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nicht selten, um nur nicht für Schwachköpfe gehalten zu werden, so gar solchen Meinungen benpflichten, die fie gar nicht verstehen. Viele unter ihnen sezzen auch bas allgemeine Wohl dem ihrigen nach, welches aber, wenn sie einzeln und insgeheim gehöret werden, wenis ger Nachtheil bringt. Denn die Leidenschaften der Menschen sind, wenn sie einzeln handeln, natürlich gemåssigter, als in einer öffentlichen Gesellschaft, w00 fie wie bey einander liegende Feuerbrånde nicht seiten durch Rednerkünste, als durch einen Windstoß, zum höchsten Verderben des Staats sämmtlich in Flammen gerathen; da sie sonst nur als einzelne Brande blos glimmen. Ausserdem können auch die Gründe ihrer Meinungen, einzeln vorgetragen, leichter geprüft wer den, als sonst, wo der Zuhörer bey der Mannichfals tigkeit und Menge der Reden mehr bewundert, als seine Kenntniß erweitert. Manche ziehen aber auch alsdann in die Berathschlagungen, blos um ihre aus gebreitete Kenntnisse und ihre Beredtsamkeit zu zeigen, solche Sachen mit hinein, welche damit in gar keiner Verbindung stehen; dies aber ist da nicht zu besorgen, wo sie einzeln um ihr Gutachten befragt werden.

Endlich kann dasjenige, was in öffentlichen Vers fammlungen verhandelt wird, und doch verschwiegen bleiben sollte; den Feinden leicht verrathen werden, weil jeder seine Gedanken öffentlich vorträgt.

Keiner wird, daß ich noch eins anführe, in seis nen Privatangelegenheiten mehrere zu Rathe zu ziehen geneigt seyn, wenn er auch dazu Gelegenheit hatte. Wenn z. B. ein Hausvater ungewiß wäre, welchem Manne er seine Tochter geben, oder welche Person sein Sohn zur Gattin nehmen, oder an wen und wie hoch er seine Güter perpachten, oder wen er zum Vers walter oder zum Akkermeyer ansezzen sollte; so würde er deshalb gewiß nicht mehrere zugleich um Rath fras

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gen, zumal, wenn er von einem oder dem andern darunter besorgen müßte, daß er ihm nicht wohlwol len möchte. Ob daher gleich, im Allgemeinen genom. men, der Rath von mehreren dem von wenigen Mens schen vorzuziehen ist; so ist dies doch ganz vorzüglich alsdann der Fall, wenn ein jeder einzeln und allein seine Gedanken vortragen muß. Berathschlagungen gleichen gewissermaassen dem Ballspiele; wer andere darinn zu Hülfe nimmt, fährt am Besten; minder gut aber derjenige, welcher im Vertrauen auf seine Gefchiflichkeit allein spielt. Wer nun in seinen eignen Angelegenheiten sich von mehreren Rathgebern leiten läßt, wo keiner wie der andre denket, und jeder dem andern entgegen ist, der fährt von allen offenbar am schlechtesten und würde ohngefehr einem Spieler gleis chen, welcher sich zum Balle auf einem Wagen hins bringen lassen wollte, der an sich schon schwerfällig ist, und wegen der verschiedenen Meinungen seiner Füh rer, die ihn bald hier, bald dahin ziehen, noch läng famer von der Stelle kommt.

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Sechs und zwanzigster Abschnitt.

Bürgerliche Gesezze.

Als Menschen betrachtet, müffen wir den Nas turgesezzen, als Bürgrr aber den bürgerlichen Gesez zen Gehorsam leisten. Die leztern werden hier in Erwegung gezogen werden, und zwar nicht in so fern sie in diesem oder jenem Staate gelten, sondern was fie, allgemein genommen, sind. Zwar werden die alten Gesezze des Römischen Staats, welche in den Provinzen desselben eingeführt waren, insgemein die bürgerlichen Gesezze genannt. Von diesen beson dern Gesetzen aber handeln wir hier nicht, sondern von den Gesezzen überhaupt, wie Plato, Aristoteles, Cicero und viele andre gethan haben, welche doch keis ne eigentliche Rechtsgelehrte waren.

Ein Gesez ist offenbar kein Rath, sondern ein Befehl, welcher nach dem vorigen Abschnitte vom Ra the ganz verschieden ist.

Bürgerliches Gesez ist eine Regel, welche der Staat mündlich oder schriftlich, oder sonst auf eine verständliche Weise jedem Bürger giebt, um daraus das Gute und Böse zu erken. nen, und darnach zu handeln.

