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Doppelreim ist einmal angewandt: heizet diu sô swachet reizet unde machet 47, 5,1 Schlagreime in der darauf folgenden Strophe 47, 16, der künstlichsten, die der Dichter gebildet hat. Pausen, d. h. Reimbindung zwischen dem ersten und letzten Wort eines oder mehrerer Verse, finden sich in den Tönen 62, 6. 66, 21 (s. Lachm. zu 111, 32); Körner d. h. Reimbindung zwischen Versen verschiedener Strophen in den Liedern 110, 13 und 119, 17; zwei Verse als Kehrreim 110, 18, ein blofser schallnachahmender Refrain 39, 11.4

Stil.

Nicht weniger als durch die Mannigfaltigkeit des Stoffes zeichnet Walthers Kunst sich durch einen erfrischenden Wechsel der Stimmung aus. Freude und Schmerz, ruhiger Ernst, treffender Spott, sittliche Entrüstung, streitbare Kampflust, kecker Übermut, heiterer Scherz, frohes Behagen, Sehnsucht, Unwillen, Wehmut und Humor: alle Stimmen des menschlichen Herzens klingen uns aus seinem Liede entgegen, und so rein und lieblich, so kräftig und ergreifend, dass man ihnen gern lauscht. Der Reichtum des Stoffes und die Mannigfaltigkeit der Auffassung beides zusammen kann man als den Inhalt des Kunstwerkes ansehen verbinden sich bei unserem Dichter mit einer Kunst der Darstellung, welche ihm, obschon er nicht überall auf derselben Höhe steht, unter allen Dichtern des Mittelalters den ersten Platz sichert.

Die Aufgabe des vortragenden Künstlers, die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer zu fesseln und zu befriedigen, ist für den Sänger schwerer zu lösen, als für den Erzähler. Jedes einzelne Moment einer zusammenhangenden Begebenheit trägt den Keim der weiteren Entwickelung in sich und hält dadurch die Zuhörer in Spannung. Dieser natürlichen Hülfe entbehrt die lyrische Kunst, zumal die eng umgrenzte Lyrik der ritterlichen Sänger. Die Verbindung verschiedener Lieder zu einem Cyklus, der den Verlauf eines Liebesverhältnisses darstellt (Leb. S. 257 f.), ist etwas der

1) Andere Reimerweiterungen mögen zufällig sein; s. W. Grimm, über Frid. S. 378 f.

2) Bartsch, Germ. 12, 175 f.

3) Bartsch, Germ. 4, 185.

4) Eine solche jûwezunge (Wackernagel, Altfrz. Lieder und Leiche S. 203) hat von den älteren Minnesängern nur Dietmar von Aist 38, 32. Kehrreim: Friedrich von Hausen 49, 37. Heinrich von Veldeke 60, 13. Albrecht von Johansdorf 90, 17. H. v. Rugge 101, 15. H. v. Morungen 143, 29 (130, 31).

epischen Handlung Ähnliches; aber die Entwickelung wird in die Empfindung gelegt, und die sinnliche Welt des Epos bleibt ausgeschlossen. Das balladenartige Lied zeigt sich erst in seinen Anfängen; nur in wenigen Stücken erzählt Walther; 1 selbst die Schilderung des sinnlich wahrnehmbaren nimmt nur einen kleinen Raum in seiner Poesie ein.2 Und doch verfehlt seine Kunst nicht die Wirkung, sie ist lebendig für die Empfindung, klar für den Verstand, anschaulich für die Phantasie; sie erfreut im Einzelnen und im Ganzen.

