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unter vorkommt, gibt ihm den Anlaß, in frumb das Verbum zu suchen; in euch sieht er et, und so erhalten wir einen Satz, der in seinem Inhalte dem von Pfeiffer gefundenen recht ähnlich ist. Gegen Müllers Ergebniß gehalten, ist Haupts Conjectur entschieden ein Rückschritt; denn sie macht sich den Hinweis auf den folgenden Ausspruch in V. 6266 fg. nicht zu Nutze.

So sind alle bisherigen Versuche mehr oder minder mißlungen. Die einen laßen wenig, die andern frumb bei Seite. Es wird darauf ankommen, mit möglichster Bewahrung der Überlieferung einen Sinn zu erlangen, welchen die bis jetzt beste Conjectur, nämlich die Müllers, nahe legt. Ich habe mich an die zweite Möglichkeit, an die Verlesung des Schreibers gehalten, und nehme als muthmaßliche Vorlage des Schreibers an:

für schaden, der niwen ze frumen ist.

Gegen einen Schaden, der nur zum Nutzen gereicht.

Der Schreiber las ni =

=

iu, daraus machte er euch; er las wen ze in einem Worte, das ihm wenge erschien; daraus machte er wenig; und aus frumen ließ er das Adjectiv entstehen. Hier ist ein Satz erreicht, der mit V. 6266 fg. in Correspondenz steht, alle Theile der Überlieferung finden sich wieder; das Wort niwen, niwan, niuwan liebt Hartmann über alle Maßen, der Satz ist also richtig Hartmannisch.

Aber nun fragt sich's: ist diese Lesung auch formal Hartmann angemeßen? Darauf ist zu antworten: nein. Hartmann gebraucht niemals niwen auch einsilbig wie Gottfried, sondern stets zweisilbig, entweder niwán oder níuwan; somit gehört niwen nur der Vorlage des Schréibers an; diese Vorlage fehlte also gegen Hartmanns metrischen Gebrauch. Deßhalb muß der Vers ursprünglich gegen das Ende zu anders gestaltet gewesen sein. Ich vermuthe deßhalb: für schaden, der níuwan frúmende (frument) ist. Die Umschreibung des Verbums durch das Part. praes. in Verbindung mit dem Verbum substantivum ist Hartmann geläufig.

6335 ff.

die herren die daz ambet hânt
daz sî die gotes ê begânt,

daz si im uurde gegeben.

So in allen Ausgaben. Die Hs. hat 6335 die des ambtes plegen und 6336 steht geben für began, begânt. Die von Lachmann herrührende Veränderung ist keine wirkliche Verbeßerung, denn sie entfernt sich stark von der Überlieferung und tastet namentlich die andere an sich tadellose Reimzeile an. Lachmann operierte wahrscheinlich zur Beseitigung des falschen geben mit der öfters mit Glück angewandten Um

GERMANIA. Neue Reihe. XIII. (XXV.) Jahrg.

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drehung der Silben: geben aus begen begent, begânt; dazu fand sich dann leicht das Reimwort hânt. Aufgabe war vielmehr bei Bewahrung der Wendung die des ambtes pflegent ein Reimwort zu pflegent zu finden. geben mag ein durch das folgende gegeben veranlaßter Schreibfehler sein; eher sieht es aber als eine glossierende Übersetzung eines ungewöhnlichen Ausdrucks aus. Gesucht muß nach einem Schriftbild werden, welches dem Schreiber vorlag und ihn irre führte. Da bietet sich für geben von selbst gebegent dar und dieß steht für gewegent. Dieses gewegen, hier in der Bedeutung zuwägen, austheilen, ertheilen" ist nach meiner festen Überzeugung das ursprüngliche Wort. Es gewährt einen mindestens ebenso guten, ja noch beßeren Sinn als das sehr allgemeine begânt, es ist ein Synonym und zwar ein ungewöhnliches Synonym zu geben, es läßt die vorhergehende Zeile in ihrer Integrität, es ist überdieß Hartmann geläufig, denn er wendet es, wenn auch in etwas anderer Bedeutung, nochmals mit demselben Reime pflegen im Erec an: und müeze dir der sêle pflegen, dirn mag êt niemen des gewegen u. s. w. 8813 fg. -Sollte der Gang aber nicht so gewesen sein, wie ich mir ihn denke, sollte nach Lachmanns Annahme eine Vertauschung der Silben stattgefunden haben, also geben aus begen, so komme ich zu demselben Resultat, denn begen ist wegen, wegent. So könnte auch stehen, metrisch beßer ist aber die Composition gewegent. Die Stelle wird also fortan heißen müßen:

die herren die des ambtes pflegent

daz sî die gotes ê gewegent,
daz sî im wurde gegeben*).

6345 fg.: swiez der frouwen ware
widermuot und swære.

