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LITTERATUR.

Das Handschriftenverhältniss in Rudolfs von Ems Barlaam von Dr. Franz Söhns. Erlangen. Verlag von Andreas Deichert. 1878. 8°. 86 S. 1 M. 80 Pf.

Pfeiffer sagt S. 409 seiner Ausgabe: 'Unter allen diesen Handschriften, deren Benützung mir vergönnt war, ist keine von vorzüglichem Werthe, keine der ich im Allgemeinen größeren Vorzug schenken durfte als der andern', und an mehreren zweifelhaften Stellen hat er deshalb die lateinische Vorlage zur Entscheidung herangezogen, was freilich noch viel öfter und durchgreifender hätte geschehen können.

Im Wesentlichen zu demselben Resultate gelangt die vorliegende Arbeit, die sich zugleich eine genauere Classification der Handschriften und so weit als möglich auch der erhaltenen Bruchstücke von Handschriften zur Aufgabe gemacht hat. Leider wird die Sicherheit der Resultate sowohl durch Fehler der Methode als durch Ungenauigkeiten und Flüchtigkeiten im Einzelnen nicht unwesentlich beschränkt, und ein neuer Herausgeber des Gedichtes wird sich nicht etwa auf dieselben bauend die Mühe eigener selbständiger Untersuchung über die Hss. ersparen dürfen.

Der Vf. beginnt mit einer Aufzählung der schon von Pfeiffer benützten und einiger seither hinzugekommenen Textquellen, letztere größtentheils Bruchstücke, nur eine vollständige Hs., die Bonner Pergamenths. des 14. Jhs. (vom Vf. mit L bezeichnet) ist darunter. Dieß Verzeichniß aber und damit die ganze Untersuchung ist nicht vollständig. Ich weiß nicht gleich, wie viel in Katalogen und andern Büchern, die ich im Augenblick nicht nachschlagen kann, etwa noch Hss. des Barlaam verzeichnet sind; aber an einer Stelle, die der Herr Vf. sicher auch gelesen haben muß, nämlich Pfeiffers Anmerkung zu 294, 35, sind deren zwei erwähnt: eine Gothaer (Jacobs II, 241-243) und eine Wiener (Nr. 2884 Pap. 14. Jh.). Es hat mich gewundert, da der Hr. Vf. sich doch um die Bonner und Fragmente anderer Hss. bemüht hat, über diese beiden auch nicht ein Wort zu finden. Von der Wiener besitze ich eine freilich nur zur Probe gemachte Collation kurzer Stücke aus verschiedenen Theilen des Gedichtes, die jedoch ausreicht, um ungefähr ihre Stellung unter den übrigen Hss. erkennen zu laßen. Ich werde darauf zurückkommen.

Die Classification der Hss. beginnt damit, daß der Hr. Vf. zunächst die vollständigen in zwei große Reihen' sondert, gebildet einerseits von AD Kabe, anderseits von BCLE. Gleich hier zeigen sich die früher erwähnten Mängel der Arbeit. Der Hr. Vf. hat bei der Auswahl der zum Beweise angeführten Lesarten hier wie anderswo viel zu wenig erwogen, inwieweit Hss. auch zufällig und unabhängig von einander oder von einer gemeinsamen Quelle in einer Lesart zusammentreffen können, und daher gleich hier in der Mehrzahl solche Stellen vorgeführt, die nichts beweisen können. Was sollen etwa ein halb Dutzend gemeinsamer Auslaßungen von Wörtchen wie ir, dô, wol, sô u. dgl., die, wie der Hr. Vf. selbst zugesteht, für den Sinn und Vers mehr oder weniger K. B.

Es fehlen mehr als ein Dutzend.