1. Lebendigkeit und Unmittelbarkeit.

A. Anrede.3

Der frische Eindruck von Walthers Liedern beruht zum grofsen Teil auf dem persönlichen Verhältnis des Dichters zu seinen Zuhörern. Das Bewusstsein, dafs sie für den Vortrag vor der Gesellschaft bestimmt seien, blieb ihm auch bei seiner Arbeit lebendig, und gab ihr den wirksamen Schein der Unmittelbarkeit. Vor andern liebt er es seine Zuhörer anzureden, sei es dafs er sich an sie im allgemeinen wendet, sei es dafs er sie mit grösserem Nachdruck specialisiert (a), einzelne Kategorien (b) oder auch einzelne Personen anredet. Der Kollektivbegriff der Gesellschaft selbst wird ihm zur Person, die er mit dem umfassenden Wort werlt anredet (tumbiu werit Jugend 37, 24. S. unten.). a. Ir reinen wîp, ir werden man 68, 21; ir werden man, ir reiniu wîp

81, 15.

=

b. hêrren unde vriunt 74, 10. nû râte ein ieglich friunt 27, 13. daran gedenket ritter 125, 1. hüetet iuwer, guoten wîp 102, 5. edeliu wîp, gedenkent 48, 35. Er redet ferner die Fürsten an 29, 15; die hêrren 83, 28. 32. die Ritter 125, 1. die Bischöfe und Pfaffen 33, 1; die jungen Leute 22, 32. 87, 1. 91, 17.27.

in dem

1) Im Tagelied 88, 9; in dem Liede Under der linden 39, 11; Tanzliede Nemt frouwe disen kranz 74, 20; in dem Gedicht Dô der sumer komen was 94, 11; in dem Spruche Mir hât hêr Gêrhart Atze etc. 104, 7. Dô gotes sun hie en erde gie 11, 18. Ich sach mit mînen ougen 9, 16. 2) Ein Lied zur Feier des Frühlings 51, 13 vgl. 45, 37. 39, 1; eine Winterklage 75, 25. Magdeburger Weihnachtsfest 19, 5. Aufzug einer vornehmen Dame 46, 10. Kirchgang zweier Frauen 111, 17. Leibliche Schönheit der Frau 53, 25. Verstummen und Verwirrung vor der Geliebten 115, 22. 121, 24. Liebende Vereinigung 185, 11. Er schildert sich, wie er gedankenvoll auf einem Felsen sitzt 8, 4, am Rande des Baches etc. Die Gemälde sind meist wenig ausgeführt und halten sich in allgemeinen Zügen, aber die Züge sind gut gewählt und das Bild wird lebendig trotz seiner Allgemeinheit. Vgl. auch die allegorischen Darstellungen 26, 31. 31, 3. 37, 24. 103, 13.

3) S. Burdach s. v. Anrede.

Aus der Anrede darf man nicht immer auf die Gegenwart der betreffenden Personen schliefsen. Der Dichter redet den Papst

an (11, 6) und die Kardinäle (33, 9), die Vöglein (111, 5), den verstorbenen Reinmar (82, 24), die personifizierten Begriffe der Minne, State, Unmâze, der weltlichen Lust, selbst den Opferstock (34, 14). Die Anrede ist eben ein rhetorisches Mittel, um dem Vortrag Farbe und Leben zu geben; und so darf man sie auch in den Minneliedern als künstlerische Form auffassen.1 Umgekehrt schliefst der Gebrauch der dritten Person nicht die Möglichkeit aus, dafs das Gedicht vor dem Bezeichneten gesungen sei, z. B. 105, 13 vor dem Kaiser, 83, 27 vor hohen Herren.

Gewöhnlich drückt die Anrede der Zuhörer nur die Erwartung sympathischer Teilnahme aus, oder sie ist eine Mahnung, die Gedanken zu sammeln (s. unten S. 69), zuweilen aber enthält sie die Aufforderung direkter thätiger Teilnahme. Das Publikum soll prüfen und bestätigen, richten und entscheiden; s. Leb. 174; und vgl. ferner 92, 27 nû jehent, waz danne bezzer sî? 49, 2 diu merke disen sanc und kiese denne.