So Haupt nach der Hs. in der ersten Ausgabe. In der zweiten corrigierte er widermüete, offenbar um die Congruenz mit dem Adject. swære herzustellen und um keinen Zweifel zu laßen, daß das erste Wort der Zeile auch Adj. sei. Die Bildung -müete ist an sich ganz richtig; da ferner die Oesterreicher dem Umlaut von u aus dem Wege gehen und das Endungs-e zu apocopieren pflegen, so kann vielleicht widermuot der Hs. = widermiete sein. Der Kritiker hat aber zunächst darauf zu sehen, *) Die sehr häufige, namentlich in bairisch-österreichischen Quellen begegnende Vertauschung des anlautenden w mit b, die etwas seltenere des b mit w (s. Weinhold b. Gr. §. 124. 136) ist für die Kritik bis jetzt noch nicht genug beachtet und verwerthet worden. Auf Grund dieses Laut- und Buchstabenwechsels habe ich schon früher zweimal Conjecturen versucht, die wohl das Richtige getroffen haben, nämlich erweten statt des hsl. erbeten Gottfr. Tr. 946 und werder statt bruder (Mittelstufe b'der= berder) Heinr. Tr. 1964. Vgl. auch unten zu Hartmanns Erec 6747.

ob er mit der Überlieferung auskommt. Nicht allein Bechs bestimmte Erklärung, daß widermuot Adj. sei, hätte ihn abhalten sollen zu ändern, sondern er hätte sich auch im mhd. Wb. belehren können, daß nicht bloß im Ahd., sondern auch im Mhd. Adjectivbildungen auf -muot vorkommen. Sind auch nur wenige nachgewiesen, so belegen sie doch hinlänglich die Berechtigung von widermuot als Adj. Es hat somit bei der hsl. Überlieferung zu bleiben. Lexer bringt widermüete nur nach Haupts zweiter Ausgabe bei, ohne Verweis auf die Hs. Aber selbst wenn sich das Wort in der Literatur noch öfters vorfinden sollte, so würde das noch nicht gegen Haupts erste Lesart und gegen Bechs Erklärung beweisen.

6354 ff.: er gedâht, des lîhte niht geschach,

mit ir vil guote naht hân.

ich enruochte, trüge in sîn wân.

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lîhte, vielleicht, möglicherweise, will hier nicht recht passen. Und was soll die subjective Bemerkung ich enruochte (beßer bliebe das hsl. enruoche), trüge in sîn wấn? Wie kann Hartmann sagen, daß der Wunsch des Grafen vielleicht" nicht in Erfüllung ging? Er weiß es ja im voraus, daß dieß ganz sicher nicht der Fall war. Die Spannung der Leser kann er doch nicht bezwecken wollen, wo er gleich im Folgenden die Enttäuschung des Grafen berichten muß. Klar wird die Stelle, wenn für lîhte, das natürlich in der Hs. leichte heißen muß, leider gesetzt wird. Dieses leider steht im Sinne des Grafen oder objectiv zu seinem Unglück". Da aber dieses leider einen Doppelsinn birgt und als eine bedauernde Bemerkung des Dichters aufgefaßt werden könnte, durch die er seine Parteinahme für den Grafen kundgeben würde, deßhalb corrigiert er sich oder erklärt und rechtfertigt seinen Ausspruch vor den Lesern durch den dazwischen geworfenen Satz: ich enruoche, trüge in sîn wân mit Hervorhebung des ich: mir persönlich ist es gleichgiltig, ob er sich in seiner Hoffnung täuschte; ich will damit nicht gesagt haben, daß mir sein Mißgeschick leid thut. Bin ich auch von der Richtigkeit meiner Änderung überzeugt, so würde ich ihr doch keinen Platz im Texte einräumen, weil das überlieferte lîhte zur Noth auch einen Sinn gibt und weil leider sich diplomatisch von leichte doch einigermaßen entfernt.

6399. Es ist gar keine Nöthigung vorhanden, das hsl. unbiderber (strît) in unbederber zu ändern. Auch bei Bewahrung des i wird die dritte Silbe betont.

6448 fg. mit minen lieben gesten,

die her durch freude komen sint.

So Haupt und danach Bech in ihren ersten Ausgaben. Die Hs. hat 6449 durch frauen. Die Conjectur freude ist nicht gut; denn abgesehen von dem graphischen Unterschied zwischen freude, froude und frauen, frowen ist es nicht recht denkbar, wie ein Schreiber dazu kommen konnte, das geläufige freude, sei es durch Verlesung, sei es durch willkürliche Änderung, zu verfehlen. Viel beßer ist in diplomatischer Hinsicht Bartschens Vorschlag fröuwen um sich zu freuen“, den Bech in der zweiten Ausgabe aufnahm, der aber von Haupt für seine zweite Ausgabe verschmäht wurde. Wie annehmbar Bartschens Conjectur auch erscheinen mag, so ist sie mir doch deshalb bedenklich, weil fröuwen transitiv ist und einen Accusativ voraussetzt, und weil deshalb durch fröuwen nicht wohl bedeuten kann „um sich zu freuen", sondern heißen würde, um (einen andern) zu erfreuen". Hier in diesem Zusammenhange könnte aber nur von der eigenen Freude der Gäste die Rede sein. Aber selbst wenn der substantivische Infinitiv fröuwen als Synonym von fröude gelten könnte, so würde der Inhalt des Satzes nicht der Situation angemessen sein. Sind die Gäste wirklich um der Freude willen gekommen? Es wird doch kein Maifest gefeiert. Ja, wenn die Hochzeit des Grafen lange vorbereitet, nicht eine so ungewöhnliche gewesen wäre, so würde sie sich auch zu einem Freudenfest gestaltet haben. Aber dieser plötzliche leidenschaftliche Entschluß des Grafen hat den hastig entbotenen Gästen, dem Adel und dem Clerus, sicher mehr Verdruß als Freude bereitet. Der Anlaß zu ihrem Kommen war vielmehr der Befehl des Gebieters, war seine Vermählung, die sie ins Werk zu setzen hatten oder der sie assistieren mußten, war vor Allem Enite. Darum wird mit Bewahrung des hsl. frauen, mit geringer Veränderung des hsl. durch und nur mit Streichung des entbehrlichen her der Vers zu schreiben sein:

