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im Titurel (xxxv, 101), wo er selbst eben die Frauen gescholten hat: Her Hartman von Ouwen Hât wip vil wirs gehandelt Mit Laudin, siner frouwen, Diu ir gemút sô gáhens het verwandelt Gein im, der ir herren het ersterbet. Aber wir wüssten nicht, dass in Eschenbachs beiden Werken oder im Titurel irgend ein deutscher Dichter verhöhnt würde, nur meister Sware-bi ausgenommen (Tit. xvII, 65), das heifst, maître Ennui. Ja, Wolfram hätte von seinen Tadlern wohl nicht gesagt, was ihn der Dichter des Titurels sagen lässt: Die tragen da man merket, Und der witz die tunkel sehende. Er redet ganz anders: Swaz ich von Parcival ê sprah, Des sin âventiur mich wiste, Etslich man daz priste; Ir was ouh vil diez smæhten Unt paz ir rede wæhten.

Wir sind vielleicht zu ausführlich geworden; es deuchte uns um so mehr nothwendig, einen verbreiteten Wahn anzugreifen als wir sahen, dass eben durch ihn einem wackeren und wahrheitliebenden Forscher, wie sich Hr. K in seinem Buche zeigt, der Inhalt eines wichtigen Werkes verschlossen blieb, und ihn der einmal betretene falsche Weg an ein nichtiges Ziel führte. Indessen ist seine Schrift immer lobenswerth, und den Abschnitten, die wir vorhin nur im Allgemeinen als tüchtig auszeichnen konnten, bleibt ihr Verdienst. Bey diesem sorgsamen Fleifse, bey dieser ernsten Liebe zur Wahrheit, wird fortgesetzte Übung und zusammenhängenderes, tiefer dringendes Studium dem Vf. sehr bald gröfsere Sicherheit geben im Verstehen der alten Sprache, festeres Urtheil über erkannte Wahrheit uud den Schein lockender Vermuthung. Diese Erwartungen, welche dieser Aufang erregt, wird der Erfolg nicht täuschen. C.K.

Über die Leiche der deutschen Dichter des zwölften

und dreizehnten Jahrhunderts.

Aus dem Rheinischen Museum von Niebuhr und Brandis. 1829. Bd. III.

Man pflegt die singbaren Gedichte, welche die deutsche 419 (1) Poesie während der Zeit ihrer zweiten Blüthe hervorgebracht hat, der Form nach in zwei Klassen zu theilen, Lieder und Leiche. Diese Eintheilung haben wir nicht aus den Meisterschulen, weil die Leiche im vierzehnten Jahrhundert schon aufhörten: aber schon Notker hat sie, wenn er im Marcianus Capella S. 127 sagt 'dáz zesingenne getân íst, also lied unde léicha': dann ist für den Gegensatz ein Spottlied auf Leutold von Seven anzuführen (Reimar der videler 11. A), in dem viele Arten von Liedern aufgezählt werden, ohne Zusammensetzung mit Lied aber nur Leiche,

tageliet klageliet hügeliet zügeliet1 tanzliet leich er kan,

er singet kriuzliet twingliet schimphliet lobeliet regeliet als ein man: und in den uns erhaltenen Leichen kommt das Wort liet niemahls vor. Der Unterschied fällt in die Augen. Ein Lied besteht aus einzelnen Liedern (wie im dreizehnten Jahrhundert die Strophen hiefsen), die, wiederholt, gleiches Mafs und auch fast immer gleiches Gebäude fordern. Die einzelnen Theile des Leichs sind verschieden, aber, wie Docen zuerst bemerkt hat, nicht nach roher Willkür gemischt, sondern oft wiederholt sich dasselbe System, wo man zu ähnlichem Gefühl oder Gedanken zurückkehrt. Die Strophe des Liedes fordert am Ende einen 420 (2) Abschluss des Gedankens: in den Leichen der besten Zeit wird mehr das Hinüberlaufen des Sinnes aus einem in das andere System gesucht. Im Innern der Strophen ist das Gesetz der zwei gleichen Stollen noch weniger fest als in Liedern: doch

'hügeliet' Freudenlieder, 'zügeliet' wohl Lieder zur Geige.