B. Beteuerung.

Auf demselben Boden der Wechselwirkung zwischen dem Dichter und den Zuhörern entspringt auch die Beteuerung, die Versicherung, dafs eine Aussage wahr, zuverlässig, der Überzeugung gemäfs sei.

Beispiele: dêswâr 20, 6. 32, 12. 83, 1. 105, 2. daz ist wâr 23, 12. dêst alsô 14, 7. dêst leider sô 90, 32. dêst ein ende 44, 28. 73, 13. dêst ein ende; ez ist alsô 74, 11. daz muoz eht alsô sîn, nû sî alsô 64, 37. ez muoz geschehen 59, 7.

ich weiz wol 92, 21. doch weiz ich wol 101, 35. daz weiz ich wol 73, 7. daz hab ich befunden wol 97, 25. ich enkan sîn anders niht verstân 57, 10. als ichz meine 61, 15. als ich mich verwæne 86, 4.

daz geloubet mir 112, 32. daz sol si vil wol gelouben mir 112, 22. sît gewis 28, 13. sô wis gewis 23, 1. sicherlîchen 113, 5. daz wizzet sicherlichen 13, 12. dêst sicher sunder wân 77, 11. sunder strît 96, 4. daz ist âne lougen 115, 37. al sunder lougen 101, 10.

1) Die zweite Person braucht Walther 42, 23. 49, 25. 50, 19. 51, 37. 70, 1. 96, 29. 112, 35 (Botenlied) und natürlich in den Dialogen. Viel häufiger die dritte Person: 54, 37. 59, 10. 61, 8. 63, 32. 64, 13. 65, 33. 71, 19. 35. 72, 31. 73, 23. 93, 20. 97, 34. 99, 6. 100, 3. 109, 1. 110, 13. 111, 12. 112, 3. 112, 17. 114, 23. 115, 6. 115, 30. 116, 33. 117, 8. 118, 12. 24. 119, 17. 120, 16. 25. Wechsel in der Anrede: 13, 33. 62, 6. 63, 8. 69, 15. (74, 20); auch in dem Dialog 70, 22 (vgl. Wackern. Vorr. S. XX). Wilmanns, Walther v. d. Vogelweide.

5

Toberlû 76, 21. swaz sô mir geschiht 42, 30.

swaz mir da 84, 4. swiez darunder mir ergât 98, 8. swaz si sagen 50, 11. alle frouwen var 49, 7. got der waldes, swiez ergê 94, 36.

b.

c. ob ichz vor sünden

Neben diesen naturwüchsigen Mitteln finden sich au Der Dichter lehnt den Verdacht falscher Darstellung ab Erklärung ringt sich gleichsam wie ein Geständnis lc wägt vorsichtig die Bedeutung und Tragweite seiner Wor er beugt einer andern Auffassung vor (d). a. waz beschanet 106, 6. nû waz hulfe mich, ob ich unrehte strite 56, 3 ungerne und wil der wârheit halben niht verjehen 84, 16. jehen 71, 10. des muoz ich jehen 72, 15. so sehe ichs iemer gerner an usw. 54, 1. ob ich da enzwischen 54, 19. ob ich mich selben rüemen sol 62, 6. ob ichz reden getar ich erkenne 66, 17. trôst mac ez leider niht geheizen, owê des, ez ein kleinez træstelin 66, 1. niht die huoben 125, 6. ezn sî ein wol bescheiden wip, der meine ic Zuweilen wird das Publikum selbst durch rhetorische Anrede zur Prüfung oder Bestätigung herausgefordert, z. B. i so wünnenrich, als ez min himel welle sin. wem solde ez ander 54, 27. da ist der hof verirret. wie sol ein unbescheiden man besch niht enkan? sol er etc. 83, 17. nû prüeven her, nû prüeven da

d. joch meine ich hie 30, 22. jo

C. Rhetorische Frage. Revocatio. Aposiopese. Paren
Kurze direkte Rede.

Dem Schein, als wäre die Dichtung der unmittel druck einer lebhaften Empfindung, dienen auch rhetoris und Ausrufungen. Die Beispiele sind so häufig, da nicht anführen.1 Seltner und effektvoller sind andere

