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Wenn unsere modernen Chronologen die auf Regierungsjahre der vorjustinianischen Kaiser oder der germanischen Könige gestellten Angaben durchgängig nach dem Effectivstatt nach dem Kalenderjahr berechnen, so haben sie wohl nicht genügend erwogen, dass einestheils ein nicht officielles, aber conventionelles mit dem Kalenderjahr sich deckendes Kaiserjahr wenigstens schon in traianischer Zeit nachweisbar, andererseits die officielle Geltung des kaiserlichen Effectivjahres eine Neuerung Justinians ist. Es scheint vielmehr umgekehrt da, wo nicht der spätbyzantinische Einfluss sich geltend macht, für das kaiserliche oder königliche Kalenderjahr die grössere Wahrscheinlichkeit zu sprechen. Es kann natürlich hier nicht in alle Einzelheiten eingegangen werden, in welche diese Frage eingreift; auch bietet das Material, so unermesslich es ist, bei der Trübung durch die Barbarei der Zeit und der Fehlerhaftigkeit selbst der officiellen und der monumentalen Angaben verhältnismässig nicht allzu viele sichere Anhaltspunkte. Nur beispielsweise lege ich einige Einzelbeobachtungen vor, welche jenes principiell ermittelte Resultat mir bestätigt haben.

Der cyprische Bischof Epiphanius führte seine Uebersicht der Haeresieen bis auf das Laufende Jahr ἕως τοῦ παρόντος, τουτέστιν Ουαλεντος μὲν ἔτους ιγ ́, Γρατιανοῦ δὲ ἔτους θ ́, Οὐαλεντινιανοῦ δὲ νεωτέρου ἔτους α'1. Effectiv berechnet läuft Valens dreizehntes Jahr 28. März 376/7, Gratians neuntes 24. Aug. 375/6, Valentinians II. erstes 22. Nov. 375/6; nach dieser Auffassung beschränkt Clinton diese Angabe auf die Frist vom 28. März bis 24. Aug. 376. Aber diese kann nicht als Jahr bezeichnet werden und es ist unglaublich, dass man also in mühsamer Undurchsichtigkeit mit ungleichen Elementen gerechnet hat.

Der beste unter den sämmtlichen Chronisten des fünften Jahrhunderts, der Spanier Hydatius, sagt von dem Todesjahr des Theodosius: iste annus, qui Theodosii XVII, ipse Arcadii et Honorii initio regni eorum primus est, quod ideo indicavi, ne olympiadem quinque annorum turbet adiectio, in hoc loco tantum propter regnantum inserta principium. Er hat also dem Jahr 395 die Doppelbezeichnung XVII und I gegeben und es ist wohl Schuld der Abschreiber, dass in der Handschrift die letztere Ziffer fehlt und die Regierungsjahre der Söhne von II. an zählen. Dies ist der einzige mir bekannte Fall successiv zu fassender Doppelbenennung eines Kaiserjahrs, wobei mitgewirkt haben mag, dass der Vater schon am 17. Januar starb; bei den späteren Thronwechseln wiederholt sich dies auch bei Hydatius nicht. Hier aber ist das Kalenderjahr gemeint.

1) Adv. haer. 66, p. 638 Petav.

Victor von Tonnona benennt in seiner Chronik die Jahre bis 563 consularisch, von da an nach dem Kaiser; sein spanischer Fortsetzer Johannes hat die consularische Bezeichnung nicht mehr, sondern benennt die Jahre nach den Kaisern und daneben von Leovigilds Antritt an nach den spanischen Königen. Diese Chroniken gehören der Epoche an, in welcher das effective Kaiserjahr officielle Geltung hatte; nichtsdestoweniger ist es sowohl wegen des unmittelbaren Anschlusses der Kaiserjahrzählung an die consularische wie auch wegen der Gleichsetzung der constantinopolitanischen und der spanischen Herrscherjahre mehr als wahrscheinlich, dass beide Chronisten nicht das officielle, sondern das chronistisch adaptierte und dem Kalenderjahr geglichene Regierungsjahr zu Grunde gelegt haben oder wenigstens haben legen wollen".