ist diese Form, dass sich zwei gleiche Systeme folgen, allerdings sehr beliebt. Das Gebäude derselben sollte dann gleich seyn: doch sind in einem der ältesten Leiche, dem von Heinrich von Rugge, zwei Ausnahmen von dieser Regel. Den dritten Theil der kunstmässigen Strophe, den Abgesang, findet man nur selten: und vielleicht ist es nur ein Wortstreit, ob man solch einen dritten Theil, selbst wenn er mit den zwei Stollen gebunden ist, für Abgesang oder für ein neues System halten will'. Übrigens ist die Zahl der Zeilen, ihrer Reime und ihrer Silben durchaus willkürlich. Man findet genug Stollenpaare aus zwey Zeilen: Ulrich von Lichtenstein hat sogar einen ganzen Abschnitt von einer nicht langen Zeile. Bewegung und Ausdruck sind oft in verschiedenen Theilen desselben Leichs sehr verschieden.

Einige Gedichte dieser Art haben fast lauter Zeilen von acht bis neun Silben: eins hat, bei der einfachsten Reimstellung, nur wenig Verse von mehr als vier Silben: in andern findet man 421 (3) den gröfsten Wechsel, in manchen auch Pausen und Schlagreime. Im Ganzen muss man aber gestehn, dass die Ungebundenheit dieser Gattung nicht erspriefslich gewesen ist: die freiere Form verführte zur gedehnten Reflexion oder zum unbeschränkten Erguss eines nicht immer wahren oder tiefen Gefühls, und die Leiche sind keineswegs die erfreulichste Seite der Kunstpoesie des dreizehnten Jahrhunderts.

Aber es ist nicht ganz ausgemacht, ob die Gedichte der

2 Das gleich folgende Beispiel Ulrichs von Lichtenstein ist für die zweite Annahme.

3 Er hat seinen Leich, wie man aus der Darstellung in meiner Auswahl S. 245 ff. [Lichtenst. 422, 21 426, 4] sehen kann, Anfang und Schluss abgerechnet, wie eine grofse Liedstrophe gebaut, aus zwei grofsen Stollen und einem Abgesang. Die Stollen bestehen wieder aus kleineren Doppelstollen, der Abgesang wiederhohlt sie einfach. Aber ein Stoll ist in allen drei Theilen einfach und besteht nur aus einer Zeile. Systeme der Stollen, aabbccdeeffgg, des Abgesangs, abcdefg. Die drei mit d bezeichneten Verse sind

Unde zinsen in sîn leben

Nu vert entwer ir habedanc

Dâ von gewinne ich werdekeit.

Diese Zeilen sind immer mit dem vorhergehenden System gebunden.

Es ist ungedruckt, cod. Palat. 357. f. 43 (46. a) [Heidelb. Liederhs. S. 263, HMS. 3, 468nb] 'Uns kumt diu süeze sumerzît Und swaz der sumer fröuden gît Mit liehter ougenweide' etc.

beschriebenen Form auch insgesamt Leiche genannt wurden. Die Handschriften setzen den Namen meist nur zu den geistlichen Gedichten dieser Art; zu der Aufforderung zur Kreuzfahrt von Heinrich von Rugge, zu Walthers halb geistlichem halb politischem Gebet, zu dem berühmten Gedicht Frauenlobs, einer Deutung des Hohenliedes auf die Jungfrau Maria, endlich zu einem ebenfalls späteren geistlichen Gedichte, das ich nicht ganz gelesen habe, vom heiligen Kreuz. Aber auch Frauenlobs mehr weltliches Lob der Frauen ist der 'Minnenleich Frauenlobs' überschrieben: Ulrich von Lichtenstein kündigt im Frauendienst (S. 204) ein Gedicht auf seine erste Geliebte, das er 1231 sang, als einen Leich an: und der von Gliers nennt in einem Liebesgedichte dieser Art die berühmtesten verstorbenen Dichter 'den man an leichen ir genôz niemer mêr gevinden kan'; sie könnten die Frau, von der er spreche, nicht genug loben. Ausserdem findet man in den Poesien von dieser Gattung den Namen nie, wohl aber andere. Und zwar erstens allgemeine. Ulrich von Wintersteten (Benecke S. 189) sänge gern 'schoene done', und nennt sein Gedicht (S. 168) 'ein gedoene'; Ulrich von Gutenburg aber sogar einen 'dôn', da es doch, wie sich versteht und die jenaische Handschrift beweist, durchcomponirt sein musste, 'dô ich si mir erkôs in disen ûz erkornen dôn' (Ben. 146). 'Sanc' werden die Minnenleiche sehr oft genannt, von Otto von Botenlaube (Ben. 6), der der Geliebten diesen Sang sendet, von Rudolph von Rotenburg (Ben. 90), von dem von Gliers (Ben. 114. 116. 128), von Ulrich von Gutenburg (Ben. 134). Ulrich von 422 (4) Lichtenstein sang einen Leich mit Noten hoch und auch mit schnellen Noten er ward viel gesungen, und manchem Fiedler war es lieb, dass die Noten so hoch gemacht waren (Frauendienst S. 204. 207). Auch Reinmar von Zweter sagt in seinem geistlichen Leich, 'Sîn geburt (Christi) ist sanges wert' (cod. Palat. 341. f. 8. [HMS. 3, 176]). Sonst kommt in den geistlichen Leichen nicht einmahl etwas vom Singen vor: dagegen sagt Heinrich von Rugge widerholt, er gebe einen 'rât', und denselben Ausdruck gebraucht Lichtenstein von seinem Minneleich, der geistliche von Hermann dem Damen schliefst 'Sus lêret Her