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gleichgiltig sind, für Zusammengehörigkeit der betreffenden Hss. beweisen? Was Lesarten, wie 16, 25 des lôn wirt anders niht wan klage gegenüber des lôn ist u. s. w., oder 25, 24 dô man dem künege sagete daz im sô hôhiu wîsheit ... ware bereit gegenüber was b., 34, 26 nâch dirre selben ê gegen der selben, 329, 7 gar vir wâr gegen al v. w. u. dgl. Um mit Übereinstimmung in solchen Lesarten etwas zu beweisen, müßte sie durch eine sehr große Zahl von Fällen belegt werden, damit der Zufall, der in solchen Dingen eine große Rolle spielt, möglichst ausgeschloßen bleibe. In der That kann ich von den für die bezeichnete Gruppierung der Hss. aufgeführten mehr als zwanzig Lesarten kaum mehr als vier oder fünf einige Beweiskraft zugestehen. Dazu kommen noch Ungenauigkeiten in den Angaben, die den Leser nöthigen fortwährend zu controlieren. So wird als gemeinsame Lücke der Gruppe AD Kabe gegenüber BCLE angeführt 60, 3 al (in alsus); es steht aber nach Pfeiffer in D und fehlt in zwei Hss. der andern Gruppe E und L (vgl. die eigene Collation des Hrn. Vfs. S. 52). 31, 31 soll sich BCLE mit ersehen gegen ADKabe mit versehen stellen, aber ersehen liest nach Köpke (S. 407) auch K (bei K. B) und ebenso verhält es sich 66, 25 mit einen man (BCLE) gegen angeblich ein m. in AD Kabe; nach Lachmann (bei Köpke S. 429 zu 66, 23) stimmt wieder K'(B) zu BCLE. Gewiß war schon die Art, wie Pfeiffer die Bezeichnung K in seinem Apparat verwendet, nicht wohlgethan, Hr. Söhns mußte das wißen, und daher überall bei Köpke selbst und Lachmann, der manches genauer angibt, sich Raths erholen. Hätte er das gethan, so würde er nicht 192, 35 der sun als gemeinsame Lesart von ADKabe gegenüber din kint anführen, wo Köpke (192, 33) din sun ohne alle Variante bietet, also Pfeiffers Angabe fehlerhaft ist. Noch schlimmer ist, daß 59, 21 (dô gar ir nôt verendet was) als Lesart von AD Kabe in nôt angegeben wird, während Pfeiffer dieselbe nur von einer Hs. der andern Gruppe C anführt und auch Köpke zu ir (59, 19) keine Variante verzeichnet. Hr. Söhns hat in Pfeiffers Apparat die Angabe zu 59, 19 in n. A DKa (dâ sie mit næten wâren) verwechselt mit der zu 59,

21.

Im weitern Verlaufe sucht der Hr. Vf. zu zeigen, daß keiner der beiden Gruppen ein Vorzug vor der andern gebührt, weder nach innern Gründen noch nach einer Vergleichung mit der lateinischen Quelle. Consequent ist seine Argumentation freilich nicht; S. 5, 1 wird unter vier behandelten Stellen (Lücken) dreimal das Richtige für die Gruppe A in Anspruch genommen, darunter einmal 363, 17 sogar mit Sicherheit; bei der Zusammenstellung der Ergebnisse aber S. 7 wird von diesen drei Stellen nur eine gezählt und gerade die sichere 363, 17 nicht! Und die lat. Quelle gibt, wenigstens nach der Ansicht des Hrn. Vfs. in allen (freilich nur fünf) besprochenen Fällen der Gruppe AD Kabe Recht.

Dankenswerth und vielleicht das Ansprechendste in der ganzen Arbeit ist eine daran sich schließende Vergleichung ausgewählter Stellen des Gedichtes mit der lat. Quelle, um Rudolfs Verhältniß zu derselben erkennen zu laßen. Dieser Punkt wäre natürlich noch einer ausführlicheren Behandlung fähig und wie es scheint nicht unwerth. Für den Hrn. Vf. ist er nur Mittel zum Zweck, und eine daran sich reihende Behandlung einzelner Stellen soll zeigen, daß auch innerhalb der Gruppen keine Hs. einen besondern Vorzug verdient. Zu berichtigen wäre auch hier mancherlei.

Die Untersuchung wendet sich nun den einzelnen Hss. und ihrer näheren Verwandtschaft innerhalb der Gruppen zu. Hier begeht der Hr. Vf. nur häufig

den Fehler, daß er der gemeinsamen Lesart der angeblich enger zusammenhängenden die übrigen Handschriften schlechtweg gegenüberstellt, ohne zu bemerken, daß eine oder mehrere der letztern jene als charakteristisch angeführte Lesart theilen. Auch begegnen wieder geradezu unrichtigen Angaben; so z. B. wenn 48, 21 gegenübergestellt wird BL smac, 'die andern Handschr.' waz, während in der That waz nur in AE steht, das Wort in DKabe a und in C diese und die folgende Zeile überhaupt fehlt, oder noch schlimmer 322, 18 BL von sorgen, die andern Handschr.' von muot, wo die letzte Lesart gar nicht existiert, vielmehr A von armit, K' v. not (Köpke S. 417 zu 319, 34) C= BL v. sorgen und DEK v. sorge lesen.