Diese Erklärung bedarf keiner weitern Erläutes rung. Einige Gesezze gehen all' und jeden Bürger an, andre gewiffe Provinzen, andre gewisse besondre Ståns de und noch andre zuweilen nur einzelne Personen. Für den aber hat das Gesez eine verbindende Kraft, dem dasselbe gegeben wird; und wer das ihm gegebes ne Gesez nur nicht übertritt, der handelt nicht unrecht. Bestehet also Ungerechtigkeit in Uebertretung eines ge

wissen Gesetzes; so muß jedes Gesez aus dem allge. meinen Begriff eines Gesetzes mit Gewißheit erkannt werden. Was daher aus der gegebenen Erklärung richtig folgt, dessen Wahrheit darf nicht in Zweifel gezogen werden.

Es folgt aber hieraus zuerst: der Gesezgeber im Staate ist der jedesmalige Innhaber der höchsten Ges walt. Denn nur der Staat darf den Bürgern Ges sezze vorschreiben, und dies kann allein, es sey münd, lich oder schriftlich, durch dessen Stellvertreter gesche. hen. Folglich ist er auch der alleinige Gefezgeber. Aus eben der Ursach kann er auch ein bisheriges Ges fez allein aufheben; weil solche Aufhebung nur durch ein neues Gesez geschehen kann.

Zwentens, der Oberherr ist den bürgerlichen Ges sezzen nicht unterworfen; denn da er nach Gutdunken Gesezze giebt und aufhebet, so kann er sich auch nach Gefallen von der låstigen Unterwerfung gegen diesels ben losmachen. So war er also von den Gesezzen schon vorhin frey, da derjenige frey zu nennen ist, der es seyn kann, so bald er es will. Auch kann fein Landesherr fich eine Verbindlichkeit gegen sich selbst auflegen, weil eben der auch das Recht hat, sich das von wieder zu befreyen.

Wenn,

ge der Zeit Drittens, eine Gewonheit durch die lan

ge der Zeit die Kraft eines Gesezzes bekommen hat, so ist der eigentliche Grund davon nicht die länge der Zeit, sondern der Wille des Oberherrn, welcher durch sein Stillschweigen seine Einwilligung dázu gab; denn in einigen Fällen wird Stillschweigen für Einwilligung genommen. Eine solche Gewonheit behält aber nur so lange die Kraft eines Gefezzes, als das Stillschweis gen dauert. Wenn daher zwischen einem Bürger und dem Oberherrn über irgend ein Recht ein Streit

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entstehen sollte, so wird die länge der Zeit gegen den Oberherrn keinen Beweisgrund abgeben können, son, dern der Streit muß nach der Billigkeit entschieden werden. Wie viele Handlungen und eingebildete Rech te werden nicht sehr lange Zeit hindurch weder bemerkt, noch gerugt; und welcher Grund sollte schlechten Ges wohnheiten eine gefezliche Kraft verschaffen können? Ueber einen solchen Grund zu urtheilen, kommt allein dem Oberherrn zu.

Viertens sind die Natur - und die bürgerlichen Gesesse gegenseitig in einander enthalten, und folglich auf das genaueste mit einander verbunden. Alle Na turgesesse schreiben zwar etwas sittliches vor, als Bils ligkeit, Gerechtigkeit, Dankbarkeit; und sie sind, wie im funfzehnten Abschnitte bemerket ist, keine eigentlis che Gesezze, sondern nur eine Belehrung; dann aber werden sie erst Gesezze, und zwar bürgerliche, wenn der Staat sie zu beobachten gebietet. Folglich sind die Naturgefezze in den bürgerlichen enthalten; daß aber auch diese in jenen enthalten sind, erhellet dars aus, daß die Berlezzung eines Vertrages, und folg lich die Uebertretung eines bürgerlichen Gesezzes, auch zugleich Uebertretung eines Naturgesesses ist. Fer. ner, Gehorsam gegen bürgerliche Gesezze befiehlet felbft das Naturgesek. Folglich sind Natar, und búrs gerliche Gesetze nicht wesentlich, sondern nur in ges wiffer Hinsicht von einander unterschieden; da die lez tern aufgeschrieben worden sind, jene erstern aber nicht. Aus dem Grunde werden von den bürgerlichen Gesezzen niemals die Naturgesezze geändert oder eins geschränket, sondern nur allein das Naturrecht. Denn so lange dieses, oder m. a. W. das Recht aller auf alles herrschte, konnte kein Friede stattfinden; und barum war die Einschränkung desselben der Haupts awek ber bürgerlichen Gesetze.

Wenn,

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