Wenn es meines Erachtens nicht bezweifelt werden kann, dass von der constantinischen Zeit an das Kaiserjahr, welches bei den Chronisten und in den ihnen entlehnten chronistischen Angaben auftritt, nach conventionellem Herkommen das gewöhnliche Kalenderjahr ist, so ist damit noch die Frage nicht entschieden, ob die in den römisch-germanischen Staaten auftretenden Königsjahre in dem gleichen Werth zu fassen oder vielmehr Effectivjahre gemeint sind. Die letztere Auffassung ist jetzt eine so allgemeine, dass man ihre Begründung für überflüssig zu halten scheint. Dies finde ich nicht richtig; aber es ist keineswegs meine Absicht diese Rechnungsweise principiell zu bestreiten. Ich beschränke mich darauf diejenigen hier einschlagenden Wahrnehmungen vorzulegen, auf welche meine Studien mich geführt haben.

Die Rechnung nach Königsjahren begegnet nicht bei den italischen Ostgothen, die ihren Staat als eine Fortsetzung des occidentalischen Römerreichs auffassten, wohl aber bei den Burgundern, den gallisch-spanischen Westgothen, den Vandalen, den Franken, den Langobarden. Eine förmliche Eman

1) Dies heisst ihm 'post consulatum Basilii v. c. anno XXIII', da er der gewöhnlichen Zählung um eine Stelle voraus ist (S. 55 A. 5). 2) Die berichteten Thatsachen sind in Folge der argen chronologischen Verwirrung namentlich am Schluss der Chronik Victors nicht geeignet die Unsicherheit zu beseitigen. Victor giebt nach dem J. 563 dem Kaiser die vier Regierungsjahre 37-40 und setzt Justinians Tod in die 15. Indiction (1. Sept. 566/7), während er erwiesener Massen am 13. Nov. 565, und sowohl nach der officiellen Zählung wie auch, wenn das Kalenderjahr seines Antritts (1. April 527) als erstes Regierungsjahr betrachtet wird, nach der chronologisch adaptierten im 39. Regierungsjahr starb, dagegen nach der letzteren im 38., wenn das Antrittsjahr dem Vorgänger gegeben wird. Wahrscheinlich meint Victor die vier Jahre 563-566 und hat den doppelten Fehler gemacht theils das Jahr 563 zweimal, consularisch wie kaiserlich, aufzuführen, theils den Tod des Kaisers aus 565 in 566 zu übertragen. 3) Vgl. in dieser Zeitschrift XIV, 241. 539.

cipierung von der Römerherrschaft darf aber hierin wenig stens nicht überall gefunden werden, Auch die consularische Jahrbezeichnung, sowie die Datierung nach den Reichssteuerterminen schlossen die Anerkenntnis der Zugehörigkeit zum Römerreich principiell in sich. Umgekehrt schliesst das Königsjahr die Anerkennung der Zugehörigkeit zum Reichsverbande nicht mit begrifflicher Nothwendigkeit aus; auch nach Statthalterjahren ist im Römerstaat nicht selten datiert worden. Soll dem Königsjahr dieser oppositionelle Charakter beigelegt, in dessen Setzung ein Kriterium der Selbständigkeit gefunden werden, so muss mindestens dessen allgemeine Anwendung vorgeschrieben worden sein. Dies aber ist wenigstens bei den Burgundern und den Westgothen keineswegs geschehen. Die mir bekannten burgundischen Datierungen sind consularische mit der einzigen Ausnahme, dass das burgundische Gesetzbuch zwei an demselben 29. März 517 erlassene Verordnungen aufführt, von denen die eine datiert ist 'Agapito cons.', die andere 'anno secundo regni domni''. Aehnlich haben die Westgothen in Südfrankreich und in Spanien die Jahre bezeichnet: Datierung nach Königsjahren ist seit 451/3 nachweisbar 2, aber sie wechselt mit der consularischen und es werden auch wohl beide verbunden. Selbst unter fränkischer Herrschaft, so spät diese auch auf den Plan tritt, kann die Datierung nach Königsjahren kaum obligatorisch gewesen sein, da das Indictions- und vereinzelt selbst das consularische Jahr auch hier begegnet.

