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a. a. O. p. 124). An die Juden trat nur zu oft die Nothwendigkeit heran, ihre Brüder aus der Gefangenschaft zu befreien. Nur zu oft wurden sie in das Gefängniß geworfen, um ausgelöst zu werden und so die Cassen ihrer Herren zu füllen. Bekannt ist ja die Geschichte des R. Meir aus Rothenburg, der gerade aus diesem Grunde nicht ausgelöst werden wollte, um nicht anderen Machthabern ein neues Mittel der Gelderpressung von Seiten der Juden an die Hand zu geben. Sehr oft wird gerade dieses Gebot sowohl im Talmud als auch in der ganzen mittelalterlichen Responsenliteratur eingeschärft und als das größte und bedeutendste bezeichnet (s. Pachad Jizchak Buchstabe „Pe" Lyck 1871 fol. 6"). Zu bemerken ist, daß schon David (nach der arabischen Sage bei Weil, bibl. Legend. S. 220) den Wunsch ausspricht, „vor seinem Tode mit seinem einstigen Paradieses gefährten zusammenzutreffen". Auf eine nahe Parallele bei Tendlau: Fellmeiers Abende c. 14, die schon Köhler in der Germania erwähnt haben soll, macht mich Prof. Liebrecht nachträglich aufmerksam. Unter den Parallelen, die Simrock anführt, verdient noch II, Nr. 6 (p. 65) erwähnt zu werden, weil dort ein Metzgerssohn ein schönes Mädchen, das auf einem Sclavenmarkte feilgeboten wird, loskauft und heiratet. Die weitere Entwickelung bietet keine Parallele zu unserer Erzählung.

Im jerusalemischen Talmud (Taanith fol. 64°) werden mehrere Erzählungen mitgetheilt, die den hohen Werth des Loskaufens der Gefangenen darthun sollen, indem derjenige, der dieser Pflicht der Menschlichkeit nachkommt, einer größeren Beachtung von Seiten Gottes gewürdigt wird. Vgl. auch Talmud babli: Baba bathra fol. 117. Wir wollen nur eine als charakteristisch für die anderen herausheben. „Es herrschte einst Dürre; da wurde den Weisen im Traume kund gethan, daß nur das Gebet eines gewissen Mannes auf das Regnen von Einfluß sein kann. Sie ließen ihn kommen und fragten ihn nach seinem Gewerbe. Er antwortete, daß er ein einfacher Eseltreiber sei. Erstaunt fragten sie ihn darauf, ob er irgend eine fromme That vollbracht habe. Darauf erzählte er, daß er eines Tages eine Frau führte, die heftig weinte. Auf seine Frage, warum sie denn so heftig weine, antwortete sie: „Mein Mann befindet sich im Gefängniß und ich muß sehen auf irgend welche Weise mir Geld zu verschaffen und ihn auszulösen." Da verkaufte er seinen Esel, gab ihr das gelöste Geld ihren Mann damit zu befreien, und ließ sie nicht in Sünde fallen. Als die Weisen das hörten, sagten sie: „Du bist es werth, daß nur auf dein Gebet uns Regen komme." In Bezug auf diese dem Eseltreiber zugeschriebene Fähigkeit, Regen zu erflehen als Zeichen einer besonderen

göttlichen Auszeichnung vgl. die Erzählung „Der Mann mit der Wolke“, die demnächst in der Monatschrift f. Wiss. d. Judenth. des Prof. Graetz von mir erscheint.

Eine andere Erzählung, die im Talmud nur angedeutet (Sabbath 56) und von Raschi (zu Sanhedrin 31 gegen Ende) kurz erwähnt ist, wird von R. Nissim in dem angeführten Werke (ed. Venedig fol. 71-73) gewiß nach alten Sagen ausführlicher mitgetheilt. Wir stellen sie auch hieher, weil sie mit einer von Simrock (a. a. O. I, Nr. 5 p. 26 ff. s. v. „Paphnutius“) erzählten Legende einigermaßen übereinzustimmen scheint, namentlich in dem wesentlichen Punkte, der das Loskaufen der Gefangenen betrifft.