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Es leuchtet ein, daß dadurch die Sicherheit der Ergebnisse sehr beeinträchtigt werden muß. So sondert der Hr. Vf. die Gruppe ADK abc derart, daß KaD und K ̊▲ aus je einer Vorlage hergeleitet werden. Aber für ein engeres Verhältniß von K' und A ist ein zwingender Beweis durchaus nicht erbracht, und so weit ich selbst nachgeprüft habe (eine vollständige Untersuchung habe ich allerdings nicht geführt) scheint A eine eigenthümliche selbständige Stellung in der Gruppe einzunehmen. Damit soll nicht geleugnet werden, daß Ka untereinander und mit D näher verwandt *) sind als mit K', aber sehr oft stimmt doch auch K' mit DK so überein, daß natürlich nicht ohne Mittelglieder alle vier Hss. zuletzt doch aus einer Quelle stammen werden, wie im Wesentlichen bereits Pfeiffer S. 408 seiner Ausgabe richtig erkannt hat.

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Die andere Gruppe BCLE soll sich wieder in zwei Äste spalten: CL und BE, wobei B wieder in einem nähern Verhältniß zum andern Aste, namentlich zu L stehen soll; aber die Beweise sind alle in der schon charakterisierten Art, am unzulänglichsten für die behauptete nähere Zusammengehörigkeit von BE; eher dürfte eine Anzahl von Lesarten, die der Hr. Vf. aber viel methodischer hätte verwenden müßen, für eine gewisse, aber auch nicht allzu nahe Verwandtschaft von BCL sprechen. L steht, so viel ich weiß, nur zu einer Hs. in einem nähern Verwandtschaftsverhältnisse, so daß eine gemeinsame Vorlage nothwendig vorausgesetzt werden muß, und das ist die früher erwähnte Wiener Hs. 2884.

Sie hat mit L zuvörderst eine Anzahl von wenigstens theilweise eigenthümlichen und beweisenden Lesarten ausschließlich gemein, wie 1, 2 gottes gewaltes. 11 sistu. 27 du st. durch (bistu L). 3, 22 arbeit st. bereit. 4, 37 daz st. wol. 5, 4 her fehlt. 24 diz (die L) mere. 68, 36 dem a. s. 69, 2 bezeichent. 27 eime. 85, 19 vvalsche (vnvalsche L). 26 siht. 87, 15 zů vnserme vatter. 21 h. sich wol. 116, 29 man fehlt. 37 greif. 117, 9 Owie (o we L) er stunde und kein Absatz. 21 wurzel. 27 vñ daz antlit in (vor in ist d' durchstrichen). 35 langen. 118, 1 An h'ze vröde. 5 vñ von deme. 28 vnder sch. 37 honicseimelin. 120, 5. 6 umgestellt, dann noch viel zahlreichere andere, in denen auch eine oder mehrere andere Hss. übereinstimmen; hievon nur einige: 1, 4 ane anegenge, vgl. ABK". 23 allez ein angenge, vgl. Bba(D). 25 dar = C. 29 blint vñ = a. 2, 24 unde]

*) Was der Hr. Vf. S. 33 von angeblichen Abweichungen von Kac und D in V. 387, 22 und 402, 3 f. sagt, ist wieder falsch. Dort liest, wie er auch aus Pfeiffers Angaben, die Köpke (zu 384, 38 S. 419) bestätigt, sehen konnte Kac mit D erde gegenüber dem alleinstehenden erbe (K), hier stimmt in der Versordnung Kac D gegen K'A (vgl. Köpke zu 399, 19. 20 S. 419), was mir freilich für ein näheres Verhältniß der beiden letzten noch nicht beweisend scheint,

