De ceteris vel mortuis vel viventibus taceo, quorum in scriptis suis et vires manifestae sunt et voluntas. Nec statim prava opinione falleris, contra gentes hoc esse licitum, in aliis disputationibus discimulandum: quia omnes paene omnium libri, exceptis his, qui cum Epicuro litteras non didicerunt, eruditionis doctrinaeque plenissimi sunt. Quamquam ego illud magis reor, quod dictanti venit in mentem, non te ignorare, quod semper a doctis viris usurpatum est: sed per te mihi proponi ab alio quaestionem, qui forte propter amorem historiarum Salustii, Calpurnius cognomento Sanarius sit. Cui quaeso ut suadeas, ne vescentium dentibus edentulus invideat et oculos caprearum talpa contemnat. Dives, ut cernis, ad disputandum materia; sed jam epistolarum angustia finienda est. Vale!') Aus vorstehendem Briefe des hl. Hieronymus geht zur Genüge hervor, dass die christlichen Schriftsteller der alten Zeiten die Litteratur der Griechen und Römer mit grossem Fleisse studirten und sehr gut anzuwenden verstanden. Aus neuerer Zeit liegt die Schrift meines verehrten Lehrers Dr. Franz Alexander Hagelüken vor, welche den historischen Nachweis erbringt, dass die katholische Kirche zu allen Zeiten Kunst und Litteratur gefördert hat. Hier genüge es, auf dieselbe hinzuweisen. Der Titel lautet: Die katholische Kirche als Erhalterin und Beförderin von Kunst und Wissenschaft, historisch nachgewiesen von Dr. Fr. Al. Hagelüken, Erfurt 1869. Druck und Verlag von G. A. Brodmann.“ 1) Epistolae Beati Hieronymi Stridonis, Ecclesiae Doctoris, in libros tres distributae. Praefatus est B. Petrus Canisius, S. J. Dilingae anno Domini M. D. LXV., libri II., epistola I., pag. 55-59. Zum leichteren Verständniss ist die alte Schreibweise der heutigen angepasst. Scriptor. II. Die hl. Schrift, zunächst die Genesis, ist das älteste und ehrwürdigste Buch der Welt. 1) „Um das Urbild unter einer Menge von Nachbildern zu finden, muss man dasjenige Bild suchen, welches durch die Einheit und Vollkommenheit seiner Theile den Geist des Meisters bekundet." Chateaubriand „Génie du Christianisme" 1. III. c. 1.. Die christliche Religion erfüllt in unleugbarer Continuität alle verflossenen Jahrhunderte; erwartet zu sein, zu kommen, anerkannt zu werden von einer Nachkommenschaft, welche bis zum Ende der Welt dauert: das ist der Charakter Desjenigen, an den wir glauben, welcher, weil er Alles in der Hand hält (Matth. 28, 18), allein einen Plan anfangen und durchführen konnte, der alle Jahrhunderte umfasst. (Cfr. Bossuet Discours sur l'histoire universelle II. vers la fin.) Zu diesem Zwecke hat Gott selbst ein heiliges Denkmal als Erinnerung an die Offenbarung der Religion gesetzt, damals als der grosse Abfall der Völker zum Heidenthum begann (Genesis X.-XIII.) Wir reden von der Bibel, und zunächst von der Genesis, diesem Grundsteine des ganzen biblischen Gebäudes. Die Genesis ist das erste Buch der Welt. Die fünf Bücher Moses selbst und in ihrer Ganzheit sind das älteste geschriebene 1) Zwar weiss man, dass schriftliche Aufzeichnungen, auch geschichtlicher Natur, zu Babylon und Aegypten in ein weit höheres Alterthum, als die Bibel hinaufreichen (Prälat Dr. Fr. Kaulen, Bonn, 9. II. 1901); da dieselben aber nur zu einem kleinen Theile erhalten und fragmentarischen Wesens sind, so behält die Genesis als ganz erhaltenes und abgerundetes Geschichts-Werk immer noch den Vorrang unter allen