Es wird nämlich erzählt: „Nathan, ein reicher Mann in Jerusalem, batte eine so heftige Neigung zur Frau eines Armen gefaßt, daß er daran erkrankte. Der Arme wurde inzwischen Schulden halber ins Gefängniß geworfen und alle Arbeit der Frau reichte nicht hin, ihn loszukaufen. Eines Tages räth ihr ihr Mann, Nathan um ein Darlehen zu bitten, um endlich freizukommen. Mit schwerem Herzen geht sie zu Nathan, der sie flehentlich bittet ihm Gehör zu schenken. Sie aber antwortet ihm: „Wohl bin ich jetzt in deiner Gewalt; denke jedoch daran, daß du für die Lust eines Augenblickes deine Seligkeit preisgiebst. Würdest du aber der Stimme der Vernunft Gehör schenken und deine Neigung unterdrücken, dann steht dir das Seelenheil gewiß bevor." Nathan hörte auf ihre Worte, bezwang sich und gab ihr die gewünschte Summe, ihren Mann loszukaufen, der nun einen Verdacht auf sie warf, aber ihn nicht laut auszusprechen wagte. Eines Tages sah R. Akiba einen Mann vorüberreiten, dessen Haupt von einer Strahlenkrone umgeben war. Er ließ ihn rufen und erkannte in ihm den Nathan, der nicht gerade des besten Rufes genoß. Dieser erzählte ihm nun die ganze Geschichte, worauf R. Akiba ihn aufforderte dem leichtsinnigen Leben zu entsagen und sich der Lehre zu widmen; denn dann würde sein Lohn in der zukünftigen Welt weitaus den Aller übertreffen. In kurzer Zeit erlangte Nathan darauf ein solch tiefes Wißen, daß er zur Rechten R. Akiba's den Sitz bekam. Als ihn der Mann der Channah einmal dort sitzen sah und nach der Ursache fragte, wie Nathan zu einer solch hohen Ehre gelangt war, erzählte ihm ein Schüler den ganzen Hergang, wodurch seine Zweifel gelöst wurden und er sein Weib des ungegründeten Verdachtes wegen, den er auf sie geworfen hatte, um Verzeihung bat“.

Der Abt Paphnutius von Theben erfährt, daß ein Flötenspieler der nächsten Stadt ihn an Heiligkeit übertreffe. Er forscht den Mann

aus, was er Gottgefälliges begangen hätte. Dieser erklärt ihm, er sei ein Sünder, Trunkenbold, ja sogar Räuber gewesen. Paphnutius fragt, ob er als Räuber irgend eine fromme Handlung begangen habe. „Ich bin mir, versetzte er, dessen nicht bewußt; doch erinnere ich mich, daß einst eine gottgeweihte Jungfrau von uns ergriffen wurde, welcher meine Spießgesellen Gewalt anzuthun gedachten; das litt ich nicht, sondern entriß sie ihnen und führte sie unberührt bei Nacht nach Hause. Ein andermal begegnete mir in der Wildniß eine Frau von ehrbarem Aussehen. Auf meine Frage, wie sie sich dahin verirrt habe, rief sie aus: „Warum quälst du mich unseliges Weib mit Fragen? führe mich lieber, wenn du eine Magd gebrauchst, mit dir wohin dir gefällt. Ich Unglückliche bin einem Manne vermählt, der dem kaiserlichen Schatze eine Summe schuldet und deshalb gefangen gehalten, gegeißelt und mishandelt wird. Unsere drei Söhne sind in die Gefangenschaft verkauft worden. Ich selber muß von Ort zu Ort fliehen, gleichem Schicksale auszuweichen. Schon drei Tage entbehre ich Trank und Speise." Das erbarmte mich so, daß ich sie in meine Höhle führte und ihren Hunger stillte; auch gab ich ihr dreihundert Goldstücke, womit sie sich, ihren Mann und ihre drei Söhne der Sclaverei und martervollen Gefangenschaft entriß. Der Abt bekehrt ihn nun, dieses Leben der Weltlust zu fliehen und ihm in die Wüste zu folgen, wo er ein Leben voller Enthaltsamkeit und Bußfertigkeit führte.