Wenn man sich nun vergegenwärtigt, dass es eine Datierung nach dem effectiven Kaiserjahr vor dem J. 537 nicht gegeben hat, dagegen das in Kaiserbenennung auftretende Kalenderjahr chronistisch in allgemeinem Gebrauch gewesen ist, so werden wohl auch jene vorjustinianischen allem Anschein nach nicht gesetzlich angeordneten, sondern ebenfalls conventionell gestalteten Datierungen in demselben Werthe zu fassen sein. Zeugnisse indes oder sachlich entscheidende Documente sind mir weder für noch gegen vorgekommen 3.

Für die nachjustinianische Epoche fällt allerdings das constantinopolitanische durch das byzantinische Italien auch in

1) Tit. 52. 62. Binding, Burg. röm. Königreich S. 309 fg. 2) Inschrift von Bordeaux V kal. . [anno] dom. n. Tu[rismundi] (Jullian inscr. de Bordeaux II p. 37). Inschrift von Viviers III k. Maias XII reg. domini Alarici (C. I. L. XII, 2700). Inschrift von Clermont anno nono X reg. domni nostri Alarici (Le Blant n. 569). Publicationspatent der lex Romana sub die III non. Febr. anno XXII Alarici regis. Concil von 516 anno sexto Theuderici regis Petro consule (Mansi VIII, 521). Concil von 517 anno septimo Theoderici regis Agapeto v. c. consule (Mansi VIII, 550). 3) In der eingehenden Untersuchung Kruschs über die Chronologie der fränkischen Könige (Forschungen XXII, 451 sq. mit

den Occident eingeführte Schema sehr ins Gewicht, und wenigstens bei den späteren Westgothen sind die Regierungsjahre im officiellen Gebrauch nachweislich effectiv berechnet worden. König Erwig gelangte nach Ausweis der Königsliste am 15. Oct. 718680 zur Regierung. Unter seinem Regiment wurden drei Concilien gehalten, das zwölfte toletanische (Mansi XI, 1023) 719 =681 Jan. 9-25 anno primo regis; das dreizehnte toletanische (Mansi XI, 1059) 721 683 Nov. 4 anno quarto; das vierzehnte toletanische (Mansi XI, 1086) Nov. 14-20 anno quinto. Hier kann kein Zweifel obwalten, dass Effectivjahre gemeint sind. Es wäre wünschenswerth diesen Daten weiter nachzugehen, wobei allerdings bei der für solche Untersuchungen nicht hinreichend festgestellten Ueberlieferung der spanischen Concilien die Handschriften heranzuziehen sein werden.

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Anders verhält es sich wahrscheinlich mit den Vandalen. Wie dieser Staat mit seiner gesetzlichen Successionsordnung und seiner sonstigen formalen Normierung überhaupt eine Sonderstellung einnimmt, so zeigt auch die Datierung nach vandalischen Königsjahren theils durch ihren willkürlich gewählten Ausgangspunkt, theils durch ihre Ausschliesslichkeit, dass sie auf Anordnung der Regierung ins Leben getreten ist. Geiserich, König der Vandalen etwa seit dem Jahre 428 und seit dem J. 429 in Afrika, datierte bekanntlich weder von jenem noch von diesem Termin an, sondern von der Einnahme Karthagos 19. October 4391; dieser Anfangstermin kann nur durch eine von ihm selbst getroffene Bestimmung Geltung erlangt haben. In diesem Reiche sind die königlichen Verordnungen allein nach Königsjahren datiert und ebenso zählt nach Königsjahren schon der in Karthago selbst im J. 455 geschriebene Paschaltractat und das von dem gleichen Ver

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dem Nachtrag in den Script. Merov. II, 576) werden die bei Gregor und sonst auftretenden Königsjahre durchaus als effective behandelt. Das mag ja richtig sein, obwohl Gregors Jahr ein festes mit Neujahr vom 1. März ist; aber es wäre wünschenswerth, dass die Beweise dafür vorgelegt würden. 1) Papencordt, Vandalen S. 78. 2) Bei Victor Vitensis