Büchern dieser Art. 1 Denkmal der Menschen-Geschichte. Sie sind nicht bloss älter, als alle Geschichtsbücher, sondern auch als alle mythologischen, mythischen und poetischen Bücher. Die heiligen Bücher Indiens, China's, Persiens, Aegyptens, Griechenlands, Italiens und der nordischen Völker sind allzumal, in der Form, in welcher sie auf uns gekommen sind, jünger als die Bücher Moses. Die Vedas der Inder wurden von Vyasa im 4. Jahrhunderte vor Christus gesammelt und veröffentlicht. Die Kings der Chinesen wurden theils verfasst, theils revidirt und publizirt durch Confucius, welcher um das Jahr 479 vor der christlichen Zeitrechnung starb. Der Tao-te-King ist das Werk des Laotseu, eines chinesischen Philosophen (chinesischer Plato). Der Zend-Avesta der Perser (der Guerbern und Parsis) ist in seinem 1. Theile, dem Vendidat-Sade, alt und wird dem Zoroaster zugeschrieben, welcher im 6. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, unter Darius, dem Sohne des Hystaspis, lebte. Was die hermetischen Bücher der Aegypter betrifft, so sind sämmtliche, welche irgend eine Wichtigkeit hatten, verloren gegangen, bis auf Eines, das vollständig erhalten ist, das Buch Pimander, welches wir aber nur in griechischen und lateinischen Uebersetzungen besitzen. Die Theogonie des Hesiod steigt höchstens bis zum 8. Jahrhundert vor der christlichen Zeitrechnung hinauf. Die Edda der Skandinavier ist eine Sammlung, welche im 10. oder 11. Jahrhundert nach Christus, 50 Jahre vor der Einführung des Christenthums daselbst, in Island erschienen ist. Indem wir diese allgemein anerkannten Thatsachen anführen, sind wir weit entfernt zu leugnen, dass die Vedas, die Kings, der Zend-Avesta, die Bücher des Hermes, sowie sie auf uns gekommen sind, in ihren ältesten Bestandtheilen auf früheren Dokumenten beruhen, welche wahrscheinlich bis in jene Zeiten zurückdatiren, als die heidnischen Mythen anfingen, die Uroffenbarung zu entstellen. Allein die Genesis ist, wie wir klar sehen. werden, die feierliche Protestation der geschichtlichen Wahrheit gegen diese heidnischen Entstellungen, und sie ist in dem unversehrten Zustande, in welchem wir sie besitzen, um mehr als 1000 Jahre älter, als Alles, was von den heidnischen Mythen schriftlich auf uns gekommen ist. Selbst die rationalistische Kritik eines Renan (Etudes - Histoire du peuple d'Israël) muss bekennen, dass der Pentateuch Urkunden enthält, welche uns ganz nahe zum Ursprung des Menschengeschlechtes hinführen. Solche Zugeständnisse sind nur durch die Evidenz erpresst. Das Gesagte genügt, um das höhere Alter der Grundlage der Bibel vor allen mythologischen Büchern darzuthun. Ueber das, was die alte Profan-Geschichte im Orient und Occident Geschichtliches überliefert hat, wollen wir den berühmten Cuvier hören: Kein Abendländisches Volk geht mit seiner Zeitrechnung, sagt er, ununterbrochen über 3000 Jahre (d. i. etwa in das Zeitalter Salomon's: 1015 a. Chr.) zurück. Kein einziges derselben kann aus diesem, oder auch nur einem 200-300 Jahre späteren Zeitraume eine zusammenhängende Reihenfolge auch nur einigermassen glaubhafter Thatsachen aufweisen. Die Geschichte des Nordens von Europa beginnt erst mit dessen Bekehrung zum Christenthume; die Geschichte Spaniens, Galliens (Frankreich's), Englands fängt erst mit den Eroberungen der Römer an; die Geschichte des nördlichen Italiens vor der Gründung Roms (753 a. Chr.) ist