Vergl. hierzu noch die Erzählung im jerusalem. Talmud (a. a. O.), wo ebenfalls ein Trunkenbold und Wüstling sogar sein Bettzeug verkauft um einer weinenden Frau zu ihrem im Gefängniß schmachtenden Manne zu verhelfen und ihn daraus loszukaufen.

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Eine Parallele zur Enthaltsamkeit des Nathan siehe im Schultheiß von Aquileja" (Simrock a. a. O. p. 32 f. aus Méon: nouveau recueil II, 187), wo der Inhalt zum Ascetismus des Mönchslebens neigt und ihn zu verherrlichen bestimmt ist. Vgl. eine ähnliche Erzählung außerdem im Sepher Chassidim des R. Jehuda des Frommen (blühte gegen 1200 n. Chr. in Regensburg) ed. Bologna 1538, §. 624 fol. 78".

II. Die Weiber von Weinsberg.

Bekannt ist die deutsche Sage (Grimm, Deutsche Sagen ed. 2 Nr. 493, II, p. 189), daß die Frauen von Weinsberg, als sie von den Belagerern die Erlaubniß erhalten hatten, das Beste ungefährdet mitzunehmen, sich ihre Männer aufluden und zur nicht geringen Überraschung der Belagerer mit ihnen zum Thore hinauszogen. Maßmann, Kaiserchr. 3, 1113) theilt noch zwei ähnliche, aus den Niederlanden und Baden

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stammende Sagen mit. Die Quellen zu dieser von Bürger poetisch bearbeiteten Sage s. bei V. Schmidt, Balladen und Romanzen der deutschen Dichter p. 21-28. [Hertz W., Deutsche Sage im Elsaß. Stuttg. 1872 S. 111 ff. 261 f. Anm. 1. Bernheim E., Die Sage von den treuen Weibern zu Weinsberg (in den Forschungen zur deutschen Geschichte Bd. XV, Heft 2) L.*)]. s. Kirchhof, Wendunmuth 6 c. 242 und Österley dazu Bd. V, p. 152. Grimm, K. M. Nr. 94 und Bd. III3, S. 170 ff.

Unter anderer Form aber mit derselben Pointe tritt eine öfter wiederkehrende Sage im Midrasch auf. (Midrasch Cantic. zu c. 1, 4. Pesikta ed. Buber fol. 147 und Jalkut I, §. 16 fol. 5). [Tendlau, Sagen S. 49 no. 14 und Anm. S. 358. L.*)]. In Sidon lebte einst ein Paar zehn Jahre glücklich mit einander, aber Kindersegen war ihnen versagt worden. Der Mann wollte sich daher von der Frau scheiden lassen, und sie kamen deshalb zu R. Simeon b. Jochai, um den Act vornehmen zu laßen. Dieser aber, der eine so glückliche Ehe nicht zerstören wollte, namentlich da die Beiden sich auch nur widerwillig von einander trennen wollten, sprach: „Mit einem Festgelage seid ihr in die Ehe getreten, mit einem Festgelage müßet ihr auch von einander scheiden." Der Mann hatte ihr vorher erlaubt, jeden Gegenstand mitzunehmen. Sie befolgten den Rath des R. Simeon, und als sie bei voller Tafel saßen, schenkte ihm die Frau so viel Wein ein, daß der Mann davon überwältigt wurde. Darauf befahl sie, ihn in ihr väterliches Haus zu tragen. Als der Mann erwachte und erstaunt, sich in einem fremden Hause zu finden, fragte: Wo bin ich denn?" antwortete die Frau: „Bei mir bist du. Hast du mir nicht erlaubt, jeden Gegenstand, der mir gefällt, in mein väterliches Haus zu bringen, und bist du nicht für mich der beste Gegenstand?" Darauf lebten sie noch lange mit einander zufrieden, und Gott erfüllte ihren Wunsch, indem er sie mit einem Knaben beschenkte.

