Melius judicavit Deus de malis bene facere, quam nulla mala esse permittere, lehrt dagegen Augustinus. Und die heilige Kirche singt am Charsamstag das Lumen Christi und Deo gratias und freut sich das Licht zu besigen, welches uns Christus in seiner Erlösung hervorgehen ließ und welches die Menschen in allen Lagen des Erdenlebens und selbst in der Finsterniß und dem Schatten des Todes tröstet und ihn über die Liebe und Barmberzigkeit Gottes belehrt. Es jauchzet_die Kirche und stimmt an den erhabenen Lobgesang des Exultet, in welchem sie fogar über die Erbsünde sich erfreuet und ausruft: 0 felix culpa, o felix peccatum, quod talem ac tantum meruit habere Redemptorem. Wenn auch das Menschengeschlecht in Folge der Erbsünde von Gott verworfen und mit den härtesten Strafen, mit dem Fluch der Verdammniß belegt wurde, weil es die ihm von dem dreieinigen Gott verliehene Gerechtigkeit und Heiligkeit verloren hat, so ist es doch wieder dieje allerheiligste Dreieinigkeit, das dreieinige Leben Gottes, durch welche alle Uebel wieder gut gemacht, und weit größere Güter dem Menschen wieder zugewendet werden. Te unum in substantia, Trinitatem in personis confitemur. Der Eine Gott, der in seiner Gerechtigkeit und Heiligkeit das Menschengeschlecht gestraft hat, hat dasselbe wieder durch das Wirken der allerheiligsten Dreieinigkeit erlöst, indem der Vater seinen Sohn hingah, der Sohn fich für den Menschen aufopferte und der heilige Geist die Inkarnation Christi bewirkte und die hiedurch erworbene Gnade jedem einzelnen Mensch zuwendet. Dieses Wirken des dreieinigen Gottes in der Erlösung, wie es uns die Offenbarung lehrt, möge Gegenstand der gegenwärtigen Betrachtung sein, und zwar die Vorberei tung der Erlösung vorzugsweise als Werk des Vaters, die objektive Vollendung der Erlösung durch den Sohn, und die Zuwendung der hindurch erworbenen Gnade allen einzelnen Menschen durch den heiligen Geist. Dabei muß jedoch erinnert und stets wiederholt werden, was bereits in der ersten Betrachtung angedeutet wurde, daß wenn auch die drei göttlichen Personen und ihr Wirken unterschieden werden müssen, doch dieselben nie getrennt werden können, daher mit dem Wirken der Einen Person immer auch das Wirken der beiden andern verbunden ist. Te unum in substantia, Trinitatem in personis confitemur. Erster Punkt Die Theologen, wenn sie die Lehre von der Erlösung behandeln, werfen unter Andern auch die Frage auf, warum der Erlöser nicht gleich nach der Sünde Adams gekommen ist, sondern erst nach beiläufig vier Jahrtausenden, und beantworten diese Frage dahin, daß die Menschen erst auf die Erlösung vorbereitet werden mußten, so wie auch daß die Erlösung erst für die Menschen vorbereitet werden mußte. In beiderlei Hinsicht gilt das Wort des Apostels Quanto tempore haeres parvulus est, nihil : differt a servo, cum sit dominus omnium, sed sub tutoribus et actoribus est usque ad praefinitum tempus a patre, ita et nos cum essemus parvuli, sub elementis mundi eramus servientes." Gal. 4, 1-3. Wie das physische und geistige Leben des einzelnen Menschen sich nach und nach entwickelt, da er zuerst Kind ist und als solches vom Pädagog zuerst mehr in sinnlicher Weise erzogen werden muß, worauf er nach und nach Mann wird und geistig frei wird, wobei die Erziehung des Pädagogus aufhört: so mußte auch das ganze Menschengeschlecht zuerst in physischer Weise sich entwickeln, vermehren und über die ganze Erde ausbreiten, dann aber auch in geistiger Beziehung durch das Gefeß als den Pádagogus zuerst mehr in sinnlicher Weise, dann aber durch