heute noch fast gänzlich unbekannt. Die Griechen versichern, dass sie die Kunst zu schreiben erst von den Phöniciern erhielten (Cadmus, Sohn des phönikischen Königs Agenor, Bruder der Europa, gründete Theben in Boiotien und brachte ein Alphabet von 16 Buchstaben nach Griechenland. So nach Plinius 7, 56, 57, § 192 Hist. Naturalis) 1); also vor 3300-3400 Jahren. Aber auch noch lange Zeit nachher ist ihre Geschichte voller Fabeln, und sie selbst verlegen die ersten Spuren ihrer Vereinigung zu Völkerschaften kaum 300 Jahre früher. Von der älteren Geschichte des westlichen Asiens haben wir nur spärliche und widersprechende Nachrichten, welche erst etwa um 650 Jahre vor Christus, oder 2500 Jahre vor uns, einigen Zusammenhang gewinnen; aber wenn man auch die Nachrichten nimmt, welche als die ältesten gelten und einige geschichtliche Einzelheiten melden, so kommen wir kaum bis in's 4. Jahrtausend vor uns, oder in das Jahr 1250 vor Christus. (Nach Volney, welcher sich auf Herodot stützt.) 1) Cfr. Josephi Flavii 1. contra Apionem 1. I. c. 2. (Cadmus.) Der erste Profan-Schriftsteller, von dem wir noch Schriften besitzen, Herodot, ist nicht 2300 Jahre alt; er starb um das Jahr 406 vor Christus. Die früheren Geschichtsschreiber, welche er zu Rathe ziehen konnte, Cadmus, Pherekydes, Aristeus von Prokones, Achesilaus, Hekataeus von Milet, Charon von Lampsakos, Nicolaus von Damascus u. s. f., sind um kein Jahrhundert älter, als er. Ueber ihren Werth kann man aus den Abenteuerlichkeiten urtheilen, welche wir in einigen Auszügen aus Aristeus von Prokones und einigen Anderen noch besitzen. Vor diesen Geschichtsschreibern haben wir nur Dichter, und Homer, der älteste, welchen wir noch besitzen, und das Vorbild des ganzen Abendlandes, hat nicht mehr als 2700 oder 2800 Jahre vor uns gelebt. (Er lebte nach Einigen im 9., nach Anderen im 10. Jahrhundert vor Christus.) Wenn die ersten Geschichtsschreiber von alten Ereignissen ihres Volkes reden, so berufen sie sich auf mündliche Ueberlieferungen, und nicht auf öffentliche Denkmäler und Werke. Die angeblichen Auszüge aus ägyptischen, phönizischen und babylonischen Annalen sind weit jünger, als sie. Berosus schrieb erst unter Seleucus Nicanor; Hieronymus unter der Regierung des Antiochus Soter; Manetho unter der Herrschaft des Ptolomäus Philadelphus, und war Oberpriester in Aegypten. Sie sind also alle drei erst aus dem III. Jahrhundert vor Christus. Mag Sanchuniathon ein wirklicher oder ein unterschobener Schriftsteller sein; man lernte ihn erst kennen, als Phylon von Byblos unter Kaiser Hadrian, im zweiten Jahrhundert nach Christus, eine Uebersetzung von ihm veröffentlichte; und, wenn man ihn früher gekannt hätte, man hätte in ihm, wie in allen übrigen Schriftstellern jener Zeit, über die ältesten Zeiten nichts Anderes gefunden, als eine kindische Theogonie, oder, wenn man will, eine Metaphysik, welche dergestalt unter Allegorien verhüllt ist, dass man sie nicht entziffern kann. Nur ein Volk hat uns aus der Zeit vor Cyrus in Prosa geschriebene Annalen aufbewahrt; es ist das jüdische Volk. Jener Theil des alten Testamentes, welchen man den Pentateuch (die 5 Bücher Moses) nennt, existirt in seiner gegenwärtigen Gestalt mindestens vor der Spaltung unter Jeroboam (975 a. Chr.), weil denselben auch die S amariter, geradeso wie die Juden anerkennen. Er ist gegenwärtig in jedem Falle mehr als 2800 Jahre alt. |