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Interessant ist es zu bemerken, daß außer der deutschen und talmudischen Sage ein ähnlicher Zug in einem der von uns aus dem Munde der Zigeuner in Bukarest gesammelten Märchen sich wiederfindet. [Vgl. Volksmärchen der Serben von Wuk Stephanowitsch Karadschitsch. Berlin 1854. S. 161. L.*)] Wir lassen die betreffende Stelle nach unserem Manuscripte folgen:

„Der König schickte zu ihr (dem Mädchen) und sagte: er möchte sie zur Frau nehmen. Das Mädchen aber sagte: er möge ihr schrift

*) Anmerkung des Herrn Prof. Liebrecht.

lich die Erlaubniß geben, sich, wenn er sie verstoßen sollte, das, was ihr am liebsten wäre, aus dem Palaste mitnehmen zu dürfen. Der König ging darauf ein, heiratete sie und lebte ein Jahr mit ihr, worauf er sie verstoßen wollte, und ihr sagte: Packe deine Sachen zusammen, nimm dir auch das, was dir am theuersten ist, mit und geh'! Sie packte nun ihre Sachen zusammen, bis es Mitternacht wurde und der König eingeschlafen war. Darauf nahm sie den König, legte ihn in einen Wagen und führte ihn in ihre Hütte. Als der König früh erwachte und sich in einer Hütte fand, rief er: O Schwester! wo bin ich denn, wo hast du mich hingeführt? Hieher, Bruder, zu mir habe ich dich gebracht; hast du mir doch selbst schriftlich die Erlaubniß ertheilt, was mir am theuersten im Palaste sei, mitnehmen zu dürfen.“

III. Ihr saget es, nicht ich!

„Als der König (der Heruler) Rudolf fest auf ihre Tapferkeit baute und ruhig Tafel spielte, hieß er einen seiner Leute auf einen nahestehenden Baum steigen, daß er ihm der Heruler Sieg (über die Langobarden) desto schneller verkündige; doch mit der zugefügten Drohung: „meldest du mir von ihrer Flucht, so ist dein Haupt verloren." Wie nun der Knecht oben auf dem Baume stand, sah er, daß die Schlacht übel gieng; aber er wagte nicht zu sprechen, und erst wie das ganze Heer dem Feinde den Rücken kehrte, brach er in die Worte aus: „Weh dir, Herulerland, der Zorn des Himmels hat dich betroffen." Das hörte Rudolf und sprach: „Wie, fliehen meine Heruler?“ „Nicht ich, riefjener, sondern du, König, hast die Wort gesprochen." Grimm, Deutsche Sagen ed. 2 (Berlin 1865) II, p. 31, Nr. 395.

Fast wörtlich stimmt die in beiden Talmuden (Kethub. 104 u. jer. Kilaim fol. 32o) enthaltene Erzählung von dem Tode des R. Jehudah ha-Nassi mit dieser deutschen Sage überein, ohne daß wir an eine unmittelbare Entlehnung glauben können.

Der Talmud erzählt nämlich:

„Als R. Jehudah ha-Nassi auf dem Sterbebette lag, drohten seine Jünger (im jerusalemischen Talmud die Einwohner von Sepphoris) Jedem mit dem Tode, der ihnen die Nachricht vom Verscheiden des Nassi bringen würde. Als Bar Kapparah ihnen die Nachricht bringen wollte, zerriß er sein Kleid und zog es mit dem Riße nach rückwärts an, darauf trat er aus der Wohnung des Nassi heraus und sprach: „Die Engel und Frommen haben gegenseitig um den Besitz der heiligen Lade gerungen, die Engel jedoch haben den Sieg davongetragen." Wie, ist Rabbi gestorben?" "Ihr saget es und nicht ich."

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