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Die Arbeiterversicherung in Norwegen.

Aus gleichen Gründen wie in Schweden wurde auch in Norwegen durch Königl. Erlass vom 19. August 1885 eine Kommission zum Studium der Arbeiterversicherung eingesetzt; dieselbe beendigte ihre Arbeiten anfangs 1890 und legte im Februar desselben Jahres verschiedene Gesetzentwürfe vor, welche einerseits die Krankenversicherung, andererseits die Unfallverhütung (Fabrikaufsicht) und die Unfallversicherung regelten, wogegen die Vorarbeiten für die Invaliditätsund Altersversicherung nicht zum Abschluss gelangt waren. Von diesen Vorlagen, welche bezüglich der Kranken- und Unfallversicherung dem Vorbilde der deutschen Gesetzgebung gemäss auf dem Grundsatz der Zwangsversicherung aufgebaut waren, führten nur die beiden Vorschläge über die Unfallverhütung (Fabrikaufsicht) und die Unfallversicherung zu einem gesetzgeberischen Erfolg: dem Gesetz vom 27. Juni 1892 über die Fabrikaufsicht und dem Gesetz vom 23. Juli 1894 über die Unfallversicherung der Arbeiter in Fabriken (s. u.), während die Fragen der Krankenversicherung und der Invaliditäts- und Altersversicherung bisher noch offen geblieben sind.

1. Krankenversicherung in Norwegen.

Nach den Erhebungen der Kommission zeigte sich das Krankenkassenwesen in Norwegen, dessen Bevölkerung der dänischen etwa gleichkommt,1) noch weit weniger entwickelt als in Schweden (s. Heft II, S. 6 fg.) und in Dänemark (s. Heft I, S. 4 fg.). Im Jahre 1885 wurden nur zwischen 220 und 230 Kranken- und Begräbniskassen gezählt, darunter 187 Kassen mit 31464 Mitgliedern; etwa 1/ aller Kassenmitglieder befanden sich in der Hauptstadt Christiania, gegen 1 aller Mitglieder waren Frauen und Mädchen, und von den etwa 50000 Industriearbeitern gehörte nur ein Bruchteil den Krankenkassen an. Über die Wirksamkeit der Kassen giebt die nachfolgende Statistik) näheren Aufschluss:

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1) Norwegen hatte nach der Volkszählung von 1891: 1988674 (951290 m. und 1037384 w.), Dänemark nach der Volkszählung von 1890: 2172380 (1059157 m. und 1113223 w.) Einwohner. 2) Vgl. Conrad's Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Jena 1890, Bd. 1, S. 583. 8 Kronen (à 100 Öre) = 9 Reichsmark.