In dem Leich 46. a. [Heidelb. Hs. S. 265, HMS. 3, 468 oa] 'Ich muoz
et dar genenden, Singen von ir schoene manecvalt'.

man der Damen' (Jen. 699. [HMS. 3, 162]); so dass sie mehr den didaktischen Inhalt hervorheben, als die Form des Gesanges.

Aber zuweilen findet man auch zweitens in einigen dieser Gesänge den Namen 'tanz' oder 'reie', wie sonst häufig Lieder zum Tanz genannt werden. Schenk Ulrich von Wintersteten hofft, die Geliebte werde 'disen tanz' lernen (Ben. 182), und in demselben Gedicht sagt er 'Singent den ') reigen' (S. 184). Eben diesen Ausdruck, 'den reien singen' oder 'springen' braucht er in mehreren dieser Gedichte (S. 157. 167). Desgleichen Heinrich von Sachs am Schluss (Ben. 120) 'Diss tanzes ist niht mêre, den ich von mîner frouwen hân gesungen'. Der Tanhäuser nennt eins unter seinen sieben Gedichten in Leichform ausdrücklich einen 'reien' (MS. 2, 61), zwei andere 'tenze' (60b. 63). Unter diesen besteht einer aus beinah lauter gleichartigen, wenig leb423 (5) haften Versen, worin der Ausdruck zu bemerken ist, der gê mit fröiden disen tanz': 'reien' werden gewöhnlich 'gesprungen'. Des Tanhäusers Lobgedicht auf Herzog Friedrich von Österreich wird wohl auch ein Reie sein: der Dichter verfällt in Daktylen, indem er vom Herzog sagt

trûric herze frô

wirt von ím, swann er singet den fróuwen den réigen.

sô hilf ich im sô,

daz ich singe mít im záller zît gérue den méigen.

Konrad von Würzburg bezeichnet sein allegorisches Gedicht auf die räuberischen Zeiten des Interregnums als einen Tanz, 'Disen tanz hât iu gesungen Kuonze dâ von Würzeburc'.

Hier, dünkt mich nun, müssen wir zugeben, dass es fürs erste noch zweifelhaft bleibt, ob die Reien in Leichform auch Leiche genannt worden sind; obgleich sie im Äufsern sich wohl gar nicht unterscheiden: denn man kann nicht einmahl sagen dass die Tänze immer einen lebhafteren Gang haben. Das aber

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6 Darum bittet er sie wiederum S. 189. Seine Lieder wenigstens sang sie würklich (MS. 1, 59.b 60.), zum Verdruss ihrer Mutter, der das Getöne der Schenkenlieder in der Gasse zuwider war, der Spielleute, die ihr auch seine Reien sangen und brachten (Ben. 182). Die gute Frau hatte Recht: denn Schenk Ulrich hatte die Tochter einmahl entführen wollen. Er sagt, es sei sein Bruder (Konrad) gewesen.

7 So die Pariser Handschrift, d. h. 'disen reien'. Tanhäuser 61b, Winter

steten S. 157.

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