die dur iuch frouwen komen sint.

die wegen eurer, der Herrin, gekommen sind.

Diese Wendung gibt dem Ausspruche des Grafen größeres Gewicht. Die Schmerzensäußerungen Enitens sind im Sinne des Grafen nicht deshalb ungehörig, weil sie die Freude der Gäste stören, sondern weil sie die schuldige Rücksicht gegen die Gäste, die um ihretwillen gekommen sind, verletzen.

6464 s. unten zu 6620.

6475 ffg. In der Hs. steht öfters neben dem häufiger gesetzten ê abwechselnd vor, während nú mit keiner andern Conjunction vertauscht wird. Diese Einheitlichkeit des Ausdruckes nû wird Haupt veranlaßt haben, auch für das hsl. vor immer ê zu setzen. Bech ist ihm hierin

gefolgt. Ich glaube nicht, daß wir dazu ein Recht haben. Ich glaube vielmehr, daß der Wechsel vom Dichter, nicht vom Schreiber herrührt. Darauf deutet auch das vormals der Hs. in V. 6485, welches als eine Erweiterung und Modernisierung des älteren vor erscheint. Daß der Schreiber immer an rechter Stelle das vor gesetzt hat, glaube ich allerdings nicht, aber für den Text bleibt nichts anderes übrig, als der Hs. zu folgen. Wahrscheinlich wählte Hartmann vor, wenn ein Vocal oder ein h folgte, also vor enwart ir niemen wert 6471, vor in swacher schouwe 6475, vor hetet ir ein swachez leben 6485. Ebenso ist in 6696 das

hsl. vor beizubehalten.

6497 des sit ir ergazt mit mir in allen Ausgaben, die Hs. ergetzet, Der Vers wird glatter und die Änderung ist geringer, wenn umgestellt wird: ergetzet ir; zugleich wird eine Congruenz mit der folgenden Zeile erreicht: den selben wehsel möhtet ir.

6556 ir fröude schuof sich sô. Es empfiehlt sich, da der Schreiber im Setzen von so, also, als sehr willkürlich verfährt, statt số lieber alsô zu wählen, wie auch im Gregor 332 steht. Vgl. auch unten zu 6786. 6569 sî stuont von im vil verre.

Die Hs. hat nur im; von ist von Haupt hinzugefügt. Das ist aber geradezu Unsinn *), was Haupt selbst dadurch anerkannt hat, daß er in der zweiten Ausgabe das Gegentheil aussagen ließ: sî stuont von im unverre. Das läßt sich eher hören, aber es ist doch nichtssagend und unpoetisch. Was braucht denn hier in dieser leidenschaftlich erregten Scene von Nah oder Fern die Rede zu sein? Bech vermuthete Germ. 7, 458 sî schunte in vil verre, was er dann in seine Ausgabe aufnahm mit der Erklärung: schunden swv., reizen. vil verre, auf alle Weise, sehr. Das gibt einen viel beßern Sinn, und es ist möglich, daß Hartmann wirklich so gesagt hat. Aber die Überlieferung sagt mir noch mehr zu und scheint mir noch beßer in den Zusammenhang zu passen. stân mit dat. heißt bekanntlich auch „Stand halten" (mhd. Wb. II2, 574), und diese Bedeutung gilt hier: sie leistete ihm energischen (vil verre) Widerstand, sie harrte ihm gegenüber entschieden aus. Diese Zeile correspondiert mit V. 6579 sînen slac sî niht flôch. 6620 fg.: des êrsten rûsches er sluoc (: genuoc) den wirt selbedritten.

So alle Ausgaben nach der Hs. Benecke vermuthete (H. Z. 3, 270) er ersluoc. Wie der Vers vorliegt, ist er zwar inhaltlich und metrisch tadellos, aber eine Ergänzung empfiehlt sich doch. Hartmann liebt den

*) Diese miẞrathene Conjectur hätte nicht zum Beweise der Präposition von bei stân im mhd. Wb. II2, 570 verewigt werden sollen.

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