Lehren. und Ermahnungen zur geistigen Freiheit geführt und auf die Gnaden vorbereitet werden, die ihm durch die Erlösung zu Theil werden sollten. Und auch diese Erlösung sollte nach und nach sich entwickeln zuerst in der Vorbereitung und mehr auf sinnliche Weise, ehe sie vollkommen durchgeführt und objektiv vollendet werden konnte. Gerade dieser durch die Verbindung mit dem Leibe bedingte allmälige Fortschritt in der Entwicklung des menschlichen Lebens ist es, was ihn erlösungsfähig macht. Wäre der Mensch ein reiner Geist wie der Engel, so wäre auch seine Entscheidung für oder wider Gott sogleich unwider ruflich und für seine ganze Ewigkeit entscheidend gewesen. Eben deßhalb aber weil der Mensch an den Leib gebunden ist, und wie die Scholastiker sagen discursive, ratiocinando, componendo et dividendo denkt, so ist bei ihm, wenn er auch von Gott abgewichen ist, so lange er hier auf Erden lebt, eine Sinnesänderung, eine Bekehrung zu Gott freilich nur mit der erlösenden Gnade Gottes möglich. Diese Sinnesänderung sollte als nothwendige Vorbereitung auf die Erlösung bei dem Menschengeschlechte im Alten Testamente allmählich bewirkt und zugleich die zur Bekehrung zu Gott nothwendige Gnade vorbereitet werden. Betrachten. wir näher diese zwei Momente. Te unum in substantia confitemur. Die Sünde des Menschengeschlechtes bestand in der concupiscentia oculorum, aperientur oculi vestri" versprach die Schlange, der Mensch wollte nicht das Licht der Erkenntniß des Einen wahren Gottes, sondern seine eigene Vernunft als Lichtquelle haben; in der superbia vitae eritis sicut dii scientes bonum et malum" reizte der böse Geist, der Menich wollte selbst Herr und Gott sein; und in der concupiscentia carnis, „vidit quod bonum esset lignum ad vescendum et pulchrum, oculis aspectuque delectabile, et comedit," der Mensch zog den sinnlichen Genuß dem Gehorsam und der Liebe zu Gott vor. Nun sollte das Menschengeschlecht wieder überzeugt werden, daß seine Erkenntniß und Weisheit ohne die Beihilfe Gottes unsicher und mannigfachen Irrthümern unterworfen ist, es sollte gedemüthigt werden, um wieder Gott den Einen und Wahren als seinen Herrn und Gebieter anzuerkennen; es sollte durch Erfahrung erkennen, daß die Genüße des Leibes den Tod nach sich ziehen und der Mensch nur in Gott seinem Herrn die wahre Seligkeit und Befriedigung suchen müsse. „Duo mala fecit populus meus, me dereliquerunt fontem aquae vivae, et foderunt sibi cisternas dissipatas quae aquam continere non valent. Scito ergo et vide, quia malum et amarum est, reliquisse te Dominum Deum tuum." Jerem. 2, 13, 19. Darum überließ Gott das Heidenthum durch mehrere Jahrtausende sich selbst, um das Menschengeschlecht zu überzeugen, in welches Elend des Geistes und des Leibes der Mensch ohne Gott gerathe. Da der Mensch auch nach dem SündenFalle die natürliche Vernunft, welche ihn Gott erkennen lehrt, behielt, wiewohl seine Natur in Folge der Sünde geschwächt und verdorben war, so behielten zwar die Heiden die Gottes Jdee (wie sie auch unsere Philosophen nie verlieren können), verzerrten aber dieselbe zur Naturvergötterung und zum Polytheismus. Und wenn auch einige von ihnen sich zu einer reinen Erkenntniß Gottes erhoben, so war diese sehr unsicher und von der vollkommenen Erkenntniß Gottes weit entfernt. Mit dem Gößendienst und der Abgötterei ging aber die größte Unsittlichkeit und Versunkenheit in alle Laster Hand in Hand, wie dieses der heilige Paulus im ersten Kapitel des Römerbriefes andeutet. Ee erkannte nun das Heidenthum sein leibliches und geistiges Elend