Dritter Tag. Erste Betrachtung. Charitas Pater est, gratia Filius, communicatio Spiritus Sanctus o beata Trinitas." Brev. Rom. Christus hat wiederholt in der Wüste mit wenigen Broden mehrere Tausend Menschen gesättigt. Der heilige Augustin bemerkt hinzu: majus miraculum est gubernatio totius mundi, quam saturatio quinque millium hominum de quinque panibus. Et tamen hoc nemo miratur, illud mirantur homines, non quia majus est, sed quia rarum est. Secundum ipsam suam misericordiam servavit sibi quaedam, quae faceret opportuno tempore praeter usitatum cursum ordinemque naturae, ut insolita videndo stuperent, quibus quotidiana viluerunt; habent enim miracula si intelligantur linquam suam. Nam quia ipse Christus Verbum Dei est, etiam factum Verbi verbum nobis est." Ein großes Wunder ist die Schöpfung und Erhaltung des Universums, wenn man, wie gewöhnlich geschieht, dasjenige, was Gott allein thun kann und wozu die gesammten kreatürlichen Kräfte nicht hinreichen, ein Wunder nennen will. Und doch betrachten die Menschen die Schöpfung, Erhaitung und Leitung des kreatürlichen Universums nicht zu dem Zwecke, um daraus Gott zu erkennen, seine Macht, Weisheit und Liebe zu bewundern. Es ist ihnen das, was Gott mittelst der Naturkräfte thut, die aber von Ihm geschaffen sind, erhalten und geleitet werden, alltäglich, sie sind zu sehr daran gewöhnt, sie schreiben alles eben nur den Naturkräften zu und vergessen darüber auf den Schöpfer. Das ist eben die Sünde des Menschengeschlechtes, daß die Menschen bei den Geschöpfen stehen bleiben und diese höher halten als den Schöpfer, den sie übersehen. Damit aber das Menschengeschlecht von dieser Sünde befreit und wieder zu Gott zurückgeführt werde, hat Gott eine neue Schöpfung, eine neue Ordnung bewirkt, nämlich die Inkarnation Jesu Christi, durch welche sich der dreieinige Gott dem Menschengeschlechte auf eine neue Weise offenbaren und mit demselben vereinigen wollte. Und diese neue Ordnung, diese Neuschöpfung, in welcher der Sohn Gottes durch die Mitwirkung des heiligen Geistes ohne Mitwirkung des Mannes von einer Jungfrau empfangen und geboren wurde, diese ist eigentlich das Wunder und die Ursache und Quelle aller Wunder.. Diese neue Ordnung greift nun in die alte Schöpfung und Ordnung hinein und bewirkt in derselben außerordentliche, übernatürliche, sichtbare Thatsachen, aus welchen die Menschen eine neue Offenbarung Gottes (neben der alten Schöpfung) ihre Erlösung und die Befreiung von der Sünde und ihren Folgen erkennen sollen. Darum wir richtiger ein Wunder solche sichtbare Thatsachen nennen, die Niemand bewirken kann als Gott allein und die zur Offenbarung der Erlösung des Menschengeschlechtes durch Jesum Christum gewirkt werden. Damit begegnen wir auch dem gegen die Wunder gewöhnlich vorgebrachten Einwurf, daß sich Gott nicht widersprechen, und die einmal von Ihm selbst geseßte Ordnung der Naturkräfte nicht aufheben kann; denn Gott ist nicht bloß Schöpfer sondern auch Erlöser der Menschen, darum. hat er ihnen nicht bloß den Stammvater Adam und die i alte Ordnung, sondern auch den Menschen- und Gottessohn. Jesum Christum und mit Ihm eine neue Ordnung gegeben; deßhalb werden zum Zeichen, daß die alte Schöpfung und Ordnung erneuert, erlöst und zu Gott und zum ewig seligen Leben geführt wird, sichtbare, außerordentliche, übernatürliche Thatsachen vor den Menschen gewirkt. Wie Gott in der ersten Schöpfung den von Ihm erschaffenen Wesen besondere Kräfte