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Da die Anzahl der versicherungsbedürftigen Personen nach der Volkszählung von 1875 auf 370000, die Gesamtzahl der Kassenmitglieder aber nur auf 37000 berechnet wurde, und im übrigen die Kassenleistungen nach den obigen Ausweisen sich als durchaus unzureichend erwiesen, so glaubte die Mehrheit der Kommission im Gegensatz zur Minderheit, welche das bestehende freiwillige Krankenkassen wesen lediglich durch staatliche Zuschüsse und gesetzliche Regelung fördern wollte (wie dies später in dem dänischen Krankenkassengesetz vom 12. April 1892 geschehen ist: Heft I, S. 4 u. 20 fg.) eine durchgreifende und schleunige Abhülfe nur in der Einführung der Zwangsversicherung zu finden. Behufs Durchführung derselben wurde eine das ganze Staatsgebiet umfassende „Landes-Krankenkasse" mit Unterabteilungen in den einzelnen Gemeinden vorgeschlagen. Um jedoch den Bestand und die weitere Entwickelung der Privat-Krankenkassen nicht zu beeinträchtigen, sollte der Beitrittszwang zur Landeskasse fortfallen, sofern der Versicherungspflichtige einer Privatkasse angehörte und diese ihre Statuten den bezüglichen Anforderungen des Versicherungsgesetzes angepasst bezw. die staatliche Bestätigung erhalten hatte. Auch suchte man der Befürchtung, dass die Konkurrenz der staatlichen Zwangskasse die privaten Krankenkassen erdrücken möchte, dadurch zu begegnen, dass man die Leistungen der Zwangskasse auf das Notwendigste, d. h. lediglich auf die Gewährung von Krankengeld (= der Hälfte des Tagelohnes für die Dauer von 13 Wochen in jedem Halbjahr) beschränkte, dagegen die weiteren Leistungen (Gewährung freier Arznei, Arzthülfe, Krankenhausbehandlung u. s. w.) den privaten Krankenkassen vorbehielt. Die Beiträge zur Krankenversicherung (10 Öre wöchentlich von jeder Krone Krankengeld) glaubte man nach dem Grundsatz der Selbsthülfe ausschliesslich den Arbeitern auferlegen zu sollen, wie andererseits die Lasten der Unfallversicherung (s. u.) ausschliesslich die Arbeitgeber treffen sollten. Auch die Inanspruchnahme staatlicher Zuschüsse wurde grundsätzlich abgelehnt, weil man diese für die weit höhere Anforderungen stellende Invaliditäts- und Altersversicherung vorbehalten müsse. Eine Abweichung von diesem Grundsatze hielt die Kommission nur in zwei Punkten für zulässig. Es erschien ihr nämlich wünschenswert, einerseits die Zwangsbeiträge für die Versicherungspflichtigen ohne Rücksicht auf deren Alter und Gesundheit einheitlich festzusetzen, andererseits zwischen den Privatkassen ein gegenseitiges Freizügigkeitsverhältnis dahin vorzuschreiben, dass auch älteren oder schwächeren Personen beim Wechsel des Beschäftigungsortes der Beitritt zur Kasse des neuen Arbeitsplatzes nicht erschwert oder gar versagt sein sollte. Die hieraus sich ergebenden Mehrbelastungen wollte daher die Kommission, da andererseits diese Ziele nicht wohl erreichbar schienen, durch entsprechende staatliche Zuschüsse decken lassen. In dem Regierungsentwurf liess man indessen diese Punkte fallen, da die Herstellung der Freizügigkeit zwischen den Privatkassen im Hinblick auf die geplante Organisation der staatlichen Landeskasse nicht mehr erforderlich schien und andererseits die Mitgliederbeiträge aus versicherungstechnischen und Zweckmässigkeitsgründen je nach dem Beitrittsalter zwischen 10 und 25 Öre (wöchentlich für jede Krone Krankengeld, welches nicht weniger als 1, und nicht

1) Darunter zwei alte Kassen, bei deren Aussonderung der Betrag auf 20 Kr. fällt.

mehr als des durchschnittlichen Tagelohns des Versicherten betragen sollte) abgestuft wurden. Diese Beiträge sollten lediglich die eigentlichen Versicherungskosten decken, dagegen die Verwaltungskosten der Landeskasse und ihrer Unterabteilungen, bezw. etwaige Fehlbeträge vom Staat und den Gemeinden getragen werden. Hinsichtlich des Umfangs der Versicherung glaubte man dieselbe zunächst wie bei der Unfallversicherung auf die gewerblichen 1) Arbeiter und Betriebsbeamten mit Jahresverdienst bis 1200 Kr. begrenzen, auch zur Vermeidung verwaltungstechnischer Schwierigkeiten nur vorübergehend (,,in Betrieben von voraussichtlich nur zweimonatlicher Dauer") beschäftigte Personen vom Versicherungszwang ausnehmen zu sollen.