vor

oder = ABa. 4, 15 lắte vñ l. — CKabe. 19 hâst] dir ist, vgl. a. 33 ich ouch a. 38 zů ieglicher = a. 5, 1 sweme = C. dz zimet, vgl. Ca(A) 69, 10 hie = Ko. 31 allen den die gel. s., vgl. C. 70, 19 fulte in, vgl. CDKa. 85, 21 groszen = CE Kabe (D). 86, 17 ine er l. — DKabe. 87, 29 si horent, vgl. AC(B). 33 so gelobten sở, vgl. CBb. 117, 1 hat er da g. CD Ke Ai 3 da A. 10 daz ime i ABCE Kabe. 118, 17 enthaben — ABC. 20 beröbet =iACDg Kab. 23 grozen vrevel = i. 40 in da, vgl. B. 119, 31 deme sinne iAfg. Nur ausnahmsweise stimmen sie einmal gegen einander mit andern Hss.

Was die Fragmente betrifft, so reiht der Hr. Vf. a in die Gruppe A und zwar speciell Ka D ein; einiges scheint dafür zu sprechen, doch stimmt gerade in den meisten zum Belege angeführten Stellen auch K'. Auffallend sind Übereinstimmungen mit WL, wie 1, 29. 4, 19. 34. Über b vervollständigt Hr. Söhns die Angaben Pfeiffers. Sein Versuch aber, gegen diesen die Benützung von A neben B zu beweisen, ist mißlungen. Die als 'Beweisstellen' vorgeführten Übereinstimmungen sind ganz unzulänglich und zudem der Mehrzahl nach auch aus andern Hss. zu belegen. d wird mit einiger Wahrscheinlichkeit zu DK" gestellt. Daß fg näher zusammengehören, kann flüchtige Einsicht in die Lesarten bei Pfeiffer lehren. Hr. Söhns will beweisen, daß g von ƒ abgeschrieben sei; dazu reichen aber die angeführten Stellen kaum aus und einige, wie 119, 22. 117, 9 sprechen eher dagegen. Ebensowenig scheint mir der Beweis erbracht, daß h (Würzburger Fragm.) 'direct aus A entstanden' sein soll. Die angeführten Übereinstimmungen können höchstens für Annahme gemeinsamer Vorlage ausreichen, und weiter führen selbst die merkwürdigerweise vom Hrn. Vf. nicht angeführten Lesarten 275, 4. 281, 36 kaum, während Verschiedenheiten wie 274, 35. 276, 18. 23. 278, 20. 26. 279, 2. 32 ganz geeignet sind, gegen directe Ableitung Zweifel zu erwecken. Auch die Zusammenstellung des ersten Berliner Fragments (i) mit L ist nicht ganz gesichert, in mehreren beachtenswerthen Lesarten steht das kleine Fragment L eutgegen und stimmt zu ƒg. Das Nürnberger Bruchstück (1) stellt Hr. Söhns richtig zu DK, nur stimmt in allen zum Beweis angeführten Stellen auch K'; sollte schon bei einem so kleinen Bruchstücke strengere Bestimmung eintreten, so müßte es zu D unmittelbar gestellt werden nach 112 (118 wie S. 86 steht, ist Druckfehler), 2. 116, 5. 10. 15. 24. Diemers Bruchstück (m) bezeichnet Hr. Söhns als Vorlage von C: schwerlich mit Recht; bei zweifellos sehr naher Verwandtschaft bleiben doch manche Differenzen, wie 80, 18. 81, 16. 83, 1. 86, 4. 17. 157, 18. 22. 35. 161, 14. 19. 162, 13 u. a. die dagegen sprechen, und so können die Übereinstimmungen nicht mehr als gemeinsame Vorlage beweisen. Unbestimmt bleiben c (vielleicht mit B aus einer Quelle? 92, 20. 94, 6) e, k (das zweite Berliner Bruchstück) und im gewißen Sinne auch n (das Petersburger Fragm.).

Im Anhang theilt der Hr. Vf. dankenswerthe Collationen mit von L, h, i, k und l. Mit Ausnahme der von ik, welche er Strauch verdankt, sind sie von ihm selbst angefertigt. Hoffentlich sind sie zuverläßig. Einige Widersprüche zwischen Angaben im Text der Abhandlung und den Collationen, wie das schon erwähnte al, das nach S. 4, 2 in L 60, 3 stehen soll, während die Collation S. 52 sus angibt, oder uns ist offentliche, wie S. 34 als Lesart von 267, 38 in L angegeben wird, während sie nach S. 70 wie offenlich ist sein müßte, sind jedenfalls wie S. 40 die Angabe über eine Lücke in h 277, 10 (vgl. S. 82) bloße Flüchtigkeiten im Texte und die Collation hat ohne Frage das Richtige.