verliehen hat, damit sie als sogenannte zweite Ursachen auf sichtbare Weise das Werk der alten Schöpfung fortführen: so wollte Gott auch die neue Schöpfung den Menschen überlassen, damit sie als zweite Ursachen zur Durchführung derselben mitwirken; im alten Testamente offenbarte fich Gott Vater durch die Patriarchen und Propheten und verhieß zugleich den künftigen Erlöser, dabei bestimmte Gott diejenigen, welche Väter Jesu Christi dem Fleische nach werden sollten bis auf Maria die Jungfrau; im Evangelium offenbarte fich Gott Sohn in seiner Menschheit und vollbrachte das Werk der Erlösung; in der katholischen Kirche offenbart sich Gott der heilige Geist und weiht Bischöfe und Priester, die das Erlösungswerk als zweite sichtbare Ursachen fortseßen und die Gnade der Erlösung allen einzelnen Menschen zuwenden sollen bis an das Ende der Welt. Wie im alten Testamente die Väter Christi dem Fleische nach die Inkarnation Christi vorbereiteten: so erneuern in der Kirche in Kraft des Wortes Gottes und des heiligen Geistes (der auch in Maria die Jukarnation Christi bewirkte) die Priester die Inkarnation Christi in der Transsubstantiation des Brodes und Weines in den wahren Leib und das wahre Blut Jesu Christi. Um auf die Offenbarung des dreieinigen Gottes und der durch Ihn bewirkten neuen Ordnung oder Erlösung die Menschen aufmerksam zu machen und dieselbe zugleich zu beglaubigen, wurden im Alten Testamente, im Evangelium und in der Kirche allezeit übernatürliche sichtbare Thatsachen oder Wunder gewirkt, die demnach nur ein Ausfluß des höchsten Wunders der Zukarnation Jesu Christi sind. Ein solches Wunder war auch die Brodvermehrung in der Wüste, durch welches sich Christus als das Brod, das vom Himmel gekommen ist und der Welt das Leben gibt, offenbarte, und welches Brod Er allen Gläubigen als Lebensspeise in seinem Leib und Blut im allerheiligsten Altarssakrament darreicht alle Tage bis an das Ende der Welt. Das allerbeiligste Altarssakrament ist das große Wunder, welches Christus durch sein Wort bewirkt, welches aber nicht durch die Sinne, sondern nur durch den Glauben wahrgenommen wird nach den Worten des heiligen Thomas von Aquin: visus, gustus, tactus in Te fallitur, sed auditu solo tuto creditur; in cruce latebat sola Deitas, at hic latet simul et humanitas, credo quidquid dixit Dei Filius, nil hoc verbo veritatis verius. Nachdem durch die sichtbaren Wunder der Glaube an die Inkarnation Christi und seine Gegenwart in der Eucharistie, in der katholischen Kirche durch die Wirkung des heiligen Geistes befestigt, verbreitet und erhalten worden ist, brauchen wir nun feine neuen sichtbaren Wunder mehr, sondern beten dieses heilige Geheimniß demüthig an und genießen dankbar das heiligste Altarsjakrament als Lebensspeise und Stärkung für Zeit und Ewigkeit. Gleichwie nun die Wandlung des Brodes und des Weines in den Leib und das Blut Jesu Christi, dann die Aufopferung und der Genuß dieses heiligsten Sakramentes, sowie die herrlichen Wirkungen und Früchte derselben durch die Vereinigung der allmächtigen Liebe des menschgewor dene Heilandes einerseits, und des Messe lesenden Priesters so wie der das heiligste Sakrament empfangenden Gläubigen andererseits bewirkt werden: so ist dieses heiligste Sakrament in seinem Wesen und in seinen herrlichen Wirkungen ein Zeichen und ein Unterpfand der Früchte, welche aus der Vereinigung des sich offenbarenden und Gnade spendenden dreieinigen Gottes einerseite, und