und gewann die Ueberzeugung, daß es sich selbst zu helfen nicht im Stande sei und einer höheren Hilfe bedürfe. Diese höhere Hilfe wurde dem Volke Firael zu Theil, Gott offenbarte sich demselben als den Einen wahren Gott, Schöpfer Himmels und der Erde, damit die Menschen wieder vom Gößendienst und Polytheismus zu Ihm zurückkehren und Gott als Einen dem Wesen nach bekennen. Te unum in substantia confitemur. Gott überzeugte auch das Volk Israel vorerst durch zeitliche sinnlich eikennbare Segnungen und Strafen, wie es gut ist Gott gehorsam zu sein, und wie es übel ist von ihm abzufallen. Zugleich aber überzeugte Gott auch das Volk Jirael, daß wenn es auch die Offenbarung des Einen wahren Gottes hatte, es doch ohne eine besondere Erlösungsgnade zu Gott und zu seinem wahren vollkom= menen Heile doch nicht zurückkehren könne. Gerade das Gesez wurde diesem Volke Veranlassung zur Uebertretung desselben zur Sünde. Wenn auch das Volk Israel noch äußerlich an den Geseßen und Ceremonien, die ihm Gott gab, hielt, so war sein Herz doch weit von Gott entfernt, jo weit entfernt, daß es Christum den Sohn Gottes freuzigte. Omnes, Judaei et Gentiles, peccaverunt et egent gloria Dei." Rom. 3, 23. Conclusit Deus omnia in in. credulitate, ut omnium misereatur." Rom. 11, 32. Während Gott also das Menschengeschlecht demüthigte, es seine Schwäche, seine Sünde, sein Nichts erkennen ließ und so auf die Erlösungsgnade vorbereitete, bereitete Er auch diese Erlösungsgnade für das Menschengeschlecht vor. Und worin bestand diese Vorbereitung der Erlösungsgnade? Te unum in substantia, Trinitatem in personis confitemur. Die wirkliche vollkommene Erlösung des Menschen besteht darin, daß er Einen Gott in drei Personen und drei Personen in Einem Gott erkenne und das Wirken dieses dreieinigen Gottes in sich aufnehme. (Wie Isaias durch die Kohle gereinigt wurde, welche der Engel vom Thron des dreieinigen Gottes nahm.) „Unitas in Trinitate et Trinitas in Unitate veneranda est, ct qui vult salvus esse, ita de Trinitate sentiat." Symb. S. Athanasii. Wenn auch im Alten Testamente Gott Sich als den Einen vorzugsweise offenbarte und als solcher wirkte, so hat sich doch das dreieinige Leben und Wirken Gottes allmälig geoffenbart und so die Erlösung für die Menschen vorbereitet. So offenbarte sich der Sohn Gottes als Logos Verbum Dei im Paradiese nach dem Sündenfall durch das erwachende Gewissen des sündhaften Menschen, durch den Ruf Adam ubi es? comedisti ex ligno, de quo praeceperam tibi ne comederes. Und der heilige Geist bewirkte es, daß derselbe Logos. der den Menschen durch das Gewissen straste, für ihn Mensch werden und sich aufopfern wollte, so ward dem Menschen zum Trost die Verheißung gegeben: „inimicitias ponam inter te et mulierem, et semen tuum et semen illius, ipsa conteret caput tuum" Gen. 3, 15. und bald darauf wurde Abel als erstes Vorbild des sich aufopfernden Heilandes von seinem Bruder getödtet und sein Blut rief zum Himmel um Barmherzigkeit. Diese Vorbereitung der Erlösung wurde bei den Heiden innerlich erhalten und fortgesezt. Der Sohn Gottes, der Logos, gab ihnen das natürliche Gesez, erhielt in ihnen die Gottes-Jdee, redete zu ihnen durch das Gewissen, strafte ihre Sünden und Laster durch dasselbe; der heilige Geist erhielt in ihnen die Tradition von der Verheißung der Erlösung und von dem Vorbilde des Todes des Erlösers im Tode Abels. In Folge dieser Traditionen und des innern Wirkens des Sohnes Gottes und des heiligen Geistes erkannten und bekannten die Heiden ihre Sünden, sehnten sich nach der Versöhnung |