Nachdem der Gesetzesvorschlag inzwischen noch dem Vorstand des norwegischen Arbeiterbundes, bezw. durch dessen Vermittelung den zugehörigen Arbeitervereinigungen mitgeteilt war und im ganzen deren Zustimmung gefunden hatte, wurde unter dem 25. März 1893 dem Storthing ein 43 Paragraphen umfassender Regierungsentwurf') zugestellt, welcher im wesentlichen nach den obigen Grundsätzen ausgearbeitet war. Bezüglich der Organisation war darin bestimmt, dass der Hauptvorstand der staatlich garantierten Landes-Krankenkasse vom König ernannt, dagegen die Vorsteher der Unterabteilungen, je nachdem diese weniger oder mehr als 25 Mitglieder zählten, vom Gemeindevorstand bestellt oder in der Generalversammlung der Mitglieder gewählt werden sollten (§§ 6-8). Ferner war der Versicherungszwang auf das städtische Gesinde für den Zeitraum ausgedehnt, welcher durch die (im § 6 des Armenunterstützungsgesetzes vom 6. Juni 1863 vorgeschriebene) Fürsorgepflicht nicht mehr gedeckt war, und die Ausdehnung dieser Versicherungspflicht auch auf das ländliche Gesinde durch einen vom Könige zu bestätigenden Gemeindebeschluss gestattet (§ 1). Ausserdem war die freiwillige Versicherung für alle3) Personen, deren Jahresverdienst 2000 Kr. nicht übersteigt, eingefügt, jedoch mit der Beschränkung, dass sowohl der Beitrags- wie der Krankengeldberechnung kein höherer Jahresverdienst als 1200 Kr. zu Grunde gelegt werden durfte, und die freiwillige Versicherung allein oder in Verbindung mit der Zwangsversicherung des Verdienstes des Versicherten nicht übersteigen, auch erst sechs Wochen nach dem Beitritt zur Kasse wirksam werden sollte (§§ 9, 13). Der wöchentliche Mitgliedsbeitrag war für jede im Krankheitsfall auszuzahlende Krone je nach dem Eintrittsalter (unter 25, 25-35, 35-45, 45-55, 55-65 und über 65 Jahre) auf 10, 11, 13, 16, 20 und 25 Öre (für Gesinde auf / der regelmässigen Sätze) festgesetzt, während das im Erkrankungsfall bis zu 13 Wochen in jedem Halbjahr zu gewährende Krankengeld nicht weniger als 1 und nicht mehr als 3/4 des durchschnittlichen Tagelohns des Versicherten betragen, auch im Fall der Doppelversicherung nicht den Betrag des vollen Tagelohns übersteigen sollte (§§ 2, 11, 14); eine Revision dieser Bestimmungen über die Höhe der Beiträge und des Krankengeldes sollte spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes und später alle fünf Jahre stattfinden. In einem besonderen Abschnitt (III, §§ 26-35) endlich waren noch die Bestimmungen zusammengefasst, welche eine geordnete Geschäftsführung der „privaten Krankenkassen" gewährleisten und die Bedingungen enthalten, unter welchen diese Kassen nach staatlicher Genehmigung (bei mindestens 50 Mitgliedern und Gewährung der gesetzlichen Mindestleistungen) an Stelle der Landes-Krankenkasse treten dürfen.

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3

Das Storthing vertagte die Beratung über die Vorlage ebenso wie über die gleichzeitige Vorlage der Unfallversicherung, und trat in der nächsten Session (1894) entgegen den Wünschen der Regierung, welche die Regelung der Krankenversicherung, da dieser auch die leichteren Unfälle (innerhalb der ersten vier Wochen) zufallen sollten, als Vorbedingung für die Durchführung der Unfallversicherung (s. u.) ansah, in die Beratung der letzteren ein, so dass die Kranken

1) Danach waren Land- und Forstarbeiter, Seeleute und Fischer ausgeschlossen.
2) Udkast til Lov om Arbeideres Sygeforsikring m. V., Oth. Prp. Nr. 23 (1893).

3) Also auch die nicht versicherungspflichtigen Gruppen: Land- und Forstarbeiter, Seeleute und Fischer.

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