der Mitwirkung des Priesters in den Exercitien und in allen seinen sonstigen frommen Uebungen erreicht werden. Diese Früchte und Wirkungen näher kennen zu lernen ist Aufgabe unserer Betrachtungen am heutigen dritten Tage der Exercitien, nachdem wir am Ersten Tag die Offenbarung des Gnade spendenden Gottes und am Zweiten Tag unsere Mitwirkung betrachtet haben; und weil die Vereinigung Gottes mit dem Menschen überhaupt vorzugsweise ein Werk des heiligen Geistes ist, der den Vater und den Sohn in Gott in heiliger Liebe vereinigt; so möge auch dieser dritte Tag dem heiligen Geiste geweiht sein. Als solche Früchte wurden gleich in der Eingangsbetrachtung angedeutet 1. die Befreiung von unsern irdischen Sorgen durch die Vorsehung des himmlischen Vaters, 2. die ausgezeichnete Erkenntniß Jesu Christi, unsers Herrn und Heilandes und künftigen Richters, und 3. der Trost des heiligen Geistes besonders bei der Erinnerung an den Tod und die Ewigkeit. Für diese Früchte finden wir ein Zeichen und Unterpfand im allerheiligste Altars= sakrament, welches ein Zeichen und Unterpfand ist 1. für unsere künftige Auferstehung und damit für die Leitung unseres irdischen Lebens durch die Vorsehung Gottes, 2. für die Barmherzigkeit Gottes im Ge richte und damit für die Beruhigung unseres Gewissens schon hier auf Erden, und 3. für die Seligkeit im ewigen Leben und damit für unsere Tröstung beim Gedanken an Tod und Ewigkeit. Das der Gegenstand unserer heutigen drei Betrachtungen. Nicht unterlassen kann ich die Wiederholung der Bemerkung, daß gleichwie wir zwar die drei göttlichen Personen in Gott unterscheiden müssen, sie aber im Leben Gottes nie von einander gänzlich trennen können: so auch die Wirkung Gottes, die Mitwirkung des Menschen und ihre Vereinigung zwar unterschieden werden müsse (wie Gnade und Freiheit), doch aber in der lebendigen Betrachtung nie ganz getrennt werden könne, denn nie kann der Mensch ohne zuvorkommende Gnade Gottes etwas Heilsames wirken, weßhalb er auch zu seinem Mitwirken mit Gott stets diese Gnade benöthigt. Das heiligste Sakrament des Altars ist demnach ein Zeichen und Unterpfand unserer künftigen Auferstehung und damit der Leitung unseres irdischen Lebens durch die Vorsehung Gottes, und zwar wird diese Auferstehung be: stehen 1. in der Wiederbelebung und Verflärung der Leiber, 2. in der Unterordnung derselben gegen den Geist, 3. in der Vereini gung aller Menschen in Ein Reich Gottes. Charitas Pater est, gratia Filius, communicatio Spiritus Sanctus, o beata Trinitas. Erster Punkt. Das allerheiligste Altarsjakrament wird gewöhnlich als das Andenken des Leidens Christi, und das Meßopfer als eine unblutige Erneuerung des blutigen Kreuzestodes Christi aufgefaßt und mit Recht, da Christus am Abend vor seinem Leiden bei der Einseßung dieses Liebesmales gesagt hat: "Hoc facite in meam commemorationem" was der heilige Paulus mit den Worten erklärt: quotiescunque manducabitis panem hunc et calicem bibetis, mortem Domini annuntiabitis, donec veniat." I. Cor. 11. Darum betet auch die Kirche so oft: „Deus qui nobis sub sacramento mirabili passionis Tuae memoriam reliquisti", und der heilige Thomas von Aquin sagt: „ut arctius charitatis Christi immensitas fidelium cordibus infigeretur, in ultima coena, quando Christus Pascha cum discipulis suis celebrato transiturus erat de hoc mundo ad Patrem, hoc Sacramentum instituit, tanquam passionis suae memoriale perenne, figurarum veterum im |