2, 13, 39: data sub die XIII k. Iun. anno septimo Hunirici. Da dieser als Himmelfahrtstag bezeichnet wird, so hat Clinton zum J. 483 mit Recht XIIII k. hergestellt; gemeint ist der 20. Mai 483. Auch die gewiss officielle notitia der durch dieses Edict entbotenen Bischöfe ist datiert k. Febr. anno octavo (so nach Victor 3, 4, nicht sexto) regis Hunirici. Auch Münzen mit anno IIII und V anno sind mit Wahrscheinlichkeit dem Hunerich beigelegt worden (Friedländer, Münzen der Vandalen S. 19). Africanische Inschriften datieren ebenfalls mehrfach nach Königsjahren; Belege C. I. L. VIII p. 1060 und bei Cagnat rapport III n. 257: s(ub) d(ie) VIII kl. Martias ano XIIII d(o)m(ini) r(e)g(is) T(ra)s(a)m (undi). 3) Zuletzt herausgegeben von Krusch, Studien zur Chronologie p. 279 fg. C. 2: est annus praesens a passione domini CCCCXXVI annus XVI

regis. Die Ansetzung des Osterfestes auf den 17. April beweist, dass der

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fasser damals begonnene und acht Jahre später erweiterte Buch der Genealogieen, so wie um 486 Victor von Vita 2. Worauf ich aber vor allem Gewicht legen möchte, es scheint diese Jahrbezeichnung unter vandalischer Herrschaft ausschliesslich in Geltung gewesen zu sein, weder das consularisches3 noch das Indictionsjahr hier daneben vorzukommen. Unter den kürzlich in Kleinleptis gefundenen Mosaikinschriften, deren ungefähre Gleichzeitigkeit nicht bezweifelt werden kann, finden sich zwei mit Jahresbezeichnung, die eine mit d. VIII k. Decem. Hierio et Artabure, also vom 24. Nov. 427, die zweite mit die VI kl. Iulias anno XXVIIII, hienach also vom 26. Juni 468 5.

Wenn also die Datierung nach Königsjahren bei den Burgundern und den Westgothen mehr facultativ und conventionell erscheint, ist die vandalische allem Anschein nach von Geiserich bald nach der Einnahme Karthagos gesetzlich vorgeschrieben worden. Aber es fragt sich, ob dieses vandalische Königsjahr zu fassen ist als Effectivjahr eines jeden Herrschers, also das Neujahr mit jedem Thronwechsel sich ändert, oder ob das Neujahr des 19. October dafür als festes gegolten hat. Jene Berechnung wird jetzt allgemein angenommen; aber die zweite Ansetzung hat bei weitem grössere Wahrscheinlichkeit für sich. Allem Anschein nach hat Geiserich in seinem Staat eine Jahrbezeichnung eingeführt, ähnlich wie in Spanien vom 1. Jan. 38 vor Chr., in Mauretanien von der Einrichtung der Provinz 1. Jan. 40 nach Chr. die Jahre gezählt wurden, nur insofern noch weiter von der Reichsjahrbezeichnung sich entfernend, dass er für das consularische Neujahr des 1. Jan. den Tag der Einnahme Karthagos 19. Oct. gesetzt hat. Wenn er selbst, wie dies notorisch ist, die Jahre also und nicht von dem Tage seines Regierungsantritts an zählte, so ist kein genügender Grund vorhanden bei seinen Nachfolgern ein verändertes Princip anzunehmen; ja die allerdings unter diesen nur ein einziges Mal begegnende Jahrzählung ab ingressu Carthaginis fordert dies mit zwingender Nothwendigkeit. Ge

Ostertag von 455 gemeint ist; dieser fällt allerdings in Geiserichs sechzehntes Jahr 19. Oct. 454/5. 1) Dasselbe wird demnächst als Anhang zu dem Chronographen von 354 in berichtigter Gestalt veröffentlicht werden. 2) Indess ist die Ansetzung der Einnahme Roms im Juni 455 auf das 15. Regierungsjahr Geiserichs bei diesem 1, 24 nach keiner Rechnung zu halten und ein Versehen. 3) Wenigstens ist meines Wissens bisher keine Inschrift und kein sonstiges Document mit consularischer Datierung aus der Vandalenperiode zum Vorschein gekommen. 4) Die mit Indictionen bezeichneten africanischen Inschriften scheinen sämmtlich aus nachvandalischer Zeit zu sein (C. I. L. VIII p. 1061). 5) Eph. epigr. V n. 1166. VII n. 25. 26. Die richtige Beziehung des Datums ist bisher auch von mir verfehlt worden. 6) In dem Verzeichnis der vandalischen Könige der Handschrift der Madrider Universität n. 134 (Villanueva viage

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