unser Autor hier wieder Heinrich IV. im Auge hat und dass er von den Gründen, die zu seiner Excommunication geführt haben, sich wirklich hat überzeugen lassen.

Die hier angeführten Punkte sind aber gerade charakteristisch für den Gegensatz zwischen ihm und seinen Gegnern: Gregor war im Recht, soweit er das ihm als Bischof zustehende kirchliche Strafrecht gegen den König anwandte, er war im Unrecht, als er in dessen Rechtssphäre eingriff, indem er ihn absetzte und die Unterthanen ihres Eides entband. Dass dieser Gegensatz in der Auffassung auf grundverschiedene Anschauungen über den Charakter und die Rechtsbefugnisse der weltlichen und geistlichen Macht zurückging, hatte der Verfasser richtig erkannt: die seine zu begründen, hatte er den Tractat unternommen, in dessen Titel er seine Ansicht übrigens bereits eben so kurz als treffend zum Ausdruck brachte.

Wenden wir uns nun der Frage nach der Entstehungszeit unserer Schrift zu, so wird uns durch die Benutzung der Chronik der terminus a quo gegeben, da die Originalhandschrift des Chronisten bis zum Jahre 1102 reicht. Im Tractat selbst wird nur an einer Stelle auf die Gegenwart Bezug genommen. Es heisst hier p. 195: Unde reprehendi a quibusdam solet quod Gregorius septimus consecrari vitavit consensu et licencia imperatoris. Pro qua re dissensio ista processit et fiunt cotidie cedes christianorum et loca Deo sacrata humano sanguine polluuntur et contaminantur, ecclesię solo tenus evertuntur et christicole a suis domibus excluduntur, et castella et vici et ville flammis ardentibus consumuntur; et nullus, pro dolor! invenitur qui causam istam caute discutiat, prudenter examinet ac iuste determinet. Clerus et populus in ambiguo

positus est et magniloqui sive magnates nolunt brachia, id est vires suas, extendere contra impetum tribulationis; sed facti sunt quique potentes velut arietes invicem se debellantes'.

Man wird gestehen, dass diese Aeusserungen sehr allgemein gehalten sind. Indessen lassen sich doch einige Schlüsse daraus ziehen. Wenn der Verfasser beklagt, dass sich Niemand findet, 'qui causam istam caute discutiat, prudenter examinet ac iuste determinet', so kann meines Erachtens nicht bezweifelt werden, dass diese Worte vor den von den einzelnen Mächten mit Paschalis II. angeknüpften Unterhandlungen geschrieben sind. Ich halte es für ausgeschlossen, dass die Ereignisse von 1111, das Concil von Rheims 1119 und das Wormser Concordat vorangegangen waren. Ja, da die Schrift dem englischen Könige gewidmet ist, muss man dieselbe meines Erachtens ganz sicher auch vor die im Jahre 1106 und 1107 erfolgten Abschlüsse mit England, vielleicht auch vor die 1105 angeknüpften Unterhandlungen und Präliminarien setzen. Auch deutet die alleinige Bezugnahme auf Gregor darauf hin, dass die Erneuerung des Streites zwischen Heinrich V. und Paschalis II. noch nicht erfolgt war. Die Schilderung der unklaren Verhältnisse passt vortrefflich auf die letzten Jahre Heinrichs IV., wie z. B. auch Sigebert von Gembloux im Jahre 1103 verzweifelt ausruft': 'Quae enim maior olim confusio fuit in Babilonia, quam hodie est in ecclesia?' Man kann aber aus den Klagen des Autors vielleicht entnehmen, dass in Frankreich, wo der Verfasser schrieb, der Friede zwischen Philipp I. und der Curie noch nicht abgeschlossen war: denn nach dem 2. Dec. 1104, an dem Philipp vom Banne losgesprochen wurde 2, finden wir den Papst in so enger Brüderlichkeit mit dem französischen Hofe, so nachgiebig und freundlich gestimmt, dass der Mönch von Fleury seine Wünsche wenigstens für sein Vaterland für erfüllt hätte ansehen können. Beachtet man noch die Worte 'sed facti sunt quique potentes velut arietes invicem se debellantes', welche den unsicheren Friedenszustand der Zeit trefflich charakterisieren, so wird man auch dadurch auf die letzten Jahre Heinrichs IV. geführt. Es passt das nun auch ganz zu dem Verhältnis zu Hugo von Flavigny: die Schrift, die dem Autor Anlass zu seiner Entgegnung bot, kann schwerlich lange vorher in seinen Händen gewesen sein. Ich nehme somit an, dass der Tractat etwa zwischen 1102 und 1105 verfasst wurde.

Suchen wir uns ein Urtheil über den litterarischen Werth der Abhandlung zu bilden, so wird zu Gunsten derselben der

1) In seinem Briefe gegen Paschalis, Jaffé, Bibl. rerum German. V, p. 201. 2) Luchaire, Louis le Gros, 1890, introd. p. CXXII ff. 3) Vgl. Giesebrecht, D. Kaiserzeit III, S. 717 ff.

Neues Archiv etc. XVI.

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Umstand schwer ins Gewicht fallen, dass der Verfasser nicht wie die meisten Publicisten der Zeit einseitig für die eine oder andere Partei eintritt, nicht einseitig den Freund verherrlicht, den Gegner nach Kräften verunglimpft, sondern dass er die Streitpunkte auf ihre principielle Grundlage zurückführt und von einem allgemeinen Satze aus ruhig abwägend das Recht beider Theile deduciert. Natürlich darf man nicht an ein streng logisches Verfahren denken. Gedankensprünge sind eben so häufig als gelegentliche Anknüpfungen, weitschweifige Excurse und Wiederholungen: Mängel, die in dem später angehängten zweiten Theil mehr hervortreten, als in dem vorhergegangenen. Wenn er sich, wie oben nachgewiesen, öfter der Worte eines andern bedient, so wird man dem Verfasser die Alltäglichkeit dieses Verfahrens zu seiner Zeit zu gute halten müssen, ebenso wie den Umstand, dass er die Sprache offenbar wenig in der Gewalt hatte. Anders wäre auch kaum zu erklären, dass er sich selbst des öfteren wörtlich wiederholt. 1 Freilich spricht sich in dem Geständnis des 'sermo incultus' oder 'rusticanus' in den Vorreden Hugos eine so stereotype Bescheidenheit aus, dass es fraglich erscheint, ob man bei ihm ein factisches Bewusstsein sprachlicher Unfähigkeit voraussetzen darf. Seine mitunter etwas schwankende und vorsichtige Ausdrucksweise lässt endlich den Schluss zu, dass der Mönch die Gegner nicht zu sehr vor den Kopf stossen will und keineswegs geneigt wäre, für seine Ueberzeugung zum Märtyrer zu werden, sowie er auch in seiner Vorrede dem Könige von England anheimstellt, seine Schrift, wenn sie schädlich wäre, zu vernichten.

2

1) Dieser Umstand weist darauf hin, dass Hugo die Hauptgedanken vorher im Concept aufgezeichnet hatte, auf das er zu verschiedenen Malen zurückgriff. 2) Prologus zum Tractat p. 184; prologus zu dem von ihm verfassten Abschnitt der Mirac. S. Benedicti ed. Certain p. 357: 'cum non sim eloquentiae viribus fretus'; Vorrede zur Kirchengeschichte SS. IX, p. 349; zur Frankengeschichte a. a. O. p. 377.

XII.

Die

Libri Feudorum.

Von

K. Lehmann.

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