Aber wir wollen hoffen, daß der Hr. Vf. künftighin sich nicht nur einer strengeren Methode, sondern auch größerer Genauigkeit befleißigen werde. Es ist bei der Lectüre sehr lästig und zeitraubend, fortwährend den Verfaßer controlieren zu müßen. H. LAMBEL.

Schilling, Die Diphthongisierung der Vocale û, iu und î. Ein Beitrag zur Geschichte der nhd. Schriftsprache. Programm der Realschule II. Ordnung zu Werdau. 1878.

Der Verfaßer hat es unternommen, uns einen Beitrag zur Vorgeschichte der neuhochdeutschen Sprache zu liefern, indem er die allmähliche Entwicklung derjenigen Lautgruppe schildert, durch die in den meisten Gegenden sich die Schriftsprache der Neuzeit am auffälligsten von der den einheimischen Dialekt repräsentierenden Sprache des Mittelalters abhebt, nämlich die Entwicklung der Lautgruppe î, û und iu zu ei, au und eu. Gleichwie wir die althochdeutsche Sprache hauptsächlich an der Wandlung der Consonanten neben mancherlei andern lautlichen Übergängen erkennen, so tritt uns die neuhochdeutsche Schriftsprache mit der vocalischen Lantverschiebung des î und û (iu) als wichtigstem Merkmale entgegen, ohne daß unwichtigere lautliche Modificationen ausgeschloßen sind.

Ehe der Verfaßer auf sein specielles Thema kommt, holt er zunächst etwas weiter aus und fragt, wo diese neuhochdeutsche Sprache herstamme. Die Ansicht, daß Luther ihr Begründer sei, wird widerlegt durch Luthers eigene Worte, der seine Sprache als die der kursächsischen Kanzlei bezeichnet. Auch wird ausgeführt, daß schon vor Luther der Begriff einer allgemeinen deutschen Sprache geläufig war. Denn der Ausdruck „gemeindeutsch" kömmt schon im 15. Jahrhundert vor, daneben im letzten Jahrzehent die Bezeichnung ,,hochdeutsch", die der Verf. gleich bei ihrem ersten Vorkommen nicht mehr als rein local gefaßt, sondern als auf die kaiserliche Kanzleisprache angewandt erklärt.

Allerdings hat dieses Wort frühe eine etwas andere Bedeutung angenommen, als seine Zusammensetzung erwarten läßt, aber nicht hat sich sein Begriff verengert, wie dieß der Verfaßer glaubt, sondern erweitert, und umfaßt bald Hoch- und Mitteldeutschland. „Hochdeutsch" scheint besonders nur ein in Oberdeutschland geläufiges Wort gewesen zu sein, der Binnendeutsche nannte seine Nachbarn im Süden noch bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts und wohl noch länger die Oberländer. In der Verfaßung des schmalkaldischen Bundes heißen die dort aufgenommenen oberdeutschen Städte die „oberländischen“. Vor Allem ist der Ausdruck „hochdeutsch" in der kaiserlichen Kanzlei beliebt und nimmt daselbst, wohl ganz besonders seitdem das Haus Habsburg Burgund und Holland zum Besitze gewann, einen Gegensatz gegen Niederland und Niederdeutschland an. Der Begriff Mitteldeutschland existiert nicht. Ja es wird sogar hochdeutsch, z. B. in den Reichstagsacten von 1523, von österreichischen Schreibern mit deutsch ganz gleich gebraucht und wechselt ab mit letzterem Ausdrucke. Deutschland aber wird in denselben Acten als das Land zwischen Ulm und Köln bezeichnet. Jenseits Köln begannen die Neuerwerbungen des habsburgischen Hauses. So ist also hier im Westen Deutschlands der alte Besitz des deutschen Kaisers als hochdeutsch dem neuen niederdeutschen Erwerb gegenübergestellt. Weiter nach Osten hin verstand man Altsachsen, Branden

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