1) Wigand S. 66. Burdach (S. 72–75): „Die gesammte ält Sprache hat vor der heutigen den Reichtum an Ausrufen, wel Kette der syntaktischen Gliederung keck und lebendig zerreissen Freude und Schmerz sind noch nicht in festgefügte Perioden e sondern brechen frei und von selbst aus der Seele hervor. F hervorzuheben, dafs sie im Laufe der Entwickelung schen Minnesangs zunehmen.“ Natürlich denn kunstvo lung bricht nicht frei und von selbst aus der Seele hervor, sie Laufe ihrer Entwickelung die Fähigkeit, sich den Schein zu

ze her etc. 54, 4. ich wil lip und êre und al mîn heil verswern.. nein ich, weizgot 61, 26. triuget daran mich mín sin.. neina hêrre! sist sô guot 14, 18. neinâ! daz wær alze sêre 73, 26. dâ, keiser, spil! nein, hêrre keiser, anderswâ 63, 7. Er bricht seine Rede ab und verschweigt das entscheidende Wort (Aposiopese): müet des mannes hœnen hie gêt diu rede enzwei 104, 5; oder er giebt ihr eine unvermutete Fortsetzung: Die mir in dem winter froide hânt benomen, si heizen wîp, si heizen man disiu sumerzît diu müez in baz bekomen 73, 23; oder er ruft sich selbst gleichsam zur Fortsetzung auf: waz darumbe 43, 24. 48, 6.

Er unterbricht das Satzgefüge durch eine Nebenbemerkung (Parenthese),2 sei es dafs dieselbe zur Sache gehört (a), oder subjektiver ist, ein Urteil, eine Bekräftigung oder Beteuerung ausspricht (b); in jedem Fall macht sie den Eindruck, als erhielten die Gedanken erst im Augenblick des Vortrages ihre Form. a. er hiez iu klagen (ir sît sîn voget), in sînes sunes lande etc. 12, 9. Ez troumte (des ist manec jâr) ze Babilône dem künige 23, 11. Si sehe dazı Ennen sich bewar (si schînet ûzen fröidenrîch), dazs an den siten iht irre var 121, 6. Vgl. auch 22, 14. 86, 32. b. belîbe er dort, des got niht gebe, sô achet ir 29, 22. nu enwelle got 40, 12. daz ist wâr 23, 12. rol 73, 7. dêst leider sô 90, 32. des was gar ze vil 67, 12. vol vernemen 74, 5, ez muoz geschehen 59, 7. daz möhten si mir gerne sagen 17,34. sprechet swaz ir welt 86, 8; ferner 17, 19. 31, 34. 59, 31. 85, 32. 03, 23. 124, 28.

daz weiz ich

den eit sol si

Er schaltet eine kurze direkte Rede ein, in welcher die Cealität des Lebens gleichsam die Ruhe künstlerischer Darstellung urchstöfst: sô schrîen wir vil lihte 'ein schale, ein schale! ein mûs, ein ûs!' 32, 30. so wolt ich schrien 'sê, gelücke sê!' 90, 18. Die tôren sprechent nîa snî!' die armen liute 'owê, owî!' 76, 1. ich hete ungerne 'decke blôz!' üefet, do ich si nacket sach 54, 21. so spræche ir hant den armen zuo

1) Die älteren Sänger brauchen diese Figur wenig oder gar nicht, schülerhaftem Übermafs Bernger von Horheim 113, 1; gewandt und mit schmack Reinmar, dem Walther folgt. Burdach S. 71. 102.

2) Über die Parenthesen, „die durchaus aus der romanischen Poesie -stammen", bei andern Dichtern s. Burdach S